TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/26 97/19/0314

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Veröffentlicht am 26.02.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 §6 Abs3;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1962 geborenen FA in Wiener Neustadt, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Dezember 1996, Zl. 113.686/4-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der über einen Sichtvermerk mit Gültigkeit vom 13. April 1992 bis 31. März 1994 verfügte, beantragte am 4. März 1994 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 14. Februar 1995 abgewiesen, die dagegen erhobene Berufung wies der Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 9. Juni 1995 (wegen Verspätung) zurück.

Am 31. Juli 1995 beantragte der Beschwerdeführer neuerlich (unter Verwendung des diesbezüglich aufgelegten Formulars) die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Diesem am 8. August 1995 bei der zuständigen Aufenthaltsbehörde erster Instanz eingelangten Antrag liegt unter anderem ein Schreiben des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers vom 2. August 1995 bei, in dem dieser für den Beschwerdeführer unter Hinweis auf die vorgelegten Antragsbeilagen um die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ersucht. Im Antragsformular wird als derzeitiger Wohnsitz des Beschwerdeführers eine näher bezeichnete Adresse in Wiener Neustadt angegeben; als Ort der Antragsunterfertigung scheint ebenfalls Wiener Neustadt auf.

Die Aufenthaltsbehörde erster Instanz wies mit Bescheid vom 2. September 1996 den Antrag gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) zurück. Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 sowie § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen. Die belangte Behörde stellte fest, der Beschwerdeführer habe zuletzt über einen bis 31. März 1994 gültigen Sichtvermerk verfügt. Sein darauffolgender Antrag vom 4. März 1994 sei rechtskräftig negativ entschieden worden. Aus diesem Grund sei nur die Stellung eines Erstantrages möglich gewesen, den der Beschwerdeführer vor seiner Einreise nach Österreich vom Ausland aus hätte stellen müssen. Der Beschwerdeführer habe sich jedoch zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten. Auf seinem Antragsformular habe er als Aufenthaltsort Wiener Neustadt angegeben und dies auch durch seine Unterschrift beurkundet. Somit habe er sich zum Zeitpunkt der Antragstellung eindeutig im Bundesgebiet aufgehalten und dadurch das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vom Ausland aus nicht erfüllt. Eine ausnahmsweise Inlandsantragstellung sei gemäß § 4 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 nicht möglich gewesen. Aus all diesen Umständen ergebe sich, dass die Verfahrensvorschrift des § 6 Abs. 2 AufG anzuwenden und die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausgeschlossen sei. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer den Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 4 FrG verwirklicht, weil er mit einer Österreicherin eine mittlerweile für nichtig erklärte Ehe geschlossen habe, um sich rechtsmissbräuchlich fremdenrechtlich bedeutsame Berechtigungen zu verschaffen. Zu den persönlichen Verhältnissen sei zu sagen, dass nur die dargestellten familiären Beziehungen zu Österreich bestünden und der Beschwerdeführer auch in seiner Berufung keine Gründe vorgebracht habe, die eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeigeführt hätte. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen mit den privaten im Rahmen des Art. 8 MRK sei den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 6 Abs. 2 AufG lautete:

"§ 6. ...

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, dass diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z 1; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 12 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."

Der Beschwerdeführer macht eingangs seiner Beschwerde geltend, die Behörde erster Instanz habe einen vom Beschwerdeführer am 8. August 1995 gestellten Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem AufG ihrem Bescheid zugrundegelegt; im gegenständlichen Bescheid gehe die Behörde jedoch von einem Antrag vom 31. Juli 1995 aus. Daraus ergebe sich, dass diese Anträge in keiner wie immer gearteten Weise in Verbindung zu bringen seien und ein gravierender Formalfehler vorliege.

Dazu ist zu bemerken, dass der am 31. Juli 1995 unterfertigte Antrag am 8. August 1995 der Aufenthaltsbehörde erster Instanz zukam, was die jeweils verschiedene Datierung in den genannten Bescheiden erklärt. Nach dem diesbezüglich eindeutigen Akteninhalt handelt es sich beim Antrag vom 31. Juli 1995 bzw. vom 8. August 1995 um ein und denselben Antrag.

Ebenso ins Leere geht das Vorbringen des Beschwerdeführers, in dem er rügt, dass ihm anlässlich seines am 8. August 1995 vor der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt eingebrachten Antrages kein gerichtlich beeideter Dolmetscher zur Verfügung gestellt worden sei; es wäre Aufgabe der zuständigen Behörde im Sinn des § 13a AVG gewesen, den Beschwerdeführer über sämtliche ihn betreffende Umstände aufzuklären und ihm alle diesbezüglichen Informationen zukommen zu lassen. Dazu ist zu bemerken, dass im Akt neben dem am 8. August 1995 bei der Behörde eingelangten Antrag des Beschwerdeführers ein Schreiben des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers vom 2. August 1995 erliegt, aus dem hervorgeht, dass dieser "in Vollmachtsvertretung meines Mandanten" den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz einbringe. Der Beschwerdeführer war somit bereits im Zeitpunkt der Antragseinbringung anwaltlich vertreten, was sowohl sprachliche Verständigungsprobleme als auch eine Verletzung der Vorschrift des § 13a AVG durch die Behörde erster Instanz - unabhängig von der Frage der Relevanz - ausschließt.

In weiterer Folge wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Feststellung der belangten Behörde, wonach sein Antrag vom 4. März 1994 (das war der rechtzeitig gestellte Verlängerungsantrag) bereits rechtskräftig negativ entschieden worden sei. Die belangte Behörde übersehe offensichtlich, dass der Beschwerdeführer fristgerecht gegen den (diesen Antrag abweisenden) Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 14. Februar 1995 Berufung erhoben habe. Nach dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten wurde diese Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Juni 1995, Zl. 113.686/3-III/11/95, wegen Verspätung zurückgewiesen. Ein die Zustellung dieses Bescheides dokumentierender Rückschein findet sich im vorliegenden Verwaltungsakt allerdings nicht. Es kann für die Beurteilung des vorliegenden Beschwerdefalles allerdings dahingestellt bleiben, ob über den Antrag vom 4. März 1994 bereits rechtskräftig entschieden wurde oder ob dieses Verfahrens noch offen ist. Der gegenständliche, 16 Monate nach Ablauf der letzten Aufenthaltsberechtigung gestellte Antrag wäre auch im Fall eines noch offenen, rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrages nicht als weiterer, bloß verspäteter Verlängerungsantrag zu qualifizieren. Der Antrag vom 8. August 1995 war daher nicht geeignet, den am 1. Juli 1993 aufrechten Sichtvermerk zu verlängern; er konnte eine derartige Wirkung auch nicht auf die dem Beschwerdeführer aufgrund der rechtzeitigen Antragstellung gemäß § 6 Abs.3 letzter Satz AufG zukommende, bis zur Entscheidung der Behörde erster Instanz bestehende Aufenthaltsberechtigung haben, weil diese (im Zeitpunkt der Antragstellung im übrigen bereits beendete) Aufenthaltsberechtigung mit einem weiteren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht verlängert werden kann. Der verfahrensgegenständliche Antrag wurde in Anbetracht des bereits gestellten rechtzeitigen Verlängerungsantrages auch nicht deshalb gestellt, weil die rechtzeitige Verlängerung der Bewilligung versäumt wurde. Auf den vorliegenden Beschwerdefall waren daher die Bestimmungen des § 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 nicht anzuwenden.

Auf den verfahrensgegenständlichen Antrag fand somit die Vorschrift des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG Anwendung. Der Beschwerdeführer bestreitet in der Beschwerde nicht, den Antrag im Inland eingebracht und den Verfahrensausgang im Inland abgewartet zu haben. Das im § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierte Erfordernis, einen Bewilligungsantrag vom Ausland aus zu stellen und die Entscheidung über den Antrag vom Ausland abzuwarten, ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht als bloße Formvorschrift zu werten, sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010 sowie Zl. 95/19/0895).

Die Behörde erster Instanz hatte zwar eine Zurückweisung des Antrages ausgesprochen, die Begründung ihres Bescheides lässt aber keinen Zweifel daran, dass sie in die Prüfung der Frage der materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Antragstellung vom Inland aus eingetreten war. Sie gelangte dabei zum Ergebnis, dass mangels Vorliegens eines den Begriff des Verlängerungsantrages subsumierbaren Antrages dieser als Erstantrag vom Ausland aus zu stellen gewesen wäre und beschied diesen Antrag somit aufgrund inhaltlicher Überlegungen negativ. Angesichts dessen handelte es sich bei der spruchmäßigen "Zurückweisung" desselben um ein bloßes Vergreifen im Ausdruck mit dem Ergebnis, dass tatsächlich eine meritorische Entscheidung in Form einer Abweisung des Antrages des Fremden vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1998, Zl. 96/19/3491).

Vom Erfordernis, den Antrag vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen und die Entscheidung über den Antrag vom Ausland aus abzuwarten, wäre nur dann abzusehen, wenn der Beschwerdeführer zu jenem Personenkreis zählte, der aufgrund § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung der Bundesregierung ausnahmsweise zur Inlandsantragstellung berechtigt ist. Weder aus den vorgelegten Verwaltungsakten noch aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich jedoch Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer zu diesem Personenkreis zählt.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Fall des Beschwerdeführers zur Auffassung gelangte, dieser habe die Vorschrift des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG verletzt. Die Abweisung des verfahrensgegenständlichen Antrages erfolgte somit zu Recht.

Angesichts dieses Verfahrensergebnisses erübrigte sich ein Eingehen auf den weiters von der belangten Behörde herangezogenen Abweisungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z 4 FrG.

Die Entscheidung über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Februar 1999

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997190314.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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