TE Bvwg Beschluss 2018/12/27 I407 2125585-3

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Veröffentlicht am 27.12.2018
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Entscheidungsdatum

27.12.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I407 2125585-3/5E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2018, IFA 1031805409, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. Algerien, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein algerischer Staatsbürger, stellte am 23.09.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, den er mit wirtschaftlichen Motiven begründete.

2. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 09.02.2015, XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. Fall SMG (Erwerb von Suchtgift) und versuchtem unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 15 StGB, § 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, Abs. 3 SMG (versuchtes gewerbsmäßiges Überlassen von Suchtgift einem anderen) zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, hiervon sechs Monate auf eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt.

3. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 29.05.2015, XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 Abs. 1 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, hiervon 10 Monate auf eine Probezeit von drei Jahren nachgesehen, verurteilt.

4. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 31.03.2016, XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 Abs. 1 1. Fall StGB sowie wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt und die bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen aus den ersten beiden Verurteilungen widerrufen.

5. Mit dem Bescheid vom 31.03.2016, Zl. 1031805409-140000758, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage (Spruchpunkt IV.). Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.12.2017, Zl. I413 2125585-1/12E, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des Spruchpunktes III. wie folgt zu lauten hat: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird XXXX nicht erteilt." Eine Beschwerde an der VfGH bzw. außerordentliche Revision an den VwGH wurde nicht erhoben.

6. Mit Parteiengehör vom 10.04.2018, nachweislich zugestellt am selben Tag, wurde der Beschwerdeführer vom Ergebnis einer Beweisaufnahme hinsichtlich eines Verfahrens zur Erlassung einer möglichen Aufenthaltsbeendigung, Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes, sowie die Anhaltung in Schubhaft im Anschluss an die Strafhaft verständigt und ihm neben der Übermittlung der aktuellen Länderfeststellungen zu Algerien, die Beantwortung eines umfassenden Fragenkataloges zu seinen persönlichen Verhältnissen binnen einer Woche aufgetragen. Eine Stellungnahme erfolgte bis zur Bescheiderstellung durch die belangte Behörde am 22.09.2018 nicht. 7. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22.09.2018, Zl. 1031805409/1803433832, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt. "Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen. Weiters wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt I.). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt II.) erlassen und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Der Bescheid wurde vom Beschwerdeführer am 24.09.2018 nachweislich übernommen. 8. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 19.10.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte darin inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften.

9. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts zu GZ I416 2125585-2/3E vom 29.10.2018 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend verwies das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen auf die Feststellungen des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts zu GZ I413 2125585-1/12E vom 05.12.2017. Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers hat das Gericht in diesem Verfahren beweiswürdigend festgestellt:

"Die Feststellung zu seinem Herkunftsstaat und seiner Staatsbürgerschaft basieren auf den diesbezüglichen Angaben vor der belangten Behörde am 07.01.2016 und vor dem Bundesverwaltungsgericht am 10.11.2017. Danach behauptet der Beschwerdeführer aus Syrien zu stammen, verwickelte sich aber im Zuge seiner Einvernahme durch die belangte Behörde in Widersprüche (Protokoll vom 07.01.2016, S. 5). Aufgrund seiner Aussage am 10.11.2017 konnte das Bundesverwaltungsgericht die persönliche Überzeugung gewinnen, dass der Beschwerdeführer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Wurzeln in Syrien hat. Er spricht, wie der in Syrien aufgewachsene nichtamtliche Dolmetscher aussagte, algerischen Dialekt und wuchs auch nach eigenen Angaben in Algerien auf. Der Umstand, dass eine Anfrage bei der Staatendokumentation ergab, dass die vom Beschwerdeführer angegebene Wohnsitzadresse in XXXX, Algerien nicht existiert und der Beschwerdeführer in diesem Ort nicht bekannt ist (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 22.05.2016), zeigt auf, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Angaben zu seiner Person und Herkunft nicht glaubhaft ist, weshalb das Bundesverwaltungsgericht der Behauptung, er stamme aus Syrien, keinen Glauben zu schenken vermag."

Das Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 5.11.2018 durch persönliche Übergabe zugestellt.

10. Der Beschwerdeführer stellte am 10.12.2018 aus dem Stande der Schubhaft einen Folgeantrag Asyl und wurde am 11.12.2018 Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dazu befragt. Er bestätigte seine persönlichen Daten und wurde darauf hingewiesen, dass über seinen ersten Asylantrag bereits rechtskräftig entschieden wurde. Er erklärte, dass er seit dieser Entscheidung Österreich nicht verlassen habe. Über Befragung über neue Asylgründe gab der Beschwerdeführer folgendes an:

"Ich habe bei meinem ersten Antrag gesagt, dass ich Syrer bin, aber die Polizei hat 2017 mich als Algerier geführt. Ich hatte dann ein Gespräch beim Konsulat, wo bestätigt wurde, dass ich kein Algerier bin sondern Syrer bin. Deshalb suche ich hier nochmals als Syrer an. Ich kann nicht nach Syrien zurückgehen, da dort viele Probleme sind. Auch kann ich nicht nach Libyen zurückgehen, da ich keine Papiere dort habe."

Befragt nach seinen Befürchtungen bei seiner Rückkehr sagte er aus, dass er niemanden habe. Weder in Syrien noch in Libyen. Auch habe er keine Papiere.

4. Am 13.12.2018 wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung mitgeteilt, dass die belangte Behörde beabsichtige, den Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und ferner beabsichtigt sei, den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben.

5. Am 20.12.2018 wurde der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft der belangten Behörde vorgeführt. Der Beschwerdeführer gab in Gegenwart seiner Rechtsberatung wahrheitserinnert vor der belangten Behörde zu seinem Asylantrag vernommen an, dass er seit drei Jahren unter seelischem Stress leide und dagegen Medikamente und Schlaftabletten nehme. Darüber hinaus leide er an keinen lebensbedrohenden Krankheiten.

Befragt, ob er bereit sei, freiwillig in sein Heimatland auszureisen, verneinte er dies mit dem Hinweis darauf, dass Algerien nicht seine Heimat sei.

Der Beschwerdeführer wurde über die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen einer Mutwillensstrafe belehrt.

Befragt, ob er bis jetzt im Verfahren die Wahrheit gesagt habe, bejahte er dies.

Darüber hinaus konnte er keine Beweismittel oder Dokumente oder Identitätsdokumente vorlegen.

Nach Vorhalt von Feststellungen zu seiner Person, gab er an, dass er kein Algerier, sondern Syrer sei.

Nach dem Vorhalt seiner strafrechtlichen Verurteilungen und Einträge in den Kriminalpolizeilichen Aktenindex wurde der Beschwerdeführer befragt, ob es zutreffe, dass er seit seiner Einreise im September 2014 Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung beziehe.

Daraufhin antwortete der Beschwerdeführer:

"Wenn ich eine Unterstützung vom Staat bekommen hätte, hätte ich damals nicht gestohlen. Aber auch jetzt zurzeit lebe ich vom Staat."

Der Beschwerdeführer hat angegeben, eine Deutschprüfung mit dem Niveau A2 absolviert zu haben. Die belangte Behörde hat festgestellt, dass der Beschwerdeführer gebrochen Deutsch spricht und versteht.

Befragt gab der Beschwerdeführer an, seit seiner Einreise in Österreich am 18. oder 19. September 2014 durchgehend in Österreich gewesen zu sein.

Befragt gab der Beschwerdeführer an, keine Beziehungen mehr in seinen Heimatstaat zu haben und in Österreich in keinen Vereinen oder Organisationen Mitglied zu sein.

Befragt, ob die Fluchtgründe des Erstverfahrens noch von ihm aufrecht erhalten werden, sagte er aus, dass er diese aufrecht erhalte.

Befragt, ob er auch Fluchtgründe habe, die er bislang nicht vorgebracht habe, sagte der Beschwerdeführer aus, dass er Algerien möge, aber die dortige Regierung nicht, weil sie ihm unrecht täte. Sie hätten keine Wohnung, seine Familie lebe in einem Lager. Er musste im Freien schlafen, da seine Eltern in dem Lager geschlafen hätten.

Die belangte Behörde übergibt dem Beschwerdeführer aktuelle Länderfeststellungen, dieser nahm wie folgt mündlich Stellung:

"Was soll ich tun. Ich bin im Gefängnis. Nachgefragt, ich bin kein Algerier und ich habe mit Algerien nichts zu tun. Wenn ich nach Algerien abgeschoben werde würde festgestellt werden, dass ich kein Algerier bin und ich würde wieder zurückgeschickt werden."

Auf den Vorhalt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückzuweisen, erklärte der Beschwerdeführer, dass er kein Problem mit der Abschiebung habe.

