TE Vwgh Erkenntnis 2019/3/27 Ra 2018/13/0015

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Veröffentlicht am 27.03.2019
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §244
BAO §245 Abs3
BAO §264 Abs4 lita
BAO §93 Abs3 litb
BAO §93 Abs4
VwRallg

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2018/13/0018 E 27.03.2019

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs sowie Senatspräsident Dr. Nowakowski, die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak und die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der Ö AG in W, vertreten durch die TPA Steuerberatung GmbH in 1020 Wien, Praterstraße 62-64, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 13. November 2017, Zl. RV/7103175/2017, betreffend 1. Zurückweisung einer Beschwerde hinsichtlich Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag sowie Säumniszuschlag für den Zeitraum 1. Mai 1996 bis 31. Dezember 1997 als verspätet und

2. Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Abweisung eines Antrags auf Verlängerung der Frist für den Antrag auf Vorlage der in dieser Angelegenheit erhobenen Beschwerde als unzulässig, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Der revisionswerbenden Aktiengesellschaft wurden auf der Grundlage des Poststrukturgesetzes 1996 Bundesbeamte zur Dienstleistung zugewiesen, was die Frage aufwarf, ob für diese Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds zu entrichten seien. Dem Standpunkt der Revisionswerberin, dies sei nicht der Fall, folgte das Finanzamt in einer in anderen Punkten stattgebenden Berufungsvorentscheidung vom 25. August 2003, betreffend die Berufung der Revisionswerberin vom 29. Mai 2000 gegen einen für den Zeitraum 1. Mai 1996 bis 31. Dezember 1997 ergangenen "Haftungs- und Abgabenbescheid" vom 27. März 2000 nicht.

2 Drei Tage vor Ablauf der Frist für einen Vorlageantrag stellte die Revisionswerberin unter Hinweis auf "geführte Gespräche" mit Schriftsatz vom 26. September 2003 den Antrag, die Frist für den Vorlageantrag "bis zur Klärung der Verpflichtung zur Entrichtung des Dienstgeberbeitrags zum FLAF für zugewiesene Beamte" zu erstrecken.

3 Es steht außer Streit, dass sich dieser Antrag auf die Klärung in einem (in der Revisionsbeantwortung des Finanzamts so genannten) "Musterverfahren" betreffend eine andere Ausgliederung nach dem Poststrukturgesetz 1996 bezog, an dem die Revisionswerberin - anders als das Finanzamt - nicht beteiligt war.

4 Mit Bescheid vom 13. Jänner 2016 sprach das Finanzamt (durch die Sachbearbeiterin D des Fachbereichs) aus, dem Ansuchen vom 26. September 2003 werde nicht stattgegeben. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass das "erste" Erkenntnis, in dem der Verwaltungsgerichtshof über die strittige Rechtsfrage abgesprochen habe, am 8. Juni 2015 im Rechtsinformationssystem des Bundes veröffentlicht worden sei (Hinweis auf VwGH 29.4.2015, 2012/13/0099, betreffend eine Ausgliederung nach dem Bundesmuseen-Gesetz). Die Revisionswerberin habe "bisher" aber keinen Vorlageantrag eingebracht, was im Hinblick auf § 245 Abs. 4 zweiter Satz in Verbindung mit § 264 Abs. 4 lit. a BAO von Bedeutung sei. Die Hemmung der Frist durch die Einbringung des Antrags auf Fristverlängerung könne danach nicht dazu führen, dass die Frist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt worden sei, ablaufe. Beantragt worden sei mit dem Schriftsatz vom 26. September 2003 die Erstreckung der Frist bis zur Klärung der den Dienstgeberbeitrag betreffenden Rechtsfrage durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes. Die erstmalige Entscheidung dieser Frage durch den Verwaltungsgerichtshof sei im Juni 2015 veröffentlicht worden. Die Vorlageantragsfrist sei, wie in einem letzten, einen eigenen Absatz bildenden Satz der Bescheidbegründung hervorgehoben wurde, "daher bereits verstrichen".

5 Dem folgte nach der Zwischenüberschrift "Rechtsmittelbelehrung" noch der Hinweis, gegen die Erledigung sei gemäß § 244 BAO kein abgesondertes Rechtsmittel zulässig. Sie könne "erst in der Beschwerde gegen den die Angelegenheit abschließenden Bescheid angefochten werden".

6 Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2016 beantragte die Revisionswerberin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für den Vorlageantrag, wobei sich dieser Antrag auf die im Bescheid vom 13. Jänner 2016 vertretene Ansicht bezog, die Frist sei zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichen gewesen. Als Wiedereinsetzungsgrund wurde im Wesentlichen geltend gemacht, die Revisionswerberin habe nicht damit rechnen können, dass das Finanzamt eine Entscheidung zu einer Ausgliederung nach dem Bundesmuseen-Gesetz und nicht die (vermeintlich noch ausstehende) Entscheidung zu dem im Fristverlängerungsantrag gemeinten Musterverfahren betreffend eine Ausgliederung nach dem Poststrukturgesetz 1996 als für das Ende der beantragten Fristverlängerung maßgeblich ansehen werde.

7 Auf den im Bescheid vom 13. Jänner 2016 nicht angenommenen Fall, dass die beantragte Frist im Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch offen gewesen sei und die Hemmung des Fristenlaufs erst durch die (diesfalls nicht näher begründete) Abweisung des Antrags geendet habe, sodass noch drei restliche Tage der durch den Antrag bisher gehemmten Frist zur Verfügung gestanden wären, und auf das Unterbleiben eines Vorlageantrages innerhalb der drei Tage nach der Zustellung des Bescheides vom 13. Jänner 2016 nahm der Wiedereinsetzungsantrag nicht Bezug, obwohl in ihm vorgebracht wurde, eine Entscheidung in dem Musterverfahren, auf das sich der Fristverlängerungsantrag bezogen habe, sei der Revisionswerberin "bis heute nicht bekannt".

8 Mit demselben Schriftsatz vom 19. Februar 2016 holte die Revisionswerberin auch den versäumten Vorlageantrag nach, wozu ausgeführt wurde, die Frist für diesen Antrag sei wegen des tatsächlichen Inhalts des Fristverlängerungsantrags vom 26. September 2003 "und aufgrund des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch offen".

9 Für den Fall, dass dem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattgegeben werde, erhob die Revisionswerberin in diesem Schriftsatz schließlich noch Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags vom 26. September 2003 mit dem Begehren auf Fristverlängerung, "sodass der Vorlageantrag als rechtzeitig eingebracht gilt".

10 Das Finanzamt wies (durch den auch in weiterer Folge befassten Sachbearbeiter A des Fachbereichs) den Wiedereinsetzungsantrag mit Bescheid vom 25. April 2017 ab, wobei es nun - ohne Erwähnung des gegenteiligen Hinweises in der Begründung des Bescheides vom 13. Jänner 2016 - die Ansicht vertrat, nach der Zustellung der Abweisung des Antrags auf Fristverlängerung am 19. Jänner 2016 sei die Frist für den Vorlageantrag noch bis zum 22. Jänner 2016 weitergelaufen. Die Vorlage sei aber erst mehrere Wochen später (mit dem Schriftsatz vom 19. Februar 2016) beantragt worden. In Bezug auf den Inhalt des Antrags vom 26. September 2003 sei es "offensichtlich zu einem Missverständnis gekommen". Die Revisionswerberin habe "ein (noch heute) in der Zukunft liegendes Ereignis", nämlich die Entscheidung im Musterverfahren, gemeint, wohingegen das Finanzamt sich auf "ein bereits 2015 eingetretenes Ereignis", nämlich die im Juni 2015 veröffentlichte Entscheidung in einem anderen Verfahren, bezogen und "aus dieser Sicht" angenommen habe, eine Fristverlängerung sei - mangels eines darauf gerichteten Antrags - gar nicht mehr möglich. Die "nachträgliche Aufklärung dieses Missverständnisses" ändere aber nichts an der Wirksamkeit des Abweisungsbescheides. Die "versäumte Handlung" liege "also in der Unterlassung, den Antrag auf Vorlage der Beschwerde nicht spätestens am 22.1.2016" gestellt zu haben. Warum dies nicht geschehen sei, könne "nicht nachvollzogen werden". Der Argumentation im Wiedereinsetzungsantrag "mangle" es "an Kausalität".

11 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 26. April 2017 wies das Finanzamt die für den Fall der (zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig erfolgten) Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags erhobene Beschwerde vom 19. Februar 2016 gegen die Abweisung des Fristverlängerungsantrags vom 26. September 2003 ab. Es vertrat auch in dieser Entscheidung die Ansicht, die Frist für den Vorlageantrag sei danach noch drei Tage lang weitergelaufen. Es sei zu einem "Missverständnis" gekommen, dessen "Aufklärung" eine "neue Beurteilung" erfordere. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Fristverlängerungsantrag sei "die beantragte Frist noch nicht abgelaufen" gewesen, sodass eine Verlängerung noch möglich gewesen wäre. Wenn sich die Begründung des Bescheides vom 13. Jänner 2016 somit "im Nachhinein als unzutreffend erwiesen hatte", so sei der Beschwerde ein Erfolg aber trotzdem zu versagen, weil die gesetzliche Voraussetzung für eine Verlängerung, nämlich das Vorliegen eines berücksichtigungswürdigen Grundes, "nie" gegeben gewesen sei. Dies treffe schon auf den Zeitpunkt der Antragstellung im September 2003 zu, weil die Klärung der strittigen Rechtsfrage auch im Verfahren der Revisionswerberin möglich gewesen wäre. Ein weiteres "Indiz" sei auch die Nachholung des Vorlageantrags mit dem Schriftsatz vom 19. Februar 2016, angesichts derer sich die Frage stelle, "warum dieser Vorlageantrag nicht schon viel früher eingebracht wurde".

12 Einen Hinweis darauf, dass auch im Musterverfahren zur Ausgliederung nach dem Poststrukturgesetz 1996 schon im Jahr 2015 eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen sei, enthielt auch dieser Bescheid noch nicht. Zur abgesonderten Anfechtung des Bescheides vom 13. Jänner 2016 wurde dargelegt, sie sei zulässig, weil eine inhaltliche Entscheidung über den eigentlichen Beschwerdegegenstand nicht mehr zu erwarten sei.

13 Mit Schriftsatz vom 1. Juni 2017 erhob die Revisionswerberin Beschwerde gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags. Im selben Schriftsatz beantragte sie auch die Vorlage der Beschwerde gegen die Abweisung des Fristverlängerungsantrags. Die Revisionswerberin vertrat nun den Standpunkt, der Satz in der Bescheidbegründung vom 13. Jänner 2016, wonach die Frist für den Verlängerungsantrag "bereits verstrichen" sei, habe im Sinne des § 93 Abs. 4 BAO (über fehlende oder fehlerhafte Rechtsmittelbelehrungen) zur Folge gehabt, dass die restliche Frist für den Vorlageantrag durch die Abweisung des Fristverlängerungsantrags nicht in Lauf gesetzt worden und der Vorlageantrag somit rechtzeitig gewesen sei. (Diese Argumente trug die Revisionswerberin auch in einer an das Bundesfinanzgericht gerichteten Ergänzung vom 19. Juli 2017 zu einer inzwischen eingebrachten Vorlageerinnerung betreffend die Beschwerde vom Mai 2000 vor.) Es wurde weiterhin auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Verlängerung der Frist begehrt.

14 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22. Juni 2017 wies das Finanzamt die Beschwerde gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags ab. In der Begründung dieser Entscheidung wurde erwähnt, schon vor Rechtskraft der Entscheidung über die Wiedereinsetzung habe das Finanzamt "infolge des Drängens der Antragstellerin" mit der Beschwerdevorentscheidung vom 26. April 2017 auch über den Eventualantrag bezüglich der Fristverlängerung entschieden. Die als Zulässigkeitsvoraussetzung für den Wiedereinsetzungsantrag zu prüfende Frage der Fristversäumnis sei entgegen den Ausführungen im Schriftsatz vom 1. Juni 2017 zu bejahen, weil (zusammengefasst) der Satz in der Begründung des Bescheides vom 13. Jänner 2016, wonach die Frist für den Vorlageantrag "bereits verstrichen" sei, weder Spruchbestandteil noch eine (nachträgliche) Rechtsmittelbelehrung zur Berufungsvorentscheidung vom 25. August 2003 gewesen sei. Zur mangelnden Berechtigung des Wiedereinsetzungsantrages wurde dargelegt, es sei "kein Hauch einer Ereignisabfolge erkennbar", die eine rechtzeitige Einbringung des Vorlageantrages "auch nur im entferntesten verhindert hätte". So sei etwa "nicht einmal behauptet" worden, dass der Bescheid vom 13. Jänner 2016 bei der Revisionswerberin "einen Schock" ausgelöst habe.

15 Auf eine schon im Jahr 2015 erfolgte Erledigung des Musterverfahrens zur Ausgliederung nach dem Poststrukturgesetz 1996 wurde weiterhin nicht Bezug genommen. Erwähnt wurde vielmehr, die Behörde habe "früher in einem anderen Verfahren" (gemeint: das Verfahren über die Fristverlängerung im Zeitpunkt des Abweisungsbescheides vom 13. Jänner 2016) die "Ansicht" vertreten, "dass sich der Wille der Antragstellerin lediglich bis zu einem im Jahr 2015 tatsächlich eingetretenen Ereignis erstreckt habe". Zum Zeitpunkt der Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages mit dem Bescheid vom 25. April 2017 habe das Finanzamt diese Ansicht "NICHT mehr aufrecht erhalten".

16 Dabei blieb es auch im Vorlagebericht vom 28. Juni 2017 zur Beschwerde über die Abweisung des Fristverlängerungsantrages. Hier wurde dargelegt, das Finanzamt habe "die Äußerungen hinsichtlich des beantragten Zeitraumes" "akzeptiert" und die Beschwerde mit der Beschwerdevorentscheidung vom 26. April 2017 "mangels Vorliegens eines berücksichtigungswürdigen Grundes für die (weitere) Fristverlängerung" abgewiesen.

17 Mit Schriftsatz vom 19. Juli 2017 beantragte die Revisionswerberin die Vorlage der Beschwerde gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages. Sie hob hervor, das Finanzamt habe die Fehlinterpretation des Antrags vom 26. September 2003 inzwischen zugegeben.

18 Dieses Vorbringen nahm das Finanzamt zum Anlass für eine "im Sommer 2017" durchgeführte "neuerliche Sichtung des insgesamt vorliegenden Aktenmaterials (einschließlich der Akten von Parallelverfahren)", darunter das Musterverfahren, über deren Ergebnis das Finanzamt eine "Modifizierte Sachverhaltsdarstellung und Beurteilung vom September 2017" zum Akt nahm. Darin kam erstmals vor, dass der Verwaltungsgerichtshof mit einem unveröffentlichten Erkenntnis vom 29. April 2015, 2011/13/0110, unter Verweis auf das am selben Tag zur Ausgliederung nach dem Bundesmuseen-Gesetz gefällte Erkenntnis auch das Musterverfahren entschieden hatte. Bei Berücksichtigung dieses (wie nun angenommen wurde, der damaligen Sachbearbeiterin bekannt gewesenen) Umstandes erweise sich der Satz in der Bescheidbegründung des Finanzamts vom 13. Jänner 2016, wonach die Frist für den Vorlageantrag bereits verstrichen sei, wieder als richtig. Es sei nur die "Nennung" der Entscheidung im Musterverfahren unterblieben. Die Annahme, diese Entscheidung sei noch nicht gefallen, in späteren Entscheidungen des Finanzamts sei eine "unwesentliche Irritation" in der Form eines "durch die Diktion der Antragstellerin verursachten Irrtums" des in der Folge zuständigen Sachbearbeiters gewesen.

19 Mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 13. November 2017 wies das Bundesfinanzgericht in Spruchpunkt I.a die am 29. Mai 2000 erhobene "Beschwerde gegen die Bescheide (...) vom 27. März 2000 (...) als verspätet" zurück. In Spruchpunkt I.b wies es die Beschwerde gegen den Bescheid vom 13. Jänner 2016 über die Abweisung des Fristverlängerungsantrags "als unzulässig" zurück. In Spruchpunkt II. sprach es aus, eine Revision sei nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

20 In der Wiedergabe des Verfahrensganges - die bis zum Juni 2017 reichte - hielt das Bundesfinanzgericht zunächst fest, mit dem Fristverlängerungsantrag vom 26. September 2003 sei im Sinne des Vorbringens der Revisionswerberin ein Abwarten des Musterverfahrens zur Ausgliederung nach dem Poststrukturgesetz 1996 gemeint gewesen. In Bezug auf die Wiedereinsetzung legte das Bundesfinanzgericht dar, gegen die Beschwerdevorentscheidung vom 22. Juni 2017 sei kein Vorlageantrag eingebracht und das Wiedereinsetzungsverfahren sei mit dieser Beschwerdevorentscheidung daher "rechtswirksam beendet" worden. Der diesbezügliche Vorlageantrag vom 19. Juli 2017 war dem Bundesfinanzgericht nicht bekannt, die Vorlage der die Wiedereinsetzung betreffenden Beschwerde noch nicht erfolgt.

21 Zur Begründung des ersten Spruchteils (Zurückweisung der Beschwerde vom Mai 2000) traf das Bundesfinanzgericht folgende Feststellungen aus den Akten:

"Der strittige Haftungs- und Abgabenbescheid für den Zeitraum 1. Mai 1996 bis 31. Dezember 1997 wurde am 27. März 2000 erlassen. Aufgrund der am 29. Mai 2000 erhobenen Berufung erging am 25. August 2003 eine Berufungsvorentscheidung (teilweise Stattgabe). Der diesbezügliche Vorlageantrag wurde am 19. Februar 2016 eingebracht.

Zwischenzeitig brachte die Bf. einen Fristverlängerungsantrag zur Einbringung eines Vorlageantrages ein, der vom Finanzamt mit Bescheid vom 13. Jänner 2016 abgewiesen wurde. Gegen diesen Abweisungsbescheid wurde ebenfalls am 19. Februar 2016 Beschwerde erhoben."

22 Der rechtlichen Würdigung dieses "als erwiesen angenommenen" Sachverhaltes stellte das Bundesfinanzgericht eine Wiedergabe der anzuwendenden Vorschriften voran. Es handelte sich dabei um § 85 BAO über Anbringen sowie um Vorschriften betreffend Bescheidbeschwerden (§§ 243, 245, 250 und 260 BAO). § 264 BAO über die sinngemäße Anwendung solcher Vorschriften auf Vorlageanträge blieb unerwähnt. Es folgten Rechtsausführungen, in denen die Begriffe "Vorlageantrag" und "Beschwerde" als gleichbedeutend verwendet wurden. Mit der Zustellung der Abweisung des Fristverlängerungsantrages am 19. Jänner 2016 habe "die (restliche) Beschwerdefrist von 3 Tagen wieder zu laufen begonnen". Da diese Frist versäumt worden sei, sei der am 19. Februar 2016 eingebrachte "Vorlageantrag als verspätet" anzusehen. "Die Beschwerde" sei "daher gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO wegen Versäumung der Beschwerdefrist zurückzuweisen".

23 In Bezug auf den zweiten Spruchteil (Zurückweisung der Beschwerde gegen die Abweisung des Fristverlängerungsantrages) nahm das Bundesfinanzgericht folgenden Sachverhalt "als erwiesen" an:

"Die Bf. stellte drei Tage vor Ablauf der einmonatigen Frist zur Stellung eines Vorlageantrages einen Fristverlängerungsantrag (26. September 2003) zur Einbringung eines Vorlageantrages bezüglich Haftungs- und Abgabenbescheid vom 27. März 2000 für den Zeitraum 1. Mai 1996 bis 31. Dezember 1997. Mit Bescheid vom 13. Jänner 2016 wurde dem Fristverlängerungsantrag nicht stattgegeben. Dieser Abweisungsbescheid wurde der Bf. unstrittig am 19. Jänner 2016 rechtswirksam zugestellt. Die Bf. erhob am 19. Februar 2016 gegen den Abweisungsbescheid vom 13. Jänner 2016 Beschwerde, die mit Beschwerdevorentscheidung vom 26. April 2017 abgewiesen wurde. Schließlich brachte die Bf. am 1. Juni 2017 einen diesbezüglichen Vorlageantrag ein."

24 Dem folgten nach einer Wiedergabe des § 245 BAO über die Einbringung der Beschwerde (wieder ohne Bezugnahme auf § 264 BAO) längere Rechtsausführungen, in denen zunächst dargelegt wurde, der Zeitpunkt, bis zu dem die Verlängerung im Sinne des § 245 Abs. 4 zweiter Satz BAO "beantragt" gewesen sei, sei derjenige der Entscheidung im Musterverfahren gewesen. Das diesbezügliche Erkenntnis 2011/13/0110 sei am 29. April 2015 ergangen. Nach der Zustellung des Bescheides über die Abweisung des Verlängerungsantrages sei es der Revisionswerberin oblegen, "in der noch verbliebenen Beschwerdefrist (= bis spätestens 22. Jänner 2016) einen Vorlageantrag einzubringen". Dass dies "für eine Steuerberatungskanzlei" (Anmerkung: die Revisionswerberin war noch unvertreten) "binnen drei Tagen nicht möglich sein soll", könne "seitens des Bundesfinanzgerichtes nicht nachvollzogen werden". Hinderungsgründe, so das Bundesfinanzgericht in dieser nicht die Wiedereinsetzung betreffenden Entscheidung, seien "weder behauptet noch glaubhaft gemacht" worden. Der Hinweis auf einen falschen Satz in der Begründung des Abweisungsbescheides gehe "ins Leere, wo doch gerade professionelle steuerliche Vertretungen sofort Einwendungen gegen unrichtige Feststellungen erheben". Die "Rest-Zeit" von drei Tagen sei wohl "bei der steuerlichen Vertretung ‚übersehen' worden".

25 Zur Zulässigkeit der abgesonderten Anfechtung des Abweisungsbescheides, die vom Finanzamt in dessen Beschwerdevorentscheidung bejaht worden war, legte das Bundesfinanzgericht sodann dar, sie sei zu verneinen, weil es sich "entgegen den Ausführungen der Bf." (zu ergänzen: und des Finanzamts) "nicht um einen Sonderfall gehandelt hat, bei dem kein abschließender Bescheid mehr möglich gewesen wäre":

"Da im gegenständlichen Fall nach erfolgter Fristabweisung und Zustellung dieses Abweisungsbescheides am 19. Jänner 2016, die Vorlageantragsfrist noch nicht zur Gänze abgelaufen war, hätte die Bf. bzw. ihre steuerliche Vertretung ausreichend Zeit gehabt, nämlich bis zum 22. Jänner 2016, einen Vorlageantrag beim zuständigen Finanzamt einzubringen."

26 Mit einem beim Verwaltungsgerichtshof zu Ra 2018/13/0018 angefochtenen Beschluss vom 14. November 2017 traf das Bundesfinanzgericht eine gleichartige die Revisionswerberin betreffende Entscheidung für einen Folgezeitraum, für den weitgehend parallele Verfahrensschritte gesetzt worden waren.

27 Mit Vorlageberichten vom 21. November 2017 legte das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht die Beschwerden gegen die Abweisung der Wiedereinsetzungsanträge für beide Zeiträume vor. In diesen Vorlageberichten wurde auf die "Modifizierte Sachverhaltsdarstellung und Beurteilung vom September 2017" und auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. April 2015, 2011/13/0110, Bezug genommen.

28 Die Revision gegen das Erkenntnis vom 1. Februar 2018, mit dem das Bundesfinanzgericht die Beschwerden gegen die Abweisung der Wiedereinsetzungsanträge nach Durchführung einer Senatsverhandlung am 11. Jänner 2018 abwies, wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, Ra 2018/13/0043, mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückgewiesen.

29 Für die Zulässigkeit der hier zu behandelnden Revision gegen den Beschluss vom 13. November 2017 über die Zurückweisung der Beschwerde vom Mai 2000 als verspätet und der Beschwerde vom 19. Februar 2016 als unzulässig macht die Revisionswerberin eine Mehrzahl von Rechtswidrigkeiten in der Verfahrensführung des Bundesfinanzgerichtes und in dessen Beurteilung des Falles geltend.

30 Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der es beantragt, "sowohl die außerordentliche, als auch die ordentliche Revision als unbegründet abzuweisen". Es vertritt wie das Bundesfinanzgericht die Ansicht, dass zwar der Zeitpunkt, bis zu dem die Fristverlängerung beantragt gewesen sei, bei Erlassung des Abweisungsbescheides schon in der Vergangenheit gelegen sei, der Abweisungsbescheid aber den Lauf einer restlichen Frist von drei Tagen in Gang gesetzt habe. Zur Zulässigkeit der abgesonderten Anfechtung der Abweisung des Fristverlängerungsantrages wird nun dargelegt, sie sei zu verneinen, weil der Streit darüber bei der Prüfung der Frage der Rechtzeitigkeit des von der Revisionswerberin auch gestellten Antrags auf Vorlage der Beschwerde vom Mai 2000 ausgetragen werden könne.

31 Die Revisionswerberin erstattete eine Gegenäußerung.

32 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

33 Die Revision ist schon wegen der von der Revisionswerberin u. a. gerügten Mängel in der Begründung des angefochtenen Beschlusses zulässig. Sie ist auch begründet.

34 Im Zusammenhang mit dem ersten Spruchteil des angefochtenen Beschlusses (Zurückweisung der Beschwerde von Mai 2000) macht die Revisionswerberin u.a. geltend, das Bundesfinanzgericht sei auf das in der Ergänzung vom 19. Juli 2017 zur diesbezüglichen Vorlageerinnerung (und zuvor schon im Vorlageantrag vom 1. Juni 2017  betreffend die Abweisung des Fristverlängerungsantrags) vorgetragene Argument nicht eingegangen, wonach der Satz in der Bescheidbegründung vom 13. Jänner 2016 über die "bereits verstrichene" Frist für den Vorlageantrag im Sinne des § 93 Abs. 4 BAO dem Beginn eines Laufs der restlichen Frist entgegengestanden und der Vorlageantrag somit rechtzeitig gewesen sei.

35 Der Behandlung dieser vom Bundesfinanzgericht unerwähnt gelassenen Argumentation mit § 93 Abs. 4 BAO ist vorauszuschicken, dass die Revisionswerberin die Frist für den Vorlageantrag nicht zweimal versäumt haben kann, nämlich zuerst im Lauf des Jahres 2015 durch das ungenützte Verstreichen des Zeitpunkts, bis zu dem letztmals die Verlängerung beantragt war (§ 245 Abs. 4 zweiter Satz in Verbindung mit § 264 Abs. 4 lit. a BAO), und dann ein zweites Mal durch die Versäumung eines mit der Zustellung des Bescheides über die Abweisung des Verlängerungsantrags in Gang gesetzten Rests der Frist (Ende der durch die Antragstellung bewirkten Hemmung des Fristenlaufs gemäß § 245 Abs. 4 erster Satz in Verbindung mit § 264 Abs. 4 lit. a BAO).

36 Das Finanzamt nahm zunächst den ersten und später den zweiten Zeitpunkt der Fristversäumung an und vertritt nun, wie auch das Bundesfinanzgericht, beides zugleich. War eine Fristverlängerung über das Jahr 2015 hinaus nicht beantragt, so konnte die Abweisung des Fristverlängerungsantrags im Jänner 2016 - im Sinne des dann richtigen letzten Satzes in der Begründung des Abweisungsbescheides - aber keinen restlichen Fristenlauf mehr in Gang setzen. Dem stünde die Anordnung in § 245 Abs. 4 zweiter Satz BAO entgegen, wonach die Hemmung der Frist nicht dazu führen kann, dass sie erst nach dem Zeitpunkt abläuft, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde.

37 Richtig ist jedoch, dass die (nicht verlängerte, sondern nur gehemmte) Frist auch versäumt wurde, wenn der Antrag nicht so auszulegen war. Dem Standpunkt der Revisionswerberin, dem stünde § 93 Abs. 4 BAO oder zumindest der hinter dieser Vorschrift stehende Rechtsgedanke entgegen, ist nicht zu folgen.

38 Nach § 93 Abs. 4 BAO wird "die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt", wenn ein Bescheid "keine Rechtsmittelbelehrung oder keine Angabe über die Rechtsmittelfrist" enthält oder "zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig" erklärt. Diese Anordnung bezieht sich auf das Fehlen oder eine näher bezeichnete Fehlerhaftigkeit der in § 93 Abs. 3 lit. b BAO ausdrücklich vorgeschriebenen Rechtsmittelbelehrung. Das Gesetz sieht nicht vor, dass die Abweisung eines Fristverlängerungsantrags mit einer Belehrung über die Länge der durch den Wegfall der Hemmung in Gang gesetzten restlichen Frist zu verbinden ist, was einer Übertragung des Rechtsgedankens des § 93 Abs. 4 BAO auf einen solchen Fall im Wege eines Analogieschlusses entgegensteht.

39 Waren die Behauptung in der Begründung des Abweisungsbescheides vom 13. Jänner 2016, der Zeitpunkt, bis zu dem die Verlängerung beantragt war, sei verstrichen, und die daran anknüpfende weitere Behauptung, es sei nun keine Frist mehr offen, falsch, so minderten diese dann irreführenden Begründungselemente das Verschulden der Revisionswerberin an der Versäumung eines in Wahrheit noch offenen Rests der Frist, was als Wiedereinsetzungsgrund geltend zu machen gewesen wäre. Ein darauf abzielender Antrag wurde im vorliegenden Fall aber nicht gestellt. Der Wiedereinsetzungsantrag vom 19. Februar 2016 bezog sich, wie dargestellt, auf die der Revisionswerberin vom Finanzamt damals vorgehaltene Versäumung. Dass die Frist - zu einem anderen Zeitpunkt, aus anderen Gründen und vorbehaltlich des Rechtsmittels gegen den Abweisungsbescheid - auch versäumt worden war, wenn das Finanzamt den Verlängerungsantrag falsch ausgelegt hatte, kam im Wiedereinsetzungsantrag nicht vor und konnte im Rechtsmittelverfahren über dessen Abweisung nicht mehr ins Spiel gebracht werden (vgl. Ritz, BAO6, § 308 Tz 20). Die schließlich erhobene Behauptung, dem in § 245 Abs. 4 erster Satz BAO normierten Ende der Hemmung des Fristenlaufes mit der Zustellung der Entscheidung über den Verlängerungsantrag sei der falsche Satz in der Begründung dieser Entscheidung entgegengestanden, trifft aus den dargestellten Gründen nicht zu.

40 Spruchpunkt I.a des angefochtenen Beschlusses kann aber schon deshalb nicht Bestand haben, weil damit dem Wortlaut nach nicht der Vorlageantrag, sondern die rechtzeitige Beschwerde vom Mai 2000 zurückgewiesen wurde, der mit Berufungsvorentscheidung vom 25. August 2003 teilweise stattgegeben worden war. Angesichts der groben Fehlerhaftigkeit auch der Begründung dazu kann dies nicht berichtigend ausgelegt werden, sodass dieser Teil des angefochtenen Beschlusses schon mangels Verspätung der Beschwerde vom Mai 2000 gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

41 Rechtswidrig ist auch die Begründung des Bundesfinanzgerichtes für Spruchpunkt I.b (Zurückweisung der Beschwerde gegen die Abweisung des Fristverlängerungsantrages als unzulässig).

42 Gegen "nur das Verfahren betreffende Verfügungen" - zu denen auch die Abweisung eines Fristverlängerungsantrages gehört - ist gemäß § 244 BAO "ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig". Sie können "erst in der Bescheidbeschwerde gegen den die Angelegenheit abschließenden Bescheid angefochten werden".

43 Darunter ist ein den "Verfügungen" nachfolgender "Bescheid" zu verstehen. In der Beschwerde gegen diesen können auch die nur das Verfahren betreffenden Entscheidungen in dem ihm vorangegangenen Verfahren bekämpft werden. Ist ein solcher Bescheid nicht mehr zu erwarten, so bedeutet dies nicht die völlige Unanfechtbarkeit, sondern die abgesonderte Anfechtbarkeit der das Verfahren betreffenden Verfügungen (vgl. etwa VwGH 11.12.1990, 90/14/0241, betreffend einen Fall, in dem die nicht rechtzeitig verbesserte Berufung trotz eines noch offenen Fristverlängerungsantrags schon für zurückgenommen erklärt worden war; 12.6.1991, 91/13/0132, betreffend einen Fall, in dem eine Berufung nach Abweisung des Fristverlängerungsantrags aussichtslos erschien, jedoch anders für den Fall, dass sie dennoch erhoben würde und vom Finanzamt zurückzuweisen wäre).

44 Welche "Bescheidbeschwerde" im Sinn des § 244 BAO die Revisionswerberin noch hätte einbringen können, sodass die Abweisung des Fristverlängerungsantrags nicht abgesondert bekämpft werden könne, ist der Argumentation des Bundesfinanzgerichtes nicht zu entnehmen. Mit Rücksicht darauf, dass die Zurückweisung eines verspäteten Vorlageantrags dem Gericht vorbehalten ist (§ 264 Abs. 5 BAO), gilt dies auch für den vom Finanzamt in der Revisionsbeantwortung vertretenen, seiner früheren Ansicht widersprechenden Standpunkt.

45 Auch Spruchpunkt I.b des angefochtenen Beschlusses war schon aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

46 Für das weitere Verfahren ist noch zu erörtern, wie über die Beschwerde vom 19. Februar 2016 gegen die Abweisung des Fristverlängerungsantrags mit Bescheid vom 13. Jänner 2016 zu entscheiden sein wird.

47 Die Revisionswerberin hatte im September 2003 einen Fristverlängerungsantrag gestellt, von dem unstrittig ist, dass er sich auf das Abwarten des Ergebnisses eines bestimmten anderen Verfahrens (des Musterverfahrens) bezog, an dem das Finanzamt - im Gegensatz zur Revisionswerberin - beteiligt war. Der Antrag kann nicht so ausgelegt werden, dass die Frist danach schon am Tag der Veröffentlichung der diesbezüglichen Entscheidung oder gar - wie in Formulierungen sowohl des Finanzamts als auch des Bundesfinanzgerichtes zum Teil unterstellt wird - schon am Tag der Beschlussfassung durch den Verwaltungsgerichtshof enden sollte. Der Antrag zielte erkennbar darauf ab, nach Kenntnisnahme von der Klärung der Rechtsfrage nicht nur durch das am Musterverfahren beteiligte Finanzamt, sondern auch durch die Revisionswerberin zum Ergebnis Stellung nehmen und im Vorlageantrag darauf abgestimmte Anträge stellen zu können.

48 Ob dieser Fristverlängerungsantrag vom September 2003 damals verbesserungsbedürftig oder abzuweisen gewesen wäre, ist für die Beurteilung aus der Perspektive des Jahres 2016 nicht mehr von großer Bedeutung. Nach mehr als zwölfjährigem Zuwarten des Finanzamts mit einer Erledigung des Antrags lag jedenfalls ein "berücksichtigungswürdiger Grund" gemäß § 245 Abs. 3 in Verbindung mit § 264 Abs. 4 lit. a BAO dafür vor, der Revisionswerberin die Ansicht des Finanzamts, die Klärung der Rechtsfrage sei nun erfolgt, oder seine Meinung, die Klärung der Rechtsfrage solle nicht weiter abgewartet werden, vorzuhalten und ihr insbesondere im hier vorliegenden Fall, dass die Klärung erfolgt war, eine Frist dafür einzuräumen, sich davon ausreichend Kenntnis zu verschaffen und im Vorlageantrag darauf einzugehen.

49 Für die Verfahrenslage nach dem stattdessen ergangenen Abweisungsbescheid vom 13. Jänner 2016 bedeutet dies, dass der Beschwerde gegen diesen Bescheid im Sinne der in ihr beantragten Fristerstreckung bis zur bereits erfolgten Einbringung des Vorlageantrages stattzugeben und der Vorlageantrag vom 19. Februar 2016 als rechtzeitig zu behandeln sein wird.

50 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Zur Abweisung des Mehrbegehrens auf gesonderten Aufwandersatz für die Bekämpfung jeder der beiden zurückweisenden Beschwerdeerledigungen ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesfinanzgericht diese beiden Spruchpunkte in einem gemeinsamen Beschluss verbunden hat und die von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Judikatur zu Fristsetzungsanträgen (wie auch die zum Kostenersatz bei Maßnahmenbeschwerden) darauf nicht übertragbar ist.

Wien, am 27. März 2019

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018130015.L00

Im RIS seit

16.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

16.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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