TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/11 W192 2204572-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.04.2019
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Entscheidungsdatum

11.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W192 2204572-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.12.2017, Zahl 1169892402-171114915, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 i. d. g. F., §§ 9, 18Abs. 1 Z 1 BFA-VG i. d. g. F. und § 52, 55 FPG i. d. g. F. als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Georgiens, stellte am 29.09.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, zu welchem er am selben Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt wurde. Der Beschwerdeführer gab an, er gehöre der Volksgruppe der Kurden an, sei Zeuge Jehovas, habe im Herkunftsstaat neun Jahre die Grundschule besucht und sei als Gelegenheitsarbeiter tätig gewesen. Im Herkunftsstaat würden sich seine Eltern und eine Schwester aufhalten, eine weitere Schwester lebe in Russland. Der Beschwerdeführer sei mit seinem eigenen Reisepass legal nach Österreich eingereist und habe den Reisepass irgendwo in Wien verloren.

Er habe den Herkunftsstaat verlassen, weil er als Taxifahrer von einem anderen Autolenker angefahren worden sei. Die Polizei habe den Unfall aufgenommen und der andere Unfalllenker habe für den Schaden aufkommen müssen und sei von der Polizei angezeigt worden. Danach sei der Beschwerdeführer von Familienangehörigen des anderen Lenkers wegen der Schadensforderung ständig verfolgt und auch geschlagen worden. Er sei deshalb zur Polizei gegangen und habe Anzeige erstattet. Die Angelegenheit sei jedoch nicht aufgenommen worden, da der andere Unfalllenker sehr viele Freunde in Polizeikreisen habe. Der Beschwerdeführer habe den Beruf als Taxilenker nicht mehr ausüben dürfen und nicht mehr friedlich leben können. Der Einfluss dieser Leute sei so groß gewesen, dass er ein Georgien nirgends Fuß fassen konnte. Deshalb habe das Land verlassen. Im Falle einer Rückkehr befürchtete Beschwerdeführer verfolgt und geschlagen zu werden und könne sich nicht frei bewegen.

Der Beschwerdeführer legte seinen georgischen Personalausweis vor.

Am 10.10.2017 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Der Beschwerdeführer gab an, nicht in ärztlicher Behandlung zu stehen und keine Familienangehörigen in Österreich zu haben. Der Beschwerdeführer brachte vor, er habe den Herkunftsstaat wegen politischer Verfolgung wegen der korrupten Polizei verlassen. Er sei als Taxifahrer schuldlos in einen Unfall mit einem anderen Fahrzeug verwickelt worden. Er habe eine Platzwunde erlitten und die Rettung angerufen und es sei auch zufällig ein Fahrzeug der Polizei vorbeigekommen, wobei auch noch weitere Polizeiautos verständigt worden seien. Es seien 7 bis 8 Polizeiautos vor Ort gewesen. Die Mitarbeiter der Rettung hätten gesagt, der Beschwerdeführer müsse in ein Krankenhaus gebracht werden, um die Wunden zu nähen, ab. Die Polizisten seien Freunde des Unfallgegners gewesen und hätten zur Rettung gesagt, dass die Wunden nicht so schlimm wären und der Beschwerdeführer eine Gerichtsverhandlung und eine Gefängnisstrafe verdient hätte. Die Mitarbeiter der Rettung hätten dann nur die Wunden desinfiziert und seien wieder gefahren. Danach seien 20 Männer gekommen, die Freunde des Unfallgegners gewesen sein und hätten gesagt, dass sie den Beschwerdeführer verprügeln würden. Dieser habe sich an die Polizei gewendet und um Hilfe gebeten, aber diese Männer seien auch gegenüber der Polizei aggressiv gewesen, hätten die Beamten beschimpft und einen Polizisten verletzt. Darauf hätten die Beamten die Kriminalpolizei verständigt und dem Beschwerdeführer gesagt, er solle sich in das Polizeiauto setzen, damit ihm nichts passiere. Die Freunde des Unfallgegners hätten den Beschwerdeführer bedroht und die Polizisten hätten dann die 20 Männer vertrieben. In einem Gespräch mit dem Unfallgegner habe dieser den Beschwerdeführer gebeten, den Unfall nicht anzuzeigen, da eine solche Strafsache mit Gefängnis bedroht sei und habe dem Beschwerdeführer versprochen, die Reparaturkosten zu übernehmen. Der Beschwerdeführer habe ihm vorgeschlagen, das beschädigte Auto zu verkaufen und der Unfallgegner solle den Restwert "übernehmen". Dieser habe darauf bestanden, das Auto zu reparieren, weil er Bekannte habe, die eine Werkstatt besitzen. In weiterer Folge habe der Unfallgegner den Beschwerdeführer mit falschen Versprechungen hingehalten, bis er ihn eines Tages nicht mehr erreichen habe können. Der Beschwerdeführer habe bei der "Unfallabteilung" die Dokumente über den Vorfall als Beweis fotografieren können und damit die Identität und Adresse des Unfallgegners erhalten. Er sei an dessen Adresse gefahren, habe diesen jedoch nicht angetroffen. Später habe der Unfallgegner den Beschwerdeführer angerufen und aufgefordert, zu seiner Arbeitsstelle zu fahren, weil er ihm dort das Geld geben würde. Er habe weiters gesagt, dass nie mehr wieder zu seiner Wohnung gehen solle. Der Beschwerdeführer habe an der Arbeitsstätte des Beschwerdeführers kein Geld erhalten, sondern sei vom Unfallgegner aufgefordert worden, am nächsten Morgen zu einem Markt zu kommen, wo er ihm neue Autoteile besorgen würde. Er habe dann nur wenige Teile gekauft und den Beschwerdeführer aufgefordert, das Auto zu seinen Bekannten zu bringen, die es reparieren würden. Das Auto sei nicht repariert worden und der Unfallgegner habe seinen Autoschlüssel verschwinden lassen. Der Beschwerdeführer habe niemanden erreicht. Er habe sein Auto in der Nähe der Werkstatt, in nicht repariertem Zustand auf der Straße gefunden. 20 Tage später habe er vom Chef der Werkstatt die Fahrzeugschlüssel erhalten und das Fahrzeug woanders reparieren lassen. Danach habe er wieder als Taxifahrer gearbeitet. Drei Tage später habe er einen Auftrag bekommen und sei auf der Fahrt um 03:00 Uhr von vier Männern angehalten und bei einer Tankstelle geschlagen worden. Der Chef der Taxi-Firma sei dort gewesen, aber habe dem Beschwerdeführer nicht helfen können Dieser habe andere Taxifahrer gerufen und auch Passanten hätten ihm helfen wollen. Die Täter hätten auch das Auto des Beschwerdeführers schwer beschädigt. Der Chef der Tankstelle habe den Beschwerdeführer aufgefordert, wegzulaufen und dieser sei weggelaufen. Der Beschwerdeführer habe dann die Polizei verständigt, die sofort gekommen sei und dem Beschwerdeführer gesagt habe, dass sie die Täter festgenommen hätten. Sie hätten den Beschwerdeführer aufgefordert, mit ihnen zur Tankstelle zu fahren. Es sei zu einer Einvernahme auf der Dienststelle gekommen, wobei alles protokolliert worden sei. Die Täter hätten zur Polizei gesagt, ob die Beamten nicht wüssten, wer ihre Väter seien und dass sie Probleme bekommen würden. Nach 10 Minuten sei ein hoher Beamter gekommen, der mit dem Chef der Polizei sprechen habe wollen. Danach sei die Mutter eines der Täter gekommen, die auch eine hohe Beamtin gewesen sei. Es seien noch andere Verwandte der Täter gekommen, die in führenden Positionen der Polizei gearbeitet hätten. Alle hätten die Täter mit den Worten beruhigt, dass sie gleich entlassen würden. Der Beschwerdeführer sei danach von Beamten in ein Zimmer geführt worden, die ihm erklärt hätten, er solle seine Aussage ändern und solle sagen, dass ihn nur zwei und nicht vier Männern verprügelt hätten. Die anderen zwei hätten einflussreiche Verwandte, mit denen man sich nicht "anlegen" sollte. Der Beschwerdeführer habe sich geweigert und habe bis zum nächsten Morgen dortbleiben müssen. Am nächsten Tag hätte sein Auto begutachtet und auch der Beschwerdeführer selbst sei medizinisch untersucht werden sollen. Die Polizei hätten den Beschwerdeführer zu einem nicht objektiven Arzt gebracht, der falsche Protokolle verfasst habe. Er habe die meisten der Verletzungen nicht protokolliert. Danach sei das Auto begutachtet und der Schaden eingeschätzt worden. Der Beschwerdeführer habe am nächsten Tag wieder als Taxifahrer gearbeitet und sei dann aufgefordert worden, wieder auf die Polizeidienststelle zu kommen. Dort habe man ihm gesagt, dass er seine Aussage dahingehend ändern soll, dass er nur von einem Mann verprügelt worden sei, da ein Angriff von zwei Personen eine kriminelle Vereinigung darstellen würde. Ein Freund des Beschwerdeführers, der Anwalt sei, habe ihm gesagt, er solle einen Rechtsanwalt nehmen. Daraufhin hätten die Polizisten den Beschwerdeführer erpresst, er solle die neue Aussage unterschreiben, sonst würde man ihn festnehmen und ihm sein Mobiltelefon abnehmen. Der befreundete Rechtsanwalt habe den Beschwerdeführer gesagt, sie dürften ihn nicht festnehmen, daraufhin hätten die Polizisten gesagt, der Beschwerdeführer solle später mit seinem Anwalt kommen. Der Beschwerdeführer sei dann zu einer kostenlosen Rechtsberatung gegangen und der Anwalt habe ihm mitgeteilt, dass er richtig gehandelt habe, weil eine Falschaussage in Georgien mit Haft bestraft werde. Nach drei Tagen sei der Beschwerdeführer mit seiner Rechtsanwältin zur Polizei gegangen, wo er draußen gewartet habe. Die Anwältin habe mit führenden Beamten gesprochen und ihm dann gesagt, der Beschwerdeführer solle nie wieder ohne sie mit den Beamten reden. Sie habe ihm mitgeteilt, dass seine Situation sehr schlecht aussehe, weil seine Aufzeichnungen gelöscht worden seien. Wenn er unterschreibe, würde er wegen Falschaussage verurteilt und wenn nicht, würden alle gegen ihn aussagen und es gebe eine Strafe wegen Täuschung. Der Beschwerdeführer habe dann herausgefunden, dass sein Chef, der auch bei der Tankstelle gewesen sei, gegen den Beschwerdeführer ausgesagt habe. Dieser habe sich dann beim Beschwerdeführer entschuldigt und ihm gesagt, dass er genötigt worden wäre. Am Schluss habe der Anwalt des Beschwerdeführers einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens vorgeschlagen, wodurch der Beschwerdeführer auf alle Ansprüche verzichtet hätte. Der Beschwerdeführer habe daraufhin zu einer Gegenüberstellung gegen sollen und sei durch seine Anwältin aufgefordert worden, vorsichtig zu sein und keine falsche Person zu beschuldigen, wodurch er sich strafbar machen würde. Bei der Gegenüberstellung sei keiner der Täter dabei gewesen und die Beamten hätten den Beschwerdeführer nötigen wollte, eine der Personen auszuwählen. Die Polizisten hätten den Beschwerdeführer in Anwesenheit der Anwältin nichts tun können, aber hätten gedroht, in Zukunft mit ihm "abzurechnen". Der Polizeichef habe zum Beschwerdeführer gesagt, er hätte sich Verletzungen selbst zugefügt und die anderen falsch beschuldigt. Alle Bekannten und die Anwältin hätten den Beschwerdeführer geraten, die Abmachung zu unterschreiben, weil er dann Georgien jederzeit verlassen könne. Der Beschwerdeführer sei von den Tätern wie auch von der Polizei verfolgt worden. Er habe dann sein Auto verkauft und große Angst gehabt und habe die Wohnung für zwei oder drei Wochen nicht verlassen. Dann habe er aus Angst Georgien verlassen. Der Autounfall habe sich am 01.06.2017 ereignet und er sei seit diesem Tag von den Leuten bedroht worden. Zuletzt sei der Beschwerdeführer bedroht worden, kurz bevor er die Absprache unterschrieben habe. Es sei zu drei Übergriffen auf ihn am 01.07.2017 gekommen, danach habe es nur mehr Drohungen gegeben.

Der Beschwerdeführer legte ein Konvolut von Fotos und Dokumenten betreffend den behaupteten Verkehrsunfall vor, die über das Mobiltelefon übermittelt wurden.

In einer Nachricht seines Rechtsvertreters vom 20.11.2017 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er im Flüchtlingsquartier sehr beliebt sei und dort viele ehrenamtliche Tätigkeiten durchführe. Weiters wurde mitgeteilt, dass dieser Tage ein unbekannter Mann bei der Mutter des Beschwerdeführers in Georgien nach dem Beschwerdeführer gefragt habe, wobei er dafür den Grund nicht angeben habe wollen. Die Mutter habe diesen "Besuch" äußerst mysteriös erlebt. Beantragt würden fallbezogenen Recherchen zum Beweis dafür, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers wahr sei.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt, gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde werde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt Spruchpunkt V.).

Die Behörde stellte die Identität, Staatsbürgerschaft, Volksgruppenzugehörigkeit und Religion des Beschwerdeführers fest und führte begründend weiter aus, dass der Beschwerdeführer in Georgien keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt sei. Die vorgelegten Beweismittel würden nur darüber Aufschluss geben, dass der Beschwerdeführer einen Verkehrsunfall gehabt hätte, wie er überall in der Welt passieren könne und dieser auch von der Polizei aufgenommen worden wäre. Von der beschriebenen Korruption bei Polizei und Behörden seien alle Bürger und Schichten eines Staates betroffen und dies sei nicht asylrelevant. Die Angaben, dass der Beschwerdeführer vom Unfallgegner sowie dessen Freunden bedroht und geschlagen worden sei, könne überall passieren, wobei in solchen Situationen der Stadt verantwortlich sei, seine Bürger zu schützen. Dem komme der georgische Staat auch nach, was man auch von einem Staat, der als sicherer Herkunftsstaat eingestuft sei, erwarten könne. Das gesamte Vorbringen werde vor allem durch den Hintergrund des sicheren Herkunftsstaates seitens der Behörde als nicht glaubhaft angesehen. Es sei wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer Georgien aus wirtschaftlichen Gründen mit dem Wunsch auf Verbesserung seiner Lebensumstände verlassen habe.

Für den Beschwerdeführer bestehe keine Rückkehrgefährdung und er sei als junger und arbeitsfähiger Mensch in der Lage, in der Heimat ein adäquates Leben zu führen. Angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens familiärer oder sonstiger Anknüpfungspunkte in Österreich bilde die Rückkehrentscheidung keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Achtung des Privat-und Familienlebens.

Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde sei abzuerkennen, da der Beschwerdeführer aus einen sicheren Herkunftsstaat stamme. Daher sei der Beschwerdeführer auch zur unverzüglichen Ausreise verpflichtet.

3. Gegen diesen, dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 02.08.2018 zugestellten, Bescheid brachte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28.08.2018 Beschwerde ein. Begründend wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer seitens der georgischen Polizei und Justiz massiven Verfolgungshandlungen ausgesetzt sei. Die Behörde habe die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Wesentlichen auf widersprüchliche Angaben des Beschwerdeführers bei der Einvernahme im Vergleich zur polizeilichen Erstbefragung sowie den Umstand herangezogen, dass Georgien ein sicherer Herkunftsstaat sei. Aus dem Protokoll der Einvernahme sei eindeutig zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer zu fluchtauslösenden Vorfällen konkrete und plausible Angaben getätigt habe. Die Stützung der Beurteilung der Angaben des Beschwerdeführers als unglaubwürdig auf den Umstand, dass Georgien ein sicherer Herkunftsstaat sei, könne eine einzelfallbezogene Prüfung nicht ersetzen und es lägen massive Begründungsmangel vor. Weiters sei der Beschwerdeführer im Heimatsstadt entwurzelt, habe keinen familiären Rückhalt und sei auch wegen der schlechten Sicherheitslage gefährdet.

Auch hinsichtlich des Privat-und Familienlebens des Beschwerdeführers sei eine nur unzureichende Berücksichtigung erfolgt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat der vorliegenden Beschwerde mit Beschluss vom 31.08.2018 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Durch die Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.09.2018 wurde die vorliegende Rechtssache der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

4. Am 27.12.2018 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung zurückführt, an welcher der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter teilnahmen, während das BFA auf eine Teilnahme verzichtete. Dabei wurde der Beschwerdeführer zu seinen persönlichen Verhältnissen und den behaupteten Gründen seiner Ausreise einvernommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer hat die im Spruch angeführte Identität, ist Staatsangehöriger von Georgien und Angehöriger der jesidischen Volksgruppe. Der Beschwerdeführer hat im Herkunftsstaat neun Jahre lang die Schule besucht und war beruflich als Kranarbeiter, bei Renovierungsarbeiten, als Heizkörperspezialist und als Taxifahrer tätig.

Der Beschwerdeführer hat den Herkunftsstaat verlassen, um in Europa bessere Lebensbedingungen vorzufinden. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund von Versuchen, bei einem Verkehrsunfall erlittene Sachschäden an seinem Fahrzeug ersetzt zu erhalten, einem konkreten Risiko unterliegt, Verfolgungshandlungen seitens des Verursachers des Verkehrsunfalles oder seitens anderer diesem Verursacher nahestehender Personen (darunter Polizeibedienstete) zu erleiden, oder dass ihm in Bezug auf eine entsprechende Bedrohung, so sie tatsächlich stattgefunden hätte, eine Inanspruchnahme der staatlichen Schutzmechanismen Georgiens nicht möglich wäre. Es kann auch sonst nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Georgien aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

Es besteht für den Beschwerdeführer als alleinstehenden gesunden leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf im Falle einer Rückkehr nach Georgien keine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, welche im Herkunftsstaat keiner adäquaten Behandlung zugänglich wären. Dieser liefe auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer verfügt in Georgien unverändert über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte (Mutter, Großmutter, Schwester) und könnte wie vor seiner Ausreise in der Eigentumswohnung seiner Familie Unterkunft finden.

Der unbescholtene Beschwerdeführer bestritt seinen Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung und ging keiner Erwerbstätigkeit oder ehrenamtlichen Tätigkeit nach. Er hat Deutschkurse besucht aber keinen Nachweis über bereits vorhandene Deutschkenntnisse oder anderweitige Integrationsbemühungen vorgelegt. Er hat im Bundegebiet zwar einen Freundeskreis, aber keine Familienangehörigen oder sonstigen engen sozialen Bindungen.

Der Beschwerdeführer ist am 28.03.2019 im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr aus dem Bundesgebiet nach Georgien ausgereist.

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 25.6.2018, Regierungsumbildung (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage).

Am 13.6.2018 erklärte Premierminister Giorgi Kvirikashvili seinen Rücktritt. Als Grund wurden Meinungsverschiedenheiten mit dem Parteivorsitzenden Ivanishvili genannt, der am 11.5.2018 das Amt des Parteivorsitzenden des "Georgischen Traums" von Kvirikashvili übernommen hatte und damit in die Politik Georgiens zurückgekehrt war. Begleitet war Kvirikashvilis Rücktritt zudem von Massenprotesten (RFE/RL 20.1.2018, vgl. civil.ge 20.6.2018).

Das georgische Parlament hat am 20.6.2018 den bisherigen Finanzminister Mamuka Bakhtadze zum neuen Premierminister von Georgien gewählt und das von ihm vorgeschlagene Kabinett als Übergangsregierung bestätigt. Die parlamentarische Opposition blieb der Abstimmung geschlossen fern. Aus den eigenen Reihen erhielt Bakhtadze sechs Gegenstimmen, bei 99 Ja-Stimmen. Bakhtadze kündigte an, dass das neue Kabinett geschlossen an einem Neuzuschnitt einiger Ressorts und damit auch einer Verringerung der Zahl der Ministerien arbeiten werde (GA 21.6.2018, vgl. RFE/RL 20.6.2018). Überdies betonte Bakhtadze, dass er die Bestrebungen nach einer Mitgliedschaft sowohl in der NATO als auch der EU fortsetzen werde (RFE/RL 20.6.2018).

Quellen:

* Civil.ge (20.6.2018): Bakhtadze's Cabinet Wins Confidence, https://civil.ge/archives/244788, Zugriff 25.6.2018

* GA - Georgien aktuell (21.6.2018): Mamuka Bakhtadze zum Premierminister von Georgien gewählt, http://georgien-aktuell.info/de/politik/article/13762-premierminister, Zugriff 25.6.2018

* RFE/RL - Radion Free Europe/Radio Liberty (20.1.2018): Georgian Parliament Approves Bakhtadze As Prime Minister, https://www.rferl.org/a/georgia-parliament-approves-bakhtadze-as-prime-minister/29307191.html, Zugriff 25.6.2018

Politische Lage

Im Jahr 2017 begann Georgien mit einer grundlegenden Reform der Verfassung, mit welcher der Übergang von einem gemischten zu einem parlamentarischen System abgeschlossen wurde. Die Reform, die insgesamt positiv von der Venediger-Kommission des Europarates bewertet wurde, zielt darauf ab, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu festigen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Grundrechte beruht. Der vom Parlament angenommene Entwurf wurde von der Opposition nicht unterstützt, weil vor allem das rein-proportionale Wahlsystem erst bis 2024 eingeführt werden soll. NGOs und Oppositionsparteien sahen den Entscheidungsprozess als nicht inklusiv und zu voreilig (EC 9.11.2017).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wird durch Direktwahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Der Präsident ernennt den Premierminister, der vom Parlament ernannt wird. Nach den im Jahr 2017 beschlossenen Verfassungsänderungen wird der Präsident indirekt von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt, wobei diese Änderungen erst nach der Wahl 2018 wirksam werden (FH 1.2018). Nach der geänderten Verfassung wird Georgien ab 2024 auf ein Verhältniswahlsystem mit einer Fünf-Prozent-Hürde umstellen. Ab 2025 wird der Präsident nicht mehr vom Wahlvolk, sondern von einem speziellen Gesetzgebungsrat gewählt (RFE/RL 20.10.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen 2013 gewann Giorgi Margvelashvili, ein von der Partei "Georgischer Traum" unterstützter unabhängiger Kandidat, 62% der Stimmen, vor dem Kandidaten der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM), David Bakradze, der 22% gewann. Während Beobachter über einige Verstöße berichteten, bezeichneten sie den Wahlgang als kompetitiv und und vertrauenswürdig und lobten dabei die Zentrale Wahlkommission für ihre Professionalität. Giorgi Kvirikashvili von der Partei Georgischer Traum kehrte nach den Parlamentswahlen 2016 als Premierminister zurück; er war seit Ende 2015 in dieser Funktion tätig (FH 1.2018).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR 30.10.2016).

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017). Die Wahl verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Die Menschen sind in der Regel in der Lage, politische Parteien zu gründen und ihre eigenen Kandidaturen mit wenig Einmischung durch Dritte umzusetzen. Allerdings hat ein Muster der Einparteiendominanz in den letzten zehn Jahren die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt. Die Partei Georgischer Traum dominiert den politischen Raum. Entscheidend dafür ist die Rolle von Ivanishvili, dem Schöpfer und Finanzgaranten der Partei, der maßgeblichen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung in Georgien hat. Die finanziellen und geschäftlichen Interessen von Ivanishvili sind auch im politischen Bereich von großer Bedeutung (FH 1.2018).

Quellen:

* Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622, Zugriff 26.3.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-Operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (13.11.2017):

Election Observation Mission Georgia, Local Elections, Second Round, 12 November 2017,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/356146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (20.10.2017): Georgia's President Reluctantly Signs Constitutional Amendments, 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (12.11.2017): Georgians

In Six Municipalities Vote In Local Election Runoffs, https://www.rferl.org/a/georgia-local-elections-second-round/28849358.html, Zugriff 26.3.2018

* Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren,

http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 26.3.2018

* Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50,

http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html, Zugriff 26.3.2018

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Georgien hat sich seit der militärischen Auseinandersetzung zwischen georgischen und russischen Truppen vom August 2008 weitgehend normalisiert. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Im Gali-Distrikt Abchasiens kommt es immer wieder zu Schusswechseln, Entführungen und anderen Verbrechen mit teilweise kriminellem Hintergrund. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien und Georgien nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gilt im Falle Südossetiens. In den städtischen Zentren kann es gelegentlich zu Demonstrationen und Protestaktionen kommen, vor allem im Zusammenhang mit Wahlen. Straßenblockaden und Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften sind nicht ausgeschlossen. Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 6.6.2018).

Die Kriminalitätsrate ist in Georgien in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auto- und andere Diebstähle sowie Einbrüche kommen vor, und sind gelegentlich von Gewalt begleitet. Übergriffe gegen Personen, die sich in der Öffentlichkeit als homosexuell zu erkennen geben, können vorkommen (AA 6.6.2018a, vgl. EDA 6.6.2018).

Bei einem Anti-Terroreinsatz in Tiflis sind am 22.11.2017 ein Polizist und drei mutmaßliche Terroristen getötet worden. Mehrere mutmaßliche Anhänger einer terroristischen Gruppe hatten sich der Festnahme widersetzt, indem sie das Feuer mit automatischen Waffen eröffneten und Handgranaten auf die Anti-Terror-Einheit warfen (Standard 23.11.2017). Einer der getöteten Terroristen war offenbar Achmed Tschatajew, ein tschetschenischer Befehlshaber des sog. Islamischen Staates (IS), der den georgischen Behörden bekannt war. Tschatajew stand seit 2015 auf der Terroristenliste der Vereinigten Staaten von Amerika und wurde auch von Russland und der Türkei wegen der Organisation des tödlichen Bombenanschlags auf den Flughafen von Istanbul im Juli 2016 gesucht. Die Prognose, dass sich die terroristische Bedrohung in Georgien auf die einheimischen und zurückkehrenden Kämpfer verlagert hat, wurde durch die Operation in Tiflis drastisch bestätigt (Jamestown 29.11.2017, GA 1.12.2017):

Die EU unterstützt aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die Krise in Georgien und die EU-Beobachtermission (EUMM), die zu Stabilität und Frieden beitragen. Georgien hat sich weiterhin den internationalen Gesprächen in Genf verschrieben. Der sog. "Incident Prevention Mechanisms (IPRM)", der 2009 geschaffen wurden, um Risiko- und Sicherheitsfragen zu erörtern, die die Gemeinden in Abchasiens bzw. Südossetiens betreffen, und die EUMM-Hotline arbeiten weiterhin effizient als wesentliche Instrumente, um lokale Sicherheitsfragen anzugehen und, um die weitere Vertrauensbildung zwischen den Sicherheitsakteuren zu fördern (EC 9.11.2017).

Anfang März 2018 wiederholte Premierminister Giorgi Kvirikashvili Georgiens Interesse, bei den internationalen Gesprächen in Genf konkrete Fortschritte zu erzielen. Hierzu erklärte er sich auch bereit, in einen direkten Dialog mit Vertretern der separatistischen Regionen Abchasien und Südssetien zu treten (Jamestown 26.3.2018, vgl. Civil.ge 9.3.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (6.6.2018a): Landesspezifische Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/georgien-node/georgiensicherheit/201918#content_0, Zugriff 6.6.2018

* Civil.ge (9.3.2018): Prime Minister Appeals to Russian Authorities, Offers Direct Dialogue with Sokhumi, Tskhinvali, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30935&search, Zugriff 12.4.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (6.6.2018): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 6.6.2018

* GA - Georgien aktuell (1.12.2017): Anti-Terror-Einsatz: getötete Terroristen offenbar illegal ins Land gekommen, http://georgien-aktuell.info/de/politik/innenpolitik/article/13430-illegal, Zugriff 9.4.2018

* Jamestown (26.3.2018): Georgian Government Insists on Direct Talk With Moscow-Backed Separatists, https://jamestown.org/program/georgian-government-insists-direct-talk-moscow-backed-separatists/, Zugriff 12.4.2018

* Jamestown (29.11.2017): Special Operation in Tbilisi Highlights Risk of Terrorism by Returning Fighters in Georgia, https://jamestown.org/program/special-operation-tbilisi-highlights-risk-terrorism-returning-fighters-georgia/, Zugriff 9.4.2018

* Der Standard (23.11.2017): Vier Tote bei Anti-Terror-Einsatz in Tiflis,

https://derstandard.at/2000068329714/Vier-Tote-bei-Anti-Terror-Einsatz-in-Tiflis, Zugriff 9.4.2018

Regionale Problemzone: Abchasien

Abchasien (ca. 200.000 Einwohner) hat sich - unterstützt von Russland - als unabhängig erklärt und sucht die weitere Annäherung an Russland. Die Regierung in Tiflis hat keine Verwaltungshoheit über das Gebiet, in denen sich ein de-facto politisches System mit Regierung, Parlament und Justiz etabliert hat. Eigene Streitkräfte, unterstützt durch russisches Militär sichern die zunehmend von ihnen befestigte Verwaltungsgrenze zu Georgien. Diese ist nur zu sehr geringem Maße für Einwohner der Gebiete durchlässig. Militärische Auseinandersetzungen gibt es seit 2008 jedoch nicht mehr. Das Recht auf Rückkehr der vertriebenen Georgier wird von den abchasischen de facto-Behörden verwehrt. Nur der Verwaltungskreis Gali im südlichen Teil Abchasiens, nahe dem georgischen Hauptterritorium, ist noch stark georgisch/megrelisch besiedelt. Es liegen Hinweise vor, dass Bewohner dieses Gebiets bzw. Angehörige der georgischen/megrelischen Bevölkerung in Abchasien staatlich benachteiligt werden (z.B. beim Erwerb von Passdokumenten und damit Freizügigkeit, Ausübung des Stimmrechts bei de facto-Präsidentschaftswahlen 2014, Besetzung öffentlicher Stellen, Zugang zu Bildung und Gesundheitsfürsorge, Ermöglichung von "Grenz"-Übertritten nach Georgien, Arbeitserlaubnis). Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um sie zum Verlassen zu bewegen. Von Abchasien aus war es bislang gängige Praxis, dass Kinder ethnischer Georgier die Administrative Boundary Line (ABL) zum Schulbesuch auf dem georgischen Hauptterritorium regelmäßig überqueren konnten. Nach der Schließung von mittlerweile drei der fünf offiziellen Übergangsstellen verlängert sich der tägliche Schulweg aber so sehr (z.T. ca. 100 km einfach), dass diese Möglichkeit inzwischen kaum noch genutzt wird (AA 11.12.2017).

Die abchasische Regierung ist finanziell von Russland abhängig, das eine militärische Präsenz auf dem Territorium unterhält und zu den wenigen Staaten gehört, die die Unabhängigkeit Abchasiens anerkennen. Dennoch weist das politische System eine starke Opposition und zivilgesellschaftliche Aktivität auf, und die meisten Einwohner sind Berichten zufolge gegen eine formelle Annexion durch Russland. Während die lokalen Rundfunkmedien weitgehend von der Regierung kontrolliert werden, gibt es einige unabhängige Print- und Online-Medien. Die Versammlungsfreiheit wird in der Regel respektiert. Zu den anhaltenden Problemen gehören ein zutiefst mangelhaftes Strafrechtssystem und die Diskriminierung von ethnischen Georgiern (FH 1.2017).

Die abchasischen Behörden inhaftieren weiterhin Personen, die die "Grenze" illegal überquert haben sollen. Russische Grenzwächter entlang der Verwaltungsgrenze zwischen Abchasien und Georgien setzen normalerweise die Regeln der abchasischen Machthaber um, indem sie Individuen abstrafen und wieder freilassen. Es gab Berichte über willkürliche Verhaftungen von ethnischen Georgiern in den abtrünnigen Gebieten. Ihnen wurden weder die Gründe für die Haft noch für das Vorführen vor den Staatsanwalt mitgeteilt. In Abchasien verbietet das Rechtssystem Eigentumsansprüche von ethnischen Georgiern, die Abchasien vor, während oder nach dem Krieg von 1992-93 verlassen haben, wodurch Binnenvertriebenen ihre Eigentumsrechte in Abchasien entzogen werden (USDOS 20.4.2018).

Die Behörden in Abchasien lehnen weiterhin die Rückkehr von ethnischen georgischen Binnenvertriebenen an Orte ihrer Herkunft oder ihres gewöhnlichen Aufenthalts mit Ausnahme der Distrikte Gali, Ochamchira und Tkvarcheli ab. Das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) hat die Behörden wiederholt um Zusicherungen in Bezug auf die Rechte der Rückkehrer hinsichtlich des Daueraufenthalts, Freizügigkeit, Geburtenregistrierung und Eigentumsrechte gebeten. Generell haben die Vereinten Nationen gefordert, den Zugang der Rückkehrer zu politischen Rechten, gleichen Schutz vor dem Gesetz, soziale Sicherheit, Gesundheitsversorgung, Arbeit und Beschäftigung, Bildung, Gedanken-, Gewissens- und Meinungsfreiheit und kulturelles Leben zu gewährleisten. Im Dezember 2016 wurde das "Gesetz über die Rechtsstellung von Ausländern in Abchasien" geändert, um die Einführung einer "Aufenthaltserlaubnis für Ausländer" zu ermöglichen, die den in Abchasien lebenden ethnischen Georgiern die Ausübung ihrer Rechte erleichtern würde (UN-GA 3.5.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Abkhazia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/abkhazia, Zugriff 13.4.2018

-

UN_GA - UN General Assembly (3.5.2017): Status of internally displaced persons and refugees from Abkhazia, Georgia and the Tskhinvali region/South Ossetia, Georgia [A/71/899], https://www.ecoi.net/en/file/local/1402817/1226_1499079794_n1712489.pdf, Zugriff 13.4.2018

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practces 2017 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1430256.html, Zugriff 6.6.2018

Regionale Problemzone: Südossetien

Der Krieg im Jahr 2008 führte zum Einmarsch russischer Truppen und zur Vertreibung der zuvor noch bestehenden georgischen Regierungspräsenz sowie etlicher ethnischer Georgier. Nur Russland und eine Handvoll anderer Staaten haben seither die Unabhängigkeit Südossetiens anerkannt. Das Territorium bleibt fast vollständig von Russland abhängig (90% seines Budgets für 2016), und Moskau übt einen entscheidenden Einfluss auf die Politik und die Regierungsführung aus. Die lokalen Medien stehen weitgehend unter Kontrolle der Behörden, die auch die Aktivitäten der Zivilgesellschaft einschränken oder genau überwachen. Die Justiz unterliegt politischer Einflussnahme und Manipulation. Körperliche Übergriffe und schlechte Bedingungen sind Berichten zufolge in Gefängnissen und Haftanstalten weit verbreitet (FH 1.2017).

Russische Streitkräfte und De-facto-Behörden in Südossetien haben die Bewegungsfreiheit über die De-facto-Grenze weiter eingeschränkt und Dutzende von Menschen wegen "illegalen" Grenzübertritts kurzzeitig festgenommen und bestraft. Die zunehmende Umzäunung entlang der Verwaltungsgrenzen beeinträchtigte weiterhin die Rechte der Anwohner, einschließlich des Rechts auf Arbeit, Nahrung und einen angemessenen Lebensstandard, da der Zugang zu ihren Obstgärten, Weiden und Ackerland verloren ging (AI 22.2.2018).

In Südossetien leben kaum noch ethnische Georgier. Das Recht auf Rückkehr der Vertriebenen wird von den dortigen de facto-Behörden verwehrt. Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um sie zum Verlassen zu bewegen. Als Ausnahme ist die Anwesenheit der im Gebiet von Akhalgori (Südossetien) lebenden Georgier gegenwärtig akzeptiert (AA 11.12.2017).

Die südossetischen Behörden haben gegenüber UN-Vertretern ihre Offenheit für die Rückkehr von Binnenvertriebenen nach Südossetien bekundet, allerdings hauptsächlich in den Bezirk Akhalgori und unter der Voraussetzung, dass sich die Personen nur dort aufhalten werden. Besuche im Bezirk Akhalgori scheinen für die Vertriebenen und ihre Angehörigen möglich zu sein. Die zuständigen südossetischen Behörden haben rund 4.300 neue Grenzübertrittsdokumente ("propusk") ausgestellt, die neben rund 1.000 südossetischen sogenannten "Pässen" auch das Überschreiten der Verwaltungsgrenze ermöglichen (UN-GA 3.5.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen in Südossetien am 9.4.2017 gewann der bisherige Parlamentsvorsitzende, Anatoly Bibilov mit 54,8% Prozent (PEC 12.4.2017). Der bisherige Amtsinhaber, Leonid Tibilov, der seitens Moskau unterstützt wurde, erhielt nur 30% (RFE/RL 11.4.2017; vgl. EN 12.4.2017). Analysten sahen nebst der schlechten Wirtschaftslage die Parteinahme des Kremls und die wachsende Präsenz russischer Offizieller im südossetischen Staatsapparat als Hauptursache für die Niederlage Tibilovs (EN 12.4.2017). Gleichwohl verfolgt der Sieger Bibilov im Unterschied zu Tibilov, der seine Politik der Interessenslage Russlands anpasste, eine möglichst schnelle Aufnahme in den russischen Staatsverband und folglich die Vereinigung mit Nordossetien. Hierfür schlug er bereits ein Referendum bis Ende 2017 vor (RFE/RL 11.4.2017). Die Europäische Union und USA verurteilten die Wahlen als unzulässig (EN 12.4.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html, Zugriff 13.4.2018

* EN - EurasiaNet.org (12.4.2017): South Ossetia: Voters Opt Against the Kremlin Favorite, http://www.eurasianet.org/node/83221, Zugriff 13.4.2018

* FH - Freedom House (1.2017): FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - South Ossetia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/south-ossetia, Zugriff 13.4.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/ Radio Liberty (11.4.2017): South Ossetia's Bibilov Wins Election, Puts Moscow In A Bind, http://www.rferl.org/a/south-ossetia-bibilov-victory-presidential-election/28424108.html, Zugriff 13.4.2018

* PEC - [südossetische Nachrichtenagentur]: Anatoly Bibilov won the presidential election with 54.8% of votes - the CEC, http://cominf.org/en/node/1166511548, Zugriff 13.4.2018

* UN_GA - UN General Assembly (3.5.2017): Status of internally displaced persons and refugees from Abkhazia, Georgia and the Tskhinvali region/South Ossetia, Georgia [A/71/899], https://www.ecoi.net/en/file/local/1402817/1226_1499079794_n1712489.pdf, Zugriff 13.4.2018

Rechtsschutz / Justizwesen

Erhebliche Fortschritte gab es insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug, wo eine menschenrechtswidrige Behandlung, die in der Vergangenheit systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann. Der Aufbau eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der aktuellen Regierung. Die dritte Reformwelle vom Dezember 2016 garantiert vor allem die unparteiische Zuteilung von Rechtsfällen an Richter. NGOs, die den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch begleiten, mahnen weiterhin die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung in einem transparenten Verfahren an. Demgegenüber neigen Politiker und andere prominente Interessenvertreter aus Wirtschaft und Medien dazu, Richtern bei Gerichtsentscheidungen in brisanten Fällen pauschal politische Motive bzw. Korruption zu unterstellen. In einigen Fällen wurde der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg angerufen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und deutliche Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess. Die Praxis lang andauernder Untersuchungshaft wurde im Fall Ugulava, des ehemaligen Bürgermeisters von Tiflis vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig beurteilt und verfassungskonform beschränkt (AA 11.12.2017).

Im Dezember 2016 wurde ein Paket von Gesetzesänderungen zur Justizreform verabschiedet. Die Änderungen betrafen insbesondere die Veröffentlichung aller Entscheidungen, die schrittweise Einführung der elektronischen Zufallszuweisung von Fällen sowie das Auswahlverfahren der Richterkandidaten und das Disziplinarverfahren (Schaffung der Institution des Untersuchungsinspektors). Die Änderungen betrafen jedoch nicht andere, seit langem bestehende Punkte, einschließlich der Anwendung der Probezeit. Eine erste umfassende Justizstrategie und ihr fünfjähriger Aktionsplan wurden vom Hohen Rat der Justiz im Mai 2017 angenommen. Dieser sieht spezifische Maßnahmen und Indikatoren in den Kapiteln Unabhängigkeit, Rechenschaftspflicht, Qualität und Effizienz sowie Zugang zur Justiz vor. In Bezug auf den Zugang zur Justiz sind die vom Hohen Rat der Justiz (HCoJ) eingeführten Verfahren zur Ernennung von Richtern und Gerichtspräsidenten sowie die Disziplinarverfahren allerdings nicht vollständig transparent und rechenschaftspflichtig. Die neue Verfassung führte die Ernennung von Richtern des Obersten Gerichtshofs durch das Parlament auf Vorschlag des Obersten Gerichtshofs sowie die Ernennung von Richtern auf Lebenszeit ein. Im Januar 2017 wurden die Geschworenenprozesse, die 2010 beim Stadtgericht von Tiflis eingeführt wurden, auf andere Regionen Georgiens und auf weitere Arten von Vergehen ausgeweitet. Anfang 2017 wurden die Strafverfolgungsstrategie, der neue Ethikkodex und ein Beurteilungssystem für Staatsanwälte verabschiedet (EC 9.11.2018).

Die Einmischung der Exekutive und der Legislative in die Justiz ist nach wie vor ein erhebliches Problem, ebenso wie der Mangel an Transparenz und Professionalität bei den Verfahren. Im Jahr 2017 äußerten sich Oppositionelle und andere besorgt darüber, dass die politische Einmischung ein wesentlicher Faktor in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gewesen sei, so die Rückgabe des TV Senders "Rustavi 2" an seinen ehemaligen Miteigentümer, der mit der Regierungspartei Georgischen Traum verbunden ist. Das Urteil wurde allerdings später vom Europäischen Gericht für Menschenrechte aufgehoben (FH 1.2018, vgl. AI 22.2.2018).

Ende Mai 2018 musste der Generalstaatsanwalt Georgiens vor dem Hintergrund von Protesten zurückgetreten, in denen tausende Demonstranten ihre Empörung über ein, ihrer Meinung nach, unfaires Gerichtsurteil im Mordfall von zwei Schülern in Tiflis zum Ausdruck brachten (CK 5.6.2018). Die Demonstranten glaubten, dass andere als die beiden Beschuldigten für den Tod verantwortlich waren und der Strafe entkamen, weil ihre Verwandten in der Generalstaatsanwaltschaft arbeiteten (RFE/RL 4.6.2018). Führende NGOs des Landes haben sich geweigert, sich an der Ernennung eines neuen Generalstaatsanwaltes unter der Leitung von Justizministerin Teya Tsulukiani zu beteiligen, sondern haben im Gegenteil deren Rücktritt gefordert (CK 5.6.2018, vgl. JAMnews 6.6.2018). Das Parlament hat am 31.5.2018 als Reaktion auf die Entlassung der Beschuldigten durch das Gericht in Tiflis eine Untersuchungskommission zum Mordfall eingerichtet (civil.ge 6.6.2018). Die Demonstrationen haben die Ansicht mancher Georgier über Korruption und eine Atmosphäre der Straflosigkeit in der herrschenden Elite des Landes widergespiegelt (RFE/RL 4.6.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html, Zugriff 17.4.2018

* Caucasian Knot (5.6.2018): Activists demand resignation of Georgia's MoJ head, http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/43375/, Zugriff 7.6.2018

* Civil.ge (6.6.2018): Parliament Approves Teen Murder Probe Commission, https://civil.ge/archives/243789, Zugriff 7.6.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 17.4.2018

* JAMnews (6.6.2018): Georgian NGOs demand resignation of Minister of Justice, https://jam-news.net/?p=106350, Zugriff 7.6.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (4.6.2018): Georgian Protest Leader Gives Authorities Progress Ultimatum, https://www.rferl.org/a/tbilisi-subway-workers-strike-as-new-antigovernment-protests-expected/29270264.html, Zugriff 7.6.2018

Sicherheitsbehörden

Seit dem Regierungswechsel im Oktober 2012 ist von Machtmissbrauch von Amtsträgern nicht mehr die Rede. Bis 2012 waren Exekutivorgane, z. B. Staatsanwaltschaft, Polizei oder Finanzbehörden, als Machtinstrument oder als Mittel zur rechtswidrigen Erlangung wirtschaftlicher Vorteile von Regierungsangehörigen oder ihnen nahestehenden Personen missbraucht worden. Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hüter von Regeln werden sie öffentlich als zurückhaltend, aber auch als untätig wahrgenommen, was zu einem Verlust an Respekt geführt hat. Die Geheim- und Nachrichtendienste treten nicht als Repressionsinstrumente auf. Eine von NGOs angemahnte organisatorische Trennung der Sicherheitsdienste vom Innenministerium ist bisher aber nicht durchgeführt worden (AA 11.12.2017).

Meinungsumfragen zeigen einen Rückgang des Vertrauens der Öffentlichkeit in das Strafverfolgungssystem. Umfragen zufolge waren 2013 noch 60% der Georgier und Georgierinnen mit der Leistung der Polizei zufrieden. Dieser Wert fiel jedoch im April 2017 Jahres auf 38%. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Unzufriedenen mit der Polizei von einem einstelligen Prozentwert auf 14% (NDI/CRRC 4.2017).

Hochrangige Zivilbehörden üben nicht immer eine wirksame Kontrolle über das Innenministerium und den Staatssicherheitsdienst aus. Die zivilen Behörden behielten jedoch die effektive Kontrolle über das Verteidigungsministerium bei. Die Wirksamkeit der staatlichen Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch durch Strafverfolgungs- und Sicherheitskräfte ist begrenzt, und die nationale und internationale Aufmerksamkeit für Straflosigkeit hat zugenommen (USDOS 20.4.2018).

Georgien verfügt nicht über einen wirksamen unabhängigen Mechanismus zur Untersuchung von Missbrauch durch Strafverfolgungsbehörden. Wenn Ermittlungen eingeleitet werden, führen sie häufig zu Anklagen, die geringere, unangemessene Sanktionen wie Amtsmissbrauch nach sich ziehen und selten zu Verurteilungen führen. Die Behörden weigern sich oft, denen, die Missbrauch vorwerfen, einen Opferstatus zu gewähren, und nehmen ihnen die Möglichkeit, die Ermittlungsakten einzusehen (HRW 18.1.2018).

Die Straffreiheit für Menschenrechtsverletzungen durch Strafverfolgungsbeamte blieb bestehen, während die Regierung weiterhin einen unabhängigen Ermittlungsmechanismus versprach, aber nicht einführte. Im Juni 2017 schlug die Regierung statt eines unabhängigen Ermittlungsmechanismus eine neue Abteilung innerhalb der Staatsanwaltschaft vor, die den mutmaßlichen Missbrauch durch Strafverfolgungsbeamte untersuchen sollte (AI 22.2.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html, Zugriff 18.4.2018

* Eurasianet (5.7.2017): Georgia: Are the Police Backsliding? https://eurasianet.org/s/georgia-are-the-police-backsliding, Zugriff 18.4.2018

* HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422446.html, Zugriff 17.4.2018

* NDI/CRRC - National Democratic Institute/Caucasus Research Resource Centers (4.2017): Public attitudes in Georgia Results of a April 2017 survey carried out for NDI by CRRC Georgia, https://www.ndi.org/sites/default/files/NDI_April_2017_political%20Presentation_ENG_version%20final.pdf, Zugriff 18.4.2018

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practces 2017 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1430256.html, Zugriff 23.5.2018

Folter und unmenschliche Behandlung

Umfangreicher Personalaustausch insbesondere in den Behördenleitungen, die juristische Aufarbeitung (Strafverfahren gegen Verantwortliche) sowie durchgreifende Reformen bei Polizei und im Strafvollzug haben Vorfälle von Gewaltanwendung auf Einzelfälle reduziert, ein systemischer Charakter ist nicht meh

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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