TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/23 96/05/0141

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Veröffentlicht am 23.02.1999
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Index

L82002 Bauordnung Kärnten;

Norm

BauO Krnt 1969 §16;
BauO Krnt 1969 §21 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Walter Kordesch in Villach, vertreten durch Dr. Elmar Ther, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Italienerstraße 6/II, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 29. März 1996, Zl. 8 B-BRM-115/1/1996, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinnützige Eisenbahnsiedlungsgesellschaft Ges.m.b.H. in Villach, vertreten durch Dr. Georg Willenig und Mag. Ingomar Arnez, Rechtsanwälte in Villach, Bahnhofplatz 4/I, 2. Marktgemeinde Treffen, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 28. September 1987 wurde der mitbeteiligten Bauwerberin die Baubewilligung zur Errichtung einer Wohnhausanlage, bestehend aus vier Objekten (drei Objekte südwestlich, ein mit "D" im Plan bezeichnetes Objekt nordöstlich eines im Plan vorgesehenen Aufschließungsweges), erteilt. Der Bescheid enthält (u.a.) nachstehende Auflage:

"21.) Der Aufschließungsweg wäre so anzulegen, daß hiedurch die Grundstücke 413 und 416, KG Treffen, einwandfrei aufgeschlossen werden."

Die Grundstücke Nr. 413 und 416, die den Objekten "A" und "B" gegenüberliegen, gehören dem Beschwerdeführer, der gegen das am 28. September 1987 bewilligte Vorhaben keinen Einwand erhoben hatte.

Mit Bescheid vom 22. August 1989 gab der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde dem Ansuchen der Bauwerberin um Verlängerung der Baubewilligung auf weitere zwei Jahre Folge. Ausgesprochen wurde auch, dass die Auflagen und Vorschreibungen des Bescheides vom 28. September 1987 einzuhalten seien.

Die südwestlich des geplanten Weges situierten 3 Objekte wurden in der Folge ausgeführt; mit Bescheid vom 26. Februar 1993 erteilte die Baubehörde die "Teil-Bewohnungs- und Benützungsbewilligung". In diesem Bescheid wurde festgestellt, dass die Kollaudierung das Haus I bis III (früher: A, B und C) mit 18 Wohneinheiten betreffe und dass mit dem 4. Baukörper noch nicht begonnen worden sei.

Hinsichtlich des nunmehr als "Haus 4" bezeichneten Objektes teilte die Bauwerberin mit Schreiben vom 11. Mai 1993 der Baubehörde mit, dass sie die Bauausführung begonnen habe. Am 1. September 1993 legte die Bauwerberin Auswechslungspläne mit der Bitte um Genehmigung vor; bei der Verhandlung am 28. Oktober 1993 erklärte der Beschwerdeführer, dass durch die Situierung des Blocks 4 eine Zufahrt zu seinen nordwestlich gelegenen Grundstücken nicht mehr möglich sei. In seiner Eigenschaft als Mitglied der Agrargemeinschaft "Nachbarschaft Görtschach" sprach er sich gegen eine Benützung der Parzelle Nr. 406 (anrainend zu den Baugrundstücken) zu Zufahrtszwecken (zum Bauvorhaben) aus. Die Bauwerberin entgegnete, daß die Zufahrt über dieses Grundstück mit der Nachbarschaft Görtschach vereinbart sei; zu den Parzellen des Beschwerdeführers Nr. 413 und Nr. 416 bestünden zwei Zufahrtsmöglichkeiten, zwischen denen gewählt werden könne.

Mit Eingabe vom 8. November 1994 beantragte die Erstmitbeteiligte unter Vorlage von Auswechslungsplänen und einer Baubeschreibung die Erteilung der Baubewilligung für das Haus Nr. 4. Durch Ankauf eines Grundstücksteiles vom Nachbarn St. sei die Abstandsfläche zu diesem Nachbarn nunmehr gewahrt. Der Beschwerdeführer wiederholte in der Verhandlung vom 29. November 1994 seine früheren Einwendungen und führte aus, dass er als Mitglied der "Nachbarschaft Görtschach" 1/24 Miteigentümer des Grundstückes Nr. 406 sei. Dem Vorhaben fehle daher eine Zufahrtsmöglichkeit.

Mit Bescheid vom 31. Juli 1995 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde (im zweiten Rechtsgang) unter Bezugnahme auf den Antrag vom 8. November 1994 die "Genehmigung zur Abänderung der Baubewilligung vom 28. September 1987 und 22. August 1989 bei Einhaltung der Vorschreibungen und Auflagen der bezeichneten Bescheide". In der Begründung wies die Baubehörde darauf hin, dass eine Unterbindung der Zufahrtsmöglichkeit, wie vom Beschwerdeführer behauptet, durch die Situierung des vierten Hauses von Beginn an (es wird auf die Bauverhandlung vom 10. September 1987 verwiesen) schon gegeben gewesen sei. Aus diesem Grund sei der Auflagenpunkt 21 in den Baubewilligungsbescheid aufgenommen worden. Es sei jedoch keine Terminvorgabe bezüglich der Erfüllung des Auflagenpunktes 21 erfolgt, weshalb spätestens bei Fertigstellung des Vorhabens die ordnungsgemäße Erfüllung nachzuweisen wäre. Das Vorhaben werde auf eigenen Grundstücken verwirklicht; hinsichtlich der Benützung des Grundstückes Nr. 406 wurde der Beschwerdeführer auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

In seiner dagegen erstatteten Berufung rügte der Beschwerdeführer, dass die Baubehörde den Auflagenpunkt 21 weder berücksichtige noch exekutiere. Auch könne die Bauwerberin den Nachweis einer rechtlich gesicherten Zufahrt nicht erbringen.

Weiters wurde in der Berufung vorgebracht, dass sich aus der amtswegigen Beischaffung eines Aktes der Agrarbezirksbehörde Villach ergeben hätte, dass dem Beschwerdeführer ein landwirtschaftliches Bringungsrecht über die vom 4. Wohnblock in Anspruch genommene Fläche zustehe.

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde gab dieser Berufung mit Bescheid vom 22. November 1995 keine Folge. Mit der Behauptung, dass dem Auflagenpunkt 21 im seinerzeitigen Bescheid nicht entsprochen worden sei, mache der Berufungswerber eine Rechtsverletzung aus dem Gebiet des Privatrechts geltend. Mit dem Auflagenpunkt werde dem Beschwerdeführer die von der Bauwerberin zu erfüllende Berechtigung eingeräumt, dass der von ihm behauptete Servitutsweg auf dem Baugrundstück angelegt werde. Der Beschwerdeführer habe auch kein Recht darauf, dass eine Verbindung zu einer öffentlichen Fahrstraße sichergestellt werde. Der Beschwerdeführer sei nicht selbst Miteigentümer des Grundstückes Nr. 406, sondern zu 1/24 Teilhaber der parteifähigen Agrargemeinschaft.

In seiner Vorstellung machte der Beschwerdeführer zunächst geltend, daß die Baubewilligung aus 1987 längst abgelaufen sei. Durch die nunmehr bewilligte Situierung des Hauses 4 könne der Auflagenpunkt 21 nicht eingehalten werden, sodass deshalb die Baubewilligung rechtswidrig sei. Die Agrargemeinschaft sei kein rechtsfähiges Gebilde; sie sei ja auch nicht als Nachbar zur Bauverhandlung geladen worden.

Dieser Vorstellung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Das Ansuchen vom 8. November 1994 laute auf "Erteilung der Baubewilligung"; die vorgelegten Auswechslungspläne hätten den Anforderungen des § 7 Bauansuchenverordnung entsprochen. Daher liege in Wahrheit nicht nur eine Änderungsgenehmigung, sondern eine (Neu-) Genehmigung des Bauvorhabens "Haus 4" vor. Die Baubewilligung vom 28. September 1987 sei hinsichtlich des Hauses 4 ex lege (§ 19 BauO) außer Kraft getreten, weshalb nunmehr eine neuerliche Baubewilligung erteilt werden durfte.

Die Frage der Einhaltung einer Auflage betreffe die Ausnützung der Baubewilligung, sei aber keine Frage des Bewilligungsverfahrens. Dem Nachbarn stehe kein Mitspracherecht zur Frage der Verbindung zu einer öffentlichen Verkehrsfläche zu.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Einhaltung von Auflagen und in seinen Nachbarrechten gemäß den "Kärntner baurechtlichen Vorschriften" verletzt. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Bauwerberin, eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Vorhaben, welches mit Bescheid vom 28. September 1987 bewilligt wurde, wurde nur teilweise ausgeführt. Hinsichtlich des Hauses Nr. 4 erfolgte zwar eine Verlängerung der Baubewilligung gemäß § 16 Abs. 2 Kärntner BauO (in der zuletzt durch die Novelle LGBl. Nr. 79/1979 geänderten Fassung); auch innerhalb dieser Frist wurde mit der Ausführung nicht begonnen. Insoferne ist diese Baubewilligung als gemäß § 16 Abs. 1 leg. cit. erloschen anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16.März 1989, Zl. 88/06/0084). Wenn auch ein Bauvorhaben grundsätzlich ein unteilbares Ganzes ist, hat die Behörde, wenn - wie hier - die Vorausetzungen zur Erteilung der Bewilligung nur für einen Teil vorliegen und dieser Teil vom übrigen Vorhaben trennbar ist, im Zweifel davon auszugehen, daß eine Teilbewilligung vom Parteienbegehren umfaßt ist (Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, 119).

Der belangten Behörde ist daher darin zu folgen, dass das Ansuchen der Bauwerberin vom 8. November 1994 ein neues Bauverfahren eingeleitet hat, für welches auch schon die Kärntner Bauordnung LGBl. Nr. 64/1992 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 103/1992 (im Folgenden: BO) Anwendung findet. Abgesehen davon, dass die Bauwerberin einen Antrag auf "Baubewilligung" gestellt hat, käme es auf die Bezeichnung dieses Antrages nicht an, zumal neue Pläne und eine neue Baubeschreibung vorgelegt wurden. Das neue Haus weist gegenüber dem im Jahre 1987 bewilligten Projekt einen vollständig geänderten Grundriss auf.

Der Beschwerdeführer ist, da ihm die Parzellen Nr. 413 und 416 gehören, Anrainer im Sinne des § 21 BO. Nach dessen Abs. 5 sind seine öffentlich-rechtlichen Einwendungen im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf die Bestimmungen des Baurechtes oder der Bebauungspläne stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bebauungsweise, die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Grundstücksgrenzen und von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen auf Nachbargrundstücken, die Gebäudehöhe sowie jene Bestimmungen, die dem Schutz der Nachbarschaft in gesundheitlichen Belangen, im Interesse der Brandsicherheit oder gegen Immissionen dienen.

Auf keines der hier - allerdings nur demonstrativ - aufgezählten subjektiv-öffentlichen Rechte hat sich der Beschwerdeführer gestützt. Auf ein dem Privatrecht zuzuordnendes Wegerecht, das Baugrundstück zur Erschließung seiner Parzellen Nr. 413 und 416 benützen zu dürfen, beruft sich der Beschwerdeführer nicht. Eine derartige Einwendung privatrechtlicher Natur (siehe Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, 102) wäre gemäß § 21 Abs. 7 BO bloß niederschriftlich festzuhalten. Auch im gegenständlichen, den Block 4 betreffenden Bauverfahren, konnte ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht gemäß § 21 Abs. 7 BO nur auf Bestimmungen des Baurechtes oder der Bebauungspläne gestützt werden; der Auflagenpunkt 21 des Bescheides vom 28. September 1987 ist aber keine "Bestimmung des Baurechtes oder der Bebauungspläne", sodaß daraus kein Mitspracherecht des Beschwerdeführers im gegenständlichen Bauverfahren abgeleitet werden kann. Im übrigen wurde im Spruch der im innergemeindlichen Instanzenzug bestätigten Baubewilligung vom 31. Juli 1995 der Bauwerberin die Genehmigung zur Abänderung der Baubewilligung vom 28. September 1987 und vom 22. August 1998 "bei Einhaltung der Vorschreibungen und Auflagen der bezeichneten Bescheide" erteilt. Die Vorschreibungen und Auflagen der Baubewilligung vom 28. September 1987 sind somit Bestandteil der am 31. Juli 1995 erteilten Genehmigung, sodass insbesondere der Auflagenpunkt 21 aufrecht blieb.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass Vorschriften über die erforderliche Verbindung zu einer öffentlichen Fahrstraße kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht begründen (siehe die Nachweise bei Hauer, Kärntner Baurecht2, E. Nr. 88 und 89 zu § 21 BO). Es spielt daher keine Rolle, ob der "Nachbarschaft Görtschach" Rechtspersönlichkeit zukommt; selbst wenn das Grundstück Nr. 406 dem Beschwerdeführer gehörte, könnte er den Einwand der mangelnden Verkehrsanbindung nicht erheben.

Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer mit seiner Einwendung, es stehe ihm an Baugrundstück ein landwirtschaftliches Bringungsrecht zu, präkludiert war, konnte er damit eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte nicht dartun (siehe die Nachweise bei Hauer, a.a.O., 148).

Was die behaupteten Verfahrensmängel betrifft, ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass Verfahrensmängel nur dann zu einer Rechtsverletzung des Nachbarn führen, wenn bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften der Nachbar in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein könnte (Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, 111).

Die Beschwerde erwies sich somit zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Februar 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996050141.X00

Im RIS seit

11.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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