TE Vwgh Erkenntnis 2019/2/27 Ra 2018/15/0096

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Veröffentlicht am 27.02.2019
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Index

L36058 Kriegsopferabgabe Behindertenabgabe Vorarlberg
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

KriegsopferabgabeG Vlbg 1989 §2 Abs1
KriegsopferabgabeG Vlbg 1989 §3 Abs1
VwGG §28 Abs1 Z6
VwGG §42 Abs4

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Bürgermeisters der Marktgemeinde Lustenau in 6890 Lustenau, Rathausstraße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts

Vorarlberg vom 26. Juli 2018, Zl. LVwG-358-2/2018-R10, betreffend Kriegsopferabgabe April bis Juni 2016 samt Säumniszuschlag (mitbeteiligte Partei: Mag. B S als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des A J, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 12. Dezember 2016 setzte der Bürgermeister der Marktgemeine Lustenau gegenüber AJ, dem Betreiber eines Pokercasinos, Kriegsopferabgabe für die Monate April, Mai und Juni 2016 in Höhe von insgesamt 86.008,50 EUR samt Säumniszuschlag von 1.720,17 EUR fest.

2 Nach Ergehen einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung gab das auf Grund eines Vorlageantrages zuständig gewordene Landesverwaltungsgericht der dagegen erhobenen Beschwerde Folge, indem es den genannten Bescheid aufhob.

3 Begründend wird im angefochtenen Erkenntnis ausgeführt, der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. März 2018, Ra 2017/13/0076, ausgesprochen, dass entgegen seiner bisherigen Auffassung zur Entrichtung der Kriegsopferabgabe bzw. der Gemeindevergnügungssteuer nur verpflichtet sei, wer eine abgabepflichtige Veranstaltung gegen Entrichtung eines Eintrittsgeldes besuche. Das Verwaltungsgericht sei an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebunden und habe seine Erkenntnisse entsprechend dieser Judikatur zu erlassen. Da für den Besuch des streitgegenständlichen Pokercasinos kein Eintrittsgeld zu entrichten sei, entfalle die Kriegsopferabgabepflicht.

4 Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

5 Gegen diese Erkenntnis wendet sich die außerordentliche Revision des Bürgermeisters der Marktgemeinde Lustenau.

6 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); die mitbeteiligte Partei brachte eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf kostenpflichtige Zurückweisung, für den Fall der Zulassung auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und kostenpflichtige Abweisung der Revision ein.

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Der Revisionswerber trägt zur Zulässigkeit seiner Revision zusammengefasst vor, das Verwaltungsgericht unterliege einem Irrtum bei der Interpretation des Erkenntnisses des verstärkten Senates vom 21. März 2018. Mit besagter Entscheidung sei zwar ausgesprochen worden, dass die Spieleinsätze bei der Bemessung der Kriegsopferabgabe nicht als "Eintrittsgelder" herangezogen werden können. Der Verwaltungsgerichtshof habe aber nicht ausgesprochen, dass der Veranstalter von Pokerspielen nicht abgabepflichtig sei.

11 Die Revision ist zulässig und aus den darin aufgezeigten Gründen auch berechtigt.

12 Im Erkenntnis vom 19. Dezember 2018, Ra 2018/15/0017, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass mit dem Erkenntnis des verstärkten Senates vom 21. März 2018 lediglich die Ansicht abgelehnt worden ist, dass die Summe der Spieleinsätze Bemessungsgrundlage für die Kriegsopferabgabe sei. Der Verwaltungsgerichtshof geht hingegen weiterhin davon aus, dass die "Durchführung erlaubter Kartenspiele" eine Veranstaltung iSd Kriegsopferabgabegesetzes (KOAbG) ist. Bemessungsgrundlage für die Abgabe ist das "Eintrittsgeld", wobei nach § 2 Abs. 1 KOAbG als "Eintrittsgeld" nicht nur Eintrittsgelder "in der gewöhnlichen Form des Entgeltes für eine Eintrittskarte", sondern insbesondere auch Beiträge gelten, die zur Deckung der Veranstaltungskosten von den Besuchern eingesammelt oder in Form eines Zuschlages auf den Preis der bei der Veranstaltung verabreichten Speisen und Getränke oder in Form einer die gewöhnliche Höhe übersteigenden Garderobegebühr usw. eingehoben werden.

13 In Verkennung der Rechtslage hat das Verwaltungsgericht keine Feststellungen darüber getroffen, inwieweit im Revisionsfall derartige Beiträge vorliegen. Das Vorbringen der mitbeteiligten Partei in der Revisionsbeantwortung, es wäre Aufgabe des Revisionswerbers gewesen, bereits im Verwaltungsverfahren "andere" Berechnungsgrundlagen zu beziffern, übersieht, dass auch das Verwaltungsgericht gemäß § 38 VwGVG iVm § 115 BAO der amtswegigen Ermittlungspflicht unterliegt.

14 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, was der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

15 Dass die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof im Revisionsfall nicht gegeben sind, wie die mitbeteiligte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung ausführt, trifft wohl zu. Doch beinhaltet nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der gegenständlich vorliegende Hauptantrag des Revisionswerbers, gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst zu entscheiden, denklogisch jedenfalls einen Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses (vgl. VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0040).

16 Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 27. Februar 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018150096.L00

Im RIS seit

25.06.2019

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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