TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/6 W274 2182536-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.05.2019
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Entscheidungsdatum

06.05.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W274 2182536-1/23E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch Mag. Lughofer als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren XXXX , Alpenstraße 155b, 5020 Salzburg, StA. Iran, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, Alserstraße 20/5, 1090 Wien gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Salzburg vom 07.12.2017, Zl. XXXX nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:

Der Beschwerde wird Folge gegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Status des Asylberichtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 Asylgesetz wird festgestellt, dass XXXX Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der Beschwerdeführer (BF) beantragte vor dem SPK Salzburg Anhaltezentrum am 21.11.2015 internationalen Schutz und brachte zu den Fluchtgründen vor, ein Freund, XXXX , habe mit ihm viel Freizeit verbracht, unter anderem beim Bergsteigen. Er habe ihm von der Bibel erzählt und er habe den Glauben angenommen. Er sei in Teheran gewesen und habe für sein Geschäft Handysachen kaufen wollen. Sein Bruder habe ihn informiert, dass Majid festgenommen worden sei. Die Polizei sei auch in seinem Geschäft gewesen und habe nach ihn gefragt. Er habe sich eine Woche in Teheran aufgehalten und nichts von Majid mitbekommen. Daraufhin habe er Angst bekommen und sei in die Türkei geflüchtet, in weiterer Folge weiter.

Der BF wurde zu 19 St 265/16m gemeinsam mit neun weiteren Personen vom Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Salzburg als Beschuldigter geführt, mindestens ab Oktober 2016 in Fuschl am See als Mitglied einer terroristischen Vereinigung die Planung einer terroristischen Straftat, nämlich der Herbeiführung einer Sprengung an einem bislang unbekannten Ort in Salzburg zu Weihnachten oder Neujahr abgesprochen zu haben, geführt. Im Zuge dessen erfolgte eine ausführliche Beschuldigtenvernehmung am 19.12.2016, in der der BF auch zu seinen Fluchtgründen befragt wurde.

In weiterer Folge kam es zur einer Einstellung des Strafverfahrens gegen den BF.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA Salzburg am 06.10.2017 wiederholte der BF im Wesentlichen die Angaben im Rahmen der Erstbefragung und legte eine Bestätigung der Baptistengemeinde Salzburg vom 22.05.2016 (AS 145) über eine zwischenzeitlich erfolgte Taufe vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberichtigten sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Iran abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung in den Iran zulässig sei, wobei die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkte V. und VI.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht festgestellt werden könne, dass der BF begründete Furcht vor Verfolgung habe bzw im Iran einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Bei dem vorgebrachten Sachverhalt handele es sich um ein Konstrukt. Eine feste innere christliche Überzeugung lasse sich beim BF in keinster Weise erkennen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des BF mit dem primären Antrag, dem BF den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen.

Am 09.01.2019 und am 28.01.2019 erfolgten mündliche Verhandlungen vor Gericht, in denen der BF sowie die Zeuginnen Veronika Astleitner und XXXX vernommen und weitere Urkunden vorgelegt wurden.

Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt:

Festgestellt wird:

Fallbezogen stellt sich die Situation im Iran derzeit wie folgt dar:

Allgemeine Lage

Iran ist eine islamische Republik mit etwa 80 Millionen Einwohnern. Staatsoberhaupt und Revolutionsführer ist Ayatollah Seyed Als Khamene-i, Präsident seit 2013 Hassan Rohani. Dem Staatsoberhaupt unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran) und die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden Basij-Milizen. Islamische und demokratische Elemente bestehen nebeneinander. Eine demokratische Verfassung im europäischen Sinn besteht nicht. Die allgemeine Sicherheitslage ist mit Ausnahme der Provinzen Sistan-Belutschistan, Kurdistan und West-Aserbaidschan, in denen es immer wieder zu Konflikten zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen und Anschlägen gegen die Sicherheitskräfte kommt, ruhig, wobei latente Spannungen bestehen. Die verfassungsrechtlich festgeschriebene Unabhängigkeit der Justiz unterliegt Begrenzungen. Vor allem der Sicherheitsapparat nimmt in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung. Allgemein erfüllen Gerichtsverfahren internationale Standards nicht. Obwohl nach der Verfassung primär kodifiziertes Recht anzuwenden ist, kann im Zweifelsfall nach der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewandt werden. Nach wie vor werden Körperstrafen und Todesstrafe angewandt. Es kommt immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen, insbesondere im Zusammenhang mit politischer Überzeugung. Basij-Kräfte sind eine freiwillige paramilitärische Gruppierung, die oft bei der Unterdrückung von Oppositionellen oder der Einschüchterung von Zivilisten, die den strikten Moralkodex nicht befolgen, involviert sind. Die Revolutionsgarden (Sepah-e Pasadaran-e Enghelab-e Islami - IRGC) sind herausragend im Sicherheitasapparat, sie sind eine Parallelarmee und haben Wirtschaft, Politik und Verwaltung durchsetzt. Sie verfügen über eigene Gefängnisse. Mit willkürlichen Verhaftungen muß im Iran gerechnet werden. Auffälliges Hören von (westlicher) Musik, die Äußerung einer eigenen Meinung zum Islam, gemeinsame Autofahrten junger nicht verheirateter Männer und Frauen, gemischtgeschlechtliche Partys oder das Verstoßen gegen Bekleidungsvorschriften kann den Unmut zufällig anwesender Basijs bzw mit diesen sympathisierender Personen hervorrufen. Es kann auch zu einem Verprügeln durch Basij kommen. Die genaue Überwachungskapazität der iranischen Behörden ist unbekannt.

