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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §33 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der 1971 geborenen SA in Wien, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. September 1996, Zl. 119.906/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluss gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, welche noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte, beantragte im Weg über die österreichische Botschaft in Preßburg mit einem am 26. März 1996 bei der Aufenthaltsbehörde erster Instanz eingelangten Antrag die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26. September 1996 wurde dieser Antrag gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z 4 und Z 6 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen. Die belangte Behörde stellte fest, die Beschwerdeführerin sei mit einem Touristensichtvermerk (ausgestellt von der österreichischen Botschaft in Kairo, gültig vom 1. Jänner 1996 bis 31. März 1996) eingereist und habe ihren damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verlängern wollen. Fest stehe zudem, dass sich die Beschwerdeführerin seit Ablauf des Touristensichtvermerkes unerlaubt und ohne jegliche Aufenthaltsberechtigung im österreichischen Bundesgebiet aufhalte. Dies stelle eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar. In Hinblick auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes erübrige sich das Eingehen auf eventuelle private und familiäre Interessen, weil das Vorliegen des § 10 Abs. 1 Z 6 FrG einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 8 MRK geschützte Grundrecht darstelle.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 10. Juni 1997, B 4786/96-4, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gab der Bundesminister für Inneres bekannt, dass der Beschwerdeführerin eine Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft ausgenommen Erwerbstätigkeit" mit Gültigkeit vom 9. Oktober 1998 bis 9. Oktober 1999 erteilt worden sei und beantragte die Einstellung des Verfahrens. Die Beschwerdeführerin gab hiezu keine Äußerung ab.
Aufgrund der diesbezüglich unbedenklichen Aktenlage geht der Verwaltungsgerichtshof im folgenden davon aus, dass der Beschwerdeführerin eine Niederlassungsbewilligung erteilt worden war.
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im Besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).
§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluss vom 9. April 1980 darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat.
Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Beschwerdefall gegeben, weil es sich beim im vorliegenden Beschwerdefall maßgeblichen Antrag der Beschwerdeführerin, die noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte, um einen Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung handelte (vgl. den hg. Beschluss vom 27. Februar 1998, Zl. 96/19/0723). Die Beschwerde war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch gemäß § 56 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist. Da im vorliegenden Fall die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand nicht erfordert, waren die Kosten jener Partei zuzusprechen, die bei aufrechtem Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegt hätte.
Dies ist die belangte Behörde, weil die Beschwerdeführerin der Sachverhaltsfeststellung, wonach sie mit einem Touristensichtvermerk eingereist sei und ihren Aufenthalt mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag verlängern wollte, nicht entgegentritt und auch nicht bestreitet, dass sie sich im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Bundesgebiet aufgehalten hat. Damit ist aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 6 FrG verwirklicht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 12. September 1997, Zl. 95/19/1413). Auch das erstmals in der Beschwerde erstattete - geradezu unverständliche - Vorbringen der Beschwerdeführerin, es habe sich bei ihrem Antrag vom 12. März 1996 um einen solchen auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 FrG gehandelt, führt schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis, weil die Beschwerdeführerin nach dem eindeutigen Wortlaut des Antrags und der Berufung die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz anstrebte. Bei aufrechtem Rechtsschutzinteresse wäre die Beschwerde somit abzuweisen gewesen.
Die Kosten waren daher gemäß §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 der belangten Behörde zuzusprechen.
Wien, am 26. Februar 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997191566.X00Im RIS seit
20.11.2000