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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §63 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, in der Beschwerdesache der 1982 geborenen MM in Wien, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 19. November 1998, Zl. IV-722.196/FrB/98, betreffend Niederlassungsbewilligung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Nach dem Beschwerdevorbringen ist die Beschwerdeführerin die minderjährige Tochter einer Drittstaatsangehörigen, welche ihrerseits mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet ist. Der Stiefvater der Beschwerdeführerin habe dieser seinen Namen gegeben.
Mit dem angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 19. November 1998 wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 27. Juli 1998 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) keine Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid trägt folgende Rechtsmittelbelehrung:
"Gemäß § 94 Abs. 3 Fremdengesetz ist eine Berufung nur zulässig, insoweit Sie geltend machen, daß die Aufenthaltserlaubnis zur Fortsetzung bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel VIII MRK benötigt wird. ..."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdelegitimation wird aus § 94 Abs. 3 FrG 1997 abgeleitet, zumal nach dieser Bestimmung vorliegendenfalls eine Berufung unzulässig erscheine.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 7 Abs. 1, die Überschriften zum 4. Hauptstück und dessen
1. Abschnitt, § 47 Abs. 1, 2 und 3 Z. 1, § 49 Abs. 1, § 89 Abs. 1 und 2 sowie § 94 Abs. 1, 3 und 4 FrG 1997 lauten (auszugsweise):
"§ 7. (1) Die Aufenthaltstitel werden als
1.
Aufenthaltserlaubnis oder
2.
Niederlassungsbewilligung erteilt.
...
4. Hauptstück
Sonderbestimmungen für Einreise und Aufenthalt für EWR-Bürger sowie
für Angehörige von EWR-Bürgern und Österreichern
1. Abschnitt
EWR-Bürger
...
§ 47. (1) Angehörige von EWR-Bürgern, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, unterliegen der Sichtvermerkspflicht.
(2) Sofern die EWR-Bürger zur Niederlassung berechtigt sind, genießen begünstigte Drittstaatsangehörige (Abs. 3) Niederlassungsfreiheit; ihnen ist eine Niederlassungsbewilligung auszustellen, wenn ihr Aufenthalt nicht die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet. Solche Fremde können Anträge auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland stellen, wenn sie an sich zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt sind.
...
(3) Begünstigte Drittstaatsangehörige sind folgende Angehörige eines EWR-Bürgers:
1. Ehegatten;
...
2. Abschnitt
Angehörige von Österreichern
§ 49. (1) Angehörige von Österreichern gemäß § 47 Abs. 3, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, genießen Niederlassungsfreiheit; für sie gelten, sofern im folgenden nicht anderes gesagt wird, die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach dem 1. Abschnitt. Solche Fremde können Anträge auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland stellen. Die Gültigkeitsdauer der ihnen die beiden ersten Male erteilten Niederlassungsbewilligung beträgt jeweils ein Jahr.
...
§ 89. (1) Entscheidungen im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen trifft der Landeshauptmann. ...
(2) Entscheidungen im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen trifft jedoch die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese, wenn es sich um den Aufenthaltstitel
1. für einen Drittstaatsangehörigen handelt, der nach dem
4. Hauptstück Niederlassungsfreiheit genießt;
...
3. für Ehegatten oder minderjährige Kinder eines unter Z 1 und 2 fallenden Drittstaatsangehörigen handelt, sofern diese Ehegatten und Kinder nicht erwerbstätig sein wollen.
...
§ 94. (1) Über Berufungen gegen Bescheide nach diesem Bundesgesetz entscheidet, sofern nicht anderes bestimmt ist, die Sicherheitsdirektion in letzter Instanz.
...
(3) Gegen die Versagung einer Erstaufenthaltserlaubnis ist eine Berufung nur zulässig, insoweit der Berufungswerber geltend macht, den Aufenthaltstitel zur Fortsetzung bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu benötigen.
(4) Über Berufungen gegen Bescheide, die im Zusammenhang mit der Erteilung von Niederlassungsbewilligungen vom Landeshauptmann oder von der von ihm ermächtigten Bezirksverwaltungsbehörde erlassen worden sind, entscheidet der Bundesminister für Inneres."
Unbestritten ist, dass die belangte Behörde über einen Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung entschieden hat. Dabei leitete sie offenbar ihre Zuständigkeit aus § 89 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 ab.
Gegen den angefochtenen Bescheid wäre - entgegen der dort erteilten Rechtsmittelbelehrung - aber gemäß § 94 Abs. 1 FrG 1997 eine Berufung an die Sicherheitsdirektion zulässig. Die Ausnahmebestimmung des § 94 Abs. 3 FrG 1997 kommt - entgegen der von der Beschwerdeführerin und von der belangten Behörde in der Rechtsmittelbelehrung vertretenen Auffassung - hier nicht zur Anwendung, weil mit dem angefochtenen Bescheid nicht die Erteilung einer Erstaufenthaltserlaubnis (§ 7 Abs. 1 Z. 1 FrG 1997), sondern die Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung (§ 7 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997) versagt wurde. Auch eine Zuständigkeit des Bundesministers für Inneres gemäß § 94 Abs. 4 FrG 1997 kam vorliegendenfalls nicht in Betracht, weil keine Entscheidung des Landeshauptmannes oder einer von ihm ermächtigten Bezirksverwaltungsbehörde vorliegt.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 26. Februar 1999
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999190008.X00Im RIS seit
20.11.2000