Auch 2017 wurden grausame und unmenschliche Strafen (zB. Peitschenhiebe, Amputationen) vollstreckt. Die Todesstrafe steht auf Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlichen Raub, wiederholten schweren Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen. Der Häufigkeit nach wird sie primär bei Drogendelikten, dann Mord und Sexualdelikten angewandt. Laut AI wurden 2017 mindestens 507 Personen hingerichtet. Auch 2016 war Iran mit hoher Wahrscheinlichkeit das Land mit der weltweit höchsten Hinrichtungszahl im Verhältnis zur Bevölkerung.

Religionsfreiheit, Situation von Christen und Konversion

99% der Bevölkerung gehören dem Islam (Staatsreligion) an. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% Sunniten, der Rest Christen, Juden, Zorostrier, Baha-i, Sufis und kleinere religiöse Gruppen. Die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) dürfen ihren Glauben relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe-und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Etwa 100.000 bis 300.000 - vornehmlich armenische - Christen leben im Iran, hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Ihnen stehen zwei der 290 Parlamentssitze zu. Die Mehrheit der iranischen Christen ist den ethnischen Christen zuzuordnen (armenische, assyrische und chaldäische). Die nicht-ethnischen Christen gehören hauptsächlich der katholischen und protestantischen Kirche an und haben ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes. Jegliche Missionstätigkeit kann als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Ihre Vertreter unterliegen Beschränkungen beim Zugang von höheren Staatsämtern. Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, armenische und assyrische Christen - werden diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen (Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi, Atheisten) in unterschiedlichem Grad verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg diskriminiert. Anerkannte religiöse Minderheiten sind in ihrer Glaubensausübung nur geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt, christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind verboten).

Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen (10 bis 15 Jahre). Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden. Unter besonderer Beobachtung stehen hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt. 2016 sollen 198 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 31 wegen "Beleidigung des Islam" und 12 wegen "Korruption auf Erden" inhaftiert gewesen sein. Laut der Gefangenenliste von Open Doors mit Stand September 2017 befanden sich 56 Christen in Haft, fünf wurden freigelassen, 13 wurden auf Kaution freigelassen und zehn mit dem Verbot das Land zu verlassen freigelassen.

Apostasie (Abtrünnigkeit vom Islam) ist verboten und mit langen Haftstrafen bis zur Todesstrafe bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), Verdorbenheit auf Erden, oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". Bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern solche Fälle als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt. Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf.

Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter in Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Es wird diesbezüglich von familiärer Ausgrenzung berichtet sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden. In Familien eines öffentlich Bediensteten oder eines Polizisten wird die Konversion als Familienmitglied als heikel eingeschätzt, wobei es sein kann, dass der Konvertit aus der Familie verbannt oder den Behörden gemeldet wird, um die Arbeit des Amtsträgers nicht zu beeinträchtigen. Die Schließungen der "Assembly of God" Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Deren Anzahl steigt. Es ist schwierig diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Sie werden teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren. Diese organisieren sich daher in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weitverbreitet. In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet. Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken. Ansonsten haben die Behörden kaum Möglichkeiten, eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind. Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. Nicht verlässlich bekannt ist, ob nur Anführer oder auch einfache Mitglieder verfolgt werden. Primär zielen die Behörden auf Anführer der Hauskirchen ab. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen. Die typische Vorgehensweise gegen eine Hauskirche ist, dass der Anführer der Hauskirche verhaftet und wieder freigelassen wird, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder Unterricht anderer Personen im Glauben, kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen.

