TE Bvwg Beschluss 2019/4/23 W166 2008033-2

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Veröffentlicht am 23.04.2019
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Entscheidungsdatum

23.04.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VOG §1
VOG §10
VOG §3
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W166 2008033-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Michael SVOBODA als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Mag. Franz Galla, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 30.11.2016, Zl. XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ersatz des Verdienstentganges nach dem Verbrechensopfergesetz beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer brachte am 05.12.2012 einen Antrag auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz in Form des Ersatzes des Verdienstentganges beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien (im Folgenden: belangte Behörde), ein.

Der Beschwerdeführer gab an, in der Zeit von 1956 bis 1978 in den Heimen Himmelhof, Edelhof, Wimmersdorf, Eggenburg und dem Gesellenheim Zohmangasse untergebracht gewesen zu sein.

Als Antragsbegründung legte der Beschwerdeführer einen Clearingbericht des "Weissen Ringes" von Gesprächen am 08.09.2010 und am 22.11.2010 bei und gab als Gesundheitsschädigungen eine Hüftdysplasie, psychosomatische Störungen sowie Magenerkrankungen an.

Dem Clearingbericht ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer im Alter von drei Monaten ins Heim am Himmelhof gekommen und dort bis zu seinem siebenten Lebensjahr gewesen sei. Seine Mutter habe ihn ins Heim gegeben, weil er unerwünscht gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe noch elf Geschwister gehabt. Im Himmelhof seien "Watschen" an der Tagesordnung gewesen, und der Beschwerdeführer sei auch in einen dunklen Keller gesperrt worden und habe tagsüber kein Essen bekommen.

Danach sei er bis zu seinem zehnten Lebensjahr im Kinderheim Edelhof untergebracht gewesen. Dort habe es eine besonders grausame Schwester namens XXXX gegeben, die immer fest zugeschlagen habe. Dort sei der Beschwerdeführer auch an den Füßen gehalten, geschüttelt und mit dem Kopf nach unten in eine Badewanne mit kaltem Wasser getaucht worden. Auch sei er mit einem Besenstiel auf das nackte Gesäß geschlagen worden. Einmal habe der Beschwerdeführer auch vier Stunden bei Gewitter im Regen stehen müssen. Eines Tages habe ihn eine Novizin verführen wollen, der Beschwerdeführer sei aber davongelaufen. Später sei er dann von einer Ersatzerzieherin verführt worden. Der Beschwerdeführer sei immer krank gewesen und habe Schwindelanfälle gehabt, einen Arzt habe er aber nie gesehen.

Im Alter von 13 Jahren sei er nach Eggenburg gekommen. Dort sei er ständig beschimpft worden und es habe ein ordinärer Umgangston geherrscht. Einmal habe er den ganzen Tag im Schlafraum knien müssen. Sehr brutal seien die " XXXX " gewesen.

Sexuelle Übergriffe durch die Erzieher seien bei allen Kindern an der Tagesordnung gewesen. Die Erzieher und die älteren Zöglinge hätten immer zusammengehalten, und so sei er einmal mit Wissen der Erzieher von einem älteren Zögling sexuell missbraucht worden.

In Eggenburg sei der Beschwerdeführer bis zu seinem 18. Lebensjahr gewesen, habe dort die Malerlehre abgeschlossen und sei dann in das Gesellenheim Zohmangasse gekommen. Obwohl der Beschwerdeführer zu seiner Mutter kaum Kontakt gehabt habe, sei ihm im Gesellenheim sein erspartes Geld abgenommen und der Mutter übergeben worden, da man nicht gewollt habe, dass der Beschwerdeführer das Geld für Rauschgift und Prostituierte verwende.

Während seiner Heimaufenthalte sei der Beschwerdeführer nie medizinisch untersucht worden, und es seien auch keine Maßnahmen bezüglich seiner Beckendeformation getroffen worden. Im Alter von 20 Jahren sei er "nervlich kaputt" gewesen, habe an Minderwertigkeitskomplexen gelitten, und der Beschwerdeführer beiße noch heute an den Nägeln und leide an Angstvorstellungen. Aufgrund seiner Hüftdysplasie habe er mehrere Operationen hinter sich und Plastiken in den Gelenken. Der Beschwerdeführer habe starke finanzielle Einbußen erlitten und leide sehr darunter, dass er seinen Beruf als Maler nicht mehr ausüben könne.

