Entscheidungsdatum
08.03.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
I407 2215592-1/4E
BESCHLUSS
In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2019, Zl. 1113595508-190048617, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX alias XXXX alias XXXX geb. XXXX alias XXXX alias XXXX, StA. MAROKKO, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter beschlossen:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes war gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 03.05.2016 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge belangte Behörde) hat mit Bescheid vom 23.05.2016 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 03.05.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Zudem wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und dass die Abschiebung nach Marokko zulässig ist. Es wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid ist am 29.08.2016 in erster Instanz in Rechtskraft erwachsen.
2. Am 20.02.2017 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen der Dublin III-VO aus Deutschland nach Österreich rücküberstellt.
3. Der Beschwerdeführer stellte am 20.02.2017 einen zweiten Asylantrag und wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dazu befragt. In weiterer Folge hat sich der Beschwerdeführer dem Asylverfahren entzogen und wurde dieses eingestellt. Nach Fortsetzung des Verfahrens hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 18.06.2018 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 20.02.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Zudem wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und dass die Abschiebung nach Marokko zulässig ist. Es wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gegen den Beschwerdeführer wurde ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Dieser Bescheid ist am 23.07.2018 in erster Instanz in Rechtskraft erwachsen.
4. Am 15.01.2019 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen der Dublin III-VO aus den Niederlanden nach Österreich rücküberstellt. Am selben Tag stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Asylantrag. Am 08.02.2019 wurde über den Beschwerdeführer die Untersuchungshaft verhängt.
5. Am 18.01.2019 wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung mitgeteilt, dass die belangte Behörde beabsichtige, den Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und ferner beabsichtigt sei, den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben.
6. Am 06.03.2019 wurde der Beschwerdeführer aus dem Stande der Untersuchungshaft in Gegenwart seiner Rechtsberatung von belangten Behörde einvernommen. Er habe eine ausführliche Rechtsberatung in Anspruch genommen. Auf die Frage, ob er bereit sei, freiwillig unterstützt in sein Heimatland zurückzukehren, verneinte er dies. Er stehe derzeit nicht in ärztlicher Behandlung, habe Schlafstörungen leide jedoch an keinen lebensbedrohenden Erkrankungen. Auf den Vorhalt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückzuweisen, gab der Beschwerdeführer an, dass er, als er in Marokko war, Mitglied einer geheimen Gruppe von Homosexuellen gewesen sei. Eines Tages sei ein Mitglied dieser Organisation festgenommen, gefoltert und befragt worden. Dieser habe sie verraten, deshalb habe er Marokko verlassen. Fotos mit dem Hinweis, dass Mitglieder dieser Gruppe homosexuell seien, seien auf facebook gepostet worden, deswegen hatte er Angst um sein Leben, deshalb habe er Marokko verlassen. Es habe auch Demonstrationen gegen sie gegeben, da Marokko ein islamisches Land sei. Er sei aus Tanger mit einem gefälschten Reisepass ausgereist.
Auf den Vorhalt, dass er in seinen beiden ersten Asylverfahren wirtschaftliche Fluchtgründe und bei der Erstbefragung im gegenständlichen Asylverfahren am 15.01.2019 angegeben habe, seit seinem 16. Lebensjahr homosexuell zu sein sowie befürchte, bei einer Rückkehr in sein Heimatland, umgebracht zu werden, halt er diese Aungaben weiterhin aufrecht. Auf die Frage, warum er seine angebliche Homosexualität nicht bereits bei seinem ersten Asylverfahren in Österreich angegeben habe, antwortete der Beschwerdeführer, dass er nach Holland und einen Asylantrag stellen wollte, deshalb habe er hier nichts erwähnt von seiner Homosexualität.
Dem Beschwerdeführer wurde erneut vorgehalten, dass er in seinen erstan beiden, rechtskräftig negativ entschiedenen Asylverfahren wirtschaftliche Fluchtgründe vorgebracht habe. Sein neues Fluchtvorbringen, seit seinem 16. Lebensjahr homosexuell zu sein, weise keinen glaubhaften Kern auf. Daraufhin führte der Beschwerdeführer aus, er sei homosexuell, man könne bei ihm Untersuchungen vornehmen.
Dem Beschwerdeführer wurde Gelegenheit gegeben, in aktuelle Länderfeststellungen zu seinem Heimatstaat Einsicht zu nehmen. Er gab dazu keine Stellungnahme ab.
Auf den erneuten Vorhalt, dass das vom Beschwerdeführer dargebrachte Vorbringen nicht geeignet sei, einen neuen asylrelevanten Sachverhalt zu begründen und beabsichtigt sei, den Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung stehe dem Beschwerdeführer nicht zu, replizierte dieser, dass sein Leben in Gefahr sei, wenn er nach Marokko zurückkehre.
Der Beschwerdeführer gab vor der belangten Behörde an, ausreichend Gelegenheit gehabt zu haben, die Gründe für den Asylantrag vollständig und umfassend zu schildern und auch alle sonstigen Hindernisse darzulegen, die einer Rückkehr ins Heimatland entgegenstehen. Wenn sein Asylantrag negativ entschieden werde, werde er einen Anwalt nehmen und sein Freund aus Holland solle herkommen und bezeugen, dass er homosexuell sei.
Der Beschwerdeführer bestätigte, dass alles richtig protokolliert worden sei.
7. In der Folge wurde gegenüber dem Beschwerdeführer mit mündlich verkündetem Bescheid der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Dies wurde damit begründet, dass das Vorverfahren des Beschwerdeführers rechtskräftig sei. Der nunmehrige Antrag auf internationalen Schutz sei voraussichtlich zurückzuweisen, da das Vorbringen des Asylwerbers im gegenständlichen Asylverfahren keinen glaubhaften Kern aufweise.
Der Beschwerdeführer verfüge über keine nicht auf das Asylgesetz gestützte Aufenthaltsberechtigung in Österreich.
Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände könne nicht festgestellt werden, dass die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Auch habe sich die allgemeine Lage in seinem Herkunftsland nicht entscheidungswesentlich geändert. Die gegen den Beschwerdeführer bestehende Rückkehrentscheidung sei aufrecht. Auch bezüglich der persönlichen Verhältnisse oder des körperlichen Zustands sei keine Veränderung im Hinblick auf die vorherige Entscheidung eingetreten.
8. Der mündlich verkündete Bescheid über die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes wurde der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts am 08.03.2019 samt dem Verwaltungsakt vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Die Vorlage des Aktes durch das Bundesamt am 08.03.2019 gilt gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 bereits als Beschwerde.
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Marokko. Er besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft.
Der Beschwerdeführer befindet sich im Stand der Untersuchungshaft.
Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich der Beschwerdeführer auf Gründe, die bereits Gegenstand des vorangegangenen Asylverfahrens waren. Weder im Hinblick auf die allgemeine Lage in Marokko noch im Hinblick auf die anzuwendenden rechtlichen Bestimmungen ist seit dem rechtskräftigen Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens am 23.07.2018 eine maßgebliche Änderung der Rechtslage eingetreten.
In Bezug auf den Fremden besteht kein schützenswertes Privatund/oder Familienleben im Bundesgebiet. In Bezug auf seinen Gesundheitszustand ist betreffend einer allenfalls vorzunehmenden Abschiebung darauf hinzuweisen, dass vor einer Abschiebung durch die zuständige Behörde/Amtsarzt eine Prüfung dahingehend vorzunehmen ist, ob eine beabsichtigte Abschiebung eine EMRK-widrige Behandlung des Beschwerdeführers bedeuten würde.
2. Beweiswürdigung:
Die Angaben zur Person des Beschwerdeführers fußen auf seinen Aussagen.
Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer aktuell im Stand der Untersuchungshaft befindet, fußt auf einer telefonischen Anfrage des verfahrensführenden Richters in der JA Wiener Neustadt am 07.03.2019.
Die Angaben zu den Asylverfahren des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorliegenden Akten der belangten Behörde und des BVwG.
Der Beschwerdeführer erklärte im gegenständlichen Verfahren in der Erstbefragung, dass er seit seinem 16. Lebensjahr homosexuell wäre. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland befürchte er, umgebracht zu werden. In der niederschriftlichen Befragung vor der belangten Behörde gab er an, dass er die in den ersten beiden Asylverfahren vorgebrachten wirtschaftlichen Gründe aufrecht erhalte.
Im Rahmen der Erstbefragung des ersten Asylverfahrens hatte der Beschwerdeführer am 11.04.2016 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzgl. Ihrer Fluchtgründe nachfolgende Angaben gemacht:
"In meiner Heimat herrscht Armut, mein Vater ist arbeitslos, er hat mich und meine Schwester geschlagen. Ich musste die Schule abbrechen, um etwas Geld zu verdienen."
Im vorangegangen (zweiten) Asylverfahren hatte der Beschwerdeführer in der Ersteinvernahme am 20.02.2017 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes vorgebracht:
"In meiner Heimat herrscht Armut, mein Vater ist arbeitslos, er hat mich und meine Schwester geschlagen. Ich musste die Schule abbrechen, um etwas Geld zu verdienen."
Zu seiner Rückkehrbefürchtung gab er an:
"Ich fürchte mich vor der Armut und dass ich keine Zukunft in meiner Heimat habe."
In seiner niederschriftlichen Einvernahme zum zweiten Asylantrag am 18.06.2018 vor der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer befragt nach seinem Fluchtgrund folgendes an:
"Wie bereits erwähnt, ich habe meine Heimat im Mai 2016 legal verlassen, weil ich mir ein besseres Leben aufbauen wollte. Ich Marokko hatte ich keine Unterkunft, keine Arbeit und war dort nicht versichert. Wenn ich eine Krankheit dort hätte, dann hätte ich keine Versicherung die das bezahlt. Das ist alles.
Zudem haben wir keine Sicherheit mehr in Marokko."
Insgesamt sind die in der Einvernahme vom 06.03.2019 vorgebrachten zusätzlichen Fluchtgründe als nicht asylrelevant zu werten, zumal der Beschwerdeführer seine Behauptung, bereits in Marokko wegen seiner angeblich schon vor seinem ersten Asylverfahren bestandenen Homosexualität verfolgt worden zu sein, mit keinem Wort in seinen ersten beiden Asylverfahren erwähnte.
Nach seinen eigenen Angaben befand sich Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Einvernahme weder in ärztlicher Behandlung noch nahm er Medikamente zu sich. Von einer als Abschiebungshindernis zu wertenden lebensgefährlichen Erkrankung kann daher nicht ausgegangen werden. Der Ansicht der belangten Behörde, dass es dem Beschwerdeführer im Folgeverfahren nicht gelungen ist, einen Fluchtgrund glaubhaft zu machen, ist daher beizupflichten.
Ein Abgleich zwischen den Feststellungen des vorangegangenen Asylverfahrens und den Länderfeststellungen, welche der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt wurden, ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Marokko. Eine solche würde auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss.
Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
1. Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde (Z 1), kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt (Z 2), im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben (Z 3), und eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist (Z 4).
Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufheben, wenn gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht (Z 1), der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist (Z 2), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z 3).
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 ist im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Folgeantrag jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.
Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden. Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 Abs. 3 BFA-VG binnen acht Wochen zu entscheiden.
2. Das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz vom 20.02.2017 wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 18.06.2018 abgewiesen. Dieser Bescheid ist am 23.07.2018 in 1. Instanz in Rechtskraft erwachsen. Beim Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 15.01.2019 handelt es sich somit um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005.
3. Gegen den abweisenden Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl im vorangegangen Asylverfahren wurde keine Beschwerde erhoben. Dieser Bescheid erwuchs ohne weiteres in Rechtskraft. Es liegt somit kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 vor.
4. Die Rückkehrentscheidung der belangten Behörde vom 18.06.2018 gem. § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 wurde rechtswirksam.
5. Der Antrag vom 15.01.2019 ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist: Eine Sachverhaltsänderung, die einen glaubhaften Kern aufweist, wurde weder behauptet noch ergibt sich eine solche aus der Aktenlage. Die in der Einvernahme vom Mittwoch, den 06.03.2019 vorgebrachten Gründe waren als nicht asylrelevant zu würdigen und erscheinen nicht geeignet, die Verhältnisse der "Sache" des Bescheids der belangten Behörde vom 18.06.2018 wesentlich zu ändern.
Aus den Länderberichten ergibt sich, dass auch im Hinblick auf die allgemeine Situation im Herkunftsstaat keine maßgebliche Änderung der Lage im Vergleich zum vorangegangenen Bescheid eingetreten ist.
Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U1533/10; VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344 mwN).
Auch diesbezüglich wurden keine Sachverhaltsänderungen vorgebracht.
6. Die Abschiebung würde auch keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK darstellen:
Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und er in die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Fall keinen Anhaltspunkt. Für den Fall einer Erkrankung bestehen auch in seinem Heimatstaat ausreichende Behandlungsmöglichkeiten. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht bestreiten können sollte, zumal er dort auch über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt. Außerdem besteht ganz allgemein in Marokko derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, das gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zu EMRK ausgesetzt wäre.
Im Verfahren vor dem BVwG sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK erschlossenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
Eine Gefährdung iSd Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK wird vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Im Hinblick auf Art. 8 EMRK hat der Beschwerdeführer angegeben, in Österreich keine Familie oder familienähnliche Lebensgemeinschaft zu haben. Eine besondere Aufenthaltsverfestigung kann angesichts seines kurzen Aufenthalts nicht angenommen werden. Es kann daher auch keine Verletzung seines Rechts auf Privat- oder Familienleben durch eine Abschiebung festgestellt werden.
7. Auf Grund der aktuellen Länderberichte kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer als Zivilperson durch die Rückkehr nach Marokko eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes erwachsen würde.
8. Da somit alle Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 erfüllt sind, ist spruchgemäß festzustellen, dass der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 06.03.2019 rechtmäßig ist und die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes vorlagen.
9. Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe insbesondere die zur Zuweisungsfähigkeit und Vereitelungshandlung zitierte Rechtsprechung); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich anzusehen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I407.2215592.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.06.2019