Entscheidungsdatum
24.04.2019Norm
VwGG §25a Abs2 Z1Spruch
W195 2195275-1/22E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS über den Antrag von XXXX , der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.12.2018, Zl. W195 2195275-1/11E, erhobenen außerordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, beschlossen:
Der außerordentlichen Revision wird gemäß § 30 Abs. 2 iVm § 30a Abs. 3 VwGG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der nunmehrige Revisionswerber (RW) stellte am 04.01.2017 den Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenrecht und Asyl vom 10.04.2018 Zl. 1139533400-170015765, wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat XXXX (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem RW nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den RW eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach XXXX gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und abgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Dagegen erhob der RW Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 19.10.2018 sowie am 15.11.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der RW ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich sowie zum bisherigen Verfahrensverlauf befragt wurde. Darüber hinaus lud das Verwaltungsgericht für die Verhandlung am 15.11.2018 auch einen Zeugen, um die Aussagen des RW zu verifizieren.
2. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.12.2018, Zl. W195 2195275-1/11E, wurde die Beschwerde - nach umfangreicher Erhebung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes - als unbegründet abgewiesen und die Revision - mangels Vorliegens von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung oder Abweichens von der ständigen Rechtsprechung - für nicht zulässig erklärt.
Die umfassenden Sachverhaltserhebungen des Verwaltungsgerichtes stützten sich nicht nur auf die Erhebungen und die Begründung im Bescheid der Administrativbehörde, sondern auch in der Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht. Dieses sah sich veranlasst, eine Person, welche eine Unterstützungserklärung zugunsten des RW abgegeben hatte, als Zeugen zur Verifizierung des Vorbringens der sexuellen Orientierung des RW einzuvernehmen. Die Einvernahme weiterer Zeugen wurde von Seiten des RW nicht beantragt bzw. war nicht erforderlich. Auch wurden von Seiten des RW bzw. dessen Vertreter keinerlei zusätzliche Fragen hinsichtlich der sexuellen Orientierung des RW aufgeworfen, so dass der zu erhebende Sachverhalt offensichtlich auch von Seiten des RW in den zwei mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht umfassend und erschöpfend erhoben worden war.
Auch die Tatsache, dass der RW Kontakte zu Vereinen XXXX hatte bzw. an bestimmten Veranstaltungen, wie etwa der Regenbogenparade, teilnahm, wurde im zitierten Erkenntnis berücksichtigt und beurteilt. Ebenso fand sein Vorbringen hinsichtlich "Comming-out", "Frauenverhalten", etc., welches er bereits beim BFA geltend machte, in der Begründung des nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnisses seinen Niederschlag (insbesondere Seite 30 ff.).
3. In ihrer gegen dieses Erkenntnis nunmehr gerichteten außerordentlichen Revision beantragte die revisionswerbende Partei die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und begründete diesen Antrag wie folgt:
"Gem. § 30 Abs. 2 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde auf Antrag aufschiebende Wirkung zuerkennen, wenn dieser nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Ausübung der mit dem Bescheid eingeräumten Bewilligung durch einen Dritten, für den Beschwerdeführer unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Es stehen diesem Antrag im gegenständlichen Fall keine "zwingenden" öffentlichen Interessen entgegen, jedoch ist die Nichtzuerkennung für den Revisionswerber mit unverhältnismäßigen Nachteilen verbunden.
Durch die nunmehr ergangene negative Entscheidung endet der mit dem aufrechten Verfahren verbundene faktische Abschiebeschutz.
Gegenstand des Verfahrens ist jedoch gerade, ob die Voraussetzungen für Asyl bzw. subsidiären Schutz einerseits und eine Rückkehrentscheidung bzw. Abschiebung andererseits vorliegen. Mangels Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wäre der Revisionswerber gezwungen, noch vor einer Entscheidung durch den VwGH aus Österreich auszureisen. Eine Ausreise ist ihm aber, insbesondere unter Bedachtnahme auf die entgegengetretene Beweiswürdigung zur sexuellen Orientierung, die Lage im Herkunftsland und die ihm drohende Gefahr der Verfolgung, nicht zumutbar (siehe va RZ 3.7.ff des E vom 29.10.2018, GZ L516 2140298-1/14E, welche eine Gruppenverfolgung von LGBTI-Personen in XXXX feststellt; sowie bereits BVwG vom 29.01.2016, Zahl W199 1436548-1/21E; BVwG vom 30.11.2015, Zahl W152 1432165-1/11E). Mit den Folgewirkungen des angefochtenen Erkenntnisses wäre somit ein unverhältnismäßiger Nachteil für den Revisionswerber verbunden, zumal infolge mehr als 2,5 jährigem Aufenthalt in Österreich hinreichende Integration gegeben ist. Zwingende öffentliche Interessen stehen dem nicht entgegen.
