TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/24 W131 2163857-1

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Veröffentlicht am 24.04.2019
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Entscheidungsdatum

24.04.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W131 2163857-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK über die Beschwerde des mj XXXX , geb XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch seine Mutter XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.06.2017, Zl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs 1 iVm § 34 Abs 2 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der minderjährige Beschwerdeführer (= Bf), ein afghanischer Staatsangehöriger, wurde am XXXX in Österreich geboren. Für ihn wurde - von seiner Mutter als gesetzlicher Vertreterin - am 12.06.2017 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Seine Eltern und drei minderjährige Geschwister reisten im Jahr 2015 nach Österreich ein und stellten bereits am 09.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Sein Antrag auf internationalen Schutz (betreffend Asyl und subsidiärem Schutz) wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.06.2017, Zl XXXX , abgewiesen und mit gleichem Bescheid eine Rückkehrentscheidung verfügt.

3. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht eine Beschwerde erhoben.

4. Der Mutter des Bf wurde mittlerweile mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (= BVwG) vom 24.04.2019 zur GZ W131 2131021-1, der Asylstatus zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Bf ist afghanischer Staatsangehöriger und wurde am 17.05.2017 in Österreich geboren. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Hazara (Sadat/Sayed).

Am 17.05.2017 stellte der Bf (vertreten durch seine Mutter) den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem Zeitpunkt war der Bf minderjährig und ledig. Der Bf hält sich derzeit gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern in Österreich auf.

Der Bf ist nicht straffällig geworden bzw strafunmündig.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 24.04.2019 wurde der Beschwerde der Mutter des Bf ( XXXX , W131 2131021-1) stattgegeben und ihr der Status einer Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 zuerkannt und festgestellt, dass ihr somit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Im Fall der Mutter des Bf ist auch kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verfahrensakt des Bf und jenem seiner Mutter (W131 2131021-1).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe der Beschwerde

Im vorliegenden Fall wurde - wie sich den Feststellungen entnehmen lässt - der Mutter des Bf mit Erkenntnis des BVwG vom 24.04.2019 der Status einer Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihr gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Es liegt auch in Bezug auf die Mutter des Bf keiner der in Art 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe vor.

Gemäß § 34 Abs 2 iVm Abs 5 AsylG 2005 hat das BVwG aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7 AsylG 2005).

Gemäß § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Gemäß Abs 4 leg cit hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten unter den Voraussetzungen der Abs 2 und 3 alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

Der minderjährige Bf ist der Sohn von XXXX (W131 2131021-1) und ist daher jedenfalls als Familienangehöriger iSd § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 zu betrachten.

Im vorliegenden Fall wurde der Mutter des Bf gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 festgestellt, dass dieser damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Der Bf ist nicht straffällig geworden bzw strafunmündig. Gegen die Mutter des Bf ist kein Asylaberkennungsverfahren anhängig. Dem Bf ist daher nach § 34 Abs 4 iVm Abs 5 AsylG 2005 der gleiche Schutzumfang, dh der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, ohne dass allfällige eigene Fluchtgründe zu beurteilen waren (vgl dazu auch Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 [2006], 499).

Nach den Materialien (RV 952, 22 GP, 54) dient § 34 AsylG 2005 der Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband. Ziel der Bestimmungen ist, Familienangehörigen (§ 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005) den gleichen Schutz zu gewähren, ohne sie um ihr Verfahren im Einzelfall zu bringen. Ist einem Familienangehörigen - aus welchen Gründen auch immer - ohnedies der Status des Asylberechtigten zu gewähren, so kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe darüber hinaus vorgesehen, dass auch in diesem Fall eigene Fluchtgründe zu prüfen wären. Dies würde der vom Gesetzgeber ausdrücklich angeführten Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband entgegenstehen (vgl VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418).

Der Beschwerde war daher stattzugeben und dem Bf gemäß § 3 Abs 1 iVm § 34 Abs 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Bf damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der Antrag des mj Bf auf internationalen Schutz, vertreten durch seine Mutter, am 12.06.2017 - somit nach dem 15.11.2015 - gestellt wurde, wodurch insbesondere § 2 Abs 1 Z 15 und § 3 Abs 4 AsylG 2005 ("Asyl auf Zeit") gemäß § 75 Abs 24 leg cit im konkreten Fall grundsätzlich bereits Anwendung finden würde. Gemäß § 3 Abs 4 AsylG 2005 idF BGBl I 24/2016 kommt einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung zu. Diese Aufenthaltsberechtigung verlängert sich kraft Gesetzes nach Ablauf dieser Zeit um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Aberkennungsverfahrens nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird.

Da § 3 Abs 4 AsylG 2005 gemäß Abs 4b leg cit in einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 mit der Maßgabe gilt, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen richtet, von dem das Recht abgeleitet wird (im gegenständlichen Fall von der Mutter des mj Bf, welche ihren Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 stellte und somit über eine unbefristete Aufenthaltsberechtigung verfügt), verfügt auch der Bf über eine unbefristete Aufenthaltsberechtigung.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor (Zur unproblematischen Anwendung des § 34 AsylG 2005 auch im Zusammenhang mit dem Begriff des Familienangehörigen gemäß § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 im Familienverfahren siehe etwa die Erkenntnisse des VwGH vom 26.06.2007, 2007/20/0281; vom 09.04.2008, 2008/19/0205; vom 25.11.2009, 2007/01/1153; vom 24.03.2011, 2008/23/1338, sowie vom 06.09.2012, 2010/18/0398).

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W131.2163857.1.00

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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