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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §3 Abs1 Z2 idF 1995/351;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1995 geborenen MB in Wien, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Dezember 1995, Zl. 304.343/4-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 22. August 1995 die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft. Als Person, mit der die Familiengemeinschaft angestrebt wird, ist im Antrag seine Mutter angeführt. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Dezember 1995 wurde dieser Antrag gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 3 und § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde in Ansehung der beiden erstgenannten Versagungsgründe aus, der Antrag der Mutter des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei mit Bescheid der belangten Behörde abgewiesen worden. Aus diesem Grunde sei auch dem Beschwerdeführer selbst keine Bewilligung zu erteilen gewesen. Die öffentlichen Interessen überwögen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, über die dieser in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
§ 3 Abs. 1 Z. 2, § 4 Abs. 3 und § 6 Abs. 3 AufG lauteten (auszugsweise):
"§ 3. (1) Ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern und Ehegatten
1.
von österreichischen Staatsbürgern oder
2.
von Fremden, die auf Grund einer Bewilligung, eines vor dem 1. Juli 1993 ausgestellten Sichtvermerks oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 bis 5 rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben,
ist nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z 3 und 4 eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt.
...
§ 4. ...
...
(3) Eine Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 4 ist jeweils mit der gleichen Befristung zu erteilen, wie die der Bewilligung des Ehegatten bzw. Elternteiles oder Kindes, bei der ersten Bewilligung aber höchstens für die Dauer von fünf Jahren.
...
§ 6. ...
...
(3) Anträge auf Verlängerung einer Bewilligung sind vor Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung zu stellen. Wird über einen solchen rechtzeitig gestellten Antrag nicht vor Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung entschieden, so ist der Fremde bis zum Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung der ersten Instanz zum weiteren Aufenthalt berechtigt."
Der Beschwerdeführer erhob im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Behauptung, er habe bis 31. Oktober 1995 über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt. Den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten ist eine solche Aufenthaltsbewilligung nicht zu entnehmen. Der Antrag des Beschwerdeführers ist auch ausdrücklich als "Erstantrag" bezeichnet. Eingeholte Auskünfte bei der Bundespolizeidirektion Wien und beim Landeshauptmann von Wien ergaben, dass der Beschwerdeführer weder über einen Sichtvermerk noch über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte.
Über Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes, wonach aus den vorgelegten Akten eine Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers bis 31. Oktober 1995 nicht ersichtlich ist und über Aufforderung, eine Kopie einer allenfalls dennoch erteilten Bewilligung vorzulegen, äußerte sich der Beschwerdeführer nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof geht daher aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens davon aus, dass der am 21. Juli 1995 geborene Beschwerdeführer noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte. Es liegt daher ein Erstantrag vor. Eine Anwendung des § 113 Abs. 6 oder 7 FrG 1997 kommt nicht in Betracht. Der angefochtene Bescheid blieb vom Inkrafttreten des FrG 1997 unberührt.
Der Beschwerdeführer bringt vor, seine Mutter habe zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung mit Geltungsdauer bis 31. Oktober 1995 verfügt. Ihr Verlängerungsantrag sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 19. Oktober 1995 gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) infolge Eingehens einer "Scheinehe" abgewiesen worden. Eine Berufung der Mutter des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. Dezember 1995 als unbegründet abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die Entscheidung über seinen Bewilligungsantrag sei verfrüht, weil der seine Mutter betreffende Bescheid noch nicht rechtskräftig geworden sei.
Diesem Vorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde durch keine Gesetzesbestimmung verhalten war, mit der Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung bis zur Rechtskraft des seine Mutter betreffenden Bescheides zuzuwarten. Selbst wenn also der mit dem gleichen Tag wie der angefochtene Bescheid datierte Berufungsbescheid betreffend die Mutter des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Zustellung des hier angefochtenen Bescheides noch nicht zugestellt gewesen sein sollte, wäre der letztgenannte Bescheid nicht rechtswidrig:
Mit dem oben wiedergegebenen Beschwerdevorbringen tritt der Beschwerdeführer der Annahme der belangten Behörde, seine Mutter habe - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - über keine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet verfügt, nicht entgegen:
Gemäß § 6 Abs. 3 AufG hätte ein rechtzeitig gestellter Antrag der Mutter des Beschwerdeführers, über den nicht vor Ablauf der Geltungsdauer ihrer Bewilligung entschieden worden wäre, bewirkt, dass diese bis zum Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung der ersten Instanz zum weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen wäre. Das Aufenthaltsrecht der Mutter des Beschwerdeführers erlosch daher am 31. Oktober 1995 oder aber mit einer allenfalls späteren - aber jedenfalls vor Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolgten - Zustellung des die Mutter des Beschwerdeführers betreffenden Bescheides des Landeshauptmannes von Wien vom 19. Oktober 1995.
Der belangten Behörde ist dahingehend beizupflichten, dass die Mutter des Beschwerdeführers, mit der Familienzusammenführung angestrebt wird, im Zeitpunkt der Erlassung des vom Beschwerdeführer angefochtenen Bescheides keine Fremde war, auf die die Voraussetzungen des § 3 AufG zutrafen. Demnach stand dem Beschwerdeführer ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung aus dem Grunde des § 3 Abs. 1 AufG nicht zu. Eine Anwendung des § 4 Abs. 3 AufG kam daher gar nicht in Betracht.
Dem Beschwerdeführer, der - obzwar im Inland geboren - bisher über keine Berechtigung zum Aufenthalt im Inland verfügte, konnte auch im Wege einer Ermessensentscheidung über seinen Erstantrag keine Bewilligung zum Zweck der Familienzusammenführung mit seiner Mutter erteilt werden, weil die erstmalige Erteilung einer Bewilligung zu diesem Zweck jedenfalls voraussetzt, dass sich der Angehörige, mit dem die Familienzusammenführung angestrebt wird, rechtmäßig im Inland aufhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zl. 96/19/0941).
Die Beschwerde versucht auch darzulegen, dass der Bescheid, mit dem der Mutter des Beschwerdeführers die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung versagt wurde, rechtswidrig sei. Für die Rechtmäßigkeit der Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers ist aber nicht maßgebend, ob seiner Mutter die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu Recht oder zu Unrecht versagt wurde, sondern allein die Tatsache, dass letztere über keine Aufenthaltsbewilligung verfügte (vgl. den hg. Beschluss vom 8. Mai 1998, Zlen. 97/19/0132 bis 0134).
Im Hinblick darauf, dass sich der Beschwerdeführer selbst nie rechtmäßig in Österreich aufhielt und seine Mutter, mit der Familienzusammenführung angestrebt wird, über keine Aufenthaltsbewilligung im Zeitpunkt der Bescheiderlassung verfügte, steht Art. 8 MRK einer Versagung der Bewilligung nicht entgegen. Aus dieser Bestimmung ist kein Recht eines Kindes, das selbst nie zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt war, auf Familienzusammenführung mit einem Elternteil, der seinerseits im Zeitpunkt der Bescheiderlassung über keine Aufenthaltsbewilligung verfügte, ableitbar (vgl. hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997).
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne dass auf den von der belangten Behörde herangezogenen weiteren Versagungsgrund einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 26. Februar 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996192580.X00Im RIS seit
02.05.2001