Unter Abwägung der berührten Interessen würden die ins Kalkül zu ziehenden Nachteile für den Revisionswerber somit unverhältnismäßig schwerer wiegen, als das öffentliche Interesse an seiner sofortiger Ausreise bzw. der Nichtgewährung der aufschiebenden Wirkung."
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
2. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.
3. Gemäß § 30a Abs. 3 VwGG hat das Verwaltungsgericht über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden.
4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die revisionswerbende Partei - unabhängig vom Fehlen eines zwingenden öffentlichen Interesses - in ihrem Antrag zu konkretisieren, worin für diese der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre. Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessensabwägung vornehmen zu können, ist es somit erforderlich, dass die revisionswerbende Partei schon in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihr behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt (vgl. VwGH 31.1.2019, Ra 2019/20/0022, mwN).
Das zitierte Antragsvorbringen, das sich bloß in Wiederholung von unsubstantiierten Ausführungen erschöpft, welche bereits in den zwei mündlichen Beschwerdeverhandlungen eingehend erörtert und letztendlich auch im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes behandelt wurden, entspricht diesem Konkretisierungsgebot nicht. Auch hinsichtlich des bisherigen 2,5 jährigen Aufenthaltes des RW in Österreich und der behaupteten Integration wurde ausreichend und umfassend im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes eingegangen (vgl. Seite 50 f.).
Darüber hinaus muss in diesem Zusammenhang, insbesondere wegen des Verweises des RW auf eine - für den vorliegenden Einzelfall nicht heranziehbare - Entscheidung des BVwG vom 29.10.2018, L516 2140298-1, auch auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes 13.03.2019, E655-656/2019-7, hingewiesen werden. Dieser Beschluss des VfGH bestätigte die - gegenüber der zitierten Entscheidung nachfolgenden - Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.12.2018, Zlen. W195 2198727-1/7E sowie
W195 21987121 - 1/7E, in denen es ebenfalls um die Asylgewährung für Menschen mit behaupteter homosexueller Orientierung aus dem Herkunftsstaat XXXX ging und dem vorliegendem Fall durchaus vergleichbar sind. Festgehalten wird in diesem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes, dass sich das Bundesverwaltungsgericht mit der Frage der Gefährdung der beschwerdeführenden Parteien in ihren Rechten auseinandergesetzt hatte. Es könne der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht entgegengetreten werden, wenn es - in diesen konkreten Fällen - davon ausgehe, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes von Fremden ohne Aufenthaltstitel das Interesse am Verbleib im Bundesgebiet aus Gründen des Art 8 EMRK überwiege.
Mit dem zitierten Beschluss vom 13.03.2019 hat der Verfassungsgerichtshof jedoch klar die Grenze der zwingenden öffentlichen Interessen in vergleichbaren Fällen vorgegeben.
In Abwägung der somit insgesamt berührten Interessen würden die vorgebrachten und ins Kalkül zu ziehenden Nachteile für den RW im Verhältnis zum öffentlichen Interesse an seiner sofortigen Ausreise bzw. der Nichtgewährung der aufschiebenden Wirkung der außerordentlichen Revision nicht überwiegen.
Die Beurteilung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision und gegebenenfalls der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses bleibt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Revision vorbehalten (VwGH 31.7.2015, Ra 2015/03/0058).
Der revisionswerbenden Partei ist es somit nicht gelungen, im Rahmen der ihr obliegenden Darlegungs- und Konkretisierungspflicht darzutun, dass mit dem Vollzug der angefochtenen Entscheidung für sie ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden ist, da die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht oder keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen. Eine zu lösende Rechtsfrage wurde auch im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht einmal ansatzweise thematisiert.
Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - Entfall,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W195.2195275.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.06.2019