TE Bvwg Beschluss 2019/2/1 L518 2136847-2

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Veröffentlicht am 01.02.2019
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Entscheidungsdatum

01.02.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §9 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L518 2136847-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Georgien, vertreten durch RAe Hofbauer und Wagner, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.11.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

I.1. Die beschwerdeführende Partei ist Staatsangehöriger der Republik Georgien.

I.2. Die bP reiste am 26.08.2014 illegal in Österreich ein und brachte einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Bei der hierzu seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) durchgeführten Einvernahme am 02.06.2016 brachte die bP im Wesentlichen vor, dass sie Berufssoldat sei und seit dem Regierungswechsel im Jahre 2012 Probleme habe. Sie wäre degradiert worden, weil sie den gleichen Familiennamen wie der XXXX (idF G) hat und sei deshalb auch mehrmals geschlagen und erniedrigt worden. Weil sich die bP geweigert habe, eine Falschaussage gegen den ihr nahestehenden G zu machen, sei sie im Wald von XXXX mehrfach misshandelt worden im Jahr 2014 sogar bewusstlos geschlagen worden. Diese Misshandlungen seien vom Brigadekommandant XXXX veranlasst und von Angehörigen des Verteidigungsministeriums ausgeführt worden.

Der Antrag auf internationalen Schutz der bP wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.09.2016, Zl. 1029810004-14913795, gemäß § 3 Abs 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit Spruchpunkt I abgewiesen. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde mit Spruchpunkt II zuerkannt. Mit Spruchpunkt III wurde dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 05.09.2017 erteilt.

Das BFA begründete seine abweisende Entscheidung betreffend der Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I) im Wesentlichen damit, dass die Probleme der bP mit einzelnen Angehörigen des Verteidigungsministeriums keine asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, politische Gesinnung) darstellten. Auch habe die bP keinerlei rechtliche Schritte (Staatsanwalt, Antikorruptionsbehörde, Ombudsmann, NGO) gegen die geschilderten Übergriffe unternommen, dies obwohl der Veranlassende sogar bekannt sei.

Zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) führte das BFA aus, dass wenn auch die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der Behörden in Georgien gegeben sei (siehe Länderfeststellungen), bestehe aufgrund einer Eigendynamik im vorauseilendem Gehorsam einzelner Mitarbeiter von schwer überwachbaren Diensten die der Staatssicherheit dienen, im konkreten Fall für den Beschwerdeführer derzeit nicht eine ausreichende Lebenssicherheit.

Des Weiteren traf das BFA herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage in Georgien.

In der Beschwerde dagegen wurde im Kern ausgeführt, dass die Probleme der bP nicht mit einzelnen Angehörigen des Verteidigungsministeriums bestünden hätten, sondern dass es sich hierbei um schwere Misshandlungen seitens der Führung des georgischen Militärs handelte. Diese politisch motivierte Verfolgung zielte darauf ab, führende Mitglieder des ehemaligen Regimes Verurteilungen zuzuführen und sei demnach als staatliche Verfolgung zu sehen. Der die Misshandlungen Veranlassende war ein hochrangiger Offizier. Insofern hätte der Beschwerdeführer keineswegs Schutz beim georgischen Staat erlangen können. Auch hätte sich die belangte Behörde mit dem politischen Charakter der Gerichtsprozesse gegen hochrangige Mitglieder der ehemaligen Regierung (darunter G) auseinandersetzen müssen. Zu diesen Gerichtsprozessen und deren weltweiter Besorgniserregung wurden der Beschwerdeschrift mehrere Schreiben hochrangiger Politiker und Beamte samt Pressemitteilungen aus den Jahren 2012 und 2013 beigefügt.

Aufgrund einer seitens der bP beantragten zeugenschaftlichen Einvernahme lud das Gericht am 6.6.2017 neuerlich (erste Verhandlung am 20.2.2017) zu einer mündlichen Verhandlung. Im Zuge dessen wurden der bP 1 aktuelle Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien zur Kenntnis gebracht.

Mit Erkenntnis vom 01.08.2017, Zl. L523 2136847-1/18E des BVwG wurde die Beschwerde gemäß § 3 AsylG als unbegründet abgewiesen. Die Gewährung des Subsidiären Schutzes war nicht mehr Gegenstand der Entscheidung.

Beweiswürdigend hielt das BVwG auszugsweise fest:

"Das erkennende Gericht konnte keine glaubhafte Verfolgung und Gefährdung des Beschwerdeführers feststellen.

Zusammengefasst gründete der Beschwerdeführer seine Ausreise aus Georgien darauf, dass er nach dem Regierungswechsel 2012 im Rahmen seiner Tätigkeit als Berufssoldat Probleme bekommen hätte. Er wäre degradiert und geschlagen worden mit der Begründung, dass er den gleichen Familiennamen wie der XXXX trägt. Dieser XXXX wurde mitsamt der Führungsriege suspendiert. In der Folge wurden Gerichtsverhandlungen gegen die verhafteten Kommandanten durchgeführt. Der Beschwerdeführer wäre nach der Arbeit gezwungen worden in ein Auto einzusteigen und dann wäre er in einem Wald gebracht worden. Dort wäre er zu Falschaussagen in den Gerichtsverhandlungen betreffend die verhafteten Kommandanten aufgefordert worden. Da er sich geweigert habe, wäre er misshandelt worden. Derartige Vorfälle hätten sich mehrfach wiederholt und wären vom Brigadekommandanten XXXX veranlasst und von Angehörigen des Ministeriums ausgeführt worden. Zuletzt sei der Beschwerdeführer bewusstlos geschlagen worden, woraufhin er sich zur Flucht entschlossen habe.

Bei einer genaueren Betrachtung des Vorbringens und unter Heranziehung der Aussagen des Beschwerdeführers in den Beschwerdeverhandlungen fallen jedoch mehrere Ungereimtheiten auf, welche auf ein konstruiertes Vorbringen schließen lassen:

So konnte der Beschwerdeführer bezüglich seiner behaupteten Festnahmen bzw. Misshandlungen im Wald keine näheren Details zu den beteiligten Personen angeben. Er sagte in der Beschwerdeverhandlung aus, dass es 2 Festnahmen gegeben hätte, wovon eine am XXXX stattgefunden habe und eine zu einem späteren Zeitpunkt, kurz vor der Ausreise. Er erinnere sich nicht mehr, wieviele Männer ihn bedroht und misshandelt haben, er stand unter Schock, er wisse nur, dass es - ihm nicht namentlich bekannte - Leute von der Militärpolizei waren, welche im Auftrag XXXX handelten. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer hingegen an, dass er zwar nicht wisse wie die Männer heißen, aber er könne beschreiben wie sie aussehen.

Den Zeitpunkt der ersten Festnahme am XXXX las der Beschwerdeführer in der Verhandlung aus seinen persönlichen Notizen ab. Auf Vorhalt der Richterin, dass der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde zu Protokoll gab, dass die erste Festnahme am XXXX erfolgt sei und nicht wie in der Beschwerdeverhandlung angegeben am XXXX führte der Beschwerdeführer aus, dass er aufgrund einer Bombenexplosion in Afghanistan Probleme habe sich Daten zu merken und er heute sehr nervös sei und er sich deshalb vielleicht im Datum geirrt habe.

Auf Nachfrage der Richterin, wonach der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde von mehreren Festnahmen gesprochen hat und in der Beschwerdeverhandlung hingegen nur mehr explizit von 2 gab er an, dass zwischen diesen beiden Festnahmen auch noch weitere stattgefunden hätten - sowohl in einem Raum, als auch im Wald - er aber nur bei den 2 erwähnten ernsthaft verletzt worden sei.

Schließlich beantragte der Beschwerdeführer im Rahmen der Verhandlung am 20.2.2017 ausdrücklich die zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn XXXX, da dieser über eigene persönliche Wahrnehmungen zur Verfolgung des Beschwerdeführers aussagen könne. Seitens des erkennenden Gerichts wurde deshalb am 6.6.2017 neuerlich eine Verhandlung zur Einvernahme des beantragten Augenzeugen durchgeführt. Im Zuge dessen, gab der Zeuge allerdings gleich zu Beginn zu Protokoll, dass er kein Augenzeuge betreffend der behaupteten Verfolgung des Beschwerdeführers ist und er diese nicht selbst mitbekommen habe. Vielmehr wäre es so, dass er selbst Ähnliches erlebt habe.

Auf Vorhalt der Richterin dem Beschwerdeführer gegenüber, wonach sein Zeuge nunmehr doch keine direkten Wahrnehmungen zur behaupteten Verfolgung gemacht hat gab der Beschwerdeführer zu, dass das stimme; der Zeuge ist doch kein Augenzuge, aber er und der Zeuge wären wegen der gleichen Sache verfolgt worden.

Auffällig ist weiters, dass der Beschwerdeführer eigenen Angaben zufolge keinerlei rechtliche Schritte gegen die in seinem Vorbringen behaupteten Misshandlungen unternommen hat; dies obwohl er den veranlassenden Kommandanten (XXXX) der behaupteten Misshandlungen namentlich kannte. Er hat auch um keine Schutzgewährung bei Nichtregierungsorganisationen bzw. dem georgischen Ombudsmann angesucht.

In Anbetracht all dieser Unstimmigkeiten und nicht nachvollziehbaren Angaben des Beschwerdeführers gelangte das Gericht - entgegen der belangten Behörde - letztlich zur Auffassung, dass das geschilderte Fluchtvorbringen nicht glaubhaft ist.

...

Im Lichte der oa. Ausführungen wäre viel mehr die Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, ein kohärentes und plausibles Vorbringen zu erstatten und dies entsprechend zu bescheinigen. Wenn der Beschwerdeführer tatsächlich unter Druck gesetzt, misshandelt und verfolgt worden wäre, hätte er diese Vorfälle konkreter beschreiben können müssen. Die großteils vagen und mitunter widersprüchlichen Angaben zu den Vorfällen reichen hierfür nicht aus.

...

Der Beschwerdeführer ist auch den angeführten getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat nicht substantiiert entgegengetreten.

Es wurden somit im gesamten Verfahren keine stichhaltigen Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

Daran vermag auch die seitens des Beschwerdeführers monierte fehlende Auseinandersetzung mit den Gerichtsprozessen gegen hochrangige Mitglieder der ehemaligen Regierung nichts zu ändern. Zum einen ist aus diesen Gerichtsprozessen bzw. aus den in der Beschwerde angeführten Berichten keinerlei direkter Bezug zum Beschwerdeführer ableitbar - der Beschwerdeführer wird nirgendwo namentlich erwähnt. Zum anderen wird in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Georgien - seit Februar 2016 (folglich auch unter Einbeziehung derart bekannter Vorfälle gegen bestimmte Personen) - als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet. Insofern wird auf die noch zu beschreibende normative Vergewisserung von der Sicherheit Georgiens hingewiesen.

I.3. Am 27.09.2018 wurde die bP 1 im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Georgisch durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (idF auch bB oder BFA) bezüglich der Aberkennung des subsidiären Schutzes einvernommen.

Die Wesentlichen Passagen stellen sich wie folgt dar:

F.: Was würde Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten.

A.: Ich kehre nicht zurück.

F.: Beantworten Sie bitte meine Frage.

A.: Ich hätte wahrscheinlich Probleme mit mir namentlich nicht bekannten Personen, welche dem Innenministerium nahe stehen. Es geht um XXXX. Ich könnte in der Heimat festgenommen worden.

F.: Warum würden diese Ihnen namentlich nicht bekannten Personen Sie verfolgen.

A.: XXXX wird von den Behörden in Georgien gesucht und ich heiße mit Familiennamen genauso wie XXXX und aus diesem Grunde droht mir in meiner Heimat die Festnahme.

Ich werde, sollte ich in meine Heimat zurückkehren, dort von den Behörden verhaftet.

F.: Seit wann werden Sie von den Behörden Georgiens gesucht.

A.: Am 1. Oktober 2012 waren in Georgien Parlamentswahlen. Dann ging ich mit dem georgischen Heer im Rahmen der Nato nach Afghanistan. Ich bin ca. im Oktober 2012 nach sieben Monaten Aufenthalt in Afghanistan in meine Heimat zurückgekehrt. Dann blieb ich in Georgien und ging auf Urlaub in Georgien und dann habe ich noch zwei Jahre beim Heer (Kaserne XXXX) gearbeitet und dann im Herbst 2014 beschlossen aus Georgien auszureisen.

Ich hatte dann immer Angst vor Kündigung und ich hatte hohen Druck deswegen, weil viele Leute in der Regierung ausgetauscht worden sind.

V.: Es gibt in Georgien sicherlich mehrere Personen, die den Familiennamen XXXX führen (es sei in diesem Zusammenhang auf Ihre Verwandten hingewiesen). Warum glauben Sie, dass diesen kein Unbill droht.

A.: XXXX hat ein Bataillon geleitet und hat in Europa einen Aufenthaltsstatus erhalten - aber ich kann aktuell nicht sagen, wo in Europa XXXX einen Aufenthaltstitel erhalten hat.

F.: Sie geben an, Sie sind in Georgien von den Behörden verfolgt worden. Wie äußerte sich die behördliche Verfolgung.

A.: Ich hatte Angst vor behördlicher Verfolgung, deswegen, da in meiner Heimat nach den Parlamentswahlen die Leute in der Regierung sukzessive ausgetauscht worden sind und weil ich den gleichen Familiennamen wie XXXX führe. Die Behörden haben mich nie vorgeladen oder mich befragt - noch sind diese irgendwann an mich herangetreten.

I.4. Die Ehegattin der bP, Frau XXXX geboren, StA. Georgien, IFA 1176234204 reiste nach Österreich ein und beantragte hier ein humanitäres Aufenthaltsrecht gem. § 55 AsylG. Am 20.04.2017 haben sie und die bP am Standesamt in Österreich geheiratet. Mit Entscheidung des BFA vom 17.04.2018 wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 11.12.2017 der Ehegattin gemäß § 55 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen.

In Österreich wurden ihre gemeinsamen Zwillinge, XXXX, geboren am XXXX, geboren XXXX geboren.

Für die Kinder wurden am 10.09.2018 Anträge auf internationalen Schutz eingebracht. Es wurden für diese keine Fluchtgründe angegeben, sie bezogen sich auf die Fluchtgründe der Eltern.

I.5. Die belangte Behörde holte eine Anfragebeantwortung vom 12.10.2018 ein, welche sie der Entscheidung hinsichtlich der bP zugrunde legte. Die Recherchen ergaben, dass in der Republik Georgien nicht nach der bP gefahndet wird. Dies wurde der bP im Rahmen einer weiteren Einvernahme am 02.11.2018 vorgehalten.

Die wesentlichen Passagen gestalten sich wie folgt:

F.: Auf die Frage, was würde Sie konkret erwarten würde, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten, haben Sie im Rahmen der letzten Einvernahme angegeben, dass Sie von einer Person gesucht würden, welche der Regierung nahesteht - sie hätten Angst, Sie könnten von den heimatlichen Behörden festgenommen werden.

V.: Im Rahmen einer Recherche, welche am 27.09.2018 in Auftrag gegeben wurde und welche am 12.10.2018 hieramts einlangte, konnte erhoben werden, dass Sie von den Behörden Georgiens nicht gesucht werden. Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben.

A.: Ich bleibe dabei, dass ich nicht offiziell gesucht werde. Diese Leute, die nach mir suchen, brauchen keinen offiziellen Auftrag.

F.: Wer sucht Sie nun.

A.: Ich kann dazu keine genauen Angaben machen. Es kann sein, dass es sich um meinen alten Chef XXXX handelt, es könnte aber auch dessen Nachfolger sein. Dies deshalb, da ich in der Vergangenheit sagte, dass XXXX kein guter Mann wäre. Ich weiß nicht, wer in Georgien nach mir sucht.

F.: Hat sich ihren Fluchtgrund betreffend oder das Privat- und Familienleben betreffend im Zeitraum zwischen der letzten Einvernahme und heute eine wesentliche Änderung ergeben.

A.: Nein, es hat sich diesbezüglich keine wesentliche Änderung ergeben. Alles, was ich sagte, trifft zu. Die Kinder sind gesund, alles passt. Ich arbeite, meine Frau ist zuhause bei den Kindern.

Nach erfolgter Rückübersetzung gebe ich an, dass meine Angaben richtig und vollständig sind. Alles ist richtig, aber ich möchte noch Folgendes hinzufügen: XXXX ist mein Cousin väterlicherseits. Sein Vater heißt XXXX, seine Mutter ist mir namentlich nicht bekannt. XXXX ist der Bruder meines Großvaters väterlicherseits.

F.: Was sagt nun die Familie dazu, das XXXX nicht gut auf Sie zu sprechen ist und Sie wegen ihm die Heimat verlassen haben.

A.: Mein Vater ist verstorben, meine Mutter ist verstorben. Die Großeltern sind auch verstorben. Auch die Eltern von XXXX sind auch verstorben. Es ist niemand mehr da, der dazu etwas sagen könnte - nur mehr meine Schwester.

Ich möchte aber dazu ausführen, dass XXXX und ich - seit ich mich in Österreich aufhalte - über WhatsApp in Kontakt sind. Am 28.10.2018 haben wir uns zuletzt geschrieben. Er fragte mich, wie es mir geht und ich sagte ihm, dass alles ok wäre. Wir schreiben uns regelmäßig und ich frage ihn, wie es ihm geht und er fragt mich, wie es mir geht.

V.: Das klingt aber nicht danach, als wären Sie mit XXXX verfeindet.

A.: Nein, wir sind im Grunde nicht verfeindet, wir halten regelmäßig Kontakt. Er hat mich auch einmal in Österreich besucht. Ich habe diesbezüglich auch ein Foto, auf dem XXXX und ich gemeinsam abgebildet sind. Das war glaublich 2016. Er war damals einige Wochen in Österreich, dann kehrte er wiederum nach Georgien zurück.

Anm.: Mit Hilfe des Dolmetschers Herrn Ivanov wird das Foto (über E-Mail) entgegengenommen und befindet sich in der Beilage.

F.: Warum kam XXXX im Jahr 2016 nach Österreich.

A.: Er hat mich besucht, er hat die Staatsbürgerschaft von Litauen angenommen und hat mich in Österreich besucht. XXXX lebt nicht mehr in Georgien, sondern in Litauen und auch in der Ukraine.

V.: Wenn Sie mit XXXX ohnehin nunmehr in regelmäßigem gutem (freundschaftlichem) Kontakt stehen, könnten Sie ohne weiteres wieder nach Georgien zurückkehren. Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben.

A.: Ich habe mir aber nunmehr in Österreich eine Arbeit aufgebaut und ich habe hier meine Ehefrau und meine Kinder. Ich möchte hier bleiben und weiter arbeiten. In Georgien habe ich meine Arbeit verloren und hätte wahrscheinlich Probleme eine Arbeit zu finden.

Die allgemeine Situation in Georgien ist nicht gut, immer werden Menschen getötet und die politische Situation ist instabil. Ich wünsch mir mit meiner Familie ein ruhiges Leben in Österreich.

I.6. Die bP legte neben den Fotos, der Heiratsurkunde eine Bestätigung über ihre Tätigkeit und ein Identitätsdokument vor.

I.7. Die Anträge der Kinder der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit Bescheiden der bB vom 30.11.2018 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Die aufschiebende Wirkung wurde aberkannt.

Mit Beschluss des BVwG vom 30.01.2019 wurde den Beschwerden gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt, dies einerseits zur Wahrung der Familieneinheit, da die aufschiebende Wirkung im Verfahren des Vaters nicht aberkannt wurde.

Zudem wird festgehalten, dass im Spruch der Bescheide alle möglichen Varianten (Ziffern) zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung genannt sind. Vor allem ist auch in der Begründung neben der Aberkennung aufgrund der Abstammung aus einem Sicheren Herkunftsstaat zusätzlich angeführt, dass die bP über ihre Identität und Staatsangehörigkeit getäuscht hätten, weshalb Z 3 zur Anwendung käme. Dann erfolgten Ausführungen dazu, dass sich die Fluchtgründe der bP auf die Ukraine beziehen, weshalb Z 4 anzuwenden sei. Offenbar hat sich das BFA in diesen Verfahren eines "Musters" aus einem anderen Verfahren bedient, welches im Zusammenhang mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entsprechend abgeändert wurde.

I.8. Der der bP zuerkannte Status der subsidiär Schutzberechtigten wurde mit im Spruch genannten Bescheid vom 30.11.2018 gemäß § 9 Abs. 2 AsylG aberkannt, die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde entzogen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55 und 57 wurde nicht erteilt.

I.8.1 Im Rahmen der Würdigung hinsichtlich der bP 1 führte die bB Folgendes aus (auszugsweise Wiedergabe aus dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1) :

Die Feststellungen zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gründen sich auf das Ergebnis der Befragung vom 11.10.2018 und das Ergebnis des Gutachens von Herrn Prof. Dr. XXXX, wonach nicht festgestellt werden konnte, dass Sie von den Behörden des Heimatlandes gesucht würden. Es bestehen aus diesem Grunde keine hinreichenden HInweise für die Annahme, dass im Falle der Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung Ihrer Person nach Georgien keine ausreichende Lebenssicherheit vorläge.

...

Zu Spruchpunkt I

Gem. § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten, wenn dies nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 zu erfolgen hat, von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn einer der in Art.1, Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt (Z. 1), der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt (Z. 2) oder der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt wurde (Z. 3). Einer rechtskräftigen Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

Ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in Ihren Herkunftsstaat würde somit eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen, sodass eine Aberkennung gem. § 9 Abs 1 AsylG 2005 nicht zulässig ist.

Wie bereits eingangs angeführt wurden Sie am 15.05.2013 vom Landesgericht Linz unter der Zahl 458 33 Hv 31/13z - 33 wegen des Verbrechens des Suchtmittelgesetzes rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.

Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, dass die Voraussetzung des § 9 Abs 2 Z 3 vorliegt.

Sie haben gegen die österreichische Strafrechtsordnung verstoßen, zumal Sie gerichtlich strafbare Handlungen gesetzt haben und rechtskräftig verurteilt wurden.

Es kann daher davon ausgegangen werden, dass Sie nicht gewillt sind, bestehende Gesetze bzw. Rechtsordnungen zu respektieren

...

Zu Spruchpunkt III

Gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten diesfalls mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

Die derzeitige Lage in Guinea lässt die ho. Behörde zum Befinden kommen, dass die Kriterien für eine ausweglose Lage derzeit, aufgrund der allgemein mangelnden Gesundheits- und Sicherheitslage vorliegen und somit objektiv gesehen die Rückkehrsituation im Herkunfts- und Heimatstaat derzeit nicht als ausreichend sicher angesehen werden kann.

Es bestehen Gründe für die Annahme, dass Sie im Falle der Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nicht wegen in der Person gelegenen Gründen sondern wegen der allgemeinen Lage in Guinea einer Gefahr im Sinne des § 50 FPG ausgesetzt wären.

Aufgrund der in Ihrem Fall weiterhin bestehenden Voraussetzungen für einen Refoulementschutz war spruchgemäß zu entscheiden.

I.8.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der georgische Staat gewillt und befähigt ist, auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritte wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.

I.8.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass der zuerkannte Subsidiäre Schutz anzuerkennen war und die befristete Aufenthaltsberechtigung zu entziehen. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und 55 AsylG ergeben und wurde keine Rückkehrentscheidung im Hinblick auf einen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK geprüft. Die Abschiebung wurde hinsichtlich Guinea geprüft.

I.9. Gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz vom 05.12.2018 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Vorgelegt wurden eine Bestätigung über die Konzessions- bzw. Gewerbeberechtigung, eine Einnahmmen Ausgaben Rechnung für das Jahr 2017 (Gewinn 71.000 EUR), eine Plasmaspenderkarte, eine DHL Servicepartner Karte und eine Strafregisterbescheinigung.

I.10. Am 28.12.2018 langte eine Urkundenvorlage (Unterstützungsschreiben, armenische Unterlagen und Dokumente, Fotos) ein. Diese Unterlagen wurden teilweise bereits im ersten Verfahren vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen

Die beschwerdeführende Partei

Bei der bP handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Georgier, welcher aus einem überwiegend von Georgiern bewohnten Gebiet stammt und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennt.

Die bP ist ein junger, gesunder, arbeitsfähiger Mann mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage.

Die bP hat in Österreich keine Verwandten und lebt auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen. Sie möchte offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten.

Die Mutter, Schwester, Ehegattin, Kinder und weitere Verwandte der bP befinden sich in Georgien. Die Kinder mit ihrer Mutter mit 08.01.2019 freiwillig nach Georgien ausgereist.

Die bP hat die Mutter ihrer Kinder in Georgien kennen gelernt und ist diese dann zur bP nach Österreich gereist, um zu heiraten.

Von 1994 bis 2005 hat die bP die Grundschule und im Anschluss daran die Mittelschule besucht. Seit seinem 18. Lebensjahr war sie Berufssoldat. Sie hat verschiedene militärische Ausbildungen und Einsätze absolviert.

In Österreich befindet sich die bP seit 26.08.2014. Sie ist hier berufstätig seit 26.11.2014 in der Form des freien Gewerbes "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt".

Die bP 1 ist in Österreich unbescholten. Die bP 1 hat Deutschkurse besucht.

Die Identität der bP steht fest.

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA.

2. Beweiswürdigung

II.2. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

II.2.1. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss. Gemäß Abs. 3 sind auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

II. 2.2. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

II. 2.3. Beginnend mit dem Erkenntnis des VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, wurde zur Sachentscheidungspflicht des Verwaltungsgerichtes ausgeführt, dass die nach § 28 Abs. 3 VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme zur grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte darstellt. Das in § 28 VwGVG verankerte System verlange im Sinne der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.

Im angeführten Erkenntnis des VwGH wird diesbezüglich ausgeführt:

"Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden [...]".

II.2.4. Der Beschwerde kann vollinhaltlich gefolgt werden. Der Bescheid leidet schon hinsichtlich seines Spruches an schweren Mängeln. So wird einerseits darauf hingewiesen, dass § 55 AsylG in dieser Konstellation nicht zu prüfen ist. Andererseits erhellt sich für das BVwG nicht, warum nicht über eine Rückkehrentscheidung abgesprochen wurde. Völlig richtig wurde vom rechtsfreundlichen Vertreter auch festgehalten, dass es im Akt keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die bP vorbestraft wäre und wurde auch eine entsprechende Strafregisterbescheinigung vorgelegt. Die diesbezügliche Begründung zur Aberkennung des Status des Subsidiär Schutzberechtigten und die damit verbundene Anführung von § 9 Abs. 2 AsylG sind damit schlichtweg aktenwidrig und falsch. Abgerundet wird das Bild, dass in diesem Fall nicht die nötige Sorgfalt angewendet wurde damit, dass die Abschiebung in Bezug auf Guinea geprüft wurde. In dieses Bild passt auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (vgl. oben) hinsichtlich der Kinder.

Letztlich kann das BVwG - wie dies schon in der Entscheidung des BVwG vom 01.08.2017 zum Ausdruck kam - nicht nachvollziehen, warum ursprünglich der Status des Subsidiär Schutzberechtigten vergeben wurde. Es wurde im Bescheid auch am Rande gestreift, dass sich eine veränderte Situation in Bezug auf das Fluchtvorbringen der bP dadurch ergeben hat, dass eine Anfragebeantwortung davon spricht, dass kein Haftbefehl in Georgien gegen die bP besteht. Dieser Umstand wäre jedoch jedenfalls konkreter auszuführen und wäre dann entsprechend der Subsidiäre Schutz gemäß § 9 Abs. 1 AsylG abzuerkennen.

Die Bescheidbegründung des BFA erweist sich im Ergebnis mangels entsprechender Feststellungen und aufgrund absolut fehlerhafter Verwendung von Rechtsgrundlagen ohne Prüfung einer Rückkehrentscheidung als nicht zur Aberkennung des Subsidiären Schutzstatus tragfähig und wurde nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes der entscheidungswesentliche Sachverhalt für die Beurteilung nicht ausreichend ermittelt und festgestellt.

Zudem wird darauf hingewiesen, dass der Generalanwalt Bot in der Rs C-720/17, Bilali, vom 24.1.2019 betreffend die Aberkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter in den Schlussanträgen zur Vorlagefrage des VwGH vorgeschlagen hat:

"1. Art. 19 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes steht einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegen, nach der ein Mitgliedstaat den subsidiären Schutzstatus aberkennen kann, wenn die zuständige nationale Behörde einen allein ihr zurechenbaren Fehler hinsichtlich der Umstände begangen hat, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben.

Unter Umständen wie den in Rede stehenden, unter denen die Entscheidung über die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus unter Verstoß gegen Rechtsvorschriften, insbesondere gegen die in den Kapiteln II und V der Richtlinie 2011/95 aufgeführten Zuerkennungskriterien, ergangen ist und sich dieser Verstoß entscheidend auf den Ausgang der Prüfung des Antrags auf Gewährung internationalen Schutzes ausgewirkt hat, ist der Mitgliedstaat verpflichtet, die Aufhebung des subsidiären Schutzstatus vorzunehmen."

II.2.5. Das BFA wird daher im fortgesetzten Verfahren aktuelle, eindeutige und sachverhaltsbezogene Feststellungen zu treffen haben, erst dann wird eine nachvollziehbare Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes möglich sein.

Da im gegenständlichen Fall das den Kern des Vorbringens betreffende Ermittlungsverfahren vor das Bundesverwaltungsgericht verlagert wäre, käme das einem unerwünschten Abbau der Zweiinstanzlichkeit des Verfahrens gleich, weshalb sich unter Berücksichtigung der oben dargestellten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes und unter Effizienzgesichtspunkten eine Heranziehung des § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG verbietet.

Darüber hinaus ist das BVwG nicht ermächtigt, erstmalig eine Rückkehrentscheidung auszusprechen und den diesbezüglich fehlerhaften Spruch des BFA zu sanieren.

Von diesen Überlegungen ausgehend ist daher im gegenständlichen Fall das dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eingeräumte Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung auszuüben und das Verfahren spruchgemäß an das BFA zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

II.2.6. Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Wie sich aus der oben wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, besteht zur Frage der Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 VwGVG eine Rechtsprechung. Die vorliegende Entscheidung weicht von dieser Rechtsprechung auch nicht ab.

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des Begriffs des internationalen Schutzes, sowie des durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienlebens abgeht. Im Hinblick auf die Auslegung des Rechtsinstituts des sicheren Herkunftsstaates orientiert sich das ho. Gericht ebenfalls an der hierzu einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur.

Aus dem Umstand, dass das ho. Gericht und die belangte Behörde mit 1.1.2014 ins Leben gerufen wurden, bzw. sich die asyl- und fremdenrechtliche Diktion, sowie Zuständigkeiten zum Teil änderte, und das Asyl- und Fremdenrecht eine verfahrensrechtliche Neuordnung erfuhr kann ebenfalls kein unter Art. 133 Abs. 4 zu subsumierender Sachverhalt hergeleitet werden, zumal sich am substantiellen Inhalt der anzuwendenden Normen keine relevante Änderung ergab. Im Falle verfahrensrechtlicher Neuordnungen wird auf die einheitliche Judikatur zu den Vorgängerbestimmungen verwiesen (z. B. in Bezug auf § 18 BFA-VG auf § 38 AsylG aF).

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Aktenwidrigkeit, Asylantragstellung, Asylverfahren,
Aufenthaltstitel, Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht,
Fluchtgründe, Kassation, mangelhaftes Ermittlungsverfahren,
mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Zurückverweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L518.2136847.2.00

Zuletzt aktualisiert am

11.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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