TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/29 W251 2163554-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.04.2019
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Entscheidungsdatum

29.04.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W251 2163554-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Somalia, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2017 zur Zl. 1102836402-160100528, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Somalias, stellte am 20.01.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass in seiner Heimat ein Bürgerkrieg herrsche, es dort nicht sicher sei und es weder Arbeit noch eine Zukunft gäbe. Er habe Angst um sein Leben gehabt. Weitere Asylgründe habe er nicht.

3. Mit Urkundenvorlage vom 01.12.2016 legte der Beschwerdeführer Unterlagen betreffend seine Integration in Österreich vor.

4. Am 19.04.2017 fand seine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er von der Al Shabaab mehrmals aufgefordert worden sei sich ihnen anzuschließen. Eines Tages als der Beschwerdeführer am Fußballplatz gespielt habe, seien Mitglieder der Al Shabaab gekommen und hätten ihn und zwei Jugendliche mitgenommen und in einem Container angehalten. Er habe drei Monate zu elft in diesem Container verbracht. Der Beschwerdeführer sei vom Mudiir (Anführer) belehrt worden, dass er im Namen Gottes kämpfen solle. Da sich der Beschwerdeführer geweigert habe, sei er geschlagen und am Körper verbrannt worden. Eines Abends habe der Beschwerdeführer plötzlich an einer Kampfhandlung mitwirken müssen. Ihm sei kurz die Waffe erklärt worden und er habe ca. drei Stunden gekämpft indem er auf dem Bauch am Boden liegend in eine Richtung geschossen habe. Danach sei er wieder in den Container gebracht worden. Eines Tages sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden eine Soldatenstation in Mogadischu anzugreifen. Er habe diese Gelegenheit genutzt und sei zu seiner Tante gelaufen. Mitglieder der Al Shabaab seien jedoch kurz darauf zu seiner Tante gekommen und hätten nach dem Beschwerdeführer gefragt, der sich hinter der Toilette versteckt habe. Da seine Tante mit dem Gewehrkolben geschlagen worden sei, sei der Beschwerdeführer über den Zaun des Hauses gesprungen und davongelaufen. Die Mitglieder der Al Shabaab hätten den Mann seiner Tante am Bein angeschossen und dem Beschwerdeführer hinterher geschossen. Ihm sei jedoch die Flucht gelungen.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht habe glaubhaft machen können. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, arbeitsfähiger, junger Mann mit Schulbildung und Berufserfahrung, der in Somalia über familiäre Anknüpfungspunkte verfüge, weshalb er mit Unterstützung rechnen könne. Er würde bei einer Rückkehr nach Somalia somit nicht in eine ausweglose Situation geraten. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehe.

6. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass das Bundesamt die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers im Rahmen der Beweiswürdigung nicht berücksichtigt habe. Zudem sei entgegen den getroffenen Feststellungen Mogadischu volatiler als andere Städte. Die Hauptstadt sei heftigen und komplexen Angriffen der Al Shabaab ausgesetzt. Die Al Shabaab sei daher sehr wohl in der Lage Zwangsrekrutierungen in Mogadischu durchzuführen. Der Beschwerdeführer sei als Deserteur jedenfalls asylrelevanter Verfolgungsgefahr durch die Al Shabaab ausgesetzt. Der Staat sei nicht in der Lage ihn vor dieser Bedrohung zu schützen. Dem Beschwerdeführer sei der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Zudem würde der Beschwerdeführer als Minderjähriger aufgrund mangelnder Lebensgrundlage in eine aussichtlose Situation geraten. Aufgrund der Berücksichtigung des Kindeswohls sei dem Beschwerdeführer jedenfalls der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen.

7. Mit Stellungnahme vom 13.09.2017 legte der Beschwerdeführer einen Schilddrüsenbefund vom 13.07.2017 vor und führte dazu aus, dass die vom Beschwerdeführer erlittenen Verletzungen mit seinem Fluchtvorbringen übereinstimmen könnten. Durch die Flucht weise der Beschwerdeführer einerseits eine feindliche Gesinnung gegenüber der Al Shabaab auf, andererseits werde ihm von der Regierung in Somalia vorgeworfen die Al Shabaab unterstützt zu haben.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 06.03.2019 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die somalische Sprache und im Beisein der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX

Er ist somalischer Staatsangehöriger, bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und spricht Somali als Muttersprache sowie weiters die Sprachen Englisch, etwas Arabisch und etwas Suaheli. Er hat keine Kinder (AS 7, 127; Protokoll vom 06.03.2019 = OZ 12, S. 7, 10, 15).

Der Beschwerdeführer ist Angehöriger des Clans der Sheikaal, des Subclans der XXXX und des Subsubclans der XXXX (AS 7, 129; OZ 12, S. 7). Der Beschwerdeführer gehört keinem Minderheitenclan an.

Der Beschwerdeführer wurde in der Stadt Mogadischu geboren und ist in Mogadischu im Bezirk XXXX bei seiner Tante väterlicherseits, deren Mann und deren jüngeren Kindern aufgewachsen. Der Beschwerdeführer lebte mit der Familie seiner Tante väterlicherseits in einem Haus, das der Schwester des Mannes seiner Tante väterlicherseits gehörte (AS 131, 133; OZ 12, S. 11). Der Mann der Tante väterlicherseits des Beschwerdeführers betrieb ein Lebensmittelmagazin in Mogadischu (AS 131). Der Beschwerdeführer hat neun Jahre lang eine Schule besucht und den Beruf des Automechanikers gelernt (AS 125, 129; OZ 12, S. 11). Die Eltern des Beschwerdeführers wohnten ebenfalls in Mogadischu. Der Vater des Beschwerdeführers hat zehn Kinder mit einer anderen Frau als der Mutter des Beschwerdeführers, die Mutter des Beschwerdeführers hat sieben Kinder mit einem anderen Mann als dem Vater des Beschwerdeführers (OZ 12, S. 12). Der Vater des Beschwerdeführers handelte mit Tieren (OZ 12, S. 13). Es kann nicht festgestellt werden, wann der Beschwerdeführer aus Somalia ausgereist ist. Er hat zunächst in Libyen gearbeitet und ist dann nach Österreich weitergereist (AS 133, 135; OZ 12, S. 11 f). Er wurde in Libyen weder versklavt noch zum Arbeiten gezwungen.

Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und stellte am 20.01.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich (AS 9 ff).

Die Tante väterlicherseits des Beschwerdeführers und deren Kinder leben nach wie vor im selben Haus in Mogadischu. Der Ehemann der Tante väterlicherseits des Beschwerdeführers kam bei einem (nicht gezielt gegen ihn gerichteten) Anschlag ums Leben (OZ 12, S. 13). Die Tante des Beschwerdeführers betreibt das Lebensmittelmagazin ihres nunmehr verstorbenen Ehemannes in Mogadischu. Der Vater des Beschwerdeführers und dessen zehn Kinder leben nach wie vor in Mogadischu. Der Vater des Beschwerdeführers handelt nach wie vor mit Tieren. Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seiner Tante väterlicherseits und seinem Vater (AS 133). Der Beschwerdeführer hat keinen Kontakt zu seiner Mutter (AS 133; OZ 12, S. 13). Es kann nicht festgestellt werden, wo die Mutter des Beschwerdeführers und deren sieben Kinder derzeit leben.

Der Beschwerdeführer verfügt weiters zumindest noch über einen Onkel in Mogadischu, der in einer Autowerkstatt arbeitet. Der Beschwerdeführer verfügt über einen Onkel und eine Tante in Norwegen, zu denen er keinen Kontakt hat (AS 131; OZ 12, S. 13).

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist gesund und arbeitsfähig. Er hat Einschlafstörungen und nimmt dann Schlaftabletten (Beilage ./A; OZ 12, S. 16). Der Beschwerdeführer befand sich im Mai, Juli und September 2018 in einer Krankenanstalt wegen Übelkeit und Erbrechen. Der Beschwerdeführer bekam ein Magensäure regulierendes Medikament verschrieben (Beilage ./C bis ./F), das er nach wie vor einnimmt (OZ 12, S. 16). Der Beschwerdeführer befand sich im Jänner 2019 in der Psychiatrie des Landesklinikums wegen drogeninduzierter Psychose und einem Suizidversuch (Beilage ./B). Der Beschwerdeführer konsumiert (gelegentlich) Suchtgift (Beilage ./A). Der Beschwerdeführer weist quer verlaufende Narben an beiden Handgelenken, multiple unregelmäßig begrenzte miteinander konfluierende zum Teil hypertrophe Narben im Ober- bis Mittelbauch, multiple zum Teil hypopigmentierte unregelmäßig begrenzte narbige Residuen an den Unterschenkeln (Schienbeinkante bds.) sowie eine etwa 6 cm lange zarte Narbe schräg verlaufend im linken Unterbauch auf (Beilage ./H).

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

1.2.1. Der Beschwerdeführer ist von Mitgliedern der Al Shabaab weder aufgefordert worden sich ihnen anzuschließen noch entführt oder festgehalten worden. Zudem wurde weder die Tante des Beschwerdeführers väterlicherseits noch ihr Ehemann von Mitgliedern der Al Shabaab geschlagen bzw. angeschossen. Die Al Shabaab hat nicht nach dem Beschwerdeführer gesucht. Weder der Beschwerdeführer noch seine Familienangehörigen wurden jemals von der Al Shabaab angegriffen oder bedroht.

Der Beschwerdeführer hat Somalia weder aus Furcht vor Eingriffen in seine körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen.

Im Falle der Rückkehr nach Somalia droht dem Beschwerdeführer weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Angehörige der Al Shabaab oder durch andere Personen.

1.2.2. Der Beschwerdeführer hatte in Somalia selber keine konkret und individuell gegen ihn gerichteten Probleme aufgrund seiner Clanzugehörigkeit.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr in die Stadt Mogadischu kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit. Der Beschwerdeführer kann dort grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer ist mit den Gepflogenheiten in Somalia vertraut. Er hat keine Unterhaltsverpflichtungen. Er verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte in Mogadischu und kann wieder bei seiner Tante väterlicherseits in Mogadischu wohnen. Er kann von seinem familiären Netzwerk und - als Angehöriger des Clans der Sheikaal, Subclan XXXX - von seinem Clan, insbesondere bei der Arbeitssuche und der Verpflegung, unterstützt werden und dann selber für sein Auskommen und Fortkommen sorgen.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Rückkehr nach Somalia in Mogadischu wieder Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.4. Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer ist seit seiner Antragsstellung am 20.01.2016 aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG in Österreich durchgehend aufhältig.

Der Beschwerdeführer hat einen Deutschkurs Baleh - Basisbildung für junge Flüchtlinge besucht (AS 79, 161, 163 [ident mit AS 257 und AS 269]) und die ÖSD-Prüfung für die Stufe A2 nicht bestanden (AS 263;OZ 12, S. 15). Er verfügt über geringe Deutschkenntnisse. Er hat von 03.10.2016 bis 02.02.2017 einen Basisbildungskurs Deutsch und Mathematik besucht, jedoch nur zu 70% am Unterricht teilgenommen (AS 157 [ident mit AS 267]). Von 03.10.2016 bis 29.06.2017 hat er einen Basisbildungskurs Deutsch A2, Mathematik und Englisch besucht, wobei er nur zu 69% am Unterricht teilgenommen hat (AS 259, 261). Er hat einen Workshop "Hilfe im Notfall" besucht (AS 159 [ident mit AS 265]).

Der Beschwerdeführer geht keiner beruflichen Tätigkeit nach und lebt von der Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer hat sich im Sommer 2018 mit einer österreichischen Staatsbürgerin (in der Folge als Verlobte bezeichnet) verlobt (OZ 12, S. 7 ff). Die Verlobte arbeitete in der Flüchtlingsunterkunft, in der der Beschwerdeführer untergebracht war. Sie haben sich im Jahr 2017 in der Flüchtlingsunterkunft kennengelernt (OZ 12, S. 8). Der Beschwerdeführer steht seit Oktober/November 2017 regelmäßig mit seiner Verlobten in Kontakt, sie haben jedoch nie im gemeinsamen Haushalt gelebt. Es kann nicht festgestellt werden, dass beim Beschwerdeführer und seiner Verlobten ein tatsächlicher Heiratswille oder die konkrete Planung einer gemeinsamen Zukunft vorliegt. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer und seine Verlobte beabsichtigen in absehbarer Zeit gemeinsam in einem Haushalt zu leben oder zu heiraten. Der Beschwerdeführer steht zu seiner Verlobten in keinem Abhängigkeitsverhältnis.

Der Beschwerdeführer hat freundschaftliche Kontakte zu Österreichern knüpfen können. Er verfügt weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen in Österreich.

Der Beschwerdeführer wurde im Februar und September 2017von der Landespolizeidirektion wegen Vergehen gegen das Suchtmittelgesetz angehalten (AS 111 ff; OZ 3).

Mit Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom 20.02.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung als Jugendstraftat zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Wochen, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

Von der gegen den Beschwerdeführer mit Strafantrag vom 09.04.2018, rechtskräftig seit 24.02.2017, erhobenen Anklage wegen Körperverletzung wurde der Beschwerdeführer mangels Schuldbeweis mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX freigesprochen.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 06.04.2019 in Untersuchungshaft wegen des Verdachts der gefährlichen Drohung und der beharrlichen Verfolgung (OZ 19). Gegen ihn wurde Anklage wegen des Verdachts der gefährlichen Drohung, der beharrlichen Verfolgung und Sachbeschädigung erhoben (OZ 18).

1.5. Zur maßgeblichen Situation in Somalia:

Politische Situation

Das Gebiet von Somalia ist in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt. Somaliland, Puntland sowie Süd-/Zentralsomalia. Im Jahr 1988 brach in Somalia Bürgerkrieg aus. Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach. Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Somalia vom 12.01.2018 mit Aktualisierung vom 17.09.2018 - LIB 17.09.2018, S. 13 f).

Mogadischu:

Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM. Die Stadtverwaltung von Mogadischu ist verhältnismäßig präsent und aktiv. Schritte von Stadt- und Bundesregierung haben bei der Sicherheitslage zu einer Verbesserung geführt - speziell durch die Aufstellung der Mogadishu Stabilization Mission (MSM). Die Zahl von Angriffen der Al Shabaab im jeweiligen Ramadan ist von 269 im Jahr 2015 auf 208 im Jahr 2017 zurückgegangen. Andererseits scheint sich die Al Shabaab aufgrund der Erfolge der Sicherheitskräfte zunehmend auf Sprengstoffanschläge zu verlegen, welche unter der Zivilbevölkerung ein höheres Maß an Schaden verursachen (LIB 17.09.2018, S. 37). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Al Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt. Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der Al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden. Es besteht kein Risiko, alleine aufgrund der eigenen Clanzugehörigkeit angegriffen zu werden. Trotzdem sind Clan und Clanzugehörigkeit in Mogadischu nach wie vor relevant (LIB 17.09.2018, S. 37).

Insgesamt verlegt sich Al Shabaab bei der Durchführung von Attentaten von Quantität auf Qualität. Dabei sucht die Al Shabaab ihre Ziele vor allem im Bereich der Regierung. Für die Zivilbevölkerung ist das größte Risiko, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko eines Eingriffs in die körperliche Integrität oder Lebensgefahr ausgesetzt wäre (LIB 17.09.2018, S. 38).

Das Risiko einer Hungersnot ist durch den Regen reduziert worden. Die Preise für Grundnahrungsmittel haben begonnen sich auf Normalwerte einzupendeln (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation betreffend Humanitäre Hilfe, Arbeitsmarkt, Versorgungslage in Mogadischu vom 11.05.2018 - Anfragebeantwortung Mogadischu 11.05.2018, S. 11). In Mogadischu gilt dies insbesondere für Mais. Bei Reis hingegen hat es auch während der Dürre keine großen Preisschwankungen gegeben (Anfragebeantwortung Mogadischu 11.05.2018, S. 16).

In Mogadischu sind 28% der Bevölkerung arbeitssuchend. 6% der Jugendlichen sind arbeitssuchend (Anfragebeantwortung Mogadischu 11.05.2018, S. 19). Es gibt in Mogadischu bessere Job-Aussichten als in den meisten anderen Teilen Somalias, auch für Jugendliche ohne Bildung und Arbeitserfahrung. Während in Somalia die meisten Menschen in der Landwirtschaft arbeiten, arbeiten in Mogadischu die meisten Menschen im Handel bzw. im Dienstleistungssektor oder in höheren bildungsabhängigen Berufen (Anfragebeantwortung Mogadischu 11.05.2018, S. 21). Das Auswahlverfahren im Arbeitsleben basiert oft auf Clanbasis, gleichzeitig werden aber viele Arbeitsplätze an Rückkehrer aus der Diaspora vergeben. Es gibt auch Beschäftigungsmöglichkeiten, die von vielen Somaliern nicht in Anspruch genommen werden, da diese Arbeit als minderwertig erachtet wird, z.B. Friseur, Kellner oder Reinigungsarbeiten (Anfragebeantwortung Mogadischu 11.05.2018, S. 22).

Die somalische Wirtschaft zeigt eine positive Entwicklung. Die Schaffung an Arbeitsplätzen bleibt jedoch unter den Bedürfnissen. Trotzdem gibt es in Mogadischu aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs zahlreiche Möglichkeiten. Das Durchschnittseinkommen für Jugendliche beträgt 190 USD im Monat. In Mogadischu beträgt das Durchschnittseinkommen 360 USD im Monat. Fast 10% der Jugendlichen in Mogadischu verdienen mehr als 400 USD im Monat (Anfragebeantwortung Mogadischu 11.05.2018, S. 23-24).

Mogadischu ist über einen internationalen Flughafen sicher erreichbar (LIB 17.09.2018, S. 144). Mogadischu verfügt über einige Gesundheitseinrichtungen, Spitäler und Kliniken. Die medizinische Versorgung in Somalia ist mangelhaft, diese ist in Somaliland und Mogadischu am besten. In Mogadischu wurden seit 2014 einige Gesundheitseinrichtungen, Spitäler und Kliniken neu eingerichtet. In Somalia gibt es fünf Zentren zur Betreuung psychischer Erkrankungen. Diese befinden sich in Berbera, Bossaso, Garoowe, Hargeysa und Mogadischu. Allerdings arbeiten insgesamt nur drei Psychiater an diesen Einrichtungen (LIB 17.09.2018, S. 138).

Al-Shabaab:

Ziel der Al Shabaab ist es, die somalische Regierung und ihre Alliierten aus Somalia zu vertreiben und in Groß-Somalia ein islamisches Regime zu installieren. Außerdem verfolgt al Shabaab auch eine Agenda des globalen Dschihads und griff im Ausland Ziele an. Je höher der militärische Druck auf al Shabaab anwächst, je weniger Gebiete sie effektiv kontrollieren, desto mehr verlegt sich die Gruppe auf asymmetrische Kriegsführung (Entführungen, Anschläge, Checkpoints) und auf Drohungen. Dabei ist auch die Al Shabaab in ihrer Entscheidungsfindung nicht völlig frei. Die Gruppe unterliegt durch die zahlreichen Verbindungen z.B. zu lokalen Clan-Ältesten auch gewissen Einschränkungen (LIB 17.09.2018, S. 49).

Zwangsrekrutierung:

Die Al Shabaab ist insgesamt professionell, gut organisiert und ausgerüstet. Um eine derartige Organisation aufrecht zu erhalten, kann man sich nicht nur auf Zwangsrekrutierung verlassen. Zwangsrekrutierung entspricht daher nicht dem "modus operandi" der Al Shabaab. Eine zu hohe Anzahl an Kämpfern die gegen ihren Willen eingesetzt werden, schwächen die Organisation. Zwangsrekruten passen nicht ins System. Rekruten werden üblicherweise für vier Monate in einem Lager ausgebildet, jeder, der sich im Verlauf der Ausbildung als untauglich erweist, wird von der Al Shabaab nach Hause geschickt. Nur wenn es Umstände und taktische Gründe erforderlich machen, werden Rekruten zwangsweise ausgebildet, z.B. wenn an einem Ort aus taktischen Gründen rasch und dringend einige Rekruten gebraucht werden (Fact Finding Mission Report Somalia - FFM August 2017, S. 49).

Druck wird hingegen oft ausgeübt, wobei dieser Druck wesentlich stärker als jeder Zwang ist. Die Al Shabaab verbreiten die Botschaft, dass Menschen in Süd- und Zentralsomalia in einer Konfliktzone leben und bewaffneten Gruppen ausgeliefert seien. Diese Nachricht richtet sich speziell an schwache Clans. Die Möglichkeit einer Rekrutierung hängt davon ab, ob das betroffene Gebiet unter Kontrolle der Al Shabaab steht. Dort erfolgt die Anwerbung in Schulen oder generell unter Jugendlichen (FFM August 2017, S. 51). Es erfolgt die Rekrutierung auch über die Clans. Al Shabaab schließt mit Clans Übereinkommen, in denen vereinbart wird, dass der Clan eine gewisse Anzahl an Rekruten stellt. Schwächere Clans erwarten sich von der Al Shabaab Unterstützung, Al Shabaab wird von manchen Minderheiten als Beschützer angesehen. Bei benachteiligten Clans werden vermehrt Kämpfer angeworben. Es besteht bei schwachen Clans ein höherer Anreiz der Al Shabaab beizutreten (FFM August 2017, S. 52).

Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates:

Staatlicher Schutz ist in Gebieten der al Shabaab nicht verfügbar (LIB 17.09.2018, S. 50). In Mogadischu und anderen urbanen Gebieten unter Kontrolle der Regierung und ihrer Alliierten können die Behörden schutzwillig sein, jedoch sind sie meist nicht in der Lage, einen effektiven Schutz zu gewährleisten. Dies kann der strukturellen Schwäche der Sicherheitskräfte, dem Mangel an Ressourcen, Ausbildung und Ausrüstung, schwachen Kommandostrukturen, der Korruption und der Straflosigkeit für schwerste Verbrechen angelastet werden (LIB 17.09.2018, S. 65).

Clanstruktur, Sheikhal:

Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalier. Sie bestimmt, wo jemand lebt, arbeitet und geschützt wird. Dieses Identifikationsmerkmal bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt. Darum kennen Somalier üblicherweise ihre exakte Position im Clansystem. Allerdings gibt es keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan erkennen ließen. Daher wissen die Menschen in Mogadischu und anderen großen Städten nicht automatisch, welchem Clan eine andere Person angehört (LIB 17.09.2018 - S. 94).

Dabei gelten als "noble" Clanfamilien die traditionell nomadischen Hawiye, Darod, Dir und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn. Es ist nicht möglich, die genauen Zahlenverhältnisse der einzelnen Clans anzugeben. Hawiye, Darod, Isaaq und Digil/Mirifle stellen wohl je 20-25% der Gesamtbevölkerung, die Dir deutlich weniger. Als Minderheiten werden jene Gruppen bezeichnet, die aufgrund ihrer geringeren Anzahl schwächer als die "noblen" Mehrheitsclans sind. Dazu gehören Gruppen mit nichtsomalischer ethnischer Abstammung; Gruppen, die traditionell als unrein angesehene Berufe ausüben (LIB 17.09.2018 - S. 94 f).

Die Ashraf und die Sheikhal werden als religiöse Clans bezeichnet. Die Sheikhal beziehen ihren religiösen Status aus einem vererbten religiösen Status. Die Ashraf und die Sheikhal werden traditionell respektiert und von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt. Die Sheikhal sind außerdem eng mit dem Clan der Hawiye/Hirab assoziiert (LIB 17.09.2018 - S. 100). Irreführend bei der Definition des Status von Gruppen in Somalia ist immer wieder die Bezeichnung "Minderheit". Dieses in der westlichen Hemisphäre definierte Konstrukt ist im somalischen Kontext im Sinne einer ethnischen Minderheit nur beschränkt einsetzbar. Tatsächlich existieren zwar ethnische Unterschiede doch ist dies nur ein Indikator unter mehreren, welcher den Status einer Gruppe im Sozialsystem Somalias festlegt (Staatendokumentation des Bundesasylamtes, Sheikhal, August 2011, S.15). Die alleinige Zugehörigkeit zu einer Gruppe der "Sheikhal" bringt keine negative Konotation mit sich. Die Sheikhal Lobogi, welche mittlerweile universell als zu den Hawiye zugehörig erachtet werden, können sich auf allen drei Ebenen des Rechts (traditionell, islamisch, staatlich) wie jeder andere Somali bewegen. Als aktiv am Bürgerkrieg teilnehmend sind die Sheikhal als Gruppe auch nicht als schutzlos zu erachten (Staatendokumentation des Bundesasylamtes, Sheikhal, August 2011, S. 16).

Es kann nicht festgestellt werden, dass Angehörige der Sheikhal in Somalia allein aufgrund ihrer Clanzugehörigkeit psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind.

Rückkehrer:

Der Jilib [Anm.: in etwa die unterste Ebene des Clansystems] ist u. a. dafür verantwortlich, Mitglieder in schwierigen finanziellen Situationen zu unterstützen. Das traditionelle Recht (xeer) bildet hier ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfallversicherung. Wenn eine Person Unterstützung braucht, dann wendet sie sich an den Jilib oder - je nach Ausmaß - an untere Ebenen (z.B. Großfamilie). Daher gilt als allgemeine Regel, dass Somali auch sehr entfernt Verwandte, die aus einer anderen Gegend kommen, unterstützen werden, da eine Clan-Verbindung besteht. Voraussetzung dafür ist, dass die Kapazitäten dafür zur Verfügung stehen. Beide - Familie (auch die erweiterten und entfernt verwandten Teile) und Clan - bleiben einer der wichtigsten Faktoren, wenn es um Akzeptanz, Sicherheit und Grundbedürfnisse (Unterkunft, Nahrung) geht (LIB 17.09.2018, S. 135).

Eine erfolgreiche Rückkehr und Reintegration hängt in erheblichem Maße von der Clanzugehörigkeit bzw. von lokalen Beziehungen der rückkehrenden Person ab. Rückkehrer ohne Clan- oder Familienverbindungen am konkreten Ort der Rückkehr finden sich ohne Schutz in einer Umgebung wieder, in der sie oftmals als Fremde angesehen werden, vor allem wenn sie aus dem Westen zurückkehren. Zur Klärung, welche Mittel eine Person bei einer Rückkehr nach Mogadischu zur Verfügung hat, sind folgende Punkte zu berücksichtigen: Die Lebensumstände der Person vor der Abreise aus Mogadischu; die Dauer der Abwesenheit aus der Stadt; die Clan-Verbindungen, auf welche zurückgegriffen werden kann; der Zugang zu finanziellen Ressourcen; die Möglichkeiten der Person, sich durch Arbeit oder Selbständigkeit einen Lebensunterhalt zu finanzieren; die Verfügbarkeit von Remissen aus dem Ausland; die Lebensumstände der Person im Gastland; und die Frage, ob die Finanzierung der Reise in den Westen einer finanziellen Unterstützung bei der Rückkehr entgegensteht. Rückkehrer (v.a. aus dem Westen) haben bei der Arbeitssuche in Mogadischu Vorteile, da sie eher gebildet sind und als einfallsreicher erachtet werden. Dies gilt noch mehr, wenn der Arbeitgeber selbst ein aus der Diaspora Zurückgekehrter ist (LIB 17.09.2018, S. 136).

Allein die Tatsache, dass eine Person nach Somalia zurückkehrt, macht diese nicht zum Ziel - auch nicht für die Al Shabaab. Rückkehrern in Gebiete der Al Shabaab könnte vorgeworfen werden, als Spione zu dienen. Ob ein Rückkehrer zum Ziel der Al Shabaab wird, hängt maßgeblich von seinem eigenen Verhalten ab. Alleine die Tatsache, dass eine Person aus dem Westen zurückgekehrt ist, spielt bei einer Rückkehr in das Gebiet der Al Shabaab keine Rolle. Viel wichtiger sind die Zugehörigkeit zu Familie und Clan und die Beziehungen dieser beiden Entitäten zur Al Shabaab. Es kann auch vorkommen, dass Rückkehrer von Regierungskräften verdächtigt werden, da es in der Vergangenheit immer wieder zu Anschlägen von im Westen radikalisierten Somali der Diaspora gekommen ist (LIB 17.09.2018, S. 143).

In Somalia und auch in Mogadischu sind unzählige humanitäre Organisationen aktiv. Alleine im Bereich "Child Protection" sind es in ganz Somalia zwei Regierungsorganisationen, drei UN-Agenturen, sieben internationale NGOs und 49 nationale NGOs. In Mogadischu sind in diesem Bereich 21 Organisationen aktiv. In Mogadischu gibt es verschiedene aktive Organisationen, die im Bereich Camp Coordination and Camp Management, Bildung, Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung, Gesundheit, Ernährung, Schutz, Unterkunft sowie Wasser, Sanitäres und Hygiene tätig sind. Auf allen diesen Feldern wird Hilfe und Unterstützung gegeben. Dies betrifft insbesondere die Versorgung mit sicherem Trinkwasser, die Verteilung von Gutscheinen (v.a. elektronisch über Mobilfunk), den Latrinenbau, das Angebot von Grundschulausbildung, Ernährungsprogramme sowie die Unterstützung von Gesundheitseinrichtungen. Es gibt auch spezielle Programme für Rückkehrer (v.a. aus Kenia und dem Jemen). Hier werden Rückkehr-Packages vergeben und außerdem eine finanzielle Rückkehrhilfe für sechs Monate gewährt. Außerdem gibt es für Rückkehrer organisierte Berufsausbildungskurse, wirtschaftliche Starthilfe (z.B. in Form einer Eselkarre) oder Berufsberatung. Üblicherweise haben Rückkehrer nach Mogadischu einen guten Zugang zu Geld- oder sonstiger Hilfe von Hilfsagenturen (Anfragebeantwortung Mogadischu 11.05.2018, S. 1f).

Im Zeitraum Dezember 2014 bis März 2018 sind 81.000 Somalier aus der Region Ostafrika nach Somalia repatriiert worden. Die Rückkehrentscheidung erfolgte bei diesen Personen freiwillig und UNHCR unterstützt diese Rückkehrer mit Rückkehr- und Reintegrationshilfe. Zusätzlich sind rund 35.000 Personen spontan aus dem Jemen nach Somalia zurückgekehrt. Die meisten Rückkehrer kommen aus Kenia und dem Jemen, einige auch aus Libyen. Jeder Rückkehrer-Haushalt erhält ein oder - abhängig von der Haushaltsgröße - mehrere Packages mit Core-Relief-Items oder aber dem Äquivalent in Bargeld. Außerdem gibt es für Rückkehrer organisierte Berufsausbildungskurse, wirtschaftliche Starthilfe (z.B. in Form einer Eselkarre) oder Berufsberatung (Anfragebeantwortung Mogadischu 11.05.2018, S. 8).

Bewegungsfreiheit:

Ein Risiko ergibt sich primär aus den zu erwartenden Straßensperren. Die Wahrscheinlichkeit, auf eine Straßensperre der Regierungskräfte oder der Al Shabaab zu stoßen, ist immer noch hoch. An Straßensperren kann es zu Gewalt, Bedrohung und Plünderung kommen. Straßensperren werden durch somalische Sicherheitskräfte, Clan-Milizen, Al Shabaab und Banditen betrieben (LIB 17.09.2018, S. 116).

Das Hauptrisiko an Straßensperren der Regierungskräfte und der Al Shabaab ist es, als zum Feind gehörig verdächtigt zu werden. Kontrollpunkte der Al Shabaab können entlang der meisten Routen spontan eingerichtet werden, es gibt auch permanente Kontrollpunkte. Alleine die Tatsache, dass jemand in einem westlichen Land gewesen ist, stellt im Kontext mit Al Shabaab an solchen Straßensperren kein Problem dar. Allerdings ruft westliches Verhalten oder westliche Kleidungsart Sanktionen hervor. Zu befürchten haben an Straßensperren der Al Shabaab jene Personen etwas, die mit der Regierung in Verbindung gebracht werden. Diese Personengruppe riskiert, getötet zu werden. Aufgrund der eingeschränkten Ressourcen von Al Shabaab sind hier höherrangige ("high profile") Personen eher gefährdet. Außerdem kann es Personen treffen, die von Al Shabaab - etwa wegen des Mitführens von bestimmten Objekten (Smartphones, Regierungsdokumente, Symbole, die mit der Regierung assoziiert werden etc.) - als mit der Regierung in Zusammenhang stehend oder als Spione verdächtigt werden. Die Wahrscheinlichkeit, umgehend getötet zu werden, ist dort höher, wo Al Shabaab keine volle Kontrolle hat. In den Gebieten unter Kontrolle der Al Shabaab werden Verdächtige in der Regel verhaftet und vor Gericht gestellt. Auch dies hat - bei einem Schuldspruch - den Tod zur Folge (LIB 17.09.2018, S. 116 f).

Dürrekatastrophe und Hungersnot:

Vier aufeinanderfolgende Regenzeiten sind ausgefallen. Diese Dürre hat nahezu zu einem Gesamtausfall der Ernte geführt und zur Reduzierung der Arbeitsmöglichkeiten in ländlichen Gebieten beigetragen. Die Dürre hat zu Engpässen bei Wasser und Weideland geführt - und in der Folge zur Verendung von Viehbestand. Rund 60% des Viehbestands wurde vernichtet, wobei die Viehzucht das Haupteinkommen großer Bevölkerungsteile darstellt (LIB 17.09.2018, S. 127).

Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert, dies gilt auch für Einkommensmöglichkeiten und Marktbedingungen. Die Preise für unterschiedliche Grundnahrungsmittel haben sich in Mogadischu gegenüber dem Vorjahr drastisch verbilligt und liegen nunmehr unter dem Fünfjahresmittel. Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs. Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen. Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen. Zwischen Februar und Juli 2018 konnten humanitäre Organisationen 1,9 Millionen Menschen pro Monat erreichen (LIB 17.09.2018, S. 6).

Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland. Überhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (LIB 17.09.2018 - S. 6).

Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert. Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen. Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen (LIB 17.09.2018 - S. 8).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./VI (Konvolut Auszüge ZMR, GVS, Strafregister, Schengener Informationssystem - Beilage ./I; Länderinformations-blatt der Staatendokumentation über Somalia vom 12.01.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 17.09.2018 - Beilage ./II; FFM Report betreffend Sicherheitslage in Somalia aus August 2017 - Beilage ./III; Focus Somalia zu Clans und Minderheiten vom 31.05.2017 - Beilage ./IV; Staatendokumentation des Bundesasylamtes Analyse der Sheikhal vom 19.08.2011 - Beilage ./V;

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Somalia betreffend humanitäre Hilfe, Arbeitsmarkt, Versorgungslage in Mogadischu vom 11.05.2018 - Beilage ./VI) und Beilage ./A bis ./H (Ambulanzbefund vom 23.02.2019 - Beilage ./A; Ärztlicher Entlassungsbrief vom 18.01.2019 - Beilage ./B; Ambulanzkarte vom 01.09.2018 - Beilage ./C; Ambulanzkarte vom 30.07.2018 - Beilage ./D; Ambulanzkarte vom 04.05.2018 - Beilage ./E; Ambulanzkarte vom 01.05.2018 - Beilage ./F; Befund Gastroskopie vom 08.08.2017 - Beilage./G; Schilddrüsenbefund vom 13.07.2017 - Beilage./H [ident mit Beilage zu OZ 2]) sowie in die mit Stellungnahme vom 13.09.2017 übermittelten Unterlagen (OZ 2 - Schilddrüsenbefund vom 13.07.2017 [ident mit Beilage ./H]).

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

2.1.1. Bei der Beurteilung des Vorbringens des Beschwerdeführers findet in die Beweiswürdigung Eingang, dass es sich beim Beschwerdeführer bei den Einvernahmen teilweise um einen Minderjährigen handelte und das behauptete fluchtauslösende Ereignis in der Jugend des Beschwerdeführers zurückliegen würde, sodass die Dichte des Vorbringens des Beschwerdeführers nicht mit "normalen" Maßstäben gemessen werden kann (vgl. VwGH 24.09.2014, 2014/19/0020). Der Beschwerdeführer war bei der Erstbefragung ca. 16 Jahre alt, bei der Einvernahme beim Bundesamt war der Beschwerdeführer ca. 17 Jahre alt, bei der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht war der Beschwerdeführer bereits volljährig. Das erkennende Gericht nimmt deshalb darauf Bedacht, dass die Erzählung der Fluchtgeschichte vor dem Bundesamt und bei der Erstbefragung aus der Perspektive eines Minderjährigen erfolgte.

2.1.2. Die einzelnen Feststellungen beruhen auf den jeweils in der Klammer angeführten Beweismitteln.

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Clan- und Religions-zugehörigkeit, seiner Muttersprache sowie zu seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine familiäre und wirtschaftliche Situation in Somalia, seine Schulbildung und Berufsausbildung als Automechaniker) gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

2.1.3. Der Beschwerdeführer gab in der Erstbefragung am 20.01.2016 an, dass er vor ca. einem Jahr und zwei Monaten, somit ca. im November 2014, aus seinem Wohnort ausgereist sei (AS 11). Beim Bundesamt gab er hingegen an, dass er sich bis Dezember 2013 in Mogadishu aufgehalten habe und dann nach Kenia gereist sei (AS 133). In der Beschwerdeverhandlung gab er wiederum an, dass er im Oktober 2013 Somalia verlassen habe (OZ 12, S. 11 f). Aufgrund der widersprüchlichen Angaben kann nicht festgestellt werden, wann der Beschwerdeführer tatsächlich aus Somalia ausgereist ist.

Dass der Beschwerdeführer vor seiner Weiterreise nach Österreich in Libyen gearbeitet hat, ergibt sich aus seinen diesbezüglich schlüssigen Angaben beim Bundesamt, wonach er in Libyen gearbeitet habe um Geld für die Weiterreise zusammenzusparen (AS 135). Auch in der Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer zunächst an, dass er in Libyen bzw. im Sudan selbst für seinen Unterhalt aufkommen habe müssen und deshalb gearbeitet habe (OZ 12, S. 11). Näher zu seiner Ausreise aus Somalia befragt, führte der Beschwerdeführer hingegen aus, dass er für einen Schlepper arbeiten habe müssen, der ihn gefangen gehalten habe (OZ 12, S. 12 f). Der Beschwerdeführer muss sich diesbezüglich eine Steigerung seines Vorbringens vorwerfen lassen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nicht bereits in der Einvernahme vor dem Bundesamt Ausführungen zu seiner behaupteten "Versklavung" tätigte, zumal sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen wäre, bereits im behördlichen Verfahren ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein gesteigertes Vorbringen nicht als glaubwürdig anzusehen. Vielmehr müsse grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden (so schon VwGH 08.04.1987, 85/01/0299). Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer damit versucht, seinem Vorbringen einen zusätzlichen Aspekt hinzuzufügen. Es ist daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer in Libyen weder versklavt noch zum Arbeiten gezwungen wurde.

Die Feststellungen zur Einreise sowie das Datum der Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

2.1.4. Da die Angaben des Beschwerdeführers zum Fluchtvorbringen einerseits nicht glaubhaft sind und keine Verfolgung des Beschwerdeführers festgestellt wurde (siehe Punkt II.2.2.1.), ist es auch nicht glaubhaft, dass der Vater des Beschwerdeführers aus Angst vor der Al Shabaab aus Mogadishu ausgereist sei, weil diese nach dem Beschwerdeführer suchen würden (OZ 12, S. 12). Da der Beschwerdeführer bereits im Jahr 2013 Somalia verlassen habe, scheint es unplausibel, dass sein Vater im Jahr 2018 (OZ 12, S. 12) und somit erst nach ca. fünf Jahren Somalia verlassen habe, er in der Zwischenzeit jedoch problemlos in Mogadischu habe leben können. Das Gericht geht daher davon aus, dass der Vater des Beschwerdeführers mit seinen Kindern nach wie vor in Mogadischu lebt und weiterhin mit Tieren handelt.

Die Feststellungen zum Tod des Ehemannes der Tante des Beschwerdeführers väterlicherseits ergeben sich aus den diesbezüglich schlüssigen Angaben in der Beschwerdeverhandlung, wonach dieser bei einem Anschlag ums Leben kam, jedoch nicht gezielt umgebracht worden sei (OZ 12, S. 13). Dass die Tante des Beschwerdeführers väterlicherseits nach dem Tod ihres Ehemannes gemeinsam mit ihren Kindern Mogadischu verlassen habe und nunmehr in Kenia als Flüchtling lebe, scheint unplausibel, zumal sie in Mogadischu in einem Haus der Schwester ihres verstorbenen Ehemannes gewohnt hat und ihr Mann über ein Lebensmittelmagazin verfügt hat. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Tante des Beschwerdeführers väterlicherseits ihr geregeltes Leben in Mogadischu aufgeben würde um mit ihren Kindern als Flüchtlinge in Kenia zu leben. Das Gericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht versucht, seine Familienverhältnisse in Mogadischu zu verschleiern. Es war daher festzustellen, dass die Tante väterlicherseits des Beschwerdeführers mit ihren Kindern nach wie vor im selben Haus in Mogadischu lebt und das Lebensmittelmagazin ihres nunmehr verstorbenen Ehemannes betreibt.

Dass der Beschwerdeführer regelmäßig Kontakt zu seiner Tante väterlicherseits und seinem Vater hat, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben beim Bundesamt (AS 133).

Dass der Beschwerdeführer keinen Kontakt zu seiner Mutter hat, ergibt sich aus seinen diesbezüglich übereinstimmenden Angaben beim Bundesamt und in der Beschwerde-verhandlung (AS 133; OZ 12, S. 13). Es konnte daher auch nicht festgestellt werden, wo sich seine Mutter derzeit aufhält.

2.1.5. Dass der Beschwerdeführer noch über zumindest einen Onkel in Mogadischu verfügt, stützt sich auf die Aussage des Beschwerdeführers beim Bundesamt, wonach er ab und zu seinen Onkel bei der Reparatur von Autos unterstützt habe (AS 129). Da der Ehemann seiner Tante väterlicherseits ein Lebensmittelmagazin betrieben hat (AS 131), kann er diesen angeheirateten Onkel daher nicht gemeint haben. Zudem gab der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung an, dass er nachdem die Mitglieder der Al Shabaab nach seiner Flucht bei seiner Tante aufgetaucht seien, zu seinem Onkel väterlicherseits geflohen sei (OZ 12, S. 19). Nach den Geschwistern seiner Eltern befragt, gab der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung jedoch an, dass sein Vater lediglich drei Schwestern habe (OZ 12, S. 12). Auch diesbezüglich zeigt sich daher, dass der Beschwerdeführer versucht seine Familienverhältnisse in Somalia zu verschleiern. Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass es sein könne, dass er weitere Familienangehörige in Somalia habe (AS 131), weshalb festzustellen war, dass zumindest noch ein Onkel des Beschwerdeführers in Mogadischu lebt, der in einer Autowerkstatt arbeitet.

Die Feststellung, dass ein Onkel und eine Tante des Beschwerdeführers in Norwegen leben zu denen der Beschwerdeführer keinen Kontakt hat, ergibt sich aus den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers beim Bundesamt und in der Beschwerdeverhandlung (AS 131; OZ 12, S. 13).

2.1.6. Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers gründet auf den Aussagen des Beschwerdeführers beim Bundesamt und in der Beschwerdeverhandlung sowie auf den im Verfahren vorgelegten Befunden und Entlassungsbriefen (Beilage ./A bis ./H). Dass der Beschwerdeführer nach wie vor ein Magensäure regulierendes Medikament einnimmt, ergibt sich aus seiner diesbezüglich schlüssigen Aussage in der Beschwerdeverhandlung (OZ 12, S. 16). Dass der Beschwerdeführer gelegentlich Suchtgift konsumiert, ergibt sich aus dem Ambulanzbefund des Landesklinikum vom 23.02.2019, aus dem ein chronischer Suchtmittelgenuss des Beschwerdeführers seit drei Jahren hervorgeht (Beilage ./A) sowie aus dem ärztlichen Entlassungsbrief der Psychiatrie des Landesklinikums vom 18.01.2019 und der Ambulanzkarte vom 30.07.2018, denen ein drogeninduzierte Psychose sowie ein auf Drogen positiver Bluttest zugrunde liegt (Beilage ./B und ./D).

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Sofern der Beschwerdeführer angegeben hat ihm drohe Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die Al Shabaab, weil er sich geweigert habe sich ihnen anzuschließen, kommt seinem Vorbringen aus folgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:

Das Bundesverwaltungsgericht geht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund seines persönlichen Eindrucks über den Beschwerdeführer davon aus, dass ihm hinsichtlich seines Vorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer wurde zu Beginn der Verhandlung angehalten, sein Vorbringen detailliert, konkret und nachvollziehbar zu gestalten. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht worden. Obwohl der Beschwerdeführer ein ausführliches Vorbringen zu seiner Fluchtgeschichte erstattete, ist es wenig detailreich. Er präsentierte lediglich eine grobe Rahmengeschichte und sind in den wesentlichen Angaben des Beschwerdeführers erhebliche Ungereimtheiten und Widersprüche enthalten, die seine Angaben unglaubhaft scheinen lassen. Das Gericht verkennt zwar nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurück sowie in der Jugend des Beschwerdeführers liegen und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können. Dass der Beschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart oberflächlichen, widersprüchlichen und nicht stringenten Weise wie in der mündlichen Verhandlung schildern würde, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen und wären sie von fluchtauslösender Intensität.

Das Hauptvorbringen des Beschwerdeführers lautet, er sei von Mitgliedern der Al Shabaab mehrmals aufgefordert worden sich der Al Shabaab anzuschließen. Da der Beschwerdeführer sich geweigert habe, sei er eines Tages von Mitgliedern der Al Shabaab auf dem Fußballplatz gefesselt und mitgenommen worden. Er sei in einem Container mit anderen Personen festgehalten worden. Da sich der Beschwerdeführer weiterhin geweigert habe an Kampfhandlungen teilzunehmen, habe man ihn geschlagen und Verbrennungen zugefügt. Er sei dann einige Male zu Kampfhandlungen mitgenommen worden und man habe ihm den Umgang mit Waffen gelehrt. Eines Tages sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden eine Polizeistation auszuspionieren, weil die Al Shabaab diese angreifen habe wollen. Der Beschwerdeführer sei jedoch zu seiner Tante geflüchtet. Kurze Zeit später seien Mitglieder der Al Shabaab zur Tante des Beschwerdeführers gekommen und hätten nach dem Beschwerdeführer gefragt. Sie hätten die Tante des Beschwerdeführers mit dem Gewehrkolben geschlagen und deren Mann am Bein angeschossen, woraufhin der Beschwerdeführer, der sich hinter der Toilette versteckt habe, die Flucht ergriffen habe. Die Mitglieder der Al Shabaab hätten dem Beschwerdeführer hinterher geschossen. Der Beschwerdeführer sei zu seinem Onkel väterlicherseits bzw. Cousin seines Vaters gegangen. Er sei noch am selben Tag aus Mogadischu ausgereist und habe am nächsten Tag Somalia verlassen.

Es fällt auf, dass der Beschwerdeführer dieses in weiterer Folge angeführte Fluchtvorbringen und die damit in Zusammenhang stehende Verfolgung des Beschwerdeführers durch die Al Shabaab in der Erstbefragung gar nicht erwähnte, sondern lediglich anführte, dass in seiner Heimat Bürgerkrieg herrsche und es dort nicht sicher sei. Zudem gäbe es weder Arbeit noch eine Zukunft. Er habe Angst um sein Leben gehabt (AS 15).

Gemäß § 19 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG) dient die Erstbefragung zwar "insbesondere" der Ermittlung der Identität und der Reiseroute eines Fremden und hat sich nicht auf die "näheren" Fluchtgründe zu beziehen (vgl. hierzu auch VfGH 27.06.2012, U 98/12), ein Beweisverwertungsverbot ist damit jedoch nicht normiert. Die Verwaltungsbehörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht können im Rahmen ihrer Beweiswürdigung die Ergebnisse der Erstbefragung in ihre Beurteilung miteinbeziehen.

Es wird daher im vorliegenden Fall zwar nicht verkannt, dass sich die Erstbefragung nicht in erster Linie auf Fluchtgründe des Beschwerdeführers bezog und diese nur in aller Kürze angegeben sowie protokolliert wurden. Dass der Beschwerdeführer die - erst in weiterer Folge - konkrete Bedrohung durch die Al Shabaab, somit den wesentlichen Teil seiner Fluchtgründe zunächst nicht einmal ansatzweise erwähnte, ist für das Bundesverwaltungs-gericht jedoch nicht nachvollziehbar und zumindest als Indiz für ein insgesamt nicht glaubhaftes Fluchtvorbringen zu werten. Dies insbesondere auch unter dem Aspekt, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung dezidiert angab, dass er bis auf den Bürgerkrieg, schlechte Sicherheitslage und fehlende Arbeitsmöglichkeiten keine weiteren Asylgründe mehr habe

Das Gericht geht aufgrund nachstehender Widersprüche und Ungereimtheiten davon aus, dass es sich bei den Angaben des Beschwerdeführers betreffend seine Fluchtgeschichte lediglich um ein Konstrukt handelt:

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt zunächst an, dass er drei Monate lang von der Al Shabaab in einem Container festgehalten worden sei (AS 135). Im Zuge der Einvernahme nochmals dazu befragt, gab der Beschwerdeführer an von März 2013 bis Dezember 2013 [Anm.