Im Rahmen der Antragstellung legte der Beschwerdeführer eine Kopie seines Reisepasses, ein Konvolut an medizinische Unterlagen, eine Bestätigung über eine Entschädigungsleistung und die Kostenübernahme für Therapiestunden durch die Stadt Wien sowie Bescheide nach dem Behinderteneinstellungsgesetz vor.

Aus den in Kopie übermittelten Teilen des Pflegschaftsaktes ergibt sich, dass der Beschwerdeführer am 16.10.1956 in die Kinderübernahmestelle (KÜST), Wien 9, übernommen wurde. Als Grund für die Überstellung wird die Obdachlosigkeit der Eltern angegeben.

In einem psychologischen Gutachten vom 03.09.1958 wurde unter anderem ausgeführt: " XXXX fällt in der Gruppe durch keinerlei Verhaltensschwierigkeiten auf, er wirkt seiner Größe und auch seinem Verhalten nach zu schließen wie ein etwa 2 jähr. Kind. Auch der Test hat gezeigt, dass er sich entwicklungsmäßig auf dieser Stufe befindet. Da sich der Entwicklungsrückstand von etwa 3 Monaten gleichmäßig über alle geprüften Dimensionen erstreckt, muss man annehmen, dass es sich bei XXXX um einen Spätentwickler handelt, der natürlich unter Heimbedingungen nicht die intensive Förderung erfahren hat, die er vielleicht benötigen würde (...). Das Kind wird für das Kinderheim am Himmel vorgeschlagen (...)."

Der Beschwerdeführer wurde am 15.12.1958 ins Kinderheim "Am Himmel" überstellt.

Berichten des Jugendamtes vom 29.06.1961 und vom 16.04.1974 ist zu entnehmen, dass die Eltern kein Interesse an dem Beschwerdeführer hatten, und dass der Beschwerdeführer anlässlich der Besuche zu Hause von seinem Vater misshandelt worden ist.

Aus dem Akteninhalt geht weiters hervor, dass der Beschwerdeführer ab 02.07.1963 im Kinderheim Rohrbach, ab 11.07.1966 im Heim Wimmersdorf und ab 27.08.1969 im Heim Lindenhof untergebracht worden ist, in den Jahren 1971 bis 1974 eine Malerlehre absolviert und erfolgreich abgeschlossen hat, und am 04.10.1974 im Gesellenheim Zohmangasse aufgenommen wurde.

Die belangte Behörde holte einen Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung vom 28.03.2013 ein. Laut dem Versicherungsdatenauszug bezieht der Beschwerdeführer seit 01.02.1996 eine Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit.

Am 11.04.2013 langte beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Schreiben der Psychotherapeutin des Beschwerdeführers ein, in welchem über die Gesundheitsschädigung und die Behandlung des Beschwerdeführers berichtet wurde.

In der Folge legte der Beschwerdeführer weitere medizinische Unterlagen vor.

Seitens der belangten Behörde wurde zur Abklärung der Fragen, welche psychischen Gesundheitsschädigungen verbrechenskausal seien, ein nervenfachärztliches Gutachten eingeholt.

In diesem Gutachten einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 27.11.2013 wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

"Aus der biografischen Anamnese:

Seine Mutter habe er nur flüchtig gekannt, an den Vater könne er sich gar nicht erinnern. Obwohl er von diesem so geschlagen worden sei, dass er ein Brillenhämatom und sichtbare Striemen am Rücken und Gesäß gehabt habe. Er sei das 7. von insgesamt 13 Kindern gewesen. Alle seien von demselben Vater. 12 Mädchen. Er sei der einzige Bub gewesen. Der Vater sei auch Maler gewesen, Alkoholiker. Mit 1 Jahr sei er bereits ins Heim gekommen. Er sei als "Waisenkind" aufgezogen worden. Erst in Eggenburg habe er zufällig von der Direktorin erfahren, dass er doch Eltern habe. Er habe daraufhin einen Brief geschrieben, sei aber nur beschimpft worden. Einmal sei er zu Hause gewesen, aber auch da sei der Kontakt böse und primitiv gewesen. Er habe zeitlebens schwere Komplexe gehabt, habe bettgenässt, Nägel gebissen und auch gestottert. Die Heimerfahrungen seien fürchterlich gewesen. Eggenburg sei am schlimmsten gewesen. Er habe damals auch gedacht, er wolle nicht mehr weiterleben. Die Erziehung sei christlich gewesen und er sei auch ein sehr naiver Bub gewesen, der noch mit 13 Jahren ans Christkind und den Osterhasen geglaubt habe.

