TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/24 W131 2131026-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.04.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

24.04.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W131 2131026-1/27E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.06.2016, Zl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs 1 iVm § 34 Abs 2 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (= Bf) reiste im Jahr 2015 gemeinsam mit seiner in Iran traditionell geheirateten Ehegattin sowie seinen drei minderjährigen Kindern (darunter auch seine Tochter, XXXX ) in das Bundesgebiet ein und stellte in Österreich am 09.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. In Österreich kamen zwei weitere Kinder des Bf und seiner Ehegattin zur Welt.

2. Sein Antrag auf internationalen Schutz (betreffend Asyl und subsidiärem Schutz) wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 30.06.2016, Zl XXXX , abgewiesen und mit gleichem Bescheid eine Rückkehrentscheidung verfügt.

3. Dagegen wurde vom Bf - mit Unterstützung eines Vertreters einer Rechtsberatungsorganisation - eine Beschwerde erhoben.

4. Sowohl der Ehegattin des Bf, XXXX als auch seiner minderjährigen Tochter, XXXX , wurde mittlerweile jeweils mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (= BVwG) vom 24.04.2019 zu W131 2131021-1 bzw W131 2131020-1, der Asylstatus zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Bf ist afghanischer Staatsangehöriger und wurde am XXXX in Afghanistan geboren. Der Bf ist Angehöriger der Volksgruppe der Hazara (Sadat/Sayed) und bekennt sich selbst zum Islam schiitischer Ausrichtung.

Der Bf reiste gemeinsam mit seiner Ehegattin, die er im Iran nach traditionellem Ritus ehelichte und seinen drei minderjährigen Kindern im Jahr 2015 in das Bundesgebiet ein und stellte am 09.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Während des Aufenthaltes im Bundesgebiet kamen zwei weitere Kinder des Bf und seiner Ehegattin auf die Welt. Der Bf hält sich derzeit gemeinsam mit seiner Ehegattin und den fünf gemeinsamen minderjährigen Kindern im Bundesgebiet auf.

Der Bf ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 24.04.2019 wurde sowohl der Beschwerde der Ehegattin des Bf ( XXXX , W131 2131021-1) als auch der der minderjährigen Tochter ( XXXX , W131 2131020-1) stattgegeben und ihnen jeweils der Staus einer Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 zuerkannt und festgestellt, dass ihnen somit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Weder im Fall der Ehegattin noch der minderjährigen Tochter des Bf ist ein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen betreffend die Person des Bf gründen sich auf dessen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde und dem BVwG. Im Verfahren ist Nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen aufkommen lassen würde.

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den Gerichtsakten des Bf und dem seiner Ehegattin bzw dem seiner minderjährigen Tochter sowie den diesbezüglich vorgelegten Verwaltungsakten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe der Beschwerde

Im vorliegenden Fall wurde - wie sich den Feststellungen entnehmen lässt - sowohl der Ehegattin als auch der minderjährigen Tochter des Bf mit Erkenntnis des BVwG vom 24.04.2019 der Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 zuerkannt und festgestellt, dass ihnen gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Anhand der Ermittlungsergebnisse war davon auszugehen, dass sich sowohl die Ehegattin als auch die minderjährigen Tochter des Bf angesichts ihrer auf ein selbstbestimmtes Leben gerichteten Einstellung ("westliche Gesinnung") aus wohlbegründeter Furcht wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt zu werden, außerhalb Afghanistans befinden und im Hinblick auf diese Furcht nicht ge willt sind, in dieses Land zurückzukehren (vgl die bereits weiter oben zitierten Erkenntnisse des BVwG). Es liegt auch weder in Bezug auf die Ehefrau des Bf noch seiner mj Tochter einer der in Art 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe vor.

Gemäß § 34 Abs 2 iVm Abs 5 AsylG 2005 hat das BVwG aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7 AsylG 2005).

Gemäß § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Gemäß Abs 4 leg cit hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten unter den Voraussetzungen der Abs 2 und 3 alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

Der Bf ist nicht nur Ehegatte von XXXX (Bf zu W131 2131021-1), die er bereits vor der Einreise in das österreichische Bundesgebiet ehelichte, sondern auch Vater der minderjährigen XXXX (Bf zu W131 2131020-1). Der Bf ist daher jedenfalls als Familienangehöriger iSd § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 zu betrachten.

Der Bf ist nicht straffällig geworden und weder gegen die Ehegattin noch gegen die minderjährige ledige Tochter des Bf ist ein Aberkennungsverfahren anhängig.

Nach den Materialien (RV 952, 22. GP, 54) dient § 34 AsylG 2005 der Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband. Ziel der Bestimmungen ist, Familienangehörigen (§ 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005) den gleichen Schutz zu gewähren, ohne sie um ihr Verfahren im Einzelfall zu bringen. Ist einem Familienangehörigen - aus welchen Gründen auch immer - ohnedies der Status des Asylberechtigten zu gewähren, so kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe darüber hinaus vorgesehen, dass auch in diesem Fall eigene Fluchtgründe zu prüfen wären. Dies würde der vom Gesetzgeber ausdrücklich angeführten Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband entgegenstehen (vgl VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418). Dem Bf ist daher gemäß § 34 Abs 4 AsylG 2005 der gleiche Schutzumfang, dh der Status des Asylberechtigten nach § 3 Abs 1 AsylG 2005 zuzuerkennen, ohne dass allfällige eigene Fluchtgründe zu beurteilen waren (vgl dazu Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 [2006], 499).

Der Beschwerde war daher stattzugeben und dem Bf gemäß § 3 Abs 1 iVm § 34 Abs 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Bf damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Abschließend ist an dieser Stelle der Vollständigkeit halber noch darauf hinzuweisen, dass der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz am 09.09.2015 und somit vor dem 15.11.2015 gestellt wurde, wodurch insb § 2 Abs 1 Z 15 und § 3 Abs 4 AsylG 2005 ("Asyl auf Zeit") gemäß § 75 Abs 24 leg cit im konkreten Fall noch keine Anwendung findet.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor (Zur unproblematischen Anwendung des § 34 AsylG 2005 auch im Zusammenhang mit dem Begriff des Familienangehörigen gemäß § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 im Familienverfahren siehe etwa die Erkenntnisse des VwGH vom 26.06.2007, 2007/20/0281; vom 09.04.2008, 2008/19/0205; vom 25.11.2009, 2007/01/1153; vom 24.03.2011, 2008/23/1338, sowie vom 06.09.2012, 2010/18/0398).

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W131.2131026.1.00

Zuletzt aktualisiert am

17.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten