TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/6 W119 2152202-1

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Veröffentlicht am 06.05.2019
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Entscheidungsdatum

06.05.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
Richtlinie 2011/95/EU Status-RL Art.12 Abs1 lita

Spruch

W119 2152202-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA: staatenlos, vertreten durch ihre Mutter XXXX , vertreten durch die ARGE Rechtsberatung-Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.03.2017, Zl IFA 1089752803 VZ 151473899, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß Art. 12 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2011/95/EU, ABl. 2011 Nr. L 337/9 iVm § 34 Abs. 2 AsylG der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die durch ihre Mutter vertretene minderjährige Beschwerdeführerin stellte gemeinsam mit ihren Eltern (GZ W119 2152199 und W119 2152192) und ihren Geschwistern (GZ W119 2152196, W119 2152212 und W119 2152207) am 30.09.2015 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz. Es liegt ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vor.

Am 3.10.2015 erfolgte die Erstbefragung ihrer Mutter vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Dabei gab diese im Wesentlichen an, dass sie staatenlos sei und keine eigenen Fluchtgründe habe.

Anlässlich ihrer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) durchgeführten Befragung am 15.11.2016 brachte die Mutter der Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, einen Antrag auf ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG zu stellen. Die Fluchtgründe würden sich auf das Verfahren des Familienvaters beziehen.

Mit dem gegenständlichen, im Spruch angeführten, Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Saudi-Arabien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG wurde ihr ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG i.V.m. § 9 BFA-Verfahrensgesetz gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG nach Saudi-Arabien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgelegt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen betrage (Spruchpunkt IV.).

Dagegen wurde Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

Am 4.2.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der sich die Eltern der Beschwerdeführerin beteiligten. Ein Vertreter des Bundesamtes war nicht anwesend.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die minderjährige Beschwerdeführerin ist staatenlos und gehört der Volksgruppe der Palästinenser an.

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um die Tochter des XXXX , dem mit Erkenntnis vom heutigen Tag, GZ W119 2152199-1/E, gemäß Art. 12 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2011/95/EU, ABl. 2011 Nr. L 337/9 der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und dem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Die Beschwerdeführerin gehört als seine minderjährige Tochter der Familie an und liegt im gegenständlichen Fall ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den Angaben der Eltern der Beschwerdeführerin sowie aus den damit übereinstimmenden Akteninhalten. Bereits das Bundesamt ist vom Bestehen der Familieneigenschaft gemäß § 34 AsylG ausgegangen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

In vorliegendem Fall ist in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen und obliegt somit in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 3 Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G) BGBl. I Nr. 87/2012 idgF obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl.I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl.I Nr.100 (Z 4).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Zu A)

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Stellt ein Familienangehöriger iSd § 2 Abs. 1 Z 22 leg. cit. von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser gemäß § 34 Abs. 1 AsylG 2005 als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

§ 34 Abs. 2 AsylG 2005 normiert, dass die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen hat, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art 3 Z13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus anhängig ist (§ 7).

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten unter den Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

Im vorliegenden Fall wurde dem Vater der Beschwerdeführerin gemäß Art. 12 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2011/95/EU, ABl. 2011 Nr. L 337/9 der Status des Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Der Beschwerdeführerin ist daher nach § 34 Abs. 4 AsylG 2005 der gleiche Schutzumfang, d.h. der Status des Asylberechtigten nach Art. 12 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2011/95/EU, ABl. 2011 Nr. L 337/9, zuzuerkennen.

Aufgrund der Zuerkennung von Asyl (Spruchpunkt I.) sind die Spruchpunkte II., III., und IV. des angefochtenen Bescheides gegenstandslos geworden.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu entnehmen ist, warfen die Ausführungen des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren, staatenlos

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W119.2152202.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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