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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Elfriede Streitfeld in Linz, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 22. Oktober 1997, Zl. BauR-010957/5 - 1997/GR/Lg, betreffend Anordnung einer Ersatzvornahme und Kostenvorauszahlung gemäß § 4 VVG in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Linz vom 1. Juni 1994 wurde u. a. der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin in den entsprechenden Anteilen als Miteigentümerin des Gebäudes "Hopfengasse 15", Grundstück Nr. 1719/1, KG Linz, gemäß § 61 Oö Bauordnung 1976 aufgetragen, eine im Spruch näher beschriebene Feuermauerbemalung an dem Gebäude binnen acht Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Der dagegen von der genannten Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 20. Oktober 1994 keine Folge gegeben und der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend geändert, dass im Rahmen der Beschreibung der betroffenen Gebäudewand die nordseitige (statt der südseitigen) Giebelmauer angeführt wurde.
Der dagegen erhobenen Vorstellung der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 3. Mai 1995 keine Folge gegeben. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Im Zuge des folgenden Verwaltungsvollstreckungsverfahrens ist die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin am 31. Oktober 1996 verstorben. Wie sich aus dem im Akt aufliegenden Grundbuchsauszug vom 12. Februar 1997 ergibt, hat die Beschwerdeführerin die angeführten Miteigentumsanteile erworben.
Mit Schreiben des Magistrates der Stadt Linz vom 3. Juni 1997 wurde gegenüber der Beschwerdeführerin die Ersatzvornahme unter Setzung einer Frist von vier Wochen angedroht.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Linz vom 7. Juli 1997 wurde u.a. gegenüber der Beschwerdeführerin die Ersatzvornahme und die Vorauszahlung von Kosten in der Höhe von S 151.200,-- binnen vier Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides angeordnet.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin hinsichtlich der bekämpften Anordnung der Ersatzvornahme als unzulässig zurückgewiesen und hinsichtlich des bekämpften Auftrages zur Kostenvorauszahlung als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Anordnung der Ersatzvornahme eine Vollstreckungsverfügung im Sinne des VVG darstelle und eine Berufung nur aus den in § 10 Abs. 2 leg. cit. genannten Gründen ergriffen werden dürfe. Der Berufungsgrund der Unzulässigkeit der Vollstreckung liege beispielsweise vor, wenn kein Titelbescheid vorliege, der Titelbescheid oder die Vollstreckungsverfügung zu unbestimmt oder sonst nicht vollstreckbar seien, die Paritionsfrist zu kurz bemessen, die Verpflichtung bereits erfüllt worden oder die Erbringung der Leistung unmöglich sei. Die Beschwerdeführerin behaupte, dass ihr gegenüber kein entsprechender Titelbescheid vorliege, weshalb die Vollstreckung unzulässig sei. Die Titelbescheide vom 1. Juni bzw. 20. Oktober 1994 hätten sich gegen die damaligen Hauseigentümer (u.a. M.B., die Rechtsvorgängerin in den Miteigentumsanteilen der Beschwerdeführerin an dem angeführten Gebäude) gerichtet. Die Beschwerdeführerin sei zwar Rechtsnachfolgerin der am 31. Oktober 1996 verstorbenen M.B., doch sei eine Vollstreckung nach der Rechtsprechung unzulässig, wenn sich nach der Entstehung des Exekutionstitels die rechtlichen und/oder tatsächlichen Verhältnisse in einem wesentlichen Punkt geändert hätten. Eine solche Änderung sei durch den angeführten Tod der M.B. eingetreten. Nach Auffassung der belangten Behörde sei dieses Vorbringen nicht geeignet, die Vollstreckung des in Rechtskraft erwachsenen baupolizeilichen Auftrages unzulässig zu machen. Dies zum einen deshalb, weil die Frage der Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Titelbescheides im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nicht mehr aufgerollt werden könne. Zum anderen sehe § 58 Abs. 2 Oö Bauordnung 1994 vor, dass u.a. rechtskräftige baupolizeiliche Aufträge durch das Inkrafttreten dieses Landesgesetzes nicht berührt würden. Nach § 64 Abs. 1 erster Satz Oö Bauordnung 1976 komme allen Bescheiden nach diesem Gesetz - ausgenommen denjenigen nach § 68 - insofern eine dingliche Wirkung zu, als daraus erwachsende Rechte auch vom Rechtsnachfolger des Bauberechtigten oder des Eigentümers des Baugrundes oder Bauwerkes geltend gemacht werden könnten und daraus erwachsende Pflichten auch von diesem Rechtsnachfolger zu erfüllen seien. Eine inhaltsgleiche Regelung enthalte nunmehr § 53 Abs. 1 Oö Bauordnung 1994. Nach den zitierten gesetzlichen Bestimmungen könne eine in einem baupolizeilichen Auftrag auferlegte Pflicht nicht nur gegen den Bescheidadressaten, sondern aufgrund der dinglichen Wirkung derartiger Bescheide auch gegen einen allfälligen Rechtsnachfolger des Verpflichteten in Vollzug gesetzt werden. Es liege daher im gegebenen Fall in der geltend gemachten Änderung der Eigentumsverhältnisse keiner der "besonders gelagerten Fälle" vor, in denen der Verwaltungsgerichtshof eine Vollstreckung aufgrund geänderter tatsächlicher oder rechtlicher Verhältnisse in einem wesentlichen Punkt für unzulässig erachtet habe. Da nach der Aktenlage auch offenkundig eine sonstige Unzulässigkeit der Vollstreckung bzw. Nichtübereinstimmung der nunmehr angefochtenen Vollstreckungsverfügung vom 7. Juli 1997 mit dem angeführten baupolizeilichen Auftrag oder eine Unstatthaftigkeit des angeordneten Zwangsmittels der Ersatzvornahme gemäß § 10 Abs. 2 lit. c VVG nicht vorliege, komme der Berufung der Beschwerdeführerin keine Berechtigung zu. Auch im Rahmen der Anordnung des Kostenvorauszahlungsauftrages könne die Rechtmäßigkeit des in Rechtskraft erwachsenen Titelbescheides nicht mehr aufgeworfen werden. Die Berufung der Beschwerdeführerin betreffend diesen Kostenvorauszahlungsauftrag sei ohne Begründung erfolgt.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf unveränderte Belassung des in ihrem Miteigentum stehenden näher angeführten Hauses verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 VVG kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden. Gemäß § 4 Abs. 2 VVG kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung aufgetragen werden. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die belangte Behörde nicht geprüft bzw. erhoben habe, ob die Zustellung des Bescheides des Magistrates der Stadt Linz vom 1. Juni 1994 bzw. des Stadtsenates der Stadt Linz vom 20. Oktober 1994 an den Miteigentümer E.B. je erfolgt sei. Sei aber eine rechtswirksame Zustellung an diesen Miteigentümer nicht ergangen, dann sei der Titelbescheid nie in Rechtskraft erwachsen.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht. Das verfahrensgegenständliche Haus war früher im Eigentum der M.B. (Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin), der K.B. und des E.B. Gemäß der im Akt einliegenden Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Linz vom 20. Juni 1996, Zl. 2 A 373/94 x, auf die die belangte Behörde verweist, ergibt sich, dass der frühere Miteigentümer E.B. am 13. August 1959 in San Francisco verstorben ist. Gemäß der angeführten Einantwortungsurkunde sind die Anteile des Verstorbenen an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft der Miteigentümerin K.B. bzw. der I.W. je zu einer Hälfte eingeantwortet worden. Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin M.B und die Miteigentümerin K.B. waren Bescheidadressaten des erstinstanzlichen Beseitigungsauftrages vom 1. Juni 1994, der ihnen am 10. Juni 1994 zugestellt wurde. Der in der Folge ergangene Berufungsbescheid vom 20. Oktober 1994 richtete sich gleichfalls an die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin M.B. und die weitere Miteigentümerin K.B., denen dieser Bescheid am 28. Oktober 1994 zugestellt wurde. Die Miteigentümerin K.B. war - wie dargelegt - u. a. auch eine der beiden Rechtsnachfolgerinnen des früheren Miteigentümers E.B.. Gegenüber der weiteren Rechtsnachfolgerin von E.B. der I.W. (als Miteigentümerin des Gebäudes "Hopfengasse 15") wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Linz vom 12. Juli 1996 ein inhaltlich gleichlautender Beseitigungsauftrag (wie gegenüber M.B. und K.B.) erlassen, der in der Folge mangels Berufungserhebung in Rechtskraft erwachsen ist. Daraus ergibt sich aber, dass sämtlichen Miteigentümern des in Frage stehenden Gebäudes gegenüber ein entsprechender Beseitigungsauftrag - rechtskräftig - ergangen ist. Es liegt somit diese für die Durchführung einer Vollstreckung maßgebliche Voraussetzung vor, wenn der Adressat des baupolizeilichen Auftrages gemäß dem Gesetz (hier § 61 Abs. 4 i. V.m. Abs. 1 bis 3 Oö BauO 1976) der Eigentümer der baulichen Anlage ist (siehe die hg. Erkenntnisse vom 23. September 1986, Zl. 84/05/0228, BauSlg. Nr. 755, vom 15. Juni 1989, Zl. 89/06/0049, vom 5. Februar 1991, Slg. Nr. 13.376/A, und vom 10. Mai 1994, Zl. 94/05/0031; weiters zur Zulässigkeit, dass der Titelbescheid an die Miteigentümer nicht in einem einheitlichen Bescheid ergehen muss, das hg. Erkenntnis vom 29. November 1988, Zl. 88/05/0203). Es ist nicht zutreffend, dass der Miteigentümerin I.W. der Berufungsbescheid vom 20. Oktober 1994 zugestellt wurde. Der an I.W. ergangene Bescheid bezog sich - wie auch der Berufungsbescheid vom 20. Oktober 1994 - auf die Werbeanlage an der nordseitigen Giebelmauer des verfahrensgegenständlichen Gebäudes.
Auch gegen die Anordnung der Ersatzvornahme wird dieser Einwand des nicht gegenüber allen Miteigentümern rechtskräftig ergangenen Titelbescheides zu Unrecht erhoben. Es liegt auch in den Titelbescheiden kein Widerspruch hinsichtlich der davon erfassten Fassade vor, weil Gegenstand sowohl des gegenüber M.B. (der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin) und gegenüber K.B. ergangenen Berufungsbescheides vom 20. Oktober 1994 als auch des gegenüber I.W. ergangenen Bescheides des Magistrates der Stadt Linz vom 12. Juli 1996 die Werbeanlage an der nordseitigen Giebelmauer des verfahrensgegenständlichen Hauses war. Die Anordnung betreffend die Ersatzvornahme steht daher mit den rechtskräftigen Beseitigungsaufträgen im Einklang.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. Februar 1999
Schlagworte
Inhalt des Spruches Anführung des BescheidadressatenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997050316.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
08.08.2009