TE Vfgh Beschluss 1997/2/25 V152/95

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Veröffentlicht am 25.02.1997
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung der Bestimmungen einer Schulordnung betreffend Rauchverbote mangels Anfechtungslegitimation des Antragstellers; keine Wirksamkeit der angefochtenen Bestimmungen für den Antragsteller im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes aufgrund deren nachträglicher Novellierung

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Begründung:

1.1. Der Antragsteller ist an der Landesberufsschule Mureck als Lehrer für Leibeserziehung tätig. Mit seiner auf Art139 Abs1 B-VG gestützten Eingabe begehrt er, den zweiten Satz des §9 Abs2 der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Schulordnung, BGBl. 373/1974 idF BGBl. 216/1995 (im folgenden als "Schulordnung" bezeichnet), als gesetzwidrig aufzuheben.

1.2. Zur Zulässigkeit seines Antrages legt der Antragsteller dar, daß durch die angefochtene Verordnungsbestimmung auf der Schulliegenschaft das Rauchen nicht nur Schülern, sondern auch sonstigen Personen, somit auch ihm als Lehrer, untersagt sei. Der Antragsteller führt aus, er sei passionierter Raucher. Die angefochtene Verordnungsbestimmung sei daher für ihn direkt wirksam.

Der Antragsteller hält die genannte Verordnungsbestimmung für gesetzwidrig, da sie entgegen Art18 Abs2 B-VG den Regelungsbereich der §§43 bis 50 des Schulunterrichtsgesetzes "verlasse" und darüber hinaus dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche. Der Antragsteller begehrt daher die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Verordnungsbestimmung.

2. Der Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten hat die Verordnungsakten vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der er die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Bestimmung verteidigt.

3.1. §9 Abs2 der Schulordnung lautete in der im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Fassung BGBl. 216/1995 (die mit 1. September 1995 in Kraft getreten ist) wie folgt (der angefochtene zweite Satz ist hervorgehoben):

"Das Rauchen ist den Schülern auf der Schulliegenschaft, an sonstigen Unterrichtsorten und bei Schulveranstaltungen sowie schulbezogenen Veranstaltungen untersagt. Auf der Schulliegenschaft (ausgenommen in Wohnungen) ist das Rauchen auch sonstigen Personen nicht gestattet. Bei Überlassung der Schulliegenschaft für andere als unterrichtliche Zwecke können Ausnahmen vom Rauchverbot durch das Schulforum oder den Schulgemeinschaftsausschuß erteilt werden."

3.2. Mit der am 1. Juni 1996 in Kraft getretenen Verordnung des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, BGBl. 221/1996, wurde diese Bestimmung geändert.

Sie lautet nunmehr wie folgt:

"Das Rauchen ist den Schülern in der Schule, an sonstigen Unterrichtsorten und bei Schulveranstaltungen sowie schulbezogenen Veranstaltungen untersagt. Soweit jugendschutzgesetzliche Bestimmungen und das Tabakgesetz, BGBl. Nr. 431/1995, in seiner jeweils geltenden Fassung nicht entgegenstehen und es sich nicht um allgemeinbildende Pflichtschulen handelt, kann die Hausordnung das Rauchen den Schülern in genau zu bestimmenden Teilen der Schulliegenschaft gestatten. Die Raucherlaubnis kann sich auch auf Schulveranstaltungen und schulbezogene Veranstaltungen beziehen, nicht jedoch auf Räume, in denen Schüler untergebracht sind."

4. Der Antrag ist nicht zulässig.

Nach Art139 Abs1 B-VG ist eine Voraussetzung der Zulässigkeit des sogenannten Individualantrages auf Verordnungsprüfung, daß die Verordnung - ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides - für die anfechtende Person wirksam geworden ist; Voraussetzung der Antragslegitimation ist aber weiters, daß die bekämpfte Verordnung für den Einschreiter auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes wirksam ist. Wie bereits dargelegt, wurde die bekämpfte Verordnungsbestimmung mit der Verordnung BGBl. 221/1996 neu gefaßt, sodaß sie seither dem Rechtsbestand nicht mehr angehört. Da nach Lage des Falles die geltend gemachte Betroffenheit hiemit weggefallen ist, fehlt aber dem Antragsteller die nicht bloß im Zeitpunkt der Antragseinbringung, sondern auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes erforderliche Legitimation (vgl. VfSlg. 9868/1983, 12182/1989, 12413/1990, VfGH 11.12.1996 V74/96). Wird nämlich die den Gegenstand eines Antrages nach Art139 Abs1 B-VG bildende Norm nach der Antragstellung derart geändert, daß die betreffende Norm in ihrer ursprünglichen Fassung (für den Antragsteller) keine Wirksamkeit mehr entfaltet, so mangelt es an der erforderlichen Legitimation zur Anfechtung. Der Antrag war somit zurückzuweisen.

5. Der Kostenspruch gründet sich auf §61a VfGG, der einen Kostenzuspruch nur für den Fall des Obsiegens des Antragstellers vorsieht.

6. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorangegangene Verhandlung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, VfGH / Legitimation, VfGH / Prüfungsgegenstand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:V152.1995

Dokumentnummer

JFT_10029775_95V00152_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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