Entscheidungsdatum
24.04.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W221 2191550-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.03.2018, Zl. 1125561202-161105200, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.03.2019, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 10.08.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Befragt, warum er seinen Herkunftsstaat verlassen habe, antwortete der Beschwerdeführer, Somalia sei nicht mehr sicher. Er gehöre einer Minderheit an, seine Ehefrau jedoch einer großen Volksgruppe (Hawiye) an. Mitglieder der Hawiye hätten seinen Vater XXXX getötet und hätten auch ihn umbringen wollen.
Am 31.01.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein einer Dolmetscherin für die somalische Sprache niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte er zunächst, dass seine bisher getätigten niederschriftlichen Angaben der Wahrheit entsprechen würden und bestätigte auch das festgestellte Geburtsdatum. Er sei im Dorf XXXX in der Nähe von Badxo in der Provinz Galguduud geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen. Danach habe er seinem Vater beim Hüten von Schafen und Kamelen geholfen. Er gehöre dem Clan der Tumal, Subclan Reer Osman, Subsubclan Reer Mohamed an und sei muslimischen Glaubens. Seine Mutter, vier Brüder und zwei Schwestern würden bei einem Onkel in Nairobi in Kenia leben. Eine Tante väterlicherseits würde sich in Mogadischu aufhalten. Der Beschwerdeführer gab zu seinem Fluchtgrund befragt an, dass seine Volksgruppe in seinem Heimatdorf eine Minderheit gewesen sei. Es habe dort fast ausschließlich Hawiye gegeben. Er habe sich in ein Mädchen aus dem Clan der Hawiye verliebt, das er bereits seit seiner Kindheit gekannt habe, habe gemeinsam mit dieser sein Heimatdorf verlassen und im August XXXX in Mogadischu geheiratet. Danach hätten sie beschlossen, sich in Mogadischu niederzulassen. Jedoch habe der Vater des Beschwerdeführers davon erfahren und habe sich mit der Familie seiner Ehefrau in Verbindung gesetzt. Diese hätte den Vater beschimpft, woraufhin dieser nachhause gegangen sei. Wenig später habe der Bruder der Ehefrau des Beschwerdeführers seinen Vater aufgesucht und diesen erschossen. Auch sei die gesamte Familie des Beschwerdeführers von den Hawiye inhaftiert und ihm gedroht worden, diese würde solange nicht freikommen bis er seine Ehefrau zurück ins Dorf bringe. Die Ehefrau sei dann nach der Versicherung, dass der Familie des Beschwerdeführers nichts zustoßen werde im Jänner XXXX in das Dorf zurückgekehrt und seine Familie freigekommen. Der Beschwerdeführer habe dann Somalia verlassen.
Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.03.2018, zugestellt am 05.03.2018, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen festgelegt (Spruchpunkt VI.).
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf umfassende herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage in Somalia, stellte die Identität des Beschwerdeführers nicht fest und begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sei. Weiters wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nach Somalia keine Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder der Todesstrafe sowie seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt drohen würde. Abschließend begründete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seine Rückkehrentscheidung.
Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 02.03.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.
Gegen den oben genannten Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, welche am 30.03.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. In dieser wurde ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers sehr wohl asylrelevant im Sinne der GFK sei. Auch drohe dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Somalia eine reale Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK. Die Sicherheitslage in Somalia habe sich keineswegs verbessert, so gebe es keinen wirksamen Schutz gegen Clanangriffe. Auch sei Al Shabaab nach wie vor aktiv.
Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am 06.04.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
Mit Schreiben vom 13.03.2019 wurden der Beschwerdeführer und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 13.03.2019 unter gleichzeitiger Übermittlung der aktuellen Länderberichte zur Lage in Somalia geladen.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 13.03.2019 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die somalische Sprache und im Beisein des Vertreters des Beschwerdeführers sowie eines Vertreters der belangten Behörde eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt wurde und ihm Gelegenheit gegeben wurde, zu den aufgetretenen Widersprüchen Stellung zu nehmen.
Am 27.03.2019 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers zu den übermittelten Länderberichten ein, in welcher der Beschwerdeführer ausführt, dass er als Madhiban in Somalia schweren Diskriminierungen ausgesetzt sei und Mischehen zwischen Madhiban und "noblen" Clans in Somalia ein Tabu darstellen würden. Der Stellungnahme waren zwei Kopien von Fotos der angeblichen Ehefrau des Beschwerdeführers beigefügt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia und gehört dem Minderheitenclan der Madhiban an. Er bekennt sich zum muslimischen Glauben.
Der Beschwerdeführer reiste im Jänner XXXX illegal aus Somalia nach Kenia aus, reiste illegal nach Österreich ein und stellte am 10.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer stammt aus dem Dorf XXXX in der Provinz Galguduud und zog im August XXXX nach Mogadischu, wo er bis zu seiner Ausreise lebte. Der Beschwerdeführer besuchte in Somalia die Koranschule und half danach seinem Vater beim Hüten der Schafe. Das Dorf XXXX steht unter der selbständigen Verwaltung der Region. Die nächstgrößere Ortschaft Baxdo wurde am 09.05.2018 von Al Shabaab übernommen. Sonst wurden für die Herkunftsregion des Beschwerdeführers keine besonderen aktuellen Vorfälle gemeldet.
Die Mutter, vier Brüder und zwei Schwestern des Beschwerdeführers leben mittlerweile in Kenia und er hat regelmäßigen Kontakt zu ihnen.
Ein Onkel des Beschwerdeführers lebt in Mogadischu. In der Wohnung dieses Onkels war der Beschwerdeführer während seiner Zeit in Mogadischu vor seiner Ausreise auch untergebracht. Seine zu diesem Zeitpunkt dort auch lebende Tante ist mittlerweile verstorben. Während seiner Zeit in Mogadischu kam sein zu diesem Zeitpunkt dort noch lebender Bruder für den Lebensunterhalt des Beschwerdeführers durch seine Arbeit am Hafen auf.
Der Beschwerdeführer ist in Somalia nicht aufgrund einer von ihm eingegangenen Mischehe mit einer Angehörigen eines Mehrheitsclans bedroht worden und es droht ihm daher auch bei einer Rückkehr nach Somalia keine Verfolgung durch die Familie dieser Frau.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer befindet sich seit seiner Antragsstellung auf internationalen Schutz am 10.08.2016 aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz durchgängig rechtmäßig im Bundesgebiet. Er hat in Österreich keine Familienangehörigen.
