TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/22 98/17/0355

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.02.1999
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Auskunftspflicht;
37/01 Geldrecht Währungsrecht;
37/02 Kreditwesen;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;
AuskunftspflichtG 1987 §2;
AuskunftspflichtG 1987 §4;
AVG §17;
AVG §8;
BWG 1993 §69;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 30. Oktober 1998, Zl. 31 0400/28-V/5/98, betreffend Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht in Angelegenheiten der Bankenaufsicht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Schreiben vom 12. November 1997 wies der Beschwerdevertreter für den Beschwerdeführer und einen weiteren Klienten das Bundesministerium für Finanzen, Bankenaufsicht, auf einen Sachverhalt hin, der nach Auffassung des Beschwerdeführers auf ein gesetzwidriges Verhalten einer Bausparkasse hingedeutet hätte. Im Zusammenhang mit der Gewährung von Darlehen an eine Immobilienfirma in Millionenhöhe wurde der Verdacht geäußert, dass der Beschwerdeführer und der zweite Klient des Beschwerdevertreters offensichtlich nur vorgeschoben worden seien, um der Darlehensgewährung der Bausparkasse an die Immobilienfirma "den Anschein der Korrektheit zu geben".

Mit Schreiben vom 5. Jänner 1998 antwortete das Bundesministerium für Finanzen, dass eine Überprüfung der Angelegenheit ergeben hätte, dass keine Verletzung von Bestimmungen des Bankwesengesetzes und des Bausparkassengesetzes, insbesondere des § 10 Bausparkassengesetz, nachgewiesen habe werden können.

Einige Monate später sei ein umfangreiches Strafverfahren gegen Vertreter der involvierten Immobilienfirma, gegen einen als Treuhänder fungierenden Rechtsanwalt und einen Notarsubstituten sowie weitere Personen eingeleitet worden. Im Rahmen dieses Strafverfahrens seien auch Vertreter der Bausparkasse einvernommen worden.

In Kenntnis dieser Aussagen habe der Beschwerdevertreter am 9. Oktober 1998 in einem Brief an das Bundesministerium für Finanzen um Akteneinsicht ersucht, da seine Klienten in der Zwischenzeit von der Bausparkasse vehement zur Rückzahlung der angeblichen Darlehen aufgefordert worden seien und er der Auffassung war, dass entweder die seinerzeitige Auskunft der Bausparkasse an das Bundesministerium für Finanzen grob wahrheitswidrig oder die Tätigkeit der Bankenaufsicht oberflächlich gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Akteneinsicht unter Hinweis auf § 17 AVG abgewiesen, da dem Beschwerdeführer keine Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zukomme. Die auf der Grundlage des Bankwesengesetzes und des Bausparkassengesetzes entfaltete aufsichtsbehördliche Tätigkeit des Bundesministers für Finanzen habe als Adressat lediglich die Bausparkasse, der Beschwerdeführer sei deshalb nicht Partei des aufsichtsbehördlichen Verfahrens.

Ein Recht auf Akteneinsicht bestehe überdies nicht schon dann, wenn die die Akteneinsicht begehrende Person in einem anderen Verfahren Partei sei und die Geltendmachung ihrer Interessen in diesem anderen Verfahren die Kenntnis der Akten erfordere. Akteneinsicht komme daher nur den Parteien des aufsichtsbehördlichen Verfahrens und nicht auch den Parteien eines anderen Verfahrens zu. Im vorliegenden Fall begründe die Absicht, an Hand des aufsichtsbehördlichen Verfahrens feststellen zu können, ob eine Grundlage für Schadenersatzansprüche zu Gunsten der Mandanten des Beschwerdevertreters gegen die Bausparkasse in einem anderen Verfahren gegeben sei, kein Recht auf Akteneinsicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung im Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG und im Recht auf Auskunftserteilung im Sinne des Art. 20 Abs. 4 B-VG geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen hat, räumt § 17 AVG das Recht zur Akteneinsicht nur den Parteien ein, die an einem bestimmten Verwaltungsverfahren beteiligt sind; ohne ein solches Verfahren kann daher niemandem ein solches Recht zustehen (vgl. die Nachweise der Rechtsprechung bei Walter/Thienel,

Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), E 4 zu § 17). Es ist der belangten Behörde beizupflichten, dass in einem aufsichtsbehördlichen Verfahren nach § 69 Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 22/1995, einem vom Kreditinstitut zu unterscheidenden Dritten keine Parteistellung zukommt. Im Verfahren gemäß § 69 BWG hat der Bundesminister für Finanzen auch die Einhaltung der Vorschriften des Bausparkassengesetzes zu überwachen. Auch der Umstand, dass die Einsicht in Akten für jemanden im Hinblick auf die Durchsetzung seiner Interessen in einem anderen Verfahren von Bedeutung wäre, rechtfertigt nicht die Annahme, dass sich daraus ein Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG ableiten ließe (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 92/04/0118, VwSlg. Anh 116 A/1961, und das Erkenntnis vom 27. April 1978, Zl. 2023/77).

Ein Recht zur Akteneinsicht in Akten von Verfahren, an welchen der Interessierte nicht als Partei beteiligt ist, lässt sich auch nicht durch die in der Beschwerde vorgetragene Überlegung rechtfertigen, dass die Bankenaufsicht dem Schutz der Bausparer diene. Aus dem Interesse der Bausparer an einer effizienten Kontrolle der Bausparkassen lässt sich nicht ableiten, dass damit jeder Bausparer vermöge eines Rechtsanspruches im Sinn des § 8 AVG am aufsichtsbehördlichen Verfahren beteiligt wäre. Ein bloß wirtschaftliches Interesse vermittelt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die Parteistellung gemäß § 8 AVG. Vorschriften, die im Sinne der Rechtsprechung zu § 8 AVG erkennen ließen, dass die die Entscheidung einer Verwaltungsbehörde determinierenden Vorschriften nicht nur im öffentlichen Interesse, sondern auch im Interesse von Privaten erlassen wurden, vermag die Beschwerde jedoch nicht zu nennen (auch in diesem Zusammenhang ist auf die strukturelle Problematik hinzuweisen, dass ein aufsichtsbehördliches Verfahren von Haus aus im öffentlichen Interesse vorgesehen wird und im Übrigen nicht zwangsläufig in eine Bescheiderlassung mündet).

Soweit in der Beschwerde eine Verletzung der Rechte auf Auskunftserteilung gemäß Art. 20 Abs. 4 B-VG geltend gemacht wird, ist folgendes zu sagen:

In Ausführung des Art. 20 Abs. 4 B-VG erging das Bundesgesetz über die Auskunftspflicht der Verwaltung des Bundes (Auskunftspflichtgesetz), BGBl. Nr. 287/1987. Im Falle von Auskunftsersuchen an das Bundesministerium für Finanzen ist gemäß § 1 Abs. 1 das Auskunftspflichtgesetz des Bundes anzuwenden.

Es kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob die Anfrage des Beschwerdevertreters tatsächlich als Auskunftsersuchen im Sinne des § 2 Auskunftspflichtgesetz verstanden werden konnte. Die Nichterteilung einer Auskunft durch ein oberstes Organ vermittelt dem Auskunftswerber nämlich nicht die Beschwerdelegitimation vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz ist vielmehr dann, wenn eine Auskunft nicht erteilt wird, auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen. Erst gegen einen derartigen Verweigerungsbescheid könnte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Der im Beschwerdefall angefochtene Bescheid spricht jedoch nicht über einen Antrag gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz ab. Es erübrigt sich daher, auf die Frage einzugehen, ob eine Verweigerung der Erteilung einer Auskunft gemäß § 2 Auskunftspflichtgesetz zulässig gewesen wäre. Der Beschwerdeführer ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das Auskunftspflichtgesetz entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung gerade nicht ein Recht auf Akteneinsicht gewährt (vgl. schon zu § 3 Z. 5 Bundesministeriengesetz 1973 das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. März 1982, Zl. 81/17/0049, oder die hg. Erkenntnisse vom 19. September 1989, Zl. 88/14/0198, vom 22. Februar 1991, Zl. 90/12/0214, oder vom 25. Jänner 1993, Zl. 90/10/0061).

Die vorliegende Beschwerde ist somit nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Da dies bereits aus dem Inhalt der Beschwerde zu erkennen ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. Februar 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998170355.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

12.07.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten