Entscheidungsdatum
21.02.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
I420 2168842-3/4E
BESCHLUSS
In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost (EAST-Ost) vom 13.02.2019, Zl. 1094697402-190154891, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx sowie durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, hat das Bundesverwaltungsgericht durch die Richterin Mag. Dr. Magdalena HONSIG-ERLENBURG als Einzelrichterin beschlossen:
A)
Die gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist nicht rechtswidrig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Am 15.11.2015 stellte die Beschwerdeführerin ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz, über welchen mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl als belangte Behörde vom 09.08.2017, Zl. 1094697402/151763773, sowie in der Folge mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.09.2017, Zl. I403 2168842-1/2E, negativ entschieden wurde. Hinsichtlich ihrer Fluchtgründe gab die Beschwerdeführerin an, dass sie Nigeria verlassen habe, da sie lesbisch sei und in Nigeria lesbischen Frauen die Todesstrafe drohe.
Am 07.12.2017 stellte die Beschwerdeführerin einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Hinsichtlich ihrer Fluchtgründe gab die Beschwerdeführerin an, dass die Frau, welche sie nach Europa geschleppt habe, nun in Griechenland in Haft sei und € 25.000 von ihr verlange. Sie sei von 2010 bis 2015 in Griechenland gewesen. Sie habe noch Freunde dort, mit denen sie in Kontakt sei. Von diesen wisse sie, dass die Frau, die im Gefängnis sitze, eben dieses Geld von ihr verlange. Wenn sie dies nicht aufbringen könne, sei ihr Leben in Gefahr. Die Kontakte dieser Frau würden sehr weit reichen, denn das Haus ihrer Familie in Nigeria sei abgebrannt worden und ihre Familie und auch Bekannte seien bedroht worden. Ihr Fluchtgrund, welchen sie bei der ersten Vernehmung angegeben habe, dass sie homosexuell sei, stimme nicht.
Am 09.03.2018 wurde die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Hinsichtlich ihrer Fluchtgründe gab die Beschwerdeführerin an, dass sie in Nigeria eine Modedesignerin gewesen sei und eine Frau ihr versprochen habe, dass sie in Europa als Schneiderin viel Geld verdienen könne. Diese Frau "XXXX", die in Nigeria geblieben sei, hätte eine Freundin gehabt, welche sie in Griechenland zur Prostitution gebracht habe. Das verdiente Geld sei durch XXXX an XXXX in Afrika geschickt worden. Sie hätte zu wenig verdient und XXXX hätte sie deswegen mit dem Umbringen bedroht. Vor zwei Jahren sei sie von XXXX telefonisch bedroht worden. Diese hätte ihre Nummer in Griechenland gehabt.
Mit dem Bescheid vom 15.06.2018, Zl. 1094697402/171362595, wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I. und II.). Zugleich erteilte sie der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde des Weiteren ausgesprochen, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht (Spruchpunkt VI.). Zudem verhängte die belangte Behörde über die Beschwerdeführerin ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.).
Gegen diese Entscheidung der belangten brachte die Beschwerdeführerin eine Beschwerde ein, welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.07.2018, Zl. I404 2168842-2/4E, abgewiesen wurde.
Am 29.01.2019 stellte die Beschwerdeführerin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen ihrer Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab die Beschwerdeführerin an, dass die Dame, welche sie nach Europa gebracht habe, mit Männern zu ihrer Familie gekommen sei und ihre Familie geschlagen habe. Ihre Mutter habe daraufhin einen Herzanfall erlitten. Die Dame hätte der Familie gedroht, dass sie die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr nach Nigeria töten würde. Die Beschwerdeführerin leide an Depressionen. Sie wisse seit Dezember 2018 von dieser Änderung.
Am 31.01.2019 übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin ein Parteiengehör zu dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Nigeria, zu welchem die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 07.02.2019 eine Stellungnahme erstattete.
In der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde vom 11.02.2019 führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie seit November 2015 in Österreich sei und sich seither durchgehend in Österreich aufgehalten habe. Nachgefragt, ob die Fluchtgründe aus dem ersten Verfahren noch aufrecht seien, gab die Beschwerdeführerin an, dass die Fluchtgründe nicht der Wahrheit entsprochen hätten: Die Frau, die sie nach Europa geschleppt und zur Prostitution gezwungen hätte, wolle sie umbringen. Diese Frau namens XXXX, welche in Nigeria sei, verlange von ihr € 25.000, wobei sie nur einen Teil der Geldsumme bezahlt habe. Diese Frau habe Männer zu ihr nach Hause geschickt und die Mutter der Beschwerdeführerin zusammengeschlagen. Die Mutter habe einen Herzanfall erlitten und könne nicht mehr gehen. Seitdem die Beschwerdeführerin aus Griechenland weggegangen sei, habe sie keinen Kontakt mehr mit XXXX.
Mit Verfahrensanordnung vom 11.02.2019 wurde der Beschwerdeführerin gemäß "§ 29 Abs. 3 AsylG und § 15a AsylG 2005" mitgeteilt, dass die belangte Behörde beabsichtige ihren Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen.
In der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde vom 13.02.2019 legte die Beschwerdeführerin im Beisein ihrer Rechtsberatung ergänzend dar, dass sie nicht in ihr Heimatland zurückkönne, da ihr Leben in Gefahr sei. Im Zuge der Einvernahme wurde eine Teilnahmebestätigung für einen Alphabetisierungskurs bzw. für einen Deutschkurs und ärztliche Unterlagen vorgelegt.
Im Anschluss wurde gegenüber der Beschwerdeführerin mit mündlich verkündetem Bescheid der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Dies wurde damit begründet, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert habe und die Beschwerdeführerin neue Fluchtgründe vorgebracht habe, welche bereits vor der Erstantragstellung bestanden hätten. Im Übrigen weise das Vorbringen keinen glaubhaften Kern auf. Auch die allgemeine Lage im Herkunftsland, ihre persönlichen Verhältnisse und ihr körperlicher Zustand hätten sich nicht entscheidungswesentlich geändert. Eine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG beschrieben, könne nicht angenommen werden.
Mit Schreiben vom 13.02.2019, eingelangt in der Außenstelle Innsbruck am 18.02.2019, informierte die belangte Behörde das Bundesverwaltungsgericht über die erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und übermittelte zugleich den Verwaltungsakt.
In der Beschwerdeergänzung vom 15.02.2019 wurde seitens der Beschwerdeführerin - durch ihre Rechtsvertretung - betont, dass die Beschwerdeführerin entgegen der Bestimmung des § 49 Abs. 2 BFA-VG nicht von einem Rechtsberater vor der einer Mitteilung nach § 29 Abs. 3 Z 3 bis 6 AsylG 2005 folgenden Einvernahme im Zulassungsverfahren über ihr Asylverfahren und ihre Aussichten auf Zuerkennung des Status der Asylberechtigten oder der subsidiär Schutzberechtigten beraten werden haben könne.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die volljährige Beschwerdeführerin ist nigerianische Staatsangehörige und somit Drittstaatsangehörige. Ihre Identität steht nicht fest.
Die Beschwerdeführerin ist ledig und befindet sich in einem arbeitsfähigen Alter. Sie leidet an keinen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten der Beschwerdeführerin in Österreich. Eine wesentliche Änderung des Privat- und Familienlebens ist folglich nicht erkennbar; eine besondere Aufenthaltsverfestigung, abgesehen von der Teilnahme an einem Alphabetisierungskurs und einem Deutschkurs, wurde nicht vorgebracht.
1.2. Der erste Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 15.11.2015 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 09.08.2017, Zl. 1094697402/151763773, sowie in der Folge mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.09.2017, Zl. I403 2168842-1/2E, negativ entschieden.
1.3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15.06.2018, Zl. 1094697402/171362595, wurde ein weiterer Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 07.12.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Zugleich erteilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde des Weiteren ausgesprochen, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht (Spruchpunkt VI.). Zudem verhängte die belangte Behörde über die Beschwerdeführerin ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.).
Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 15.06.2018 wurde mit Erkenntnis vom 25.07.2018, Zl. I404 2186842-2/4E, als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer verließ das Bundesgebiet seither nicht.
1.4. Im Asylantrag vom 29.01.2019 bringt die Beschwerdeführerin zwar vor, dass die Fluchtgründe nicht der Wahrheit entsprochen hätten und dass die Frau, welche sie nach Europa geschleppt und zur Prostitution gezwungen hätte, sie umbringen wolle. Diese Frau namens XXXX, welche in Nigeria sei, verlange von ihr € 25.000, wobei sie nur einen Teil der Geldsumme bezahlt habe. Bei diesem Vorbringen ist jedoch davon auszugehen, dass es sich um dieselben Asylgründe wie im Vorverfahren handelt, da die Beschwerdeführerin bereits im Rahmen ihres zweiten Asylverfahrens hinsichtlich des Asylantrages vom 07.12.2017 zu Protokoll gab, dass die Frau, welche sie zur Prostitution nach Europa gebracht habe, Geld von ihr verlange, sie mit dem Umbringen bedrohe und auch ihre Familie bedroht habe. Es sind also vor diesem Hintergrund die Angaben der Beschwerdeführerin in der Einvernahme vom 11.02.2019 so zu werten, dass die Fluchtgründe zwar aufrecht seien, aber eine Neuerung vorliege, da die Frau namens "XXXX" nunmehr Männer zu ihr nach Hause geschickt habe und die Familie zusammengeschlagen habe sowie gedroht habe, die Beschwerdeführerin bei ihrer Rückkehr zu töten. Dieses Vorbringen stellt kein neues Fluchtvorbringen dar.
1.5. Im Hinblick auf die allgemeine Lage in Nigeria ist seit Abschluss des Vorverfahrens keine maßgebliche Änderung eingetreten.
1.6. Der Folgeantrag wird daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der Verfahrensgang und der festgestellte maßgebliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt den vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde sowie aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde.
Dass die Beschwerdeführerin an keinen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, wurde festgestellt, da die Beschwerdeführerin in ihren Befragungen lediglich angab, an einer Depression zu leiden, ohne dass hierzu eine ärztliche Bestätigung vorgelegt wurde, und da auch im Rahmen einer fachärztlichen Untersuchung aufgrund einer Fiebers und Hustens keine schwerwiegenden Erkrankungen festgestellt worden sind.
In Bezug auf das Privat- und/oder Familienleben der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet sind im Sinne des Akteninhaltes keine entscheidungsrelevante Änderung des Sachverhaltes erkennbar ist. Gegenteiliges wurde von der Beschwerdeführerin auch in ihren Einvernahmen nicht angegeben.
2.3. Die Feststellungen zum Verfahren betreffend den ersten und den zweiten Asylantrag wurden dem diesbezüglich vorgelegten Behördenakt entnommen.
Die Angaben der Beschwerdeführerin zum Asylantrag vom 29.01.2019 und zur niederschriftlichen Einvernahme vom 11.02.2019 bzw. vom 13.02.2019 ergeben sich aus dem im Akt der belangten Behörde einliegenden Niederschriften. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass die Frau namens "XXXX", welche sie zur Prostitution in Europa gezwungen habe, nunmehr in Nigeria Männer zu ihr nach Hause geschickt und die Familie zusammengeschlagen sowie gedroht habe, die Beschwerdeführerin bei ihrer Rückkehr zu töten, ergänzt lediglich den bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren vorgebrachten Fluchtgrund der Verfolgung durch die Frau namens "XXXX", welche sie zur Prostitution gezwungen habe. Bereits im Vorverfahren gab die Beschwerdeführerin an, dass diese Frau die Beschwerdeführerin zur Prostitution nach Europa verschleppt habe und Geld von ihr verlange.
2.4. Die Sachverhaltsfeststellungen zur Situation in Nigeria ergeben sich aus der Aktenlage. Die die Beschwerdeführerin betreffende Sicherheitslage im Herkunftsstaat wurde eingehend im rechtskräftig entschiedenen Verfahren erörtert und abgewogen und ist daher aufgrund der zeitlichen Nähe zum gegenständlichen Verfahren von ausreichender Aktualität auszugehen. Eine neuerliche nähere Überprüfung konnte daher unterbleiben.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss.
3.2. Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:
3.2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
§12a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG 2005 idgF lauten:
(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,
3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und
4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 idgF lautet:
Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
§ 22 BFA-VG lautet:
(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.
3.2.2. Zu den Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005, auf den gegenständlichen Fall bezogen, im Detail:
Das Verfahren über den ersten Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 15.11.2015 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.09.2017, Zl. I403 2168842-1/2E, rechtskräftig abgeschlossen. Das Verfahren über den zweiten Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 07.12.2017 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.07.2018, Zl. I404 2168842-2/4E, rechtskräftig abgeschlossen. Beim Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 29.01.2019 handelt es sich somit um einen weiteren Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005.
Aufrechte Rückkehrentscheidung
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.09.2017, Zl. I403 2168842-1/2E, bzw. mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.07.2018, Zl. I404 2168842-2/4E, wurden die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 09.08.2017 bzw. vom 15.06.2018 im ersten bzw. im zweiten Asylverfahren abgewiesen. Es liegt somit kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 vor.
Das Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung ist notwendiges Tatbestandselement des § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005. Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüberhinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Da die Beschwerdeführerin nach ihren eigenen Angaben seit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens Österreich nicht verlassen hat, ist die Ausweisung gegen sie weiterhin aufrecht.
Res iudicata
Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ("wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist") verweist der VwGH in seiner jüngsten Entscheidung vom 19.12.2017, Ra 2017/18/0451, auf die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) und führt aus, dass "eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags" zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für "klar missbräuchliche Anträge" beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat.
Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern.
Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 29.01.2019 ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.
Die Beschwerdeführerin hat im gegenständlich dritten Rechtsgang anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde erklärt, dass es nur insofern eine Änderung gegeben habe, als dass die Frau namens XXXX, die sie zur Prostitution gezwungen habe, nunmehr das Haus der Familie in Nigeria aufgesucht, mit Männern die Familie zusammengeschlagen und gedroht habe, die Beschwerdeführerin umzubringen. Sie wiederholte in der Einvernahme vom 11.02.2019, dass sie von einer Frau namens XXXX zur Prostitution nach Europa verschleppt worden sei und sie dieser Frau Geld schulde. Das Fluchtvorbringen entspricht sohin dem Fluchtvorbringen im Rahmen der Zweitantragstellung.
Auch die Situation in Nigeria hat sich seit dem Vorbescheid nicht geändert. Es gab diesbezüglich auch kein Vorbringen der Beschwerdeführerin.
Es ist daher davon auszugehen, dass sein neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.
Verletzungen der EMRK
Im ersten bzw. zweiten Verfahrensgang hat die belangte Behörde bereits ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für sie als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG). In der Begründung des Bescheides der belangten Behörde wird ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin keine konkrete Gefährdung ihrer Person geltend gemacht habe. Es sei nicht anzunehmen, dass sie im Falle einer Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein würde. Auch aus der allgemeinen Situation im Heimatland bzw. der zu erwartenden Rückkehrsituation alleine ließe sich eine solche nicht ableiten.
Auch im nunmehr dritten Asylverfahren vor der belangten Behörde sind bis dato keine Risiken für die Beschwerdeführerin im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine wesentlichen in der Person der Beschwerdeführerin liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens der Beschwerdeführerin wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hierzu getätigt bzw. keine medizinischen Befunde zum Beleg einer schwerwiegenden Erkrankung vorgelegt.
Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12 a Abs. 2 AsylG durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt; es wurde der Beschwerdeführerin Parteiengehör eingeräumt, sie wurde einvernommen. Auch die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin wurde zu sämtlichen Einvernahmen der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde geladen. Hinsichtlich des Vorbringens in der Beschwerdeergänzung, dass es die belangte Behörde rechtswidriger Weise unterlassen habe, der Beschwerdeführerin eine Rechtsberatung für die Einvernahme am 11.02.2019 beizustellen, ist auszuführen, dass die Beschwerdeführerin - laut eigenen Aussagen - zu diesem Zeitpunkt rechtsvertreten war, die Rechtsvertretung jedoch an der Teilnahme der Einvernahme verhindert war (vgl. S. 2, Protokoll vom 11.02.2019).
3.2.3. Im Lichte des § 22 BFA-VG war es nicht notwendig, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
3.2.4. Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorgelegen sind, ist der dazu mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 13.02.2019 rechtmäßig erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an eine Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Da die in der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen klar sind und keiner Auslegung bedürfen, geht das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I420.2168842.3.00Zuletzt aktualisiert am
11.06.2019