Der Beschwerdeführer bezieht seit seiner Einreise in das Bundesgebiet Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung des Bundes, lebt in einem Flüchtlingsheim und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer hat an den Bildungsveranstaltungen Alpha 1a EX-Stufe 1 und AW 1d-Stufe A1/1 des Vereins Begegnung - arcobaleno sowie an einem Werte- und Orientierungskurs des ÖIF teilgenommen und spricht ein wenig Deutsch. Des Weiteren hat er einer Mitarbeiterin der Volkshilfe bei ihrer Übersiedelung geholfen und hilft einem Freund gelegentlich beim Zeitungsaustragen.
1.2. Zur maßgeblichen Situation in Somalia:
1.2.1. Dem Bundesstaat Galmudug sind Teile der Regionen Mudug und Galgaduud zugeordnet. Galmudug grenzt bereits an die Gebiete der al Shabaab, die Grenze des Einflussbereichs richtet sich nach der Achse Hobyo-Dhusamareb. Die Bezirke Xaradheere und Ceel Dheere befinden sich unter der Kontrolle der al Shabaab; dies gilt auch für den Bezirk Ceel Buur. Die Stadt Ceel Buur ist nach dem Abzug äthiopischer Truppen im März 2017 von AS wieder besetzt worden (BFA 8.2017).
In Galmudug und Hirshabelle hat sich die Sicherheitslage aufgrund von Clankonflikten, politischen Spannungen und Aktivitäten der al Shabaab verschlechtert (UNSC 9.5.2017). Im September 2016 kam es etwa östlich von Galkacyo zu Clankämpfen zwischen Hawiye/Sa'ad und Darod/Omar Mahmoud. 15 Menschen würden getötet, 40 weitere verletzt (USDOS 3.3.2017). Betroffen war u.a. Cabudwaaq im Jänner 2017 (UNSC 9.5.2017; vgl. BFA 8.2017). Clankonflikte gibt es auch im Bereich Xeraale (UNSC 5.9.2017). In diesem Gebiet ist es auch zu größeren Fluchtbewegungen gekommen (UNHCR 18.7.2017). In Xeraale wurden 27 Menschen getötet und mehr als 13.800 vertrieben, als ASWJ und Kräfte von Galmudug aufeinanderprallten. Dieser Konflikt ist im August 2017 bis an den Rand von Dhusamareb getragen worden, wo es ebenfalls zu Kämpfen zwischen ASWJ auf der einen und Galmudug (mit Elementen der somalischen Armee) auf der anderen Seite gekommen ist (SEMG 8.11.2017).
Der Großteil der zivilen Opfer des zweiten Trimesters 2017, welche bei Clankonflikten zu Schaden kamen, ist dem Konflikt zwischen Galja'el und Jejele in Hirshabelle sowie jenem zwischen Duduble und Ayr in Galgaduud zuzurechnen (UNSC 5.9.2017).
1.2.2. Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (AI 22.2.2017). Die Stadtverwaltung von Mogadischu ist verhältnismäßig präsent und aktiv (BFA 8.2017). Al Shabaab verfügt aber eindeutig über eine Präsenz in der Stadt (BFA 8.2017). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass al Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt (DIS 9.2015; vgl. EASO 2.2016). Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (BFA 8.2017; vgl. UKUT 3.10.2014, vgl. EGMR 10.9.2015). Es besteht zwar gemäß mehreren Berichten kein Risiko, alleine aufgrund der eigenen Clanzugehörigkeit angegriffen zu werden. Trotzdem sind Clan und Clanzugehörigkeit in Mogadischu nach wie vor relevant (SEM 31.5.2017).
Ziel der al Shabaab ist es, die somalische Regierung und ihre Alliierten aus Somalia zu vertreiben und in Groß-Somalia ein islamisches Regime zu installieren. Außerdem verfolgt al Shabaab auch eine Agenda des globalen Dschihads und griff im Ausland Ziele an (EASO 2.2016).
Al Shabaab verfügt über die Kapazitäten, menschliche Ziele - auch in Mogadischu - aufzuspüren. Unklar ist allerdings, für welche Person al Shabaab bereit ist, diese Kapazitäten auch tatsächlich aufzuwenden. Außerdem unterliegt auch al Shabaab den Clan-Dynamiken, ist die Gruppe bei der Zielauswahl an gewisse Grenzen gebunden. Durch die Verbindungen mit unterschiedlichen Clans ergeben sich automatisch Beschränkungen. Zusätzlich möchte die al Shabaab mit jedem begangenen Anschlag und mit jedem verübten Attentat auch ein entsprechendes Publikum erreichen (BFA 8.2017). Auch wenn al Shabaab einige Menschen in Somalia als "legitime Ziele" erachtet, so gilt dies für die meisten Zivilisten nicht. Dass normale Zivilisten in von der Regierung und AMISOM kontrollierten Gebieten zum Ziel der al Shabaab werden, ist unwahrscheinlich. Auch "low level"-Ziele (z.B. lokale Mitarbeiter von internationalen oder nationalen NGOs) sind keine Priorität der al Shabaab, sie werden nicht generell angegriffen. Andererseits können high profile Personen, die etwa die Regierung oder die internationale Gemeinschaft repräsentieren, einem hohen Risiko ausgesetzt sein. Auch Personen, die als Unterstützer der somalischen Regierung wahrgenommen werden, können - je nach persönlichen Umständen - einem Risiko ausgesetzt sein. Dies gilt auch für Journalisten oder Mitarbeiter von NGOs, je nachdem, wie sehr sich ihre Aktivitäten gegen al Shabaab wenden (UKHO 7.2017).
Insgesamt scheint sich die al Shabaab bei der Durchführung von Attentaten von Quantität auf Qualität verlegt zu haben. Dabei sucht die al Shabaab ihre Ziele v.a. im Bereich der Regierung. Für die Zivilbevölkerung ist das größte Risiko, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein (DIS 3.2017). Ob Mogadischu als sicher oder unsicher bezeichnet wird, hängt maßgeblich von der subjektiven Wahrnehmung und von persönlichen Erfahrungen ab (BFA 8.2017). Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre (EGMR 10.9.2015; vgl. UKUT 3.10.2014).