Über die Erlebnisse könne er nur sehr schwer sprechen. Er leide immer noch an seinen Erinnerungen.

Auszüge aus dem Akt:

Die Eltern seien obdachlos gewesen, es habe auch Misshandlungsspuren an den Geschwistern gegeben, sodass die Heimunterbringung erforderlich gewesen sei. Seine Schwester und er seien noch unehelich geboren worden, erst dann hätten die Eltern geheiratet. XXXX wird als zartes Kind beschrieben, das wenig gesprochen habe und gerne gespielt hätte, auch gerne spazieren gegangen wäre. Ein Intelligenztest nach HAWIK habe 1966 (da sei er 10 Jahre alt gewesen) ein Ergebnis von 77 ergeben. Auch damals hätten sich schon Neuropathiezeichen gefunden, Nervosität.

Später wurde XXXX als guter Zeichner und Maler beschrieben, der als einziger Lehrling mit ornamentalen Wandschmuck-Malereien betraut werden konnte. Diese habe er mit Ausdauer, Begeisterung und Sorgfalt ausgeführt.

Prof. XXXX (10.11.1970) wird zitiert, der XXXX als grenzdebil, massiv verwahrlost beschreibt und XXXX ein Geltungsstreben attestiert. Starre nicht stabilisierte Affektdynamik, latente und manifeste Aggresionstendenzen, Schlampigkeit und Jähzorn werden auch erwähnt. Der Eigentumsbegriff sei unterentwickelt. In diesem Bericht des Lindenhofes vom 5.3.1974 (Aktenblatt, AB, 191) wird auch eine Jugendstrafe notiert. (§ 171 ff, 6 Wochen strenger Arrest auf 3 Jahre, § 460, 3 Jahre Probezeit bis 25.10.1974)

1974 sei er von Mitbewohnern geschlagen worden, wodurch eine Rissquetschwunde am rechten Oberlid hervorgerufen wurde.

Sonst werden Schlampigkeit, Entweichungen, Verführbarkeit, Jähzorn und Geltungsbedürfnis beschrieben.

Ein neuerlicher Intelligenztest vom 29.3.1972 (AB176) beschreibt unterdurchschnittliche Intelligenz im WIT/A von 41. Was einem IQ von 88 nach HAWIE entspricht.

Durchgängig sind die Beschreibungen XXXX Persönlichkeit eher negativ: schwer gestörter Bub, Tagträumer, wenig Pflichtgefühl, mangelnder Ordnungssinn, kontaktarm, Stänkerer, Kameradschaftsdiebstähle, Launenhaftigkeit, etc. (AB 173, 170, 168, 166, 165, 159, 157, 122, etc.)

Im Kommissionsbericht über Heimaufenthalte (AB 45-47) vom September und November 2010 werden die Quälereien und Sadismen, die in den diversen Heimen verübt wurden, beschrieben. Schläge, Eintauchen ins Wasser, kaltes Abduschen, Essensverwehrung, Einsperren, Ängstigen, Missbrauch durch eine junge Ersatzerzieherin. Er selbst meint in diesem Bericht, "mit 20 Jahren sei er nervlich kaputt" gewesen.

Laut BSA wurde eine Behinderung wegen der Hüftdysplasien und GdB von 60 von Hundert ausgesprochen. Wegen der Hüftprobleme sei er auch immer wieder in Invaliditätspension gewesen. Derzeit lebe er von einer seit 1996 ausgesprochenen Pension.

Für die Beurteilung wird auch der Bericht der Psychotherapeutin Dr. XXXX , AB 105, vom 6.4.2013, herangezogen.

Neurologischer Status:

Linkshänder. Schonhinken rechts. Schmerzen links mehr als rechts. Rechtsthoracale Skoliose. Neurologisch links Schwäche in den unteren Extremitäten. Aber keine radiculären Defizite. Keine Halbseitenzeichen. Sämtliche Koordinationsversuche regelrecht. Auch sonstige Steh- und Gehversuche bis auf das beschriebene Hinken regelrecht. Hirnnerven unauffällig.

Psychischer Status:

Cognitiv einfach strukturiert, aber keine Denkstörungen, keine produktive Symptomatik. Befindlichkeit klagsam, etwas resigniert, aber ausreichend mitschwindgend und in Resonanz zu bringen. Keine akute Suizidalität. Offen und kooperativ im Gespräch.

Beantwortung der gestellten Fragen:

1. Beim Antragsteller liegt eine konstitutionell bedingte Persönlichkeitsstörung vor, für die auch die Begriffe "Charakterneurose" beziehungsweise "pathologische Persönlichkeit" verwendet werden können. (ICD 10 F 60.9). Diese Diagnose inkludiert die von der Psychotherapeutin verwendete Diagnose, die Herrn L. als ängstlich, vermeidend persönlichkeitsgestört definiert.

2. Antragsteller weist von Geburt an durch das Aufwachsen in einer sozial problematischen Familie Auffälligkeiten auf. Auch die intellektuelle Minderbegabung hat eine Rolle gespielt. Die Familie war zum Geburtszeitpunkt von XXXX obdachlos, der Vater wurde als Alkoholiker und gewalttätig beschrieben. Sodass XXXX bereits als Baby in Heimunterbringung gekommen war. Die Heimunterbringung war mit Sicherheit nicht förderlich und hat die anlagebedingte ungünstige Lage verschärft und eine gelungene Entwicklung mit Sicherheit verhindert. Aber nicht zum überwiegenden Teil.

3. Die Arbeitsunfähigkeit liegt nicht auf Grund der kausalen Gesundheitsschädigungen vor, sondern auf Grund der anlagebedingten Hüftdysplasie und der nachfolgenden Operationen, die aber keine vollkommene Beschwerdefreiheit brachten.

4. Nein. Die Traumata durch die Heimunterbringung haben den beruflichen Werdegang nicht maßgeblich beeinflusst. Hat doch der Antragsteller trotz ungünstiger intellektueller und auch persönlicher Ressourcen den Lehrabschluss geschafft, hat seinen Meister als fördernd und "wie einen Vater" beschrieben und hat auch viele Jahre als Maler gearbeitet. Erst durch rezidivierende Magengeschwüre, die dann zu einer Magenoperation geführt haben, hat sich die Einsetzbarkeit verändert. Und dann durch die zahlreichen Operationen wegen Hüftdysplasie."

Die belangte Behörde brachte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 12.12.2013 gemäß § 45 Abs. 3 AVG das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis und räumte ihm die Möglichkeit ein, dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

In diesem Schreiben führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben psychische und physische Gewalt in Form von Schlägen sowie sexuellen Missbrauch in den Heimen

Am Himmel, Rohrbach, Wimmersdorf, Eggenburg und in der Zohmangasse erlitten habe. Der Beschwerdeführer habe eine Lehre als Maler und Anstreicher absolviert, diesen Beruf überwiegend ausgeübt und sei zuletzt als Lagerarbeiter beschäftigt gewesen. Laut nervenärztlichem Gutachten liege beim Beschwerdeführer eine konstitutionell bedingte Persönlichkeitsstörung vor, und es habe die schwierige familiäre Situation, insbesondere die Obdachlosigkeit der Familie und der gewalttätige und alkoholkranke Vater, zur Heimunterbringung des Beschwerdeführers als Baby geführt. Die Arbeitsunfähigkeit liege aufgrund der anlagebedingten Hüftdysplasie und nicht aufgrund der kausalen Gesundheitsschädigungen vor. Erst durch rezidivierende Magengeschwüre und die Magenoperation sowie durch zahlreiche Operationen wegen Hüftdysplasie hätte sich die berufliche Einsetzbarkeit verändert. Daher beziehe der Beschwerdeführer die Invaliditätspension aufgrund akausaler Gesundheitsschäden.

Die dem Beschwerdeführer zugefügten Misshandlungen würden nicht in Frage gestellt, und es könne durchaus möglich sein, dass sich die Berufslaufbahn des Beschwerdeführers wegen der erlittenen Misshandlungen und den daraus resultierenden physischen und psychischen Beeinträchtigungen anders gestaltet hätte. Allerdings könne das Vorliegen eines verbrechenskausalen Verdienstentganges im fiktiven schadensfreien Verlauf zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mit der für das Verbrechensopfergesetz erforderlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden.

In der Stellungnahme vom 13.01.2014 führte der Beschwerdeführer aus, dass die nervenärztliche Begutachtung nur zehn bis fünfzehn Minuten gedauert habe, und ein derart komplexer Sachverhalt nicht in so kurzer Zeit beurteilt werden könne. Seine angeborene Hüftdysplasie sei nicht berücksichtigt worden, und hätten es die damals für ihn Verantwortlichen verabsäumt, den Beschwerdeführer diesbezüglich ärztlich zu behandeln. Daher sei er Jahrzehnte durch Schmerzen und Beschwerden beeinträchtigt gewesen. Nach den Hüftoperationen habe er seinen Beruf als Maler nicht mehr ausüben können, und er habe sich im Jahr 1986 auch einer Magenoperation unterziehen müssen. Die Ursache für die Magenoperation sei zweifelsfrei psychosomatisch bedingt gewesen. Nach allen diesen Operationen sei er zwangsweise in die Frühpension geschickt worden. Nach Ansicht des Beschwerdeführers stehe zweifelsfrei fest, dass die Frühpensionierung zu einer Erwerbsminderung geführt habe. Zu den im Akt des Beschwerdeführers befindlichen Feststellungen zu seiner Intelligenz sei festzuhalten, dass hier einer vom anderen abgeschrieben habe, und könne sich der Beschwerdeführer überhaupt nicht an die angeblich zahlreich durchgeführten Intelligenztests erinnern. Aus den dargelegten Gründen ersuche der Beschwerdeführer um neuerliche Beurteilung und Befundaufnahme.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 25.01.2014 übermittelte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme seiner Psychotherapeutin und führte weiters aus, dass er nicht in einer sozial problematischen Familie aufgewachsen, sondern bereits als Baby den Eltern abgenommen und in ein Heim gebracht worden sei. Die ungünstige Entwicklung des Beschwerdeführers sei daher ausschließlich den Heimverantwortlichen zuzurechnen. Der Beschwerdeführer weise nochmals darauf hin, dass es die Heimleitung unterlassen habe, sich um seine erkennbare orthopädische Beeinträchtigung zu kümmern. Die Traumata der Heimunterbringung hätten durchaus seien beruflichen Werdegang maßgeblich beeinflusst und sei der Lehrabschluss jedem Zögling ermöglicht worden, um die Grundlage für das weitere berufliche Leben in Freiheit zu legen. Das vom Beschwerdeführer beschriebene gute Verhältnis zu seinem Meister sei so zu sehen, dass dem Meister erstmals sein Talent aufgefallen sei und der Beschwerdeführer dadurch erstmals ein Selbstwertgefühl gespürt habe. Dies bestärke noch heute seine Erinnerung. Dies habe ihm die weitere Berufsausübung trotz der Schmerzen ermöglicht. Die Traumata seien aber dadurch nicht beseitigt worden und so kam es zur Magenoperation, deren Ursache die jahrelange psychische Belastung gewesen sei. Dies werde durch die vorgelegten Befunde bestätigt. Durch die Gehbeeinträchtigungen nach seinen Operationen sei es dann zur Pensionierung gekommen, gegen die sich der Beschwerdeführer vergeblich gewehrt habe.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.03.2014 wurde der Antrag auf Ersatz des Verdienstentganges gemäß § 1 Abs. 1 und 3, § 3, sowie § 10 Abs. 1 des Verbrechensopfergesetzes (VOG) abgewiesen.

In dem Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass der Antrag auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz am 05.12.2012 gestellt worden sei, weshalb die Anspruchsvoraussetzungen erst mit Beginn des auf den Antrag folgenden Monats zu prüfen seien.

Weiters wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben psychische und physische Gewalt in Form von Schlägen und sexuellem Missbrauch in den Heimen "Am Himmel, Rohrbach, Wimmersdorf, Eggenburg und in der Zohmanngasse" erlebt habe.

Der Beschwerdeführer habe eine Lehre als Maler und Anstreicher absolviert, diesen Beruf überwiegend ausgeübt und sei zuletzt als Lagerarbeiter beschäftigt gewesen. Seit 1996 beziehe er eine Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit.

Laut nervenärztlichem Gutachten liege beim Beschwerdeführer eine konstitutionell bedingte Persönlichkeitsstörung vor, und es habe die schwierige familiäre Situation, insbesondere die Obdachlosigkeit der Familie und der gewalttätige und alkoholkranke Vater, zur Heimunterbringung des Beschwerdeführers als Baby geführt. Die Arbeitsunfähigkeit liege aufgrund der anlagebedingten Hüftdysplasie und nicht aufgrund der kausalen Gesundheitsschädigungen vor. Erst durch rezidivierende Magengeschwüre und die Magenoperation sowie durch zahlreiche Operationen wegen Hüftdysplasie hätte sich die berufliche Einsetzbarkeit verändert. Daher beziehe der Beschwerdeführer die Invaliditätspension aufgrund akausaler Gesundheitsschäden.

Die belangte Behörde führte weiters aus, dass die dem Beschwerdeführer zugefügten Misshandlungen in keiner Weise in Frage gestellt würden. Es sei auch möglich, dass sich die Berufslaufbahn des Beschwerdeführers wegen der erlittenen Misshandlungen und den daraus resultierenden physischen und psychischen Beeinträchtigungen anders gestaltet hätte. Allerdings könne das Vorliegen eines verbrechenskausalen Verdienstentganges im fiktiven schadensfreien Verlauf zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mit der für das Verbrechensopfergesetz erforderlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden.

Gemäß § 45 Abs. 3 AVG sei dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen.

In der fristgerecht eingebrachten Stellungnahme habe der Beschwerdeführer vorgebracht, dass durch die Unterlassung der Behandlung seiner Hüftdysplasie im Kindesalter eine massive Verschlechterung seines Leidens eingetreten sei, und durch die nachfolgenden Operationen und die Beeinträchtigungen sei es zu einer frühzeitigen Pensionierung wegen Invalidität gekommen. Dem gesamten Akteninhalt sei jedoch nicht zu entnehmen, dass die Hüftdysplasie zum Zeitpunkt des Heimaufenthaltes bereits bekannt gewesen sei und daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass es sich dabei um eine Vorsatztat im Sinne des § 1 Abs. 1 VOG handle.

Aus den dargelegten Gründen sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 07.05.2014 vom Beschwerdeführer, vertreten durch einen Rechtsanwalt, Beschwerde erhoben. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer durch den Bescheid in seinem Recht auf Ersatz des Verdienstentganges nach dem Verbrechensopfergesetz bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen dafür und auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens verletzt sei, und der Bescheid in vollem Umfang angefochten werde.

Der Verwaltungsakt samt der Beschwerde wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 12.05.2014 vorgelegt.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.06.2015, Zl. W166 2008033-1/3E, wurde der Bescheid aufgehoben, und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass dem Bescheid nicht zu entnehmen sei, von welchen konkreten Tathandlungen die belangte Behörde ausgehe, und es seien keinerlei Feststellungen zu den vorgebrachten Misshandlungen bzw. sexuellem Missbrauch getroffen worden. Es sei auch nicht nachvollziehbar, von welchen psychischen bzw. physischen Gesundheitsschädigungen die belangte Behörde überhaupt ausgehe, und es seien keine ärztlichen Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Orthopädie, der Inneren Medizin und der Neurologie/Psychiatrie zu den vorgebrachten Leidenszuständen eingeholt worden.

Überdies sei der Beschwerdeführer nie selbst zum Sachverhalt befragt worden.

In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde am 17.09.2015 niederschriftlich einvernommen, und wurden von der belangten Behörde die Einholung von fachärztlichen Gutachten aus dem Bereich der Orthopädie, der Inneren Medizin und der Psychiatrie/Neurologie in Auftrag gegeben.

In dem ärztlichen Gutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 11.03.2016 wurde zusammengefasst Nachfolgendes ausgeführt:

"(...) Beurteilung und Stellungnahme:

Frage 1: Welche Gesundheitsschädigungen liegen bei dem Antragsteller in orthopädischer Hinsicