RS Vwgh 2019/3/29 Ro 2018/02/0023

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 29.03.2019
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Index

E1P
37/01 Geldrecht Währungsrecht
37/02 Kreditwesen
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §8
BWG 1993 §99d
BWG 1993 §99d Abs3
VStG §24
VStG §25 Abs3
VStG §32
VStG §33 Abs2
VStG §34
VStG §40
VStG §45 Abs1
VwGVG 2014 §38
VwGVG 2014 §44
VwGVG 2014 §46
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ro 2018/02/0025 E 29.03.2019Ro 2018/02/0026 E 29.03.2019

Rechtssatz

Blickt man auf die wegen des Unionsrechtsbezugs eines Verfahrens betreffend Übertretung des BWG 1993 maßgebenden Verfahrensgarantien des Art. 47 GRC, ist es folgerichtig, dass die juristische Person als Beschuldigte nach § 32 VStG anzusehen ist, wenn sie im Verdacht steht, eine Verwaltungsübertretung zu verantworten zu haben und die Behörde gegen sie eine Verfolgungshandlung richtet. Sie ist dann auch Partei iSd AVG. Ist die juristische Person Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren (§ 32 VStG), hat sie alle mit dieser Parteistellung verbundenen Rechte. So etwa ist dem Beschuldigten rechtliches Gehör einzuräumen (§ 40 VStG), er muss an ihn gestellte Fragen nicht beantworten (§ 33 Abs. 2 VStG). Der Beschuldigte hat Zugang zu einem Gericht (VwG), das grundsätzlich eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen hat (§ 44 VwGVG 2014), in der dem Beschuldigten Frage- und Informationsrechte zustehen, er kann sich auch vertreten lassen (§ 46 VwGVG 2014). Auch ermöglicht der Strafrahmen des § 99d Abs. 3 BWG 1993 mangels Untergrenze eine einzelfallgerechte Strafhöhe (zur Verfassungsmäßigkeit von § 99d BWG 1993 in Bezug auf die Strafhöhe vgl. VfGH 13.12.2017, G 408/2016-31). Zudem sind auch die Einschränkungen und Ausnahmen vom Amtswegigkeitsprinzip, die sich etwa aus § 25 Abs. 3 VStG (Absehen von der Anzeigeerstattung), aus § 34 VStG (Vorläufiges Absehen von der Einleitung oder Fortführung des Strafverfahrens) oder aus § 45 Abs. 1 VStG (Absehen von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens und Einstellung) ergeben, auf das gegen die juristische Person als Beschuldigte geführte Verfahren zu ihren Gunsten anwendbar, soweit sie nicht ausschließlich auf natürliche Personen zugeschnitten sind. Durch diese der juristischen Person zukommende prozedurale Rechtsstellung wird den an das Recht auf ein faires Verfahren gestellten Anforderungen entsprochen, weshalb die von Art. 47 GRC geforderten Verfahrensgarantien in einem Verfahren nach dem VStG auch für die juristische Person gewährleistet sind (vgl. VfGH 2.12.2016, G 497/2015).

Schlagworte

Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018020023.J04

Im RIS seit

15.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

15.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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