1.2.3. Berufsständische Gruppen unterscheiden sich hinsichtlich Abstammung, Sprache und Kultur nicht von der Mehrheitsbevölkerung. Anders als die "noblen" Clans wird ihnen aber nachgesagt, ihre Abstammungslinie nicht auf Prophet Mohammed zurückverfolgen zu können. Ihre traditionellen Berufe werden als unrein oder unehrenhaft erachtet. Die berufsständischen Gruppen stehen auf der untersten Stufe der sozialen Hierarchie der somalischen Gesellschaft. Sie leben verstreut in allen Teilen des somalischen Kulturraums, mehrheitlich aber in Städten (SEM 31.5.2017). Madhiban sind in ganz Somalia zu finden, speziell aber im Norden des Landes (SEMG 8.11.2017). Ein v.a. im Norden bekannter Sammelbegriff für einige berufsständische Gruppen ist Gabooye, dieser umfasst etwa die Tumal, Madhiban, Muse Dheriyo und Yibir (SEM 31.5.2017).
Dabei sind Madhiban teils schwerer Diskriminierung ausgesetzt. Ein Beispiel der Benachteiligung zeigt sich im Konflikt um Galkacyo, wo die Madhiban durch humanitäre Organisationen benachteiligt wurden. Da den Madhiban in IDP-Lagern dort die Aufnahme verweigert wurde, haben sie mit Hilfe einiger Angehöriger in der Diaspora den Kauf eines geeigneten Grundstücks in Galkacyo organisiert, um dort Madhiban-IDPs unterzubringen. Im August 2017 taten es die Tumal den Madhiban gleich (SEMG 8.11.2017).
Heute hat sich die Situation für die Gabooye im Vergleich zur Jahrtausendwende, als sie nicht einmal normal die Schule besuchen konnten, gebessert. Insbesondere unter jungen Somali ist die Einstellung zu ihnen positiver geworden; mittlerweile ist es für viele Angehörige der Mehrheitsclans üblich, auch mit Angehörigen berufsständischer Gruppen zu sprechen, zu essen, zu arbeiten und Freundschaften zu unterhalten. Es gibt keine gezielten Angriffen oder Misshandlungen hinsichtlich der Gabooye (SEM 31.5.2017).
Einzig in der Frage der Mischehen besteht noch eine gesellschaftliche Diskriminierung, da Mehrheitsclans Mischehen mit Angehörigen berufsständischer Gruppen meist nicht akzeptieren. Als besonders problematisch wird es angesehen, wenn eine Mehrheitsfrau einen Minderheitenmann heiratet. Der umgekehrte Fall ist weniger problematisch. Mischehen kommen äußerst selten vor - insbesondere die zuletzt genannte Konstellation. Es bestehen aber offenbar regionale Unterschiede: Im clanmäßig homogeneren Norden des somalischen Kulturraums sind Mischehen seltener und gleichzeitig stärker stigmatisiert als im Süden. Hawiye und Rahanweyn sehen die Frage der Mischehe weniger eng. Außerdem ist der Druck auf Mischehen insbesondere in ländlichen Gebieten ausgeprägt (SEM 31.5.2017).
Kommt eine Mischehe zustande, dann kommt es häufig zur Verstoßung der betroffenen Person durch die eigenen Familienangehörigen (des Mehrheits-Clans). Sie besuchen sie nicht mehr, kümmern sich nicht um ihre Kinder oder brechen den Kontakt ganz ab; es kommt zu sozialem Druck. Die Gesprächspartner der Fact-Finding Mission bekräftigten, dass es unter solchen Umständen so gut wie nie zu Gewalt oder gar Tötungen kommt. Seltene Vorfälle, in denen es etwa in Somaliland im Zusammenhang mit Mischehen zu Gewalt kam, sind in somaliländischen Medien dokumentiert (SEM 31.5.2017).
Insgesamt ist aber die soziale Stufe und die damit verbundene Armut für viele das Hauptproblem. Hinzu kommt, dass diese Minderheiten in der Regel weniger gut organisiert sind und eine tendenziell schlechtere Kenntnis des Rechtssystems haben. Der Zugang berufsständischer Gruppen zur Bildung ist erschwert, weil an ihren Wohnorten z.B. die Schulen fehlen. Außerdem verlassen viele Kinder die Schule früher, um zu arbeiten. Viele Familien sind auf derartige Einkommen angewiesen. Die meist schlechtere Bildung wiederum benachteiligt Minderheitenangehörige bei der Arbeitssuche, bei der ohnehin auch oft schon die Clanzugehörigkeit zu Diskriminierung führen kann. Da sie über eine kleine Diaspora verfügen, profitieren Angehörige berufsständischer Gruppen zudem in geringerem Ausmaß von Auslandüberweisungen als die Mehrheitsclans (SEM 31.5.2017).
Dennoch sind vereinzelt auch Angehörige der berufsständischen Gruppen wirtschaftlich erfolgreich. Sie stellen zwar nach wie vor die ärmste Bevölkerungsschicht; trotzdem gibt es Minderheitenangehörige in den Regierungen, im Parlament und in der Wirtschaft. (SEM 31.5.2017).
1.2.4. Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert (UN OCHA 11.9.2018; vgl. UN OCHA 5.9.2018), dies gilt auch für Einkommensmöglichkeiten und Marktbedingungen (FSNAU 1.9.2018). Die Preise für unterschiedliche Grundnahrungsmittel haben sich in Mogadischu gegenüber dem Vorjahr drastisch verbilligt und liegen nunmehr unter dem Fünfjahresmittel (FEWS NET 31.8.2018). Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs (UN OCHA 11.9.2018). Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN OCHA 2.9.2018). Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen. Zwischen Februar und Juli 2018 konnten humanitäre Organisationen 1,9 Millionen Menschen pro Monat erreichen (UN OCHA 5.9.2018).
Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (UN OCHA 5.9.2018). Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden.
Dies sind im ländlichen Raum: Northern Inland Pastoral of Northeast (Teile von Sanaag, Sool und Bari); Hawd Pastoral of Northeast (Teile von Togdheer, Sool und Nugaal); Northwest Guban Pastoral (Teile von Awdal); der Bezirk Belet Weyne (Shabelle-Tal und agro-pastorale Teile); Agro-pastorale Teile und das Juba-Tal in Gedo; die Bezirke Mataban, Jalalaqsi und Buulo Burte in Hiiraan; Teile des Juba-Tals in Middle Juba. An Gruppen sind es die IDPs in Bossaso, Garoowe, Galkacyo, Qardho, Mogadischu, Baidoa, Kismayo und Doolow (FSNAU 1.9.2018). Überhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (UN OCHA 11.9.2018).
Insgesamt sind ca. 4,6 Millionen Menschen weiter auf Unterstützung angewiesen, im Februar 2018 waren es noch 5,4 Millionen gewesen (UN OCHA 11.9.2018). Von den 4,6 Millionen befinden sich ca. 1,4 Millionen auf IPC-Stufe 3 (IPC = Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung), weitere ca. 170.000 auf IPC-Stufe 4 (FSNAU 1.9.2018). Darunter scheinen sich viele Kinder zu finden. Ca. 240.000 Kinder gelten als akut unterernährt, weiter 55.000 als schwer unterernährt (UN OCHA 2.9.2018).
Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert (UN OCHA 5.9.2018; vgl. FAO 6.9.2018). Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen (FAO 6.9.2018). Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen (FSNAU 1.9.2018)
1.2.5. Die Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge, Rückkehrer und andere vulnerable Personengruppen sind limitiert. So berichteten Personen, die aus Kenia nach Orte in Süd-/Zentralsomalia zurückgekehrt waren, über mangelnde Beschäftigungsmöglichkeiten. UNHCR gewährt finanzielle Unterstützung und bietet temporäre Unterkünfte (USDOS 3.3.2017). Allerdings wird - z.B. seitens des UNHCR - versucht, hier Abhilfe zu schaffen. Ein ohne Bedingungen ausgegebenes, sogenanntes Rückkehrpaket enthält: ein aus Sachgütern bestehendes Paket (etwa: Decken, Seife, Planen, Kanister etc.); eine einmalige Wiedereingliederungshilfe von 200 US-Dollar pro Person; eine auf sechs Monate begrenzte Reintegrationshilfe von 200 US-Dollar pro Haushalt; eine zusätzliche, auf sechs Monate begrenzte Unterstützung mit Essensrationen; eine Bildungsunterstützung, auf neun Monate begrenzt, von 25 US-Dollar pro Kind und Monat (zusätzlich: Schuluniformen, Schulmaterial); und - bei Auswahl - bis zu 1.000 US-Dollar für eine Unterkunft; sowie die Aufnahme in Selbsterhaltungsprojekte (UNHCR 30.11.2017a). In Programmen aufgenommenen Rückkehrern gewährt UNHCR einmalige Wiedereingliederungshilfen und für sechs Monate Reintegrationshilfe. Im November 2017 wurden derartige Gelder an knapp 27.000 Rückkehrer ausbezahlt (rd. 6.000 Haushalte). Andere profitierten von sog. cash-for-work Programmen oder erhielten eine Ausbildung (UNHCR 30.11.2017b). Die EU unterstützt zahlreiche Reintegrationsprojekte für Rückkehrer in Somalia mit mehr als 33 Millionen Euro aus dem EU Trust Fund (EEAS 5.4.2017).
Außerdem hat der UNHCR im Zeitraum 1.-11.2017 1.306 Unterkünfte und 409 Latrinen für Rückkehrer gebaut (UNHCR 30.11.2017b). In sog. community empowerment activities werden Rückkehrer in die Rehabilitation von wichtiger öffentlicher Infrastruktur eingebunden. Derartige Projekte laufen etwa in Galkacyo, Baidoa, Kismayo, Afmadow, Luuq und Mogadischu. In anderen Projekten werden Rückkehrer in Berufen ausgebildet. So etwa in Hargeysa (Elektriker, Maler, Installateure, Köche, Schneider), Kismayo (Geflügelzucht), Baidoa (Tischler). Zusätzliche Programme richten sich an Kleinhändler, z.B. in Garoowe, Bossaso, Kismayo, Hargeysa, Luuq und Mogadischu (UNHCR 30.11.2017a). In den Straßen Kismayos sind kleine Geschäfte zu sehen, die von zurückgekehrten ehemaligen Flüchtlingen betrieben werden (UNHCR 18.12.2017). Auch die EU-Agentur ECHO unterstützt mit Programmen und dem Social Safety Net Project 5.000 vulnerable Haushalte (ca. 30.000 Personen) (ACTED 6.12.2017).
Der Jilib [Anm.: in etwa die unterste Ebene des Clansystems] ist u. a. dafür verantwortlich, Mitglieder in schwierigen finanziellen Situationen zu unterstützen. Das traditionelle Recht (xeer) bildet hier ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfallversicherung. Wenn eine Person Unterstützung braucht, dann wendet sie sich an den Jilib oder - je nach Ausmaß - an untere Ebenen (z.B. Großfamilie) (SEM 31.5.2017). Daher gilt als allgemeine Regel, dass Somali auch sehr entfernt Verwandte, die aus einer anderen Gegend kommen, unterstützen werden, da eine Clan-Verbindung besteht. Voraussetzung dafür ist, dass die Kapazitäten dafür zur Verfügung stehen. Allerdings wurde das Konzept der Clan-Solidarität in Süd-/Zentralsomalia überdehnt. Viele Familien und Clan-Netzwerke sehen sich nicht mehr in der Lage, die Bedürfnisse vertriebener Verwandter zu erfüllen (DIS 9.2015).
Beide - Familie (auch die erweiterten und entfernt verwandten Teile) und Clan - bleiben einer der wichtigsten Faktoren, wenn es um Akzeptanz, Sicherheit und Grundbedürfnisse (Unterkunft, Nahrung) geht. Eine Person, die an einen neuen Wohnort zieht, erwartet sich die Akzeptanz des Clans in der lokalen Gemeinschaft. Diese Akzeptanz bedeutet, dass die Menschen über den Neuankömmling und seine Verbindungen Bescheid wissen; damit steht auch der Schutz in Verbindung, den diese Person vom Clan erlangen kann. Dies gilt auch für Rückkehrer, doch können diese ja nach Fähigkeiten und Kapazitäten auch autark leben, ohne einer Clan-Belästigung ausgesetzt zu sein. Auf der anderen Seite ist eine schwache Person mit wenigen Ressourcen auf die Unterstützung von Angehörigen, Verwandten oder einem engen Netzwerk angewiesen, um Unterkunft und Einkünfte zu erlangen. Grundsätzlich wird dabei nicht zuerst der Clan um Unterstützung angefragt (DIS 9.2015). Hier wendet man sich zuerst an die Familienebene. Wenn aber eine Person in einem Gebiet weder über Kernfamilie noch über Verwandte verfügt, dann kann der Clan Ressourcen zur Verfügung stellen (DIS 9.2015; vgl. UKUT 3.10.2014), wobei dies im Falle von Mogadischu eher bei großen Clans Erfolg haben wird (UKUT 3.10.2014). Eine übersiedelnde Person, wird sich in einem IDP-Lager wiederfinden und sich keinen Lebensunterhalt sichern können, wenn sie in einer Stadt weder über Kern- oder erweiterte Familie mit entsprechenden Ressourcen verfügt (DIS 9.2015; vgl. UKUT 5.11.2015) noch auf Remissen zurückgreifen kann (UKUT 5.11.2015). Eine andere Quelle gibt an, dass ein Netzwerk aus Familie, Freunden und Clan-Angehörigen für einen Rückkehrer insbesondere auf dem Land von Bedeutung sein wird, während dieses soziale Sicherheitsnetz in der Stadt weniger wichtig ist (NLMBZ 11.2017).
Eine erfolgreiche Rückkehr und Reintegration kann also in erheblichem Maße von der Clanzugehörigkeit bzw. von lokalen Beziehungen der rückkehrenden Person abhängen. Rückkehrer ohne Clan- oder Familienverbindungen am konkreten Ort der Rückkehr finden sich ohne Schutz in einer Umgebung wieder, in der sie oftmals als Fremde angesehen werden, vor allem wenn sie aus dem Westen zurückkehren (ÖB 9.2016). Zur Klärung, welche Mittel eine Person bei einer Rückkehr nach Mogadischu zur Verfügung hat, sind folgende Punkte zu berücksichtigen: Die Lebensumstände der Person vor der Abreise aus Mogadischu; die Dauer der Abwesenheit aus der Stadt; die Clan-Verbindungen, auf welche zurückgegriffen werden kann; der Zugang zu finanziellen Ressourcen; die Möglichkeiten der Person, sich durch Arbeit oder Selbständigkeit einen Lebensunterhalt zu finanzieren; die Verfügbarkeit von Remissen aus dem Ausland; die Lebensumstände der Person im Gastland; und die Frage, ob die Finanzierung der Reise in den Westen einer finanziellen Unterstützung bei der Rückkehr entgegensteht. Insgesamt liegt es also an der Person selbst zu erklären, warum sie nicht an den durch den Wirtschaftsboom in Mogadischu bestehenden ökonomischen Möglichkeiten teilhaben kann (UKUT 3.10.2014; vgl. UKUT 5.11.2015).
Rückkehrer (v.a. aus dem Westen) haben bei der Arbeitssuche in Mogadischu wahrscheinlich Vorteile, da sie eher gebildet sind und als einfallsreicher erachtet werden. Dies gilt noch mehr, wenn der Arbeitgeber selbst ein aus der Diaspora Zurückgekehrter ist (UKUT 3.10.2014; vgl. UKUT 5.11.2015).
1.2.6. Aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 11.05.2018: Humanitäre Hilfe, Arbeitsmarkt, Versorgungslage in Mogadischu
Üblicherweise haben Rückkehrer nach Mogadischu einen guten Zugang zu Geld- oder sonstiger Hilfe von Hilfsagenturen. Hinzu kommen Remissen von Verwandten im Ausland. Hingegen erhalten IDPs vergleichsweise weniger Remissen.
Bereits bevor sich die Lage aufgrund der aktuellen Regenfälle entspannt hat, wurde eine Verbesserung bei der Versorgung in Süd-/Zentralsomalia prognostiziert. Insgesamt wurde die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen projiziert (Integrated Food Security Phase Classification): 56% Stufe 1 IPC (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine = Hungersnot).
IDP-Lager in Mogadischu werden mit Stufe 3 IPC prognostiziert. Für die Stadt selbst gilt Stufe 1. Bei der ansässigen Stadtbevölkerung in Mogadischu leiden 11,2% der Menschen an akuter Unterernährung und 1,3% an akuter schwerer Unterernährung. Dahingegen sind bei den IDPs in Mogadischu 16,1% bzw. 4,1% der Menschen betroffen. 2% der ansässigen Stadtbevölkerung leiden an moderatem bis starkem Hunger, bei den IDPs sind es hingegen 41%. Der Indikator "Household Hunger Score" wird auf einer Skala von 0 (kein Hunger) bis 6 (katastrophal) bewertet. Dabei erreicht die Stadtbevölkerung folgende Werte: 93% - 0; 5% - 1; 2% - 2-3; die IDP-Bevölkerung hingegen zeigt wesentlich schlechtere Werte: 42% - 0; 17% - 1; 34% - 2-3; 7% - 4-5; Viele der von Hunger oder Unterernährung Betroffenen scheinen Kinder zu sein.
Es scheint also für gewisse Bevölkerungsteile - und hier in größerem Maße bei IDPs - zu Versorgungsschwierigkeiten zu kommen. Unklar ist, ob die oben angegebenen Zahlen zu Hunger auf einen Versorgungsengpass zurückzuführen sind; oder ob Hilfsorganisationen die Betroffenen nicht erreichen; oder ob verfügbare Hilfe von Betroffenen nicht abgerufen wird. Insgesamt sind die Versorgungsprobleme nicht so gravierend, dass Teile der Bevölkerung in IPC 5 (Hungersnot) abrutschen würden.
Das Risiko einer Hungersnot ist durch den Regen reduziert worden. Die Preise für Grundnahrungsmittel haben begonnen, sich auf Normalwerte einzupendeln. Allerdings bleibt der Bedarf an humanitärer Hilfe weiterhin hoch. Alleine die staatliche USAID hat für 2018 Nahrungsmittelhilfe im Ausmaß von 130 Millionen US-Dollar zugesichert.
Rund 14% der Gesamtbevölkerung Somalias sind junge Männer (15-29 Jahre). Auch in Mogadischu besteht ein erheblicher Anteil der Stadtbevölkerung aus gesunden jungen Männern im arbeitsfähigen Alter. Es liegen keine Informationen darüber vor, wonach es allen diesen Männern an einer Existenzgrundlage mangeln würde, oder dass alle diese Männer keine Unterkunft haben würden.
Allerdings leben viele Menschen in Mogadischu unterhalb der Armutsgrenze (1,25 US-Dollar pro Tag - extreme Armut; unter 2 US-Dollar pro Tag - Armut). Generell ist die Stadt mit den gleichen Herausforderungen konfrontiert wie auch andere, schnell wachsende urbane Zentren: Der Zuzug von Menschen überfordert den Wohnungsmarkt, die sozialen Dienste und die Wirtschaft.
