TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/25 W234 2208392-1

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Veröffentlicht am 25.04.2019
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Entscheidungsdatum

25.04.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W234 2208392-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX (auch XXXX ), StA. Somalia, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.09.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.03.2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Nach seiner Einreise in das Bundesgebiet stellte der Beschwerdeführer am 19.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dort gab er im Wesentlichen an, er sei am XXXX in Burao (Somaliland) geboren worden und habe dort von 1991 bis 2003 die Grundschule besucht. Er bekenne sich zum moslemischen Glauben. Er habe bislang keine Ehe geschlossen und zuletzt als Informatiker gearbeitet. Seine Muttersprache sei Somali. Bei der Erstbefragung begründete der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz lediglich damit, in Somalia alleine gewesen zu sein und keine Arbeit gehabt zu haben. Weitere Fluchtgründe habe er nicht (AS 9).

2. Am 22.08.2017 fand eine schriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) statt, die im Wesentlichen der Abklärung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers diente. Der Beschwerdeführer gab dabei an, laktoseintolerant und an Hepatitis B erkrankt zu sein. Diese Diagnose habe er ungefähr vor einem Monat erhalten. Es gehe ihm jedoch gut. Er müsse keine Medikamente nehmen (AS 58).

Der Beschwerdeführer wurde am 03.09.2018 neuerlich vom Bundesamt einvernommen. Dabei brachte er im Wesentlichen vor, dass es ihm gut gehe, er gesund sei und er keine Medikamente nehmen müsse. Von einer Hepatitis B-Erkrankung wisse er nichts. Er sei somalischer Staatsangehöriger und am XXXX in Burao, Somaliland, geboren worden. Das in der Erstbefragung angegebene Geburtsdatum stimme nicht. In Burao sei er auch aufgewachsen und habe mehrere Jahre die Grund- und Mittelschule besucht. Er habe bislang nur von 2008 bis 2010 gearbeitet; sonst sei er immer von seinen Angehörigen versorgt worden. Im Jahr 2010 sei er gemeinsam mit seiner Mutter nach Hargeysa übersiedelt, wo er sich bis zu seiner Ausreise aufgehalten habe. Er sei sunnitischen Glaubens und gehöre dem Isaaq-Clan, dessen Sub-Clan XXXX und dessen Sub-Sub-Clan XXXX an. Der Beschwerdeführer habe telefonischen Kontakt zu seiner Mutter. Dieser gehe es in Somalia gut.

Zu seinen Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass sein Vater vor sehr langer Zeit in einen Überfall verwickelt gewesen sei. Die Familie des bei dem Überfall geschädigten Mannes hätte sich rächen wollen. Aus diesem Grund sei der Beschwerdeführer ausspioniert worden und zur Zahlung einer Entschädigung aufgefordert worden. Während er gearbeitet habe, habe ihn die Familie des Opfers zwei Mal aufgesucht. Er habe jedoch nie eine Entschädigungszahlung geleistet. Im Jahr 2010 habe er Burao verlassen und sei nach Hargeysa gezogen, wo er bis zu seiner Ausreise im Jahr 2015 keine Probleme gehabt habe. Später in der Einvernahme behauptete der Beschwerdeführer hingegen auch eine Festnahme durch die Polizei mit anschließender Anhaltung. Seine Angaben dazu, ob er in einer Reha-Klinik oder Gefängnis oder herkömmlichen Haus angehalten worden sei, schwankten.

Der Beschwerdeführer halte es für sehr schwer, nach so langer Zeit wieder in die Heimat zurückzukehren. Gegen seine Rückkehr würde auch sprechen, dass sich die Probleme vielleicht wiederholen würden.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 08.09.2018 wies das Bundesamt den Antrag vom 19.08.2015 für den Status des Asyl- wie des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Unter einem wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise wurde dem Beschwerdeführer eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt VI.).

4. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer - durch seine bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation - die vorliegende Beschwerde erhoben. Der Bescheid wird in vollem Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens wegen fehlerhafter bzw. unzureichender Ermittlungen und mangelhafter Beweiswürdigung angefochten.

5. Mit Schriftsatz des Bundesamtes vom 24.10.2018 wurde die Beschwerde samt den dazugehörigen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

6. Am 12.03.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Somali eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, eine Vertreterin seiner gewillkürten Rechtsberatungsorganisation und ein Vertreter des Bundesamtes teilnahmen. In der mündlichen Verhandlung hielt der Beschwerdeführer sein Vorbringen, infolge der nicht befriedigten Entschädigungsforderung der Hinterbliebenen des Unfallgegners seines Vaters Repressionen zu erwarten und inhaftiert gewesen zu sein, im Wesentlichen aufrecht.

Der anwesende Vertreter des Bundesamtes gab in der mündlichen Verhandlung eine Stellungnahme zu den herangezogenen Länderberichten ab. Diese würden ausführen, dass man sich in solchen - wie auch vom Beschwerdeführer geschilderten - Fällen zunächst an den Clan wenden würde. Andererseits sei in diesen auch von Sippenhaft die Rede. Die Familie des Beschwerdeführers habe jedoch keine gewaltsamen Übergriffe erfahren. Zudem sei die allgemeine Sicherheitslage in Somaliland ganz klar aus dem Länderinformationsblatt ersichtlich.

Die gewillkürte Vertreterin ersuchte um eine Frist zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme.