Auf die Frage, ob er ausreichend Gelegenheit gehabt habe, die Gründe für den Asylantrag vollständig und umfassend zu schildern und auch alle sonstigen Hindernisse darzulegen, die einer Rückkehr ins Heimatland entgegenstehen, antwortet der Beschwerdeführer, dass er keine Beweise, und kann es auch nicht belegen könne, aber auch das BFA habe keine Beweise, dass er Algerier sei.

Der Rechtsberater stellt dem Beschwerdeführer die Frage, ob er einen Termin bei der algerischen Botschaft gehabt habe. Der Beschwerdeführer führt aus, dass er einen Termin gehabt habe, die algerische Botschaft ihn jedoch nicht identifiziert habe.

In der Folge wurde gegenüber dem Beschwerdeführer mit mündlich verkündetem Bescheid der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Dies wurde damit begründet, dass der letzte Asylantrag des Beschwerdeführers am 06.12.2017 in II. Instanz in Rechtskraft erwachsen sei. Der Beschwerdeführer habe bei seiner Erstbefragung am 04.05.2014 (richtig: 11.12.2018) ausgeführt:

"Ich habe bei meinem ersten Antrag gesagt, dass ich Syrer bin, aber die Polizei hat 2017 mich als Algerier geführt. Ich hatte dann ein Gespräch beim Konsulat, wo bestätigt wurde, dass ich kein Algerier bin sondern Syrier bin. Deshalb suche ich hier nochmals als Syrer an. Ich kann nicht nach Syrien zurückgehen, da dort viele Probleme sind. Auch kann ich nicht nach Libyen zurückgehen, da ich keine Papiere dort habe."

Darüber hinaus habe er in der niederschriftlichen Einvernahme zum verfahrensgegenständlichen Bescheid ausgesagt, dass er kein Algerier sei. Als Grund seines Erstantrages habe er im Wesentlichen ausgeführt, dass er politische Gründe habe, weil ihm vorgeworfen wurde, dass er in Syrien im Krieg gekämpft habe. Er wollte auch seiner Mutter in Algerien helfen.

6. Gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG wurde die belangte Behörde am 27.12.2018 vom Einlangen des Aktes bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes informiert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die Vorlage des Aktes durch das Bundesamt am 21.12.2018 gilt gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 bereits als Beschwerde.

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

Der Fremde ist Staatsangehöriger von Algerien. Er besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft.

Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich der Beschwerdeführer auf Gründe, die bereits Gegenstand des vorangegangenen Asylverfahrens waren. Weder im Hinblick auf die allgemeine Lage in Algerien noch im Hinblick auf die anzuwendenden rechtlichen Bestimmungen ist seit Abweisung der Beschwerde in seinem vorangegangen Asylverfahren mit 29.10.2018 eine maßgebliche Änderung der Rechtslage eingetreten.

Bezüglich der medizinischen Behandlungsmöglichen des Beschwerdeführers in seinem Heimatstaat ist auf die aktuellen und fallspezifischen Feststellungen der belangten Behörde zu verweisen.

In Bezug auf den Fremden besteht kein schützenswertes Privatund/oder Familienleben im Bundesgebiet. Er befindet sich aktuell in Schubhaft im PAZ Hernalser Gürtel. In Bezug auf seinen Gesundheitszustand ist betreffend einer allenfalls vorzunehmenden Abschiebung darauf hinzuweisen, dass vor einer Abschiebung durch die zuständige Behörde/Amtsarzt eine Prüfung dahingehend vorzunehmen ist, ob eine beabsichtigte Abschiebung eine EMRK-widrige Behandlung des Beschwerdeführers bedeuten würde.

2. Beweiswürdigung:

Die Angaben zur Person des Beschwerdeführers fußen auf seinen Aussagen.

Die Angaben zu den Asylverfahren des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorliegenden Akten der belangten Behörde und des BVwG.

Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer aktuell in Schubhaft befindet, fußt auf einer telefonischen Anfrage des erkennenden im Polizeianhaltezentrum vom 27.12.2018.

Der Beschwerdeführer erklärte im gegenständlichen Verfahren in der Erstbefragung, dass er keine neuen Fluchtgründe habe, sondern die im ersten Asylverfahren vorgebrachten Gründe weiter aufrechterhalten wolle. In der niederschriftlichen Befragung vor der belangten Behörde gab er an, dass er kein Syrer sondern Algerier sei.

Der Feststellung zu den Fluchtgründen wurde das Vorbringen im vorangegangen Asylverfahren sowie das Vorbringen in der niederschriftlichen Einvernahme am 20.12.2018 zu Grunde gelegt. Der Beschwerdeführer gab in dieser Einvernahme an, dass die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren aufrecht wären. Er brachte im gegenständlichen Verfahren keinen Sachverhalt vor, welcher nach Rechtskraft des letzten Asylverfahrens am 05.11.2018 neu entstanden ist. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert.

Insgesamt sind die in der Einvernahme vom 20.12.2018 vorgebrachten zusätzlichen Fluchtgründe vage, erlebnis- sowie detailarm vorgetragen und insgesamt unglaubhaft zu werten. Der Beschwerdeführer ist insgesamt unglaubwürdig, zumal er im Stande der Schubhaft als nicht glaubhaft erkannte Fluchtgründe anführt, weil er in Wahrheit aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr in seiner Heimat leben will.

Ein Abgleich zwischen den Feststellungen des vorangegangen Asylverfahrens und den Länderfeststellungen, welche der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt wurden, ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Algerien. Eine solche würde auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss.

Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

1. Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde (Z 1), kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt (Z 2), im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben (Z 3), und eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist (Z 4).

Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufheben, wenn gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht (Z 1), der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist (Z 2), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z 3).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 ist im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Folgeantrag jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.

Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden. Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 Abs. 3 BFA-VG binnen acht Wochen zu entscheiden.

2. Das Verfahren über den letzten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 23.09.2014 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 31.03.2016 abgeschlossen. Beim Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 10.12.2018 handelt es sich somit um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005.

3. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 31.03.2016 wurde vom Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig abgewiesen. Es liegt somit kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 vor.

4. Die Rückkehrentscheidung der belangten Behörde vom 22.09.2018 gem. § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 wurde mit Abweisung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht am 29.10.2018 rechtswirksam. Seit 01.06.2016 war der Beschwerdeführer in der Justizanstalt Sonnberg und dann im Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel aufhältig und hat daher seit der rechtskräftigen Erlassung der Rückkehrentscheidung das Bundesgebiet nicht verlassen. Die Rückkehrentscheidung gegen ihn ist weiterhin aufrecht.

5. Der Antrag vom 10.12.2018 ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist: Eine Sachverhaltsänderung wurde weder behauptet noch ergibt sich eine solche aus der Aktenlage. Die in der Einvernahme vom 20.12.2018 vorgebrachten Gründe waren als unglaubhaft zu würdigen und erscheinen nicht geeignet, die Verhältnisse der "Sache" des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 31.03.2018 wesentlich zu ändern.

Aus den Länderberichten ergibt sich, dass auch im Hinblick auf die allgemeine Situation im Herkunftsstaat keine maßgebliche Änderung der Lage im Vergleich zum vorangegangenen Bescheid eingetreten ist.

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U1533/10; VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344 mwN).

Auch diesbezüglich wurden keine Sachverhaltsänderungen vorgebracht.

6. Die Abschiebung würde auch keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK darstellen:

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und er in die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Fall keinen Anhaltspunkt. Für den Fall einer Erkrankung bestehen auch in seinem Heimatstaat ausreichende Behandlungsmöglichkeiten. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht bestreiten können sollte, zumal er dort auch über starke familiäre Anknüpfungspunkte verfügt. Außerdem besteht ganz allgemein in Algerien derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, das gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zu EMRK ausgesetzt wäre.

Im Verfahren vor dem BVwG sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK erschlossenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Eine Gefährdung iSd Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK wird vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Im Hinblick auf Art. 8 EMRK hat der Beschwerdeführer, der bereits zweimal, davon einmal als Jugendstraftäter, rechtskräftig verurteilt wurde, angegeben, in Österreich keine Familie oder familienähnliche Lebensgemeinschaft zu haben. Eine besondere Aufenthaltsverfestigung kann angesichts seines zweijährigen Aufenthalts, der seit einem Jahr unrechtmäßig ist und den der Beschwerdeführer vorwiegend dazu benützte, Straftaten zu verüben nicht angenommen werden. Es kann daher auch keine Verletzung seines Rechts auf Privat- oder Familienleben durch eine Abschiebung festgestellt werden.

7. Auf Grund der aktuellen Länderberichte kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer als Zivilperson durch die Rückkehr nach Algerien eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes erwachsen würde.

8. Da somit alle Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 erfüllt sind, ist spruchgemäß festzustellen, dass der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 20.12.2018 rechtmäßig ist und die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen.

9. Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an eine Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Da die in der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen klar sind und keiner Auslegung bedürfen, geht das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,
faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Identität der Sache, Privat- und Familienleben, real risk, reale
Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I407.2125585.3.00

Zuletzt aktualisiert am

07.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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