Insgesamt geben aber nur 0,5% der ansässigen Bevölkerung in Mogadischu, 19% der IDPs und 25% der Rückkehrer (wobei die Zahl hinsichtlich der Rückkehrer nicht repräsentativ ist und nur für arme Rückkehrer gilt) in Mogadischu an, unter unerträglichen Umständen zu leben. Dies lässt erkennen, dass die große Mehrheit ein Auskommen findet.
Zur Arbeitslosigkeit finden sich unterschiedlichste Angaben. Es gibt keine klaren Daten und die hier präsentierten Zahlen kommen durch unterschiedliche Kategorisierungen und Zählweisen zustande. Offensichtlich ist es bei manchen internationalen Agenturen üblich, alle nicht-arbeitenden Personen in die Kategorie "arbeitslos" einzustufen. Diese Zahlen subsummieren dann u.a. auch Hausfrauen, Schüler und Studenten, Rentner und Invalide. Relevanter sein könnte hier die Zahl der Arbeitssuchenden, welche für Mogadischu mit 6% (IOM: Jugendliche), für Mogadischu mit 28% (UNFPA: alle), für Somalia mit 16% (UNHCR: Männer) beziffert werden.
Die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze ist für die Stadt eine Herausforderung. Es gibt in der Stadt viele IDPs und in Somalia viele Jugendliche. Trotzdem scheint Mogadischu auch weiterhin über ökonomische Pull-Faktoren zu verfügen. Dort gibt es offenbar bessere Job-Aussichten, als in den meisten anderen Teilen Somalias - auch für Jugendliche ohne Bildung und Arbeitserfahrung. Die große Mehrheit der von IOM Befragten geht davon aus, dass sich in Somalia ein befriedigender Job finden lässt (80,5%) bzw. dass sich eine Arbeit mit akzeptablem Einkommen finden lässt (76%).
Die große Masse der werktätigen Männer und Frauen in Somalia arbeitet in Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei (62,8%). Der nächstgrößere Anteil an Personen arbeitet im Dienstleistungsbereich und Handel (14,1%). 6,9% arbeiten in bildungsabhängigen Berufen (etwa im Gesundheitsbereich oder im Bildungssektor), 4,8% als Handwerker, 4,7% als Techniker, 4,1% als Hilfsarbeiter und 2,3% als Manager. In der Region Benadir ist der primäre Sektor klarerweise von geringer Bedeutung (1,3% der arbeitenden Personen). Dort überwiegen Dienstleistung/Handel (31,8%), höhere (bildungsabhängige) Berufe (28,7%), Handwerk (15,6%), Hilfs- (11,2%) und Fabrikarbeiter (10,7%).
Für IDPs aus ländlichen Gebieten, die sich in Städten wiederfinden, gibt es oft keine Arbeit, die ihren Kenntnissen entspricht. Männer finden eher eine Anstellung als Karrenfahrer, Gräber, Träger, Bauarbeiter oder Fahrer.
Die Möglichkeiten für Rückkehrer oder IDPs können in Mogadischu insofern eingeschränkt sein, als diese Gruppen in der Stadt mitunter als "galti" (=Gäste) eingestuft werden. Dadurch werden ihre Ansprüche auf Arbeitsplätze und andere Ressourcen möglicherweise reduziert. Allerdings gibt es hierzu keinerlei Daten. Gleichzeitig können Rückkehrer mit ansässigen Beruftstätigen am Arbeitsmarkt in Konkurrenzkampf gelangen, da sie oft über eine bessere oder zumindest gleichwertige (formale) Bildung verfügen. Im Gegenteil dazu verfügen IDPs oft über einen schlechteren Ausbildungsgrad.
Die Mehrheit arbeitet als Tagelöhner (45%) oder unabhängige Arbeiter (26%). IDPs sind zu 47% Tagelöhner, Wirtschaftsmigranten zu 36% und Stadtbewohner zu 30%. Die größten Sektoren sind: "small services" (Verkauf von Telefonguthaben, Reinigungsdienste, Wäscherei); Bauarbeit; Gastwirtschaft (Kochen, Hotels etc.) und Kleinhandel. 82% der arbeitenden Frauen und 72% der arbeitenden Männer verdienen 14 US-Dollar oder weniger pro Woche.
Um sich als Tagelöhner zu verdingen, wartet man zwischen 6:00 Uhr und 8:00 Uhr am Bakara-Markt in Mogadischu. Dort werden unausgebildete Arbeiter für den Bau oder andere körperliche Arbeiten gesucht. Die Bezahlung liegt bei 1-5 US-Dollar pro Tag.
Die befragten Jugendlichen sind in niedrigen Berufen ("Low-level occupations") aktiv, vor allem im Dienstleistungssektor (17,9%; z.B. als Köche, Kellner, Friseure); oder als Handwerker (12,8%; z.B. als Installateure oder Tischler); oder in einfachen Berufen (12,1%; z.B. als Straßenverkäufer oder Schuhputzer); oder als Fahrer oder Maschinenführer (5,3%). Die meisten dieser Jugendlichen sind ungebildet oder haben nur Grundschulbildung. Nur eine kleine Gruppe - die am besten Gebildeten - arbeiten als Professionisten (13%) oder in höheren Positionen (5,5%).
Bei männlichen Jugendlichen sind die Betätigungsfelder heterogener, als bei weiblichen. Auch sind mehr Männer in höheren Berufen aktiv - 16,6% Professionisten, 10,1% Techniker, 7,2% Verwaltung und Manager; und weniger in der Dienstleistung (Männer: 13%, Frauen: 24,9%).
Einen Unterschied gibt es auch je nach Stadt: In Mogadischu sind viel mehr Jugendliche als Professionisten oder in der Verwaltung (bzw. als Manager) aktiv (30,1%) als in Kismayo (~18%) oder Baidoa (5,3%).
Viele derjenigen berufstätigen Jugendlichen, die in niedrigen Diensten oder im Handwerk aktiv sind, geben an, mit ihrem Einkommen nicht auszukommen. Dafür beziehen aber vergleichsweise viele Personen, die mit ihrem eigenen Einkommen nicht auslangen, Unterstützung von Verwandten in Somalia oder im Ausland, von Freunden, der Gemeinde oder vom Clan. Auch jene Jugendlichen, die angeben arbeitslos zu sein, erhalten von dieser Seite Unterstützung. 60% erhalten Hilfe von Familie in Somalia, 27% von Familienmitgliedern in der Diaspora.
Bei kleineren Firmen werden Jobs oft nicht ausgeschrieben. Große Firmen schreiben Posten mit Wandanschlägen aus oder bewerben diese in lokalen Medien. Allerdings beruhen Auswahlverfahren im Arbeitsleben oft auf Clan-Basis, und gleichzeitig werden viele Arbeitsplätze durch Rückkehrer aus der Diaspora aufgefüllt.
Es gäbe auch Beschäftigungsmöglichkeiten, welche von vielen Somali kaum in Anspruch genommen werden, da diese Arbeiten als minderwertig erachtet werden - etwa Friseure, Kellner oder Reinigungskräfte.
Die somalische Wirtschaft zeigte in den Jahren 2013-2016 positive Entwicklungen. Firmen wurden gegründet oder wieder eröffnet. Allerdings blieb die Schaffung an Arbeitsplätzen unter den Bedürfnissen. Trotzdem gibt es in Mogadischu aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs zahlreiche Möglichkeiten. Der Immobilienmarkt wächst, es gibt viele Bauarbeiten. Hotels und Restaurants werden eröffnet, es gibt neue Taxiunternehmen und Banken. Außerdem kommt es zu Investitionen durch Rückkehrer aus der Diaspora - etwa in Hotels, Supermärkte, Privatuniversitäten oder Spitäler.
Die Mehrheit der von IOM befragten Unternehmen gab an, künftig neues Personal aufnehmen zu wollen. Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklungen sind die Unternehmen optimistisch. Am dynamischsten ist Mogadischu. Die Hauptstadt zieht am meisten Investitionen an und profitiert gleichzeitig von der Präsenz internationaler Organisationen und der Diaspora. Der aktivste Sektor ist das Baugewerbe, gefolgt vom Handel. Auch der Finanzsektor und der Gesundheitsbereich haben expandiert.
IDP-Haushalte leben vor allem von Gelegenheitsarbeit, von humanitärer Hilfe, Kleinhandel und Spenden (Zakat). Manche Rückkehrer werden sich in IDP-Lagern wiederfinden. Dies kann unterschiedliche Gründe haben: Mangel an Familie und/oder Unterkunft; oder aber um an eine Grundversorgung zu gelangen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat, welche den Parteien im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgehalten und denen im Zuge dessen nicht entgegengetreten wurde, stützen sich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 12.01.2018 (letzte Kurzinformation vom 17.09.2018) sowie der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 11.05.2018 (Humanitäre Hilfe, Arbeitsmarkt, Versorgungslage in Mogadischu) und die darin enthaltenen zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
Die Feststellung, dass das Dorf XXXX unter der selbständigen Verwaltung der Region steht, beruht auf den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers. Dass die nächstgrößere Ortschaft Baxdo am 09.05.2018 von Al Shabaab übernommen wurde, aber sonst für den Herkunftsort des Beschwerdeführers keine besonderen aktuellen Vorfälle gemeldet wurden, beruht auf einer aktuellen Abfrage auf der Homepage von ACCLED für das gesamte Jahr 2018 und die ersten drei Monate des Jahres 2019. Dieses Ermittlungsergebnis wurde den Parteien ebenfalls in der mündlichen Verhandlung vorgehalten und es ist dem nicht entgegengetreten worden.
2.2. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Herkunft, seiner Religion und Clanzugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers. Seine Identität konnte mangels Vorlage unbedenklicher Dokumente nicht festgestellt werden; der im Spruch angeführte Name dient lediglich zur Identifizierung des Beschwerdeführers als Verfahrenspartei.
Die Feststellungen zur Fluchtroute gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.
Das Datum der Antragstellung und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen glaubhaften Angaben im Laufe des Verfahrens und den vorgelegten Unterlagen (Teilnahmebestätigung Deutschkurs und Unterstützungsschreiben; beides Beilagen zur Verhandlungsschrift).
Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.
2.3. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Im vorliegenden Verfahren hat der Beschwerdeführer nach seiner Erstbefragung in einer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Gelegenheit gehabt, seine Fluchtgründe umfassend darzulegen. Der aufgrund dieser Befragungen festgestellte Sachverhalt und die Beweiswürdigung finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid. In Anbetracht des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie angesichts der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, hat dieses auch keine Bedenken gegen die (in der Bescheidbegründung zum Ausdruck kommende) Annahme der belangten Behörde, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat keine gezielte konkrete Verfolgung droht:
Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes bzw. Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens - niederschriftlichen Einvernahmen - unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen, oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, 95/20/0650; vgl. auch Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 2004/83/EG - StatusRL, ABl. L Nr. 304, 12, sowie Putzer, Leitfaden Asylrecht2, [2011], Rz 31).
Die zur Entscheidung berufene Richterin des Bundesverwaltungsgerichtes geht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund ihres persönlichen Eindruckes des Beschwerdeführers davon aus, dass ihm hinsichtlich seines Vorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Seine Angaben mit Belegen zu untermauern, war der Beschwerdeführer nicht imstande, weshalb es umso wichtiger gewesen wäre, sein Vorbringen gleichbleibend, konkret und nachvollziehbar zu gestalten. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht geworden:
Der Beschwerdeführer gab zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates zusammengefasst an, dass er als Madhiban ein Mädchen aus dem Clan der Hawiye in Mogadischu geheiratet habe, woraufhin die Familie seiner Ehefrau seinen Vater getötet und sodann seine Familie als Geiseln genommen habe, um zu erreichen, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers in ihr Heimatdorf zurückkehrt. Nachdem die Ehefrau des Beschwerdeführers dieser Aufforderung nachgekommen sei, sei seine Familie freigelassen worden und der Beschwerdeführer sei aus Furcht vor Rachehandlungen durch die Familie seiner Ehefrau, aus Somalia ausgereist.
Hierzu ist zunächst auszuführen, dass die Ausführungen des Beschwerdeführers zu der behaupteten Beziehung in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vage blieben. So erklärte er zunächst er habe vor der Heirat mit dem Mädchen aus dem Clan der Hawiye regelmäßigen Kontakt mit diesem gehabt, ohne dass deren Vater etwas dagegen gehabt habe. Es wirkt daher wenig glaubhaft, wenn der Beschwerdeführer in weiterer Folge angab, er habe den Vater der Frau nicht gefragt, ob er dessen Tochter heiraten dürfe, da er davon ausgegangen sei, dies sei verboten (siehe S. 9 des Verhandlungsprotokolls). Außerdem ist nicht nachvollziehbar, dass die Familie der Freundin einerseits jahrelang eine offenbar doch intensive Freundschaft samt Besuchen im Haus der Familie erlaubt und duldet und andererseits dann mit solch drakonischen Maßnahmen, wie dem Umbringen des Vaters des Beschwerdeführers auf die Eheschließung reagieren sollte. Dies ist auch nicht in Einklang zu bringen mit den Länderfeststellungen, aus denen hervorgeht, dass zwar insbesondere bei Mischehen mit Angehörigen der Berufskasten ein Problem entstehen kann, dass aber die Hawiye Mischehen noch aufgeschlossener gegenüberstehen, als zB die Isaaq im Norden. Tatsächlich kommt es in solchen Fällen häufig vor, dass die Familienangehörigen auf der Seite des Mehrheits-Clans (hier Hawiye) die betroffene Person verstoßen, zu Gewalt oder gar Tötungen kommt es jedoch so gut wie nie.