7. Am 26.03.2019 langte die schriftliche Stellungnahme der gewillkürten Vertreterin des Beschwerdeführers zu den herangezogenen Länderberichten beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wird zur Versorgungslage in Somaliland ausgeführt, dass die Gu-Regenzeit nicht ertragreich ausgefallen sei und noch immer Wasser- und Weidemangel herrsche. Zudem würden auch aktuelle Berichte zur Versorgungslage eine Verschlechterung der humanitären Lage in Somaliland insbesondere seit September 2018 zeigen. Die prognostizierte Besserung der Versorgungslage sei nicht eingetreten. Vor diesem Hintergrund und der fehlenden familiären Unterstützung sei dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in seine Heimatprovinz nicht möglich und zumutbar. Dem Beschwerdeführer stehe auch keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung, da es sich bei den Binnenvertriebenen (IDPs) in Somalia um eine der meist gefährdeten Personengruppen handeln würde. Diese würden kaum Schutz genießen und seien Ausbeutung, Misshandlung und Marginalisierung ausgesetzt. Ferner sei der Beschwerdeführer bereits hervorragend im Bundesgebiet integriert. Sein privates Interesse am Fortsetzen seines Privatlebens in Österreich überwiege das öffentliche Interesse an einer Rückkehrentscheidung. Er erfülle die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus".

8. Am 18.04.2019 legte die gewillkürte Vertreterin des Beschwerdeführers ergänzend zum bisherigen Vorbringen ein Unterstützungsschreiben des ehemaligen ehrenamtlichen Fußballtrainers des XXXX vor, wonach der Beschwerdeführer bis Herbst 2018 rege am Training der Mannschaft teilgenommen habe. Dann sei der Beschwerdeführer übersiedelt, weshalb er nicht mehr an diesen Fußballspielen und -trainings habe teilnehmen können. Seither stehe der Trainer zum Beschwerdeführer per WhatsApp regelmäßig in Kontakt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grund des Antrags auf internationalen Schutz vom 19.08.2015, der Erstbefragung des Beschwerdeführers durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, seiner Einvernahmen durch das Bundesamt, der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, der Stellungnahmen der Parteien im Verfahren, der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist somalischer Staatsbürger. Er wurde in Burao (Somaliland) geboren und hat dort mehrere Jahre lang die Schule besucht. Er ist jedenfalls volljährig. Im Jahr 2010 übersiedelte der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Mutter nach Hargeysa, wo er sich bis zu seiner Ausreise aufhielt. Der Beschwerdeführer lebte in Somalia durchgehend in Städten. Der Beschwerdeführer gehört dem Clan der Isaaq, dessen Sub-Clan XXXX , dessen Sub-Sub-Clan XXXX und dessen Sub-Sub-Sub-Clan XXXX an. Der Beschwerdeführer ist sunnitischer Moslem.

Im Jahr 2005 absolvierte der Beschwerdeführer in Hargeysa einen mehrmonatigen Computerkurs. Er konnte in der Vergangenheit bereits Arbeitserfahrung bei der Reparatur von Computern und auch als Verkäufer sammeln.

Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben. Bis zu seiner Ausreise lebte der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Mutter in einem Haushalt. Der Beschwerdeführer hat einen Halbbruder, dem er jedoch nie begegnet ist. Zu Beginn seines Aufenthaltes im Bundesgebiet hatte der Beschwerdeführer noch regelmäßig Kontakt zu seiner Mutter. Seine Mutter lebte zuletzt in Hargeysa bei ihrer Schwester. Es konnte nicht festgestellt werden, ob der Kontakt zu seiner Mutter nach wie vor noch bzw. seit wann dieser nicht mehr besteht. Die Mutter des Beschwerdeführers sowie deren Geschwister samt deren Familien sind nach wie vor in Somalia (Somaliland) aufhältig.

Der Beschwerdeführer ist ledig, alleinstehend und hat keine Kinder. Er beherrscht die somalische Sprache auf muttersprachlichem Niveau.

Der Beschwerdeführer leidet an Hepatitis B, die nicht medikamentös behandelt werden muss. Ansonsten leidet der Beschwerdeführer, abgesehen von einer Laktoseintoleranz, an keinen weiteren Erkrankungen. Er muss weder Medikamente einnehmen noch sich in regelmäßigen Abständen einer besonderen ärztlichen Kontrolle unterziehen. Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer ist als Küchenhilfe drei Stunden pro Tag erwerbstätig und verdient damit € 110,-- pro Monat. Er leistet freiwillige Hilfsarbeit in der Gemeinde XXXX . Ca. 72 Arbeitsstunden übte er gemeinnützige Tätigkeiten für die Marktgemeinde XXXX aus. Der Beschwerdeführer hat ein Deutschzertifikat des Niveaus B1 erworben. Derzeit besucht er einen Deutschkurs des Niveaus B2. Hobbymäßig spielt der Beschwerdeführer jede zweite Woche einmal Fußball. Der Beschwerdeführer unterhält Freundschaften zu dauerhaft in Österreich aufenthaltsberechtigten Personen.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Somalia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zielgerichtet gegen ihn gerichtete Übergriffe staatlicher Organe oder Privater mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten hätte.

Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund eines in den 1980er-Jahren stattgefundenen Unfalles zwischen seinem Vater und einer anderen Person, mehr als 20 Jahre später von deren Familie aufgesucht, bedroht und zur Zahlung einer Entschädigungsleistung aufgefordert wurde und wegen der Nichtleistung einer Entschädigung Übergriffe zu erwarten hätte.

Insbesondere konnte ferner nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Clan Isaaq ernstlich Gefahr liefe, zielgerichteten intensiven Übergriffen anderer Bevölkerungsteile ausgesetzt zu sein.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch wurde der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 FPG.

Der Beschwerdeführer verfügte nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts des Asylverfahrens.

1.3. Zur Situation in Somalia-Somaliland enthält das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 12.01.2018 in der Fassung der letzten Kurzinformation vom 17.09.2018 folgende - mit Blick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers maßgebliche - Ausführungen, die das Bundesverwaltungsgericht als örtliche Gegebenheiten im Herkunftsstaat feststellt:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 17.09.2018: Positiver Trend bei Versorgungslage (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation) Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert (UN OCHA 11.09.2018; vgl. UN OCHA 05.09.2018), dies gilt auch für Einkommensmöglichkeiten und Marktbedingungen (FSNAU 01.09.2018).

Die Preise für unterschiedliche Grundnahrungsmittel haben sich in Mogadischu gegenüber dem Vorjahr drastisch verbilligt und liegen nunmehr unter dem Fünfjahresmittel. Dies betrifft namentlich Bohnen (cowpea), rotes Sorghum und Mais (FEWS NET 31.08.2018). Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs (UN OCHA 11.09.2018).

Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN OCHA 02.09.2018). Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen. Zwischen Februar und Juli 2018 konnten humanitäre Organisationen 1,9 Millionen Menschen pro Monat erreichen (UN OCHA 05.09.2018).

Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (UN OCHA 05.09.2018). Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden.

Dies sind im ländlichen Raum: Northern Inland Pastoral of Northeast (Teile von Sanaag, Sool und Bari); Hawd Pastoral of Northeast (Teile von Togdheer, Sool und Nugaal); Northwest Guban Pastoral (Teile von Awdal); der Bezirk Belet Weyne (Shabelle-Tal und agro-pastorale Teile); Agro-pastorale Teile und das Juba-Tal in Gedo; die Bezirke Mataban, Jalalaqsi und Buulo Burte in Hiiraan; Teile des Juba-Tals in Middle Juba. An Gruppen sind es die IDPs in Bossaso, Garoowe, Galkacyo, Qardho, Mogadischu, Baidoa, Kismayo und Doolow (FSNAU 1.9.2018).

Überhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (UN OCHA 11.9.2018).

In Nordsomalia werden aus einigen Gebieten immer noch Wasser- und Weidemangel berichtet, da die Gu-Regenzeit dort auch im Jahr 2018 nicht ertragreich ausgefallen ist. Es handelt sich um Teile der Regionen Bari und Nugaal (Puntland) sowie von Sool und Sanaag (Somaliland). Dort findet die Wasserversorgung teils immer noch mit Tanklastwagen statt, rund 48.000 Haushalte sind betroffen. Humanitäre Organisationen wie ACTED sind dort aktiv und konnten für über 31.000 Haushalte samt Vieh die Wasserversorgung wiederherstellen (ACTED 12.09.2018).

Die Prognose für den Zeitraum August-Dezember 2018 in IPC-Stufen stellt sich wie folgt dar:

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(FSNAU 01.09.2018)

Insgesamt sind ca. 4,6 Millionen Menschen weiter auf Unterstützung angewiesen, im Februar 2018 waren es noch 5,4 Millionen gewesen (UN OCHA 11.09.2018). Von den 4,6 Millionen befinden sich ca. 1,4 Millionen auf IPC-Stufe 3 (IPC = Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung), weitere ca. 170.000 auf IPC-Stufe 4 (FSNAU 01.09.2018). Darunter scheinen sich viele Kinder zu finden. Ca. 240.000 Kinder gelten als akut unterernährt, weiter 55.000 als schwer unterernährt (UN OCHA 02.09.2018).

Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert (UN OCHA 05.09.2018; vgl. FAO 06.09.2018). Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen (FAO 06.09.2018).

Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen (FSNAU 01.09.2018) Allerdings werden auch für das äthiopische Hochland höhere Niederschlagsmengen prognostiziert, was das Überschwemmungsrisiko entlang von Juba und Shabelle steigen lässt. Gegenwärtig sind einige Flussufer bzw. Flusseinfassungen beschädigt, was selbst bei normalen Regenmengen eine Gefahr darstellt (FAO 06.09.2018).

Immerhin hat Somalia 2018 die schwersten Überschwemmungen seit 60 Jahren erlebt (WB 06.09.2018).

Quellen: - ACTED (12.09.2018): Drought conditions continue to persist in Badhan district,

https://reliefweb.int/report/somalia/drought-conditions-continue-persist-badhan-district, Zugriff 14.09.2018 - FAO - FAO SWALIM / FSNAU (6.9.2018): Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December) - Issued: 6 September 2018,

https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-rainfall-outlook-deyr-2018-october-decemberissued-6-september-2018, Zugriff 14.09.2018 - FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (31.08.2018): Somalia Price Bulletin, August 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-price-bulletin-august2018, Zugriff 14.09.2018 - FSNAU - Food Security and Nutrition Analysis Unit / Famine Early Warning System Network (1.9.2018): FSNAU-FEWS NET 2018 Post Gu Technical Release, https://reliefweb.int/report/somalia/fsnau-fews-net-2018-post-gu-technical-release-01sep-2018, Zugriff 14.09.2018 - UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (11.9.2018): Somalia - Humanitarian Snapshot (as of 11 September 2018),

https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-humanitarian-snapshot-11-september-2018, Zugriff 14.09.2018 - UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (5.9.2018): Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018,

https://reliefweb.int/report/somalia/humanitarian-bulletin-somalia-1-august-5-september2018, Zugriff 14.09.2018 - UN OCHA - UN UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (02.09.2018): Somalia - Food security improving but recovery remains fragile,

https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-food-security-improving-recovery-remainsfragile, Zugriff 14.09.2018 - WB - Worldbank (06.09.2018): World Bank's Flagship Infrastructure Project Launched in Somalia, https://reliefweb.int/report/somalia/world-bank-s-flagship-infrastructure-projectlaunched-somalia, Zugriff 14.09.0218

KI vom 03.05.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere Versorgungssicherheit prognostiziert (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation) Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden.

Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevölkerung in den Städten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018).

Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung sind auf die höhere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zurückzuführen. Gleichzeitig wird die humanitäre Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte können Nahrungsmittel mit von humanitären Akteuren zur Verfügung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018).

Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstützung rund 70% der Menschen die sich auf oder über Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a).

Auch im Jahr 2018 wird humanitäre Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018). Der bereits eingetretene Rückgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):

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(FEWS 3.2018)

Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfällen gekommen (FAO 27.04.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der GuRegenzeit bis zum 20.04.2018 bei 200% des mehrjährigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschläge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschläge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.04.2018), auch wenn mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a). Für den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Nur noch für Hilfsorganisationen leicht zugängliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fällt in die Stufen 1-3, Süd-/Zentralsomalia gänzlich (bis auf IDPKonzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).

Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a).

In den meisten Gebieten haben sich Weidegründe und Wasserverfügbarkeit verbessert (FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings bleibt die durchschnittliche Herdengröße noch hinter dem Normalzustand zurück. Arme Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin über zu wenig Vieh verfügen. Dort wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b). Die Entspannung wird auf Karten dokumentiert:

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(FEWS 4.2018b)

Der Handelspreis für 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener für 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen können nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).

Untenstehend findet sich die detaillierte Prognosekarte der Agentur FSNAU der FAO für die Monate 2-6/2018:

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(FAO 2018)

Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.04.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Häuser verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Dörfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden überflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschlägen in ihrer ursprünglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).

Quellen: - FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018a): Somalia - Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlookupdate/april-2018, Zugriff 02.05.2018 - FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018b): Somalia - Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia, Zugriff 2.5.2018 - FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (3.2018): Somalia - Food Security Outlook February to September 2018, http://fews.net/east-africa/somalia/foodsecurity-outlook/february-2018, Zugriff 02.05.2018 - FAO FSNAU - Agentur der Food and Agriculture Organisation der UN (2018): IPC Map, http://www.fsnau.org/ipc/ipc-map, Zugriff 2.5.2018 - FAO SWALIM (27.04.2018): Somalia Rainfall Forecast - Issued: 27 April 2018, https://reliefweb.int/map/somalia/somalia-rainfall-forecast-issued-27-april-2018, Zugriff 2.5.2018 - UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.5.2018): OCHA Somalia Flash Update #3 - Humanitarian impact of heavy rains | 2 May 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/ocha-somalia-flash-update-3-humanitarian-impactheavy-rains-2-may-2018, Zugriff 03.05.2018

2. Politische Lage

Anstehende Wahlen wurden wiederholt verschoben (USDOS 03.03.2017; vgl. AA 01.01.2017). Diese erneute Verschiebung der Parlamentswahlen wirft einen Schatten auf das vergleichsweise demokratische Somaliland. Das Oberhaus, die Guurti, geht in das zwölfte Amtsjahr, ohne wiedergewählt zu sein (AA 01.01.2017). Die Präsidentenwahlen wurden im März 2017 erneut verschoben (UNSC 09.05.2017). Allerdings war diese Verschiebung angesichts der Dürresituation u.a. auch von den Oppositionsparteien gefordert worden (FT 29.06.2017; vgl. BFA 3./4.2017). Im November 2017 wurden die Wahlen schließlich abgehalten. Gewonnen hat der Kandidat der regierenden Kulmiye-Partei, Muse Bihi Abdi. Er gewann die Wahl mit 55% und ist damit der fünfte Präsident seit der Ausrufung der Unabhängigkeit im Jahr 1991. Nach den Wahlen war es zu Demonstrationen gekommen, da der unterlegene Kandidat der Wadani-Partei das Ergebnis zuerst nicht anerkennen wollte. Die Situation beruhigte sich bald. Internationale Wahlbeobachter erklärten, dass die Wahlen internationalen Standards entsprochen haben (VOA 21.11.2017). Es kam zu keinen signifikanten Irregularitäten (ISS 10.01.2018).

Das Gebiet der früheren Kolonie Britisch-Somaliland im Nordwesten Somalias hat sich 1991 für unabhängig erklärt, wird aber von keinem Staat anerkannt. Allerdings bemühen sich die Nachbarn in der Region sowie zunehmend weitere Staaten in Anerkennung der bisherigen Stabilisierungs- und Entwicklungsfortschritte um pragmatische Zusammenarbeit. Somaliland hat seit der Erklärung der Unabhängigkeit mehrere allgemeine Wahlen erlebt (AA 01.01.2017). Im Westen und in den zentralen Teilen von Somaliland ist es gelungen, einfache Regierungsstrukturen zu etablieren. Da die Regierung aber nur wenig externe Unterstützung erhält, wird nur eine minimalistische Verwaltung geboten; dabei konzentriert man sich auf die Erhaltung der öffentlichen Sicherheit (BS 2016). Es ist mit internationaler Hilfe gelungen, Bezirksverwaltungen und Bezirksräte zu etablieren (BFA 8.2017).

Somaliland hat beachtliche demokratische Erfolge erzielt (UNDP 10.12.2017). Somaliland gilt als Vorbildstaat am Horn von Afrika. Obwohl es kaum internationale Unterstützung erhielt, klappt die Demokratie ebenso wie Bildung und Frieden (SZ 13.02.2017). Somaliland ist es gelungen, eine Wahldemokratie aufzubauen. Das Land ist dabei, diese Staatsform zu konsolidieren. Wahlen wurden bisher von Beobachtern als halbwegs frei und fair beschrieben. Die demokratischen Institutionen Somalilands arbeiten recht gut, ihre Arbeit wird aber durch einen Mangel an Ressourcen und geringe Kapazitäten des öffentlichen Dienstes erschwert. Außerdem kommt es zu Bevorzugungen auf Basis des Clans. Trotzdem haben die gewählten politischen Repräsentanten seit den ersten demokratischen Wahlen im Jahr 2002 an Legitimität und Macht gewonnen. V.a. die Bevölkerung in den westlichen und zentralen Teilen Somalilands akzeptiert die bestehenden Regierungsinstitutionen - allerdings nicht exklusiv. Auch traditionelle Normen und Institutionen bestehen fort. Während Somaliland also bei der Wiederherstellung staatlicher Strukturen und demokratischer Reformen erfolgreich war, kämpft das Land mit massiven strukturellen Restriktionen. Der Staatsapparat bleibt schwach und unterfinanziert und das Land ist von einem inakzeptablen Maß an Armut geprägt (BS 2016).

Gemäß der 2001 angenommenen Verfassung durften politische Parteien gegründet werden und an den Kommunalwahlen 2002 teilnehmen. Allerdings durften nur die drei in diesen Kommunalwahlen stärksten Parteien dauerhaft etabliert werden (AA 01.01.2017; vgl. BS 2016). Damit soll eine Zersplitterung der Parteienlandschaft entlang von Clans verhindert werden. Zunächst erhielten die UDUB (Ururka Dimuqraadiga Ummadda Bahawday, Union der Demokraten) sowie Kulmiye (Solidarität) und UCID (Ururka Caddaalada iyo Daryeelka, Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung) die dauerhafte Zulassung (AA 01.01.2017; vgl. BS 2016). Bei Gemeindewahlen sind alle registrierten politischen Vereinigungen zugelassen; und die Gemeindewahlen entscheiden darüber, welche drei Parteien für die nächsten Wahlen auf nationaler Ebene zugelassen werden. Bei den Gemeindewahlen im November 2012 entschied sich die Bevölkerung für Kulmiye, UCID und Waddani als nationale Parteien (BS 2016). Die UDUB verlor die Zulassung, stattdessen wurde die Waddani-Partei im Rahmen eines festgelegten Verfahrens zugelassen. Politisches Engagement im Rahmen anderer Gruppen wird staatlicherseits beobachtet. Gegebenenfalls werden strafrechtliche Maßnahmen ergriffen (AA 01.01.2017).

Das Innenministerium hat 2.700 Sultane registriert. Diese erhalten für ihre Beteiligung an den Lokalverwaltungen auch ein Gehalt (UNHRC 06.09.2017).

Somaliland definiert seine Grenzen gemäß der kolonialen Grenzziehung; Puntland hingegen definiert seine Grenzen genealogisch entlang der Siedlungsgebiete des Clans der Darod. Insgesamt ist die Ostgrenze Somalilands zu Puntland nicht demarkiert, und die Grenze bleibt umstritten (EASO 2.2016). Das Verhältnis zwischen dem im Nordwesten gelegenen Somaliland und dem Rest des Landes ist problematisch (AA 4.2017a). Das nicht-anerkannte Somaliland ist vom Großteil externer (finanzieller) Unterstützung abgeschnitten. Dies hat dazu geführt, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt zwischen Regierung und Bürgern ungewöhnlich stark ist. Die Demokratie hat sich aus einer Reihe großer Clankonferenzen entwickelt und ist damit mit einem hohen Maß an Legitimität versehen (ECO 13.11.2017).

Quellen:

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3. Sicherheitslage

Hinsichtlich Somaliland ist kein essentielles Sicherheitsproblem bekannt (BFA 8.2017). In Somaliland herrscht Frieden (ZEIT 22.11.2017). Der in Somaliland etablierten de factoRegierung ist es gelungen, ein für die Region durchaus bemerkenswertes Maß an Stabilität und Ordnung herzustellen (AA 4.2017a). Die somaliländische Regierung übt über das ihr unterstehende Gebiet Kontrolle aus (USDOS 03.03.2017). In Somaliland wurde im somaliaweiten Vergleich das bislang größte Maß an Sicherheit, Stabilität und Entwicklung erreicht (AA 01.01.2017). Somaliland ist das sicherste Gebiet Somalias, die Sicherheitslage ist dort deutlich stabiler (UNHRC 06.09.2017; vgl. ÖB 9.2016). Mehrere Quellen bezeichnen Somaliland als sicher. Die Einwohner bewegen sich frei und gewiss, nicht angegriffen zu werden. In Hargeysa und auch in den ländlichen Gebieten - mit Ausnahme der umstrittenen Teile - sind lebensbedrohliche Zwischenfälle eine Seltenheit (BFA 8.2017). Insbesondere die Regionen Awdal, Woqooyi Galbeed und Togdheer gelten als relativ friedlich (EASO 2.2016). Politische Konflikte und Machtkämpfe werden gewaltlos ausgetragen (BS 2016).

Somaliland war in der Lage, die Bedrohung durch al Shabaab einzudämmen (UNHRC 06.09.2017). Anschläge oder Kampfhandlungen der al Shabaab gab es keine (ÖB 9.2016), die Terrorgruppe kontrolliert in Somaliland keine Gebiete (AA 01.01.2017). Seit 2008 hat es in Somaliland keine terroristischen Aktivitäten der al Shabaab mehr gegeben. Trotzdem bleibt die Gruppe für Somaliland eine Bedrohung. Es ist davon auszugehen, dass die al Shabaab in Hargeysa über eine Präsenz verfügt. Die Kapazitäten der al Shabaab in Hargeysa sind jedoch gering. Eine (temporäre) Präsenz und sporadische Aktivitäten der al Shabaab werden aus den umstrittenen Gebieten in Ost-Somaliland und aus Burco gemeldet (BFA 8.2017). In Sool (v.a. Laascaanood) und Sanaag scheint die Präsenz der al Shabaab verstärkt worden zu sein (SEMG 08.11.2017). Aufgrund der Mitwirkung der Bevölkerung wurden zahlreiche Mitglieder der al Shabaab verhaftet. Immer wieder hört man auch von Verhaftungen an Straßensperren. Über 50 Angehörige der al Shabaab befinden sich in somaliländischen Gefängnissen. Deserteure der al Shabaab scheinen in Somaliland kaum gefährdet zu sein. Es gibt keine Berichte, wonach in Hargeysa schon einmal ein Deserteur der al Shabaab exekutiert worden wäre (BFA 8.2017).

Clankonflikte bestehen wie überall in Somalia auch in Somaliland, und es kann zu Auseinandersetzungen und Racheakten kommen, die zivile Opfern fordern. Clankonflikte stellen aber kein Sicherheitsproblem dar, das die politische Stabilität der Region gefährde. Somaliland hat Regierungsstrukturen aufgebaut, die das Machtstreben der verschiedenen Clans ausbalancieren. Das ganze politische System beruht auf Kompromissen zwischen den Clans (ÖB 9.2016). Mit internationaler Hilfe ist es gelungen, in Somaliland Bezirksverwaltungen und Bezirksräte zu etablieren (BFA 8.2017). Den Behörden ist es gelungen, einen relativ wirksamen Schutz gegen Banden und Milizen zu gewährleisten (AA 01.01.2017). Hinsichtlich Hargeysa gibt es keine Sicherheitsprobleme. Die Kriminalitätsrate ist relativ niedrig. Wenn es zu einem Mord kommt, dann handelt es sich üblicherweise um einen gezielten Rachemord auf der Basis eines Clan-Konflikts. Hargeysa und Burco sind relativ ruhig (BFA 8.2017).

Die Grenze zu Puntland ist umstritten (AA 01.01.2017) und international nicht anerkannt. Dort kommt es gelegentlich zu Schusswechseln (ÖB 9.2016) bzw. zu kleineren Scharmützeln mit beheimateten Milizen (AA 4.2017a). Dabei geht es um die östlichen Drittel der Regionen Sool und Sanaag (BFA 8.2017). In der Grenzregion Sanaag bestehen Spannungen (ÖB 9.2016). Der Osten der Region Sanaag steht nicht unter Kontrolle der somaliländischen Regierung; überhaupt hat die Regierung in den Gebieten der Warsangeli keinen großen Einfluss. Auf den Bezirk Laasqoray nehmen weder Somaliland noch Puntland maßgeblichen Einfluss, Teile davon werden von den dort lebenden Warsangeli de facto selbst verwaltet (BFA 8.2017).

Im Südosten des Landes haben Angehörige des Dulbahante-Clans im Jahr 2012 den sogenannten Khatumo-Staat ausgerufen. Dieser umfasst die bereits zuvor von der Miliz SSC (Sool-Sanaag-Cayn) beanspruchten Gebiete des Dulbahante-Clans. Allerdings kontrolliert Khatumo nur kleine Teile des beanspruchten Territoriums. Khatumo verfügt über eine eigene Miliz, nicht aber über funktionierende Verwaltungsstrukturen. Khatumo hat keinen großen Einfluss und die Vertreter halten sich oft in Äthiopien auf, wo sie von Somaliland nicht verfolgt werden können.

Der Konflikt zwischen Somaliland und Khatumo wird nur mit geringer Intensität ausgetragen (EASO 2.2016). Seit 2014 ist es in der Region Sool zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Somaliland und der Khatumo-Miliz gekommen (ÖB 9.2016). Seit Beginn des Jahres 2017 hat es so gut wie keine bewaffneten Aktivitäten von Khatumo oder mit Bezug auf Khatumo gegeben. Die Lage in den Gebieten OstSomalilands an der Grenze zu Puntland bleibt aber weiterhin fragil. Dabei geht es nicht so sehr um den Konflikt zwischen Puntland und Somaliland, sondern um lokale Clans, die regelmäßig in Schießereien verwickelt sind. Diese sind im Jahr 2017 - vermutlich aufgrund der Dürre und der damit verbundenen Verknappung der Ressourcen - eskaliert. Dabei standen sich in erster Linie Subclans der Dulbahante gegenüber. Im weitesten Sinne ist das Gebiet von Khatumo also immer noch ein ‚umstrittenes' Gebiet. Die somaliländische Polizei und die Armee werden häufig in die Region verlegt, zuletzt vor allem im Zuge der Wählerregistrierung. Auch gegenwärtig verfügt die somaliländische Armee in Ost-Somaliland über eine verstärkte Präsenz (BFA 8.2017).

Der Führer des selbsternannten "Khatumo-Staates", Ali Khalif Galayd, hat Friedensgespräche mit Somaliland initiiert; dabei wurde im Juni 2017 auch die "Rückkehr" von Khatumo zu Somaliland in Aussicht gestellt (UNSC 05.09.2017) und es ist zu einer Einigung gekommen (SEMG 08.11.2017).

Derzeit ist das Verhältnis zwischen Khatumo und Somaliland relativ vernünftig. Man führt Verhandlungen. Allerdings zerfällt die pro-Khatumo-Front innerhalb der Dulbahante zusehends. Einige Älteste unterschiedlicher Subclans haben dem Präsidenten von Khatumo schon die Unterstützung entzogen. Diese Spaltung spiegelt sich etwa in Form der Schaffung der Dulbahante Liberation Front (DLF) wider (BFA 8.2017). In der Folge kam es auch zu Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Fraktionen der Dulbahante. Im Zuge der Vorbereitungen der somaliländischen Präsidentschaftswahl ist es zu Angriffen von Dulbahante-Milizen auf mit der Wahl verbundenen Zielen gekommen (SEMG 08.11.2017).

Lagekarte

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BFA (8.2017)

Eine vollständige und inhaltlich umfassende Darstellung kann nicht gewährleistet werden; die Gebietsgrenzen sind relativ, jedoch annähernd. Laut Lagekarte verfügt Somaliland in den einfarbig markierten Landesteilen über relevanten Einfluss. Somaliland kann dafür auf die maßgeblichen Ressourcen zurückgreifen, um auch längerfristig Einfluss zu gewährleisten. Schraffierte Gebiete unterliegen dem Einfluss von zwei dermaßen relevanten Parteien (hier: Somaliland, Puntland). Strichlierte Linien umreißen die Operationsgebiete weiterer, weniger relevanter Parteien mit geringerem Einfluss (hier: Clan-Milizen; al Shabaab in den Golis/Galgala Bergen) (BFA 8.2017). Nur verhältnismäßig kleine Teile der somaliländischen Einflusszonen sind umstritten: Die östlichen Drittel der Regionen Sool und Sanaag zwischen Puntland und Somaliland; In den Bezirken Buuhoodle, Laascaanood, Xudun und Taalex kommt es sporadisch zu Auseinandersetzungen zwischen Somaliland und einzelnen Dulbahante-Milizen; Auf den Bezirk Laasqoray nehmen weder Somaliland noch Puntland maßgeblichen Einfluss, Teile davon werden von den dort lebenden Warsangeli de facto selbst verwaltet. Im Gebiet der Galgala-Berge an der Grenze von Somaliland und Puntland hat sich bereits vor Jahren eine Gruppe der al Shabaab festgesetzt. Sie unternimmt von dort aus - meist kleinere - Operationen ins Umland (BFA 8.2017).

In den somaliländischen Regionen Awdal, Sanaag, Sool, Togdheer und Woqooyi Galbeed lebten einer Schätzung im Jahr 2014 zufolge ca. 3,5 Millionen Einwohner (UNFPA 10.2014). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2016 insgesamt 29 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten getötet wurden (Kategorie "violence against civilians"). Bei 24 dieser 29 Vorfälle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin getötet. Im Jahr 2017 waren es 24 derartige Vorfälle (davon 17 mit je einem Toten). Im Laut ACLED Datenbank entwickelte sich die Zahl an Zwischenfällen mit Todesopfern (meist ein Todesopfer) in Somaliland folgendermaßen (es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann.

(...)

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia - AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Somalia - Innenpolitik, http://www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Innenpolitik_node.html, Zugriff 13.9.2017 - ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project/University of Sussex (2017): Africa Data, Version 8 (1997-2017), https://www.acleddata.com/data/, Zugriff 10.1.2018 - ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project/University of Sussex (2016): Africa Data, Version 7 (1991-2016), http://www.acleddata.com/data/, Zugriff 21.12.2017 - BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineve rsion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017 - BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report, https://www.btiproject.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 13.9.2017 - EASO - European Asylum Support Office (2.2016):

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http://www.zeit.de/kultur/201711/somaliland-wahlen-demokratie-somalia-10nach8, Zugriff 10.1.2018

4. Rechtsschutz/Justizwesen

In Somaliland sind die Grundsätze der Gewaltenteilung in der Verfassung niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungsrealität eine andere. Richter sind einer vielfältigen politischen Einflussnahme durch staatliche Amtsträger ausgesetzt (AA 1.1.2017; vgl. ÖB 9.2016, BS 2016). In Gerichtsverfahren ist politische Einflussnahme durch staatliche Amtsträger weit verbreitet - speziell bei Verfahren gegen Journalisten (USDOS 03.03.2017).

In Somaliland gibt es zwar funktionierende Gerichte, allerdings gibt es gleichzeitig Kapazitätsprobleme (USDOS 03.03.2017; vgl. BS 2016, ÖB 9.2016). Es fehlt an ausgebildeten Richtern und Juristen sowie an einer nachvollziehbaren Rechtsdokumentation (ÖB 9.2016; vgl. BS 2016). UNODC und andere UN-Agenturen unterstützen Somaliland dabei, das Justizsystem und die Haftbedingungen zu verbessern (ÖB 9.2016). Mit internationaler Hilfe ist aber in die Gerichte investiert worden. Die sogenannten mobile courts funktionieren relativ gut und haben den Zugang der Bürger zur formellen Justiz verbessert (BFA 8.2017). Das Justizsystem in Somaliland ist eine Mischung aus traditionellem Recht (xeer), Scharia und formellem Recht (BS 2016; vgl. USDOS 03.03.2017, ÖB 9.2016). Die Scharia wird in erster Linie in Familienangelegenheiten herangezogen. Das formelle Recht wird oft dem traditionellen Recht untergeordnet, da die Kapazitäten ordentlicher Gerichte eingeschränkt sind (BS 2016). Zwar sind die drei Rechtsformen nicht gut integriert (USDOS 03.03.2017). Doch selbst wenn sich das formelle Recht und das traditionelle Recht in manchen Punkten widersprechen, so werden die Rechtssysteme nicht als konkurrierend sondern vielmehr als komplementär erachtet. Generell können sich die Menschen aussuchen, ob sie sich an formelle, traditionelle oder religiöse Institutionen wenden (BS 2016). Allerdings richtet sich der Bürger im Fall des Falles zuerst an seinen Clan. Auch wenn ein Mord passiert, wird vorerst im traditionellen System Blutgeld verhandelt. Kommt man zu keiner Lösung, richtet man sich an die Gerichte (BFA 8.2017). In Somaliland kommt das traditionelle Recht einer Angabe von 2006 zufolge bei 80% der Rechtsstreitigkeiten zur Anwendung. Gerichte anerkennen xeerEntscheide (traditionelles Recht) (SEM 31.05.2017).

In Somaliland sind ansatzweise rechtsstaatliche Grundsätze im Strafrecht zu beobachten. Dazu gehört das Bemühen, eine diskriminierende Strafverfolgung und -zumessung möglichst zu vermeiden (AA 01.01.2017). Auch Bürgerrechte sind in Somaliland formell garantiert. Eine grundlegende Rechtstaatlichkeit konnte etabliert werden. Die Polizei und andere Regierungsinstitutionen arbeiten ausreichend gut. In entlegenen Gebieten vertreten allerdings lokale Behörden und Älteste die Rechtsordnung. Dort sind Frauen- und Minderheitenrechte nur unzureichend geschützt (BS 2016). Auch das Verwaltungssystem reicht nicht bis in alle entlegenen Gebiete. Die Politik muss im Hinterland mit lokalen traditionellen und religiösen Autoritäten kooperieren, um die Verwaltung gewährleisten zu können (BS 2016). In den nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten werden Urteile häufig nach traditionellem Recht von Clan-Ältesten gesprochen. Diese Verfahren betreffen in der Regel nur den relativ eng begrenzten Bereich eines bestimmten Clans. Bei Sachverhalten, die mehrere Clans betreffen, kommt es häufig zu außergerichtlichen Vereinbarungen (Friedensrichter), auch und gerade in Strafsachen. Repressionen gegenüber Familie und Nahestehenden ("Sippenhaft") spielen dabei eine wichtige Rolle (AA 01.01.2017).

Das vorhandene Maß an Schutz für Privateigentum wird - wie der Rechtsschutz generell - durch die Schwäche des Justizsystems, durch Korruption und Clan-Einfluss eingeschränkt (BS 2016).

Vor somaliländischen Gerichten gilt generell die Unschuldsvermutung, das Recht auf ein öffentliches Verfahren und das Recht auf rechtliche Vertretung. Verteidiger dürfen Zeugen befragen und einberufen. Für Angeklagte, die einer schweren Straftat bezichtigt werden, gibt es eine kostenlose Rechtsvertretung. Außerdem gibt es im Land eine funktionierende Legal Aid Clinic (USDOS 03.03.2017). Es gibt zwar einen Instanzenzug, allerdings werden manchmal Zeugen eingeschüchtert und Beweismaterial nicht ausreichend beigebracht. Insgesamt werden die Verfahrensrechte in Somaliland aber eher eingehalten, als in anderen Landesteilen (AA 01.01.2017).

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia - BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineve rsion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017 - BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report, https://www.btiproject.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 13.9.2017 - ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016):

Asylländerbericht Somalia - SEM - Staatssekretariat für Migration (Schweiz) (31.5.2017): Focus Somalia - Clans und Minderheiten, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SO M-clans-d.pdf, Zugriff 22.11.2017 - USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300, Zugriff 13.9.2017

5. Sicherheitsbehörden

Somaliland verfügt über eine eigene Armee und über eigene Polizeikräfte (EASO 2.2016; vgl. ÖB 9.2016). In Somaliland stellt sich der staatliche Schutz besser dar, als in Süd-/Zentralsomalia (ÖB 9.2016). Die Sicherheitsorgane haben in Somaliland eine besonders starke Stellung. Ihre zivile Kontrolle durch die politischen Führer ist stärker als im Rest des Landes, aber gleichwohl lückenhaft (AA 01.01.2017). Die Sicherheitskräfte in Somaliland können in einem vergleichsweise befriedeten Umfeld ein höheres Maß an Sicherheit im Hinblick auf terroristische Aktivitäten und allgemeine Kriminalität herstellen als in anderen Landesteilen. Dies gilt insbesondere für die westlichen Gebiete (Regionen Awdal und Woqooyi Galbeed mit den Städten Hargeysa und Berbera) (AA 13.09.2017).

Die letzte verlässliche Zahl zur somaliländischen Polizei wird mit

6.816 im Jahr 2011 angegeben. Im Februar 2017 wurde die Zahl somaliländischer Polizisten auf 6.000 geschätzt. Die Präsenz der Polizei reicht bis nach Ost-Somaliland. Die Menschen nehmen ihre Dienste auch in Anspruch, man kann sich bei Vergehen an die Polizei wenden. Die Polizei verhaftet Verdächtige. In diesem Sinne gibt es auch einen Form von Rechtsstaatlichkeit. Allerdings kann sich auch die Polizei der Clan-Dynamik nicht entziehen (BFA 8.2017). Weitere Sicherheitsinstitutionen sind die Special Police Units (SPU;

zuständig für den Schutz internationaler Organisationen und NGOs);

die Rapid Reaction Unit; und der nationale Geheimdienst. Daneben besteht eine National Coast Guard (BFA 8.2017). Eine Spezialeinheit zur Terrorismusbekämpfung wurde mit Unterstützung Großbritanniens ausgebildet (ÖB 9.2016). Die Einrichtung einer nachrichtendienstlich arbeitenden Innenbehörde ist nicht rechtlich geregelt. Allerdings gibt es dem Vernehmen nach eine Einheit mit vergleichbaren Aufgaben (AA 01.01.2017). Insgesamt arbeiten die Polizei und andere Regierungsinstitutionen ausreichend gut (BS 2016).

Die somaliländische Armee wird von einem zentralen Kommando mit Sitz in Hargeysa geführt. Sie verfügt über Regionalkommanden und ist nach westlichem Vorbild in Groß- und Kleinverbänden organisiert. Die Mannschaften der Armee sind relativ diszipliniert, Vergehen werden i. d.R. verfolgt und bestraft (BFA 8.2017).

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia - AA - Auswärtiges Amt (13.9.2017): Somalia - Reise- und Sicherheitshinweise - Reisewarnung, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00SiHi/Nodes/SomaliaSicherheit_node.html, Zugriff 13.9.2017 - BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineve rsion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017 - BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report, https://www.btiproject.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 13.9.2017 - EASO - European Asylum Support Office (2.2016):

Somalia Security Situation,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 14.9.2017 - ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016):

Asylländerbericht Somalia

6. Folter und unmenschliche Behandlung

Die Sicherheitskräfte Somalilands entziehen sich in ihrem Handeln weitgehend der öffentlichen Kontrolle. Vorwürfe aufgrund systematischer Verfolgung werden nicht erhoben (AA 01.01.2017). Der aktuelle Menschenrechtsbericht des US-Außenministeriums meldet - wie auch die vorhergehenden Berichte - bezüglich Somaliland keine Vorfälle von Folter (USDOS 03.03.2017).

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia - USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia,

http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300, Zugriff 13.9.2017

7. Korruption

In Somaliland gibt es einen nationalen Rechnungsprüfer und eine Anti-KorruptionsKommission, deren Mitglieder vom Präsidenten ernannt werden. Im Jahr 2016 wurden keine öffentlich Bediensteten wegen Korruption angeklagt (USDOS 3.3.2017). Es gibt keine rechtlichen Konsequenzen für korrupte Staatsbedienstete. Die Verwaltung und auch die Justiz sind von Korruption

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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