TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/22 94/17/0088

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Veröffentlicht am 22.02.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
37/02 Kreditwesen;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
KWG 1979 §8 Abs1 Z1;
SparkassenG 1979 §25 Abs1;
SparkassenG 1979 §27 Abs7;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde 1.) der Stadtgemeinde O, vertreten durch den Bürgermeister S, und 2.) des S, beide in O und dieser jeweils vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 22. Juli 1993, Zl. 28 1900/4-V/5/93, betreffend Bewilligung nach dem Kreditwesengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Sparkasse der Stadtgemeinde O trat mit Wirkung vom 1. April 1935 in Liquidation und übergab sämtliche Aktiva und Passiva, einschließlich der ausgewiesenen stillen Reserven, der Sparkasse der Stadtgemeinde M, welche gleichzeitig in O eine Zweigstelle errichtete. Haftungsgemeinde der Sparkasse der Stadt M war die Stadtgemeinde M.

Die D-Spar-Casse-Bank und die Sparkasse der Stadt M schlossen im Jahr 1990 einen Verschmelzungsvertrag, der u.a. vorsah, dass der Stadtgemeinde M ein Betrag von S 140,000.000,-- auf einem Konto zur freien Verfügung gestellt werde.

In der Gemeinderatssitzung der Stadt M vom 11. April 1990 wurde hinsichtlich der Mittelverwendung u.a. "ein Anteil am Entgelt" in Höhe von S 5,000.000,-- für die Stadtgemeinde O beschlossen (ein mit diesem Betrag eröffnetes Sparbuch wurde in weiterer Folge "rückberufen").

Der Bundesminister für Finanzen erteilte mit Bescheid vom 1. Juni 1990 gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 Kreditwesengesetz "die besondere Bewilligung zur Verschmelzung der Sparkasse der Stadt M mit der D-Spar-Casse - Bank". Wie es in diesem Bescheid weiters heißt, erfolge die Verschmelzung gemäß § 25 des Sparkassengesetzes unter Ausschluss der Abwicklung zum 31. Dezember 1989 zu den im Verschmelzungsvertrag enthaltenen Bedingungen durch Übertragung des Vermögens der Sparkasse der Stadt M im Wege der Gesamtrechtsnachfolge an die D-Spar-Casse - Bank. Gleichzeitig wurde gemäß § 7 Abs. 2 Kreditwesengesetzes festgestellt, dass die durch § 35 Abs. 3 Z. 1 Kreditwesengesetz gedeckte Berechtigung der Sparkasse der Stadt M zum Betrieb von Bankgeschäften mit der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister des Sitzes dieser Sparkasse erlösche.

Mit Schriftsatz vom 5. April 1993 stellten die Beschwerdeführer den Antrag auf Zustellung dieses Bescheides und bescheidmäßige Feststellung der Parteistellung.

Mit Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 22. Juli 1993 wurde (u.a.) festgestellt, dass den Beschwerdeführern im Verfahren betreffend die Verschmelzung der (Sparkasse der) Stadt M mit der D-Spar-Casse - Bank keine Parteistellung zukommt.

In der Begründung dieses Bescheides vertritt die belangte Behörde die Auffassung, dass wirtschaftliche Interessen nur dann einen rechtlichen Schutz genießen, wenn dieser vom Gesetz ausdrücklich eingeräumt ist. Dies sei jedoch im vorliegenden Fall weder aus einer öffentlich-rechtlichen noch aus einer privatrechtlichen Norm ableitbar. Ein allenfalls handelsrechtlich möglich gewesener, jedoch unterlassener Antrag auf Nichtigerklärung oder ein unterbliebener Rekurs wegen behaupteter nicht ordnungsgemäßer Ladung könne nicht im Wege der gegenständlichen Antragstellung nachgeholt werden. In den hier maßgeblichen Bestimmungen des Sparkassengesetzes und des Kreditwesengesetzes sei jedenfalls kein Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrund vorgesehen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 30. November 1993, B 1605/93-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift:

Nach § 25 Abs. 1 Sparkassengesetz - in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 326/1986 - können Sparkassen unter Ausschluss der Abwicklung durch Aufnahme oder durch Neubildung verschmolzen werden.

Im § 25 Abs. 4 leg. cit. wird bestimmt, dass mit der Eintragung der Verschmelzung in das Firmenbuch des Sitzes der übertragenden Sparkasse das Vermögen der übertragenden Sparkasse einschließlich der Schulden auf die übernehmende Sparkasse übergeht und die übertragende Sparkasse erlischt.

Nach § 27 Abs. 7 leg. cit. geht das nach Erfüllung oder Sicherstellung aller der Sparkasse bekannten Verbindlichkeiten verbleibende Vermögen bei Gemeindesparkassen in das Eigentum der Haftungsgemeinde(n), bei Vereinssparkassen in das Eigentum der Sitzgemeinde über und ist für Zwecke der Allgemeinheit zu verwenden.

§ 8 Abs. 1 Z. 1 KWG - in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 325/1986 - ordnete an, dass (u.a.) für jede Vereinigung von Banken eine besondere Bewilligung des Bundesministers für Finanzen erforderlich ist.

Der oben wiedergegebene Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 1. Juni 1990 enthält keine Bedingungen oder Auflagen, die mit der Rechtssphäre der Beschwerdeführer im Zusammenhang stehen.

Auch kann es nach der anzuwendenden Rechtslage bei einer Bewilligung der Verschmelzung zu einer Berührung von Rechten der Beschwerdeführer nicht kommen. Ist doch bei der Prüfung nach § 8 Abs. 1 Z. 1 KWG unter sinngemäßer Anwendung der §§ 4, 5 und 6 das Vorliegen der in diesen Bestimmungen genannten Voraussetzungen (für die Erteilung, die Versagung sowie die Zurücknahme der Konzession) zu prüfen.

So hat auch der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. Dezember 1984, Zl. 84/17/0176, ausgesprochen, dass § 8 Abs. 1 Z. 1 KWG - in der damals geltenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 325/1986 - hinsichtlich der erforderlichen Bewilligung nur auf ein rechtliches Interesse der an der Verschmelzung beteiligten Kreditunternehmungen, nicht aber auf ein rechtliches Interesse Dritter schließen lässt.

Derart ist es verfehlt, wenn sich die Beschwerdeführer vorrangig darauf berufen, der Erstbeschwerdeführerin stehe ein Rechtsanspruch darauf zu, dass ihr (auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses der Stadtgemeinde M vom 11. April 1990) zumindest S 5 Mio. aus dem Verschmelzungserlös zukomme. Weder aus § 8 Abs. 1 Z. 1 KWG noch aus anderen Rechtsvorschriften kann dafür ein Rechtsanspruch oder rechtliches Interesse im Sinne des § 8 AVG (für das Verfahren zur Bewilligung der Verschmelzung) abgeleitet werden.

Wenn die Beschwerdeführer meinen, ihnen käme als Kunden der Sparkasse M Parteistellung zu, weil sie "als Teil der in § 27 Abs. 7 Sparkassengesetz bezeichneten Allgemeinheit in unseren Rechten verletzt sein" könnten, so ist zu entgegnen, dass die letztgenannte Vorschrift im Falle der Liquidation einen Vermögensübergang auf die Haftungsgemeinde vorsieht und diesbezüglich ergänzend eine Verwendungsbeschränkung zugunsten der Allgemeinheit enthält, ohne jedoch einer bestimmten (natürlichen oder juristischen) Person (dieser "Allgemeinheit") einen Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse auf Zuwendungen aus dem Liquidationserlös einzuräumen.

Weiters ist es schon aus diesem Grund verfehlt, wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, der Erstbeschwerdeführerin komme Parteistellung "als Vertreterin jenes Teiles der Allgemeinheit im Einzugsbereich der Gemeindesparkasse M zu, die zumindest mit einem Viertel zur Vermögensbildung der Gemeinde-Sparkasse als ihren Einzugsbereich (Gemeindegebiet der Stadtgemeinde O) beigetragen hat und somit einen Rechtsanspruch geltend machen kann, dass zumindest ein Viertel des gesamten Haftungserlöses für Zwecke der Allgemeinheit wiederum diesem Einzugsbereich, repräsentiert durch die Stadtgemeinde O zufließt". Aus dem gleichen Grund ist es auch bedeutungslos, wie (weit) der Personenkreis der "Allgemeinheit" zu ziehen ist.

Die Beschwerdeführer berufen sich weiters darauf, die Parteistellung der Erstbeschwerdeführerin ergebe sich daraus, dass ihr im Schreiben der Stadtgemeinde M vom 21. Mai 1990 an die belangte Behörde Verpflichtungen auferlegt worden seien. Da der Verschmelzungsbewilligungsantrag einen Zufluss von S 5 Mio. an die Erstbeschwerdeführerin vorsehe und dies zur Bedingung seitens der belangten Behörde gemacht worden sei, ohne dass die Erstbeschwerdeführerin "gegenüber der belangten Behörde oder der Stadtgemeinde M eine Verpflichtungserklärung abgegeben hätte", komme der Erstbeschwerdeführerin Parteistellung zu, "weil die Auflagen der belangten Behörde nur dann erfüllt werden könnten, wenn die Stadtgemeinde O der Verpflichtungserklärung der Stadtgemeinde M beigetreten bzw. der Stadtgemeinde O eine Bedingung auferlegt worden wäre. Diese sei jedoch im Verschmelzungsbewilligungsverfahren nicht angehört worden und hätte sich zu der Höhe der von der Stadtgemeinde M "unliteral" vorgesehenen Zuwendung nicht äußern können."

Dazu ist darauf hinzuweisen, dass der Verschmelzungsbewilligungsbescheid vom 1. Juni 1990 keine Bewilligung des Verschmelzungsvertrages unter der von den Beschwerdeführern gemeinten "Bedingung" aufweist. Auch lässt sich aus den dem Bewilligungsbescheid zugrundeliegenden Erklärungen der Parteien des Verschmelzungsvertrages jedenfalls kein subjektives öffentliches Recht auf Teilnahme am Verfahren zur Genehmigung der Verschmelzung ableiten. Selbst wenn in einem Bewilligungsbescheid die Einhaltung privatrechtlicher Verpflichtungen (wie im Beschwerdefall die Zusage oder Vereinbarung der Zahlung von S 5,000.000,-- an die Erstbeschwerdeführerin) zur Bedingung der Bewilligungserteilung gemacht wird, bedeutet dies nicht, dass der Vertragspartner des zivilrechtlichen Rechtsgeschäftes oder der Begünstigte aus der einseitigen Erklärung des Bewilligungswerbers durch diese Bewilligung in seinen Rechten berührt würde. Verpflichtungen werden dem Dritten mit einer derartigen Bewilligung nicht auferlegt. Der Umstand, dass für den Bewilligungswerber Rechtsfolgen bei der Nichteinhaltung der Bedingung eintreten können, bewirkt ebenfalls keinen Eingriff in die Rechte der Erstbeschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführer berufen sich (als Bankkunden) auch darauf, die Wirkung der Bewilligung ändere die Rechte der Gläubiger und Schuldner der übertragenden Sparkasse, weshalb auch diese und damit auch die Beschwerdeführer als Sparkassenkunden Adressaten des Verwaltungsaktes und somit "Partei kraft eines privatrechtlichen Anspruches" seien.

Die Beschwerdeführer scheinen sich dabei auf Fremuth/Laurer,

Das neue Sparkassenrecht, 60 ff, zu beziehen. Darin (a.a.O. 62) wird die Auffassung vertreten, dass auch die Gläubiger und Schuldner Adressaten des Verwaltungsaktes seien, weshalb ihnen gegenüber, als generell bestimmtem Adressatenkreis, die Bewilligung der Verschmelzung als Verordnung, gegenüber der Sparkasse jedoch als Bescheid anzusehen sei. Daraus läßt sich für die Beschwerdeführer schon deshalb nichts gewinnen, weil auch bei Zutreffen dieser Rechtsmeinung dieser Umstand dem Betreffenden im Bescheidverfahren keine subjektiven Rechte zu vermitteln vermöchte.

Im übrigen geht es - sofern die Beschwerdeführer mit ihrem Vorbringen, eine Gefährdung ihrer Gläubigerstellung ansprechen sollten - im Verfahren nach § 8 Abs. 1 Z. 1 KWG nicht um eine Sicherstellung nach § 27 Abs. 5 Sparkassengesetz.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. Februar 1999

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1994170088.X00

Im RIS seit

19.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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