BVwG: dies entspreche ca. 9 Monaten], über 7 Monate bei der Al Shabaab gewesen zu sein (AS 145). In der Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer zu Beginn seiner Einvernahme an, dass er beim Bundesamt einige Zeitangaben verwechselt habe. Er führte dann erklärend aus, dass er beim Bundesamt angegeben habe im dritten Monat also im März von der Al Shabaab mitgenommen worden und 6 Monate eingesperrt gewesen zu sein Im neunten Monat, also im September sei er von der Al Shabaab geflohen und im Oktober habe er Somalia verlassen. Beim Bundesamt seien einige Monate dazugerechnet worden, weshalb es so aussehe als sei er für 8 Monate gefangen gewesen. Er sei aber nur 6 Monate in Gefangenschaft der Al Shabaab gewesen (OZ 12, S. 6). Diese Ausführungen passen jedoch auch nicht mit seinen Angaben beim Bundesamt überein. Zudem fällt auf, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung angab im September von der Al Shabaab den Auftrag erhalten zu haben die Polizeistation zu beobachten und er im Zuge dessen zu seiner Tante geflohen sei. Nachdem kurz darauf Mitglieder der Al Shabaab bei seiner Tante aufgetaucht seien, sei er zu seinem Onkel väterlicherseits gelaufen. Dieser habe den Beschwerdeführer noch am selben Abend aus Mogadischu gebracht. Am nächsten Tag habe der Beschwerdeführer dann Somalia verlassen (OZ 12, S. 18 f). Dass der Beschwerdeführer erst im Oktober Somalia verlassen habe, ist daher mit seinen Ausführungen bezüglich seiner Fluchtgeschichte nicht in Einklang zu bringen. Die Angaben sind derart widersprüchlich und nicht konsistent, dass sie nicht glaubhaft sind.

Während der Beschwerdeführer beim Bundesamt angegeben hat, dass er und zwei weitere Jugendliche am Fußballplatz von Mitgliedern der Al Shabaab mitgenommen worden seien (AS 135), führte er in der Beschwerdeverhandlung aus, dass er und ein Anderer mit der Al Shabaab mitgegangen seien (OZ 12, S. 20).

In diesem Zusammenhang fällt auch auf, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung zunächst angegeben hat, dass er nachdem er verweigert habe sich der Al Shabaab anzuschließen, von Mitgliedern der Al Shabaab festgenommen, gefesselt und seine Hände und Füße mit einem Seil zusammengebunden worden seien (OZ 12, S. 17). Aufgefordert die Situation, wie der Beschwerdeführer von der Al Shabaab mitgenommen worden sei, konkret und detailliert zu beschreiben, machte der Beschwerdeführer ausweichende Angaben. Erst nach mehrmaliger Wiederholung der Frage führte der Beschwerdeführer aus, dass die jüngeren Mitglieder der Al Shabaab aus dem Wohnbezirk des Beschwerdeführers zu ihm auf den Spielplatz gekommen seien. Der Beschwerdeführer sei mit diesen befreundet gewesen und deshalb mit ihnen mitgegangen. Es habe dann ein Auto vor ihnen angehalten, aus dem Personen ausgestiegen seien. Dem Beschwerdeführer seien sodann die Arme festgehalten und er in das Auto gedrängt worden (OZ 12, S. 19 f). Dass der Beschwerdeführer zunächst freiwillig mit den Mitgliedern der Al Shabaab mitgegangen sei, weil er diese gekannt habe, hat er bisher im Verfahren nicht angegeben. Dies ist insbesondere mit seinem Vorbringen, wonach er gefesselt worden sei, nicht in Einklang zu bringen.

Während der Beschwerdeführer beim Bundesamt angegeben hat, dass er nachdem er sich bei seiner Tante versteckt habe, zum Cousin seines Vaters gelaufen sei (AS 137), gab er in der Beschwerdeverhandlung an, dass er zu seinem Onkel väterlicherseits gegangen sei (OZ 12, S. 19).

Zudem fällt in diesem Zusammenhang auf, dass der Beschwerdeführer beim Bundesamt zunächst angeben hat, dass er die ganze Nacht lang zum Cousin seines Vaters gelaufen sei (AS 137). Dies scheint insbesondere deshalb unplausibel, weil der Beschwerdeführer im Laufe der Einvernahme angegeben hat, dass das Haus des Cousins seines Vaters in der Nähe der Tante des Beschwerdeführers väterlicherseits gelegen sei. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer nachgefragt angegeben, dass er von seiner Tante ca. eine halbe Stunde zum Cousin seines Vaters gelaufen sei (AS 141).

Der Beschwerdeführer schilderte beim Bundesamt, dass er während der Gefangenschaft bei der Al Shabaab eines Tages "urplötzlich" an einer Kampfhandlung mitwirken habe müssen. Danach sei er wieder im Container festgehalten worden und habe nur Vormittags den Container verlassen dürfen. Dann sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden gemeinsam mit Mitgliedern der Al Shabaab eine Polizeistation anzugreifen. Diese Gelegenheit habe er genutzt um zu fliehen (AS 135 ff). Weitere Kampfhandlungen an denen der Beschwerdeführer teilgenommen habe, erwähnte der Beschwerdeführer hingegen nicht. In der Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass er zwei bis dreimal an Kampfhandlungen mitgewirkt habe (OZ 12, S. 17). Auch in der näheren Schilderung seines Fluchtvorbringens gab der Beschwerdeführer an, dass er in einigen Nächten zu Kampfhandlungen mitgenommen worden sei (OZ 12, S. 18).

Zudem scheint es in diesem Zusammenhang unplausibel, dass der Beschwerdeführer gegenüber dem Anführer der Al Shabaab die Mitwirkung an Kampfhandlungen abgelehnt und dadurch physische Misshandlungen in Kauf genommen habe. Dann jedoch ohne Einwand an Kampfhandlungen teilgenommen und sogar Waffen betätigt zu haben (OZ 12, S. 18).

Der Beschwerdeführer gab in der Beschwerdeverhandlung an, dass die Al Shabaab ein hohes Interesse an ihm habe, weil er viele Mitglieder der Al Shabaab an die Regierung verraten habe. Er kenne viele Mitglieder, weshalb die Al Shabaab befürchte, dass er sie an die Regierung verraten werde (OZ 12, S. 19). Der Beschwerdeführer muss sich diesbezüglich eine Steigerung seines Vorbringens vorwerfen lassen, die sein Fluchtvorbringen insgesamt in Zweifel zieht. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer dies nicht bereits in der Einvernahme vor dem Bundesamt angegeben hat, zumal sich keine Anhalts

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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