Auch erscheint es wenig nachvollziehbar, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers, wie dieser in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht weiter angab, ihre Familie nicht selbst über die Heirat mit dem Beschwerdeführer informierte, obwohl sie das angeblich vorgehabt habe, und sich damit so lange Zeit lies, bis schließlich der Bruder des Beschwerdeführers seinen Vater hiervon in Kenntnis gesetzt und dieser die Familie der Beschwerdeführerin aufgesucht habe. Der Beschwerdeführer war nicht in der Lage darzulegen, weshalb seine Ehefrau derartig lange zuwarten sollte, obwohl sie sich darüber im Klaren sein musste, dass die Situation sich dadurch nur verschlimmern konnte. Auch ist nicht nachvollziehbar, dass sowohl der Bruder des Beschwerdeführers als auch die Tante des Beschwerdeführers diesen bei seinem Vorhaben unterstützten, wenn sie davon ausgehen müssten, dass dadurch solch große Probleme entstehen.
Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer noch in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erklärte, er habe Somalia nach der Rückkehr seiner Ehefrau in sein Heimatdorf verlassen, von weiteren Verfolgungshandlungen durch die Familie seiner Ehefrau berichtete er jedoch nichts (siehe AS 67). In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erklärte er hingegen, dass der Bruder seiner Ehefrau, der seinen Vater ermordet habe, nach Mogadischu gereist sei, um auch ihn zu töten und er aus diesem Grund aus Somalia ausgereist sei (siehe Seite 8 des Verhandlungsprotokolls).
Der Beschwerdeführer muss sich daher eine Steigerung seines Vorbringens vorwerfen lassen, die sein Vorbringen insgesamt in Zweifel zieht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein gesteigertes Vorbringen nicht als glaubwürdig anzusehen. Vielmehr müsse grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden (so schon VwGH 08.04.1987, 85/01/0299), weil es der Lebenserfahrung entspricht, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11.11.1998, 98/01/0261 mwH). Diese Steigerung wird noch dadurch bestätigt, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch angab, dass er mit seiner Frau, die wieder bei ihrer Familie lebe, Kontakt habe und seine Familie ihr jedes Monat 30 - 50 Euro schicke. Daraus wäre eher ableitbar, dass sich die Situation beruhigt hätte und der Beschwerdeführer nun akzeptiert werde. Die Darstellung des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, dass seine Frau heimlich zu ihm über Bekannte Kontakt nach Österreich aufgenommen habe und das überwiesene Geld heimlich empfange, ist nicht plausibel.
Ein weiterer Widerspruch trat darin auf, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angab, dass er im Haus seines Bruders in Mogadischu geheiratet habe (AS 65), während er in der mündlichen Verhandlung angab, dass sein Bruder - wie er auch - bei seiner Tante in Mogadischu gewohnt habe. Auch wann sein Bruder seinen Vater über die Eheschließung informiert habe, schilderte der Beschwerdeführer unterschiedlich. Während er vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch angab, dass dies einige Monate nach der Eheschließung gewesen sei, behauptete er in der mündlichen Verhandlung, dass es einen Monat nach der Eheschließung stattgefunden habe.
Aufgrund der nicht glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers seine Fluchtgeschichte betreffend, konnte somit weder eine Heirat des Beschwerdeführers mit einem Mädchen aus dem Clan der Hawiye, noch eine Tötung des Vaters des Beschwerdeführers oder eine Bedrohung des Beschwerdeführers durch die Familie seiner angeblichen Ehefrau im Falle einer Rückkehr nach Somalia festgestellt werden. Daran ändert auch ein vom Beschwerdeführer vorgelegtes Foto einer jungen Frau nichts. Auch wenn dies seine Freundin ist, bestätigt es nicht, dass sie dem Clan der Hawiye angehört, die beiden eine heimliche Ehe eingegangen sind und der Beschwerdeführer deshalb von ihrer Familie verfolgt wird.
Zur Minderheitenzugehörigkeit des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass sich aus den Länderfeststellungen ergibt, dass die berufsständischen Gruppen, zu denen die Madhiban gehören, auf der untersten Stufe der sozialen Hierarchie der somalischen Gesellschaft stehen. Jedoch gibt es in Mogadischu heute keine Clankämpfe oder -konflikte mehr. Es gibt dort auch kein Risiko einer schweren Diskriminierung aufgrund der Clanzugehörigkeit. Da es in der Stadt keine Clanmilizen mehr gibt, ist der Clan heute weniger eine Schutzstruktur als vielmehr eine soziale Struktur.
Minderheitenangehörige werden nicht mehr aufgrund ihrer Zugehörigkeit marginalisiert oder belästigt. Die Sicherheitslage für Angehörige kleiner, schwacher Clans oder ethnischer Minderheiten hat sich wesentlich verbessert. Auch die in den Länderberichten enthaltenen Feststellung, wonach für eine Rückkehr nach Mogadischu die Anwesenheit der Kernfamilie relevant ist, weist auf die nunmehr geringe Bedeutung des Clans hin. Zusätzlich gibt es keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan erkennen ließen. Daher wissen die Menschen in Mogadischu und anderen großen Städten nicht automatisch, welchem Clan eine Person angehört.
Eine Verfolgungsgefahr rein aus der Minderheitenzugehörigkeit des Beschwerdeführers kann daraus nicht abgeleitet werden.
Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl kann dementsprechend nicht darin entgegengetreten werden, dass der Beschwerdeführer im Laufe seines Verfahrens mit seinem Vorbringen eine konkrete und aktuelle Verfolgung oder drohende Verfolgung aus Gründen, wie in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählt, nicht hat glaubhaft machen können.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005, FPG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Zu A)
1.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - Asylabweisung:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 3 mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlich