TE Vwgh Beschluss 2019/4/3 Ra 2018/15/0063

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Veröffentlicht am 03.04.2019
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Index

L36058 Kriegsopferabgabe Behindertenabgabe Vorarlberg
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
KriegsopferabgabeG Vlbg §2 Abs1
KriegsopferabgabeG Vlbg §3 Abs1
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der Vorarlberger Landesregierung in 6901 Bregenz, Römerstraße 15, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 19. April 2018, Zl. LVwG- 358-4/2016-R8, betreffend einen Antrag auf Pauschalierung der Kriegsopferabgabe (mitbeteiligte Partei: C GmbH in B, vertreten durch die Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Parkring 2), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Das Land Vorarlberg hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106.40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die mitbeteiligte Partei, die seit 1. Juli 2015 ein Pokerkasino in Bregenz betreibt, wurde mit Schreiben des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Bregenz vom 8. Juli 2015 u. a. aufgefordert, bekanntzugeben, ob sie der abgabenrechtlichen Verpflichtung zum Einbehalt der Kriegsopferabgabe nachkomme.

2 Mit Eingabe vom 7. August 2015 beantragte die mitbeteiligte Partei daraufhin u.a. die Pauschalierung der Kriegsopferabgabe mit einem auf Basis der Mindesteinsätze berechneten Betrag von 12.145,15 EUR pro Monat.

3 Die Vorarlberger Landesregierung gab diesem Antrag mit Bescheid vom 19. Jänner 2016 für die Zeit ab August 2015 dem Grunde nach statt. Der Höhe nach wurde die Abgabe mit einem Pauschalbetrag von 563.000 EUR pro Monat bemessen. Zu dieser Bemessung wurde dargelegt, sie beruhe auf den von der Mitbeteiligten in den Monaten Juli bis November 2015 bekanntgegebenen (nach dem Vorbringen der mitbeteiligten Partei geschätzten) Spieleinsätzen von durchschnittlich rund 6,193.000 EUR pro Monat als Bemessungsgrundlage.

4 Der von der mitbeteiligten Partei dagegen erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg mit Erkenntnis vom 22. November 2016 keine Folge.

5 Die mitbeteiligte Partei erhob Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 8. Juni 2017, E 33/2017-13, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

6 Die mitbeteiligte Partei erhob sodann außerordentliche Revision. Mit Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. März 2018, Ra 2017/13/0076 (im Folgenden Vorkenntnis), hob der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes auf.

7 Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Pauschalierung der Kriegsopferabgabe ab und führte begründend aus, der Verwaltungsgerichtshof habe im Vorerkenntnis ausgesprochen, dass entgegen seiner bisherigen Auffassung zur Entrichtung der Kriegsopferabgabe bzw. der Gemeindevergnügungssteuer nur verpflichtet sei, wer eine abgabepflichtige Veranstaltung gegen Entrichtung eines Eintrittsgeldes besuche. Das Verwaltungsgericht sei an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebunden und habe seine Erkenntnisse entsprechend dieser Judikatur zu erlassen. Da für den Besuch des streitgegenständlichen Pokercasinos kein Eintrittsgeld zu entrichten sei, entfalle die Kriegsopferabgabepflicht. Zudem sei die Bemessung der Kriegsopferabgabe nach dem Eintrittsgeld nicht besonders umständlich, sie verursache keine hohen Kosten und wirke sich für den Betrieb des Veranstalters weder störend noch hindernd aus. Daher lägen auch die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Pauschalierung nach § 4 Kriegsopferabgabegesetz nicht vor.

8 Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

9 Gegen diese Erkenntnis wendet sich die außerordentliche Revision der Vorarlberger Landesregierung.

10 Die mitbeteiligte Partei hat nach Einleitung des Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung erstattet und die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).

13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu beantwortende Rechtsfrage daher vom Verwaltungsgerichtshof - auch nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. z.B. VwGH 19.12.2018, Ra 2018/15/0101, mwN).

15 In der Revision wird zur Zulässigkeit im Wesentlichen vorgebracht, der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnisses des verstärkten Senates vom 21. März 2018, Ra 2017/13/0076, ausgesprochen, dass die Spieleinsätze bei der Bemessung der Kriegsopferabgabe nicht als "Eintrittsgelder" herangezogen werden können. Der Verwaltungsgerichtshof habe aber nicht ausgesprochen, dass der Veranstalter von Pokerspielen keine Eintrittsgelder erhebe "und daher nicht abgabepflichtig nach dem Kriegsopferabgabegesetz wäre".

16 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 19. Dezember 2018, Ra 2018/15/0017, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, dargelegt, dass mit dem Erkenntnis des verstärkten Senates vom 21. März 2018 lediglich die Ansicht abgelehnt worden ist, dass die Summe der Spieleinsätze Bemessungsgrundlage für die Kriegsopferabgabe sei. Der Verwaltungsgerichtshof geht hingegen weiterhin davon aus, dass die "Durchführung erlaubter Kartenspiele" eine Veranstaltung iSd Kriegsopferabgabegesetzes (KOAbG) ist. Bemessungsgrundlage für die Abgabe ist das "Eintrittsgeld", wobei nach § 2 Abs. 1 KOAbG als "Eintrittsgeld" nicht nur Eintrittsgelder "in der gewöhnlichen Form des Entgeltes für eine Eintrittskarte", sondern insbesondere auch Beiträge gelten, die zur Deckung der Veranstaltungskosten von den Besuchern eingesammelt oder in Form eines Zuschlages auf den Preis der bei der Veranstaltung verabreichten Speisen und Getränke oder in Form einer die gewöhnliche Höhe übersteigenden Garderobegebühr usw. eingehoben werden.

17 Im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 2018, Ra 2018/15/0017, käme der Revision daher grundsätzlich Berechtigung zu. Zu bemerken ist allerdings, dass eine Revision nicht von der Lösung der - in der Revision vorgebrachten - Rechtsfrage abhängt, wenn das angefochtene Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung beruht, zu der sich diese aufgeworfene Rechtsfrage nicht stellt (vgl. VwGH 15.9.2016, Ra 2016/15/0063; 26.6.2018, Ra 2018/16/0083, jeweils mwN).

18 Das Landesverwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Erkenntnis den Antrag der Mitbeteiligten auf Pauschalierung der Kriegsopferabgabe auch mit der Begründung abgewiesen, dass die Bemessung der Kriegsopferabgabe nach dem Eintrittsgeld nicht besonders umständlich sei, keine hohen Kosten verursache und sich für den Betrieb des Veranstalters weder störend noch hindernd auswirke. Daher lägen die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Pauschalierung nach § 4 Kriegsopferabgabegesetz nicht vor.

19 Auf diese tragfähige Alternativbegründung geht die Revision im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens nicht ein. Die Revision war daher zurückzuweisen.

20 Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

21 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20

14.

Wien, am 3. April 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018150063.L00

Im RIS seit

19.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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