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Interesse. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, ist eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, ist nicht von einer harschen Bestrafung auszugehen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein wird nicht zu einer Verfolgung führen. Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, steht nicht fest.

Rückkehr:

Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei der Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein (auszugsweise Wiedergabe des Länderinformationsblatts der Staatendokumentation Iran, Gesamtaktualisierung am 03.07.2018, unter Bezugnahme auf die dort genannten Quellen).

Zum BF:

Der BF entstammt einer kurdischen Familie in Iran, ist ledig, hat fünf Brüder und eine Schwester. Drei Brüder leben in Australien, der Rest der Familie im Iran. Zuletzt wohnte der BF mit seiner Mutter in einem Haus in Kermanschah. Er betrieb mit seinem Bruder Nadar ein Geschäft, in dem Handys und Reparaturteile verkauft und Handys repariert wurden. Der BF ist als schiitischer Moslem geboren und praktizierte diesen Glauben zumindest bis zum 15. oder 18. Lebensjahr durch Moscheebesuche und tägliches Gebet.

Der BF sah seit seiner frühen Jugend einen offiziell im iranischen Fernsehen ausgestrahlten Film namens "Jesus Christus" - Jesus Christus dabei dargestellt in offizieller iranischer Sichtweise - ohne hiedurch besonders beeindruckt zu sein. Er reiste mit dem großen Flüchtlingsstrom über die Balkanroute zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt etwa im Oktober oder Anfang November 2015 über die Türkei nach Österreich, wo er ohne gültige Reisedokumente einreiste. Der BF lernte keinen Mann namens XXXX kennen, der ihn für den christlichen Glauben interessiert hätte. Dem BF wurde auch nicht bei einer Reise nach Teheran von seinem Bruder mitgeteilt, dass sich Männer in Zivilkleidung nach XXXX oder dem Kläger erkundigt hätten, sodass er Angst bekommen und die Flucht angetreten hätte. Der BF war weder besonders christlich beeinflusst noch bereits im Iran konvertiert, als er nach Österreich einreiste. Der BF befand sich anfangs kurz in einer Asylunterkunft in der Münchner Bundesstraße 52 in Salzburg, vom 10.12.2015 bis 21.12.2016 in einem Pfarrhaus in Fuschl am See sowie seit dem 21.12.2016 in der Asylunterkunft Alpenstraße in einer "Vier-Personen-Suite".

Über die Baptistengemeinde Salzburg Schumacherstraße, die mit dem Farsi- sprechenden Pastor Gordon Beck im Raum Salzburg bei der Farsi sprechenden Flüchtlingen missionarisch aktiv ist, kam der BF recht bald in einem Asylheim in Österreich mit dem Christentum in Kontakt. Er erhielt im Flüchtlingsheim ein Farsi-sprachiges Buch, über das er zur Baptistengemeinde fand. Bei dieser erhielt er eine Bibel und besuchte seit Dezember 2015 einen Glaubensgrundkurs (Alpha-Kurs). Der Pastor entschied, dass der BF getauft wurde. Der BF wurde am 22.05.2016 mit etwa 25 anderen Iranern und Afghanen in der Baptistengemeinde in Salzburg getauft. Aufgrund räumlicher Nähe und anderer Heimbewohner lernte der BF in weiterer Folge die katholische Gemeinde St. Blasius in Salzburg kennen. Seit Anfang 2018 besucht er diese Kirche regelmäßig zu den Sonntagsgottesdiensten. An Montagen besuchte der BF einen etwa zweieinhalbstündigen Katechumenatskurs und am Mittwoch Gruppentreffen. Beim Katechumenatskurs handelt es sich um einen überpfarrlichen, vom Seelsorgeamt der Erzdiözese Salzburg organisierten Kurs für erwachsene Taufewerber. Die Verantwortung hiefür tragen XXXX und Dr. Michal. Tatsächlich wurde der BF teilweise durch Veronika Ahstleitner als auch XXXX geleitet, die dem BF auch freundschaftlich gesonnen ist und ihn bei der Integration unterstützt. Der BF nimmt an Wallfahrten nach Maria Plain teil und versucht sich seit 2019 auch als Ministrant. Er fällt XXXX als sehr interessiert und bei Ministrantendienst sowie Gebet als sehr andächtig auf. Der BF brachte weitere Iraner zur St. Blasius Gemeinden in Salzburg mit. Als Zeichen der offiziellen Aufnahme in die katholische Kirche wurde dem BF am 07.10.2018 ein Konversionsschein der Pfarre St. Blasius ausgestellt.

Der BF ist zwischenzeitlich in dem Sinne innerlich zum Christentum konvertiert, dass er das Bedürfnis hätte, diesen Glauben auch bei seiner Rückkehr in den Iran innerlich und äußerlich auszuleben.

Zumindest im Zeitraum Mai bis Oktober 2016 verrichtete der BF gemeinnützige Tätigkeiten für die Gemeinde Fuschl am See und erhielt dafür vereinbarungsgemäß einen Anerkennungsbeitrag (AS 95 bis 107). Er befindet sich in Grundversorgung und bestand am 06.12.2016 das ÖSD Zertifikat A1 gut und am 16.03.2017 das ÖSD Zertifikat A2. Er arbeitete gelegentlich freiwillig und ehrenamtlich beim Roten Kreuz Salzburg im Katastrophenhilfsdienst (AS 147). In einem viermonatigen Kurs von 18.04.2017 bis 11.08.2017 qualifizierte er sich beim Österreichischen Roten Kreuz sowie dem BFI zur zertifizierten Gastronomiehilfskraft (AS 149). Weiters absolvierte er einen Erste-Hilfe-Grundkurs, einen Werte- und Orientierungskurs des ÖIF und trat beim Magistrat Salzburg am 02.10.2017 aus der islamischen Glaubensgemeinschaft aus. Er ist gerichtlich unbescholten.

Beweiswürdigung:

Die "Fluchtgeschichte" sowie die Behauptung der Konversion im Iran war so unglaubwürdig, dass festgestellt wurde, dass sich diese Geschichte nicht ereignete: Aufgrund der Beschuldigtenvernehmung im Zusammenhang mit einem zwischenzeitlich betreffend seine Person entkräften Terrorvorwurf lag als Beurteilungsgrundlage ein weiteres ausführliches Protokoll (AS 39ff) vor. Betreffend die Geschichte um " XXXX " lagen derart wesentliche Widersprüche bei den einzelnen Darstellungen vor, dass lediglich der Schluss der völligen Unglaubwürdigkeit zu ziehen war: XXXX soll nach den Angaben des BF ausschlaggebend für die Hinwendung zum Christentum gewesen sein. Während der BF im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung dezidiert angab, XXXX vom Bergsteigen zu kennen, gab er vor Gericht an, er habe ihn in seinem Geschäft kennengelernt (Prot. 28.01.2019, Seite 5). Während er im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung angab, XXXX etwa einen Monat vor seinem Fluchtantritt nach Österreich kennengelernt zu haben, gab er vor dem BFA an, ihn zwei Monate, bevor die Zivilpolizisten ins Geschäft gekommen seien, kennengelernt zu haben (insgesamt also zwei Monate und eine Woche vor seinem Fluchtantritt). Im Rahmen der weiteren Beschuldigtenvernehmung gab er an, XXXX überhaupt nur 2 bis 3 Wochen vor seiner Geschäftsreise nach Teheran kennengelernt zu haben. In diesem kurzen Zeitraum müsste also das gesamte Kennenlernen des Christentums (abgesehen von dem kritischen Jesusfilm) und eine innerliche Hinwendung zu diesem durch den BF erfolgt sein. Über einen Zeitraum von zwei Monaten könnte ohne besondere Umstände, die hier gar nicht behauptet wurden, keineswegs eine Konversion, allenfalls vielleicht ein Interesse an einen anderen Glauben, nachvollziehbar sein. Während der BF bei der Beschuldigtenvernehmung sowie vor den BFA angab, Zivilpolizisten hätten bei seinem Geschäft nach ihm gefragt, wird im Rahmen der Beschwerde erstmals der Verdacht geäußert, es habe sich um die Religionspolizei gehandelt. Vor allem aber wird in der Beschwerde, die nur nach den Angaben des BF verfasst worden sein kann, erstmals behauptet, der BF habe durch seinen Bruder telefonisch erfahren, dass sein Freund XXXX und viele andere festgenommen worden seien. Im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung gab der BF hingegen an, bis dato nichts mehr von XXXX gehört zu haben, er gehe davon aus, dass er (allein) festgenommen worden sei.

Abgesehen davon, dass selbst ein Zeitraum von etwa zwei Monaten - an anderer Stelle soll es ein Monat oder nur 3 Wochen gewesen sein - wie ausgeführt, für eine Konversion zu einem zuvor nahezu unbekannten Glauben nahezu ausgeschlossen wäre, sind die geschilderten Divergenzen bei den einzelnen Vernehmungen sowie gegenüber der Beschwerde so bedeutend, dass sie auch unter Berücksichtigung allfälliger Übersetzungsschwierigkeiten den dargestellten Fluchtgrund ausschließen. Dies führt naturgemäß zu einer Verringerung der Glaubwürdigkeit des BF an sich.

Ungeachtet dessen ist objektiviert, dass der BF in Österreich recht rasch durch die Missionstätigkeit der Baptistengemeinde in Salzburg erfasst wurde, dort einen etwa halbjährigen Glaubenskurs besuchte und im Mai 2016 getauft wurde. Er verblieb einen gewissen Zeitraum darüber hinaus in dieser Gemeinde. In weiterer Folge fand er zunächst losen Kontakt zur katholischen St. Blasius-Gemeinde in Salzburg, in der er ab Anfang 2018 einen Kathechumenenkurs besuchte und regelmäßig an den Gottesdiensten teilnahm und teilnimmt. Insbesondere aus der Schilderung der Zeugin XXXX ergibt sich ein auch äußerlich erkennbares Interesse an Glaubensfragen, geäußert durch gezieltes Nachfragen im Kurs. Wenn im Bescheid ausgeführt wird, der BF habe keinerlei Kenntnisse über das Christentum, ihm mangle es bereits am Basiswissen daran, so lag eine solche Situation jedenfalls im Jänner 2019 nicht vor. Abgesehen davon, dass der BF seine subjektive Sicht des Christentums schilderte, konnte er unterschiedlichste offen gestellte Wissensfragen zum Christentum und zur katholischen Kirche Salzburg nach einem für ihn zu erwartenden Standard beantworten (Namen der Evangelisten, weitere Textverfasser im neuen Testament, (Vor-) Name des Salzburger Erzbischofs, wichtige Bibelstellen). Ein gewisser Zweifel ergab sich für den Richter aufgrund eines Telefonats mit dem Pfarrer, der offensichtlich die weite Anfahrt als Zeuge scheute. Für den Pfarrer von St. Blasius Dr. Viehauser ist der BF offenbar nicht sehr deutlich aus der Reihe der neu in der Gemeinde Aufgenommenen herausgetreten. Demgegenüber stehen die offiziellen Bestätigungen des Besuches eines Kathechumenatskurses (nach ursprünglichem Taufvorbereitungskurs in der Baptistengemeinde), die übereinstimmenden und glaubwürdigen Schilderungen der Zeuginnen Ahstleitner und XXXX sowie letztlich die Bestätigungen des Seelsorgeamtes der Erzdiözese Salzburg sowie des Pfarrers Dr. Viehauser vom 21.01.2019 (Beilagen ./A und ./ B). Insbesondere aufgrund der Angaben der Zeugin XXXX , die zwar deutlich unterstützend für den BF aufgetreten ist, zeigt sich ein Bild einer aktiven Teilnahme des BF am Gemeindeleben durch eine Auseinandersetzung mit den Inhalten des Kathechumenatskurses, der sogar ein zweites Mal absolviert wird, und letztlich das Interesse sowie die Zulassung als Ministrant. Auszugehen ist davon, dass nur ein dem Dafürhalten nach innerlich dem Christentum zugewandter Asylwerber zur liturgischen Assistenz, somit zum Ministrantendienst, zugelassen wird. Auf Grund aller genannten Umstände im Zusammenhalt mit den festgestellten, durchaus weitgehenden Integrationsschritten ist trotz des Umstandes, dass die nähere Auseinandersetzung mit dem und die Hinwendung zum Christentum erst in Österreich erfolgte, von einer über drei Jahre hindurch erfolgten inneren Konversion des BF auszugehen.

Die weiteren Feststellungen betreffend Sprachkenntnisse, ehrenamtliche Tätigkeiten und Integration gründen auf den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben des BF und sind großteils urkundlich belegt.

Die Feststellungen zur Verfolgungssituation von Christen im Iran beruhen auf dem LIB der Staatendokumentation in der zitierten Fassung.

Rechtlich folgt:

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Gemäß Abs 2 kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Heimatstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Gemäß Abs 3 ist der Antrag abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offen steht oder ein Asylauschlussgrund gesetzt wurde.

Gemäß § 2 Abs 1 Z 11 und 12 ist Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtline, Verfolgungsgrund ein in Art 10 Statusrichtlinie genannter Grund.

Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Nach Art 9 der Statusrichtlinie (2011/95/EU) muß eine Verfolgungshandlung iSd Genfer Flüchtlingskonvention aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt oder in einer Kulminierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist.

Unter anderem können als Verfolgung folgende Handlungen gelten:

Anwendung physischer oder psychischer, einschließlich sexueller Gewalt,

gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder diskriminierend angewandt werden,

unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich des Art 12 Abs 2 fallen und

Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

Der Begriff der Religion umfasst nach Art 10 insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob der Antragsteller tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

Der VwGH hat sich mehrfach mit drohender Verfolgung von zum christlichen Glauben konvertierten Muslimen im Iran befasst (zB Erkenntnis vom 19.12.2001, 2000/20/0369; Ra 2014/01/0117). Danach kommt es darauf an, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden. Feststellungen zu behaupteten aktuell bestehenden Glaubensüberzeugung sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von - allfälligen - Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln (Erkenntnis des VwGH vom 23.6.2015, Ra 2014/01/0117 mwN).

Wie festgestellt, beteiligt sich der BF über einen Zeitraum von etwa dreieinhalb Jahren als Christ zunächst an einer baptistischen, seit knapp eineinhalb Jahren an einer katholischen Gemeinde. Er verfügt über ein seiner Lebenssituation und der der Zeit seines Aufenthalts angemessenes Wissen und ist - wie festgestellt - ernsthaft und aufrichtig dem christlichen Glauben zugewandt, somit "innerlich" konvertiert. Aufgrund seiner innerhalb einer in einem Zeitraum von dreieinhalb Jahren, in dem er regelmäßig an Gottesdiensten, Glaubenskursen und dem Gemeindeleben teilnahm und -nimmt, erfolgten inneren Konversion ist es glaubhaft, dass dem BF im Falle eine Rückkehr in den Heimatstaat bei zuzubilligender weiterer Auslebung seines Glaubens Verfolgungsgefahr droht. Im Fall einer Rückkehr in den Iran könnte er als nicht geborener Christ keinerlei der jetzigen Glaubensbetätigung entsprechende Ausübung des christlichen Glaubens vornehmen, ohne mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit von im Rahmen des Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention relevanten Verfolgungsmaßnahmen betroffen zu sein. Im Falle der Glaubensbetätigung in der Öffentlichkeit, wie etwa der Teilnahme an öffentlichen Gottesdiensten oder Gebeten in Gemeinschaft mit anderen oder letztlich im Falle des Versuches, andere vom Christentum zu überzeugen, würde sich der BF einer beachtlichen Gefahr staatlicher Willkürmaßnahmen aussetzen. Er würde daher bei Rückkehr in sein Heimatland Gefahr laufen, auf Grund seiner Religionszugehörigkeit asylrelevant verfolgt zu werden.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative ist auf Grund des Umstands, dass die Verfolgungssituation von nicht geborenen Christen im gesamten Staatsgebiet des Iran besteht, auszuschließen.

Da der BF daher den Flüchtlingsbegriff des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention erfüllt - es liegt ein Nachfluchtgrund iSd § 3 Abs 2 AsylG 2005 vor - und kein Ausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 hervorkam, war der Beschwerde Folge zu geben, dem BF der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen und gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 festzustellen, dass diesem kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Angesichts des Umstandes, dass seit der erstinstanzlichen Entscheidung mittlerweile ein Zeitraum von über einem Jahr vergangen ist, in dem sich die Beschäftigung des BF mit der christlichen Glaubenslehre und die Ausübung des Glaubens fortgesetzt und ein Wechsel von einer Baptistengemeinde zu einer römisch katholischen Pfarre stattgefunden hat, kann eine nähere Auseinandersetzung mit der Argumentation des BFA, die auf einer nunmehr teilweise als überholt zu betrachtenden Sachlage beruht, dahinstehen.

Der Beschwerde kommt daher im Ergebnis Berechtigung zu.

Die Unzulässigkeit der Revision gründet auf Art 133 Abs 4 B-VG, wobei zur asylrechtlichen Bedeutung von Konversion allgemein und speziell bei Iranern bereits umfangreiche höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt und im Wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen waren.

Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung, gesamtes Staatsgebiet,
Konversion, Nachfluchtgründe, Religion, wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W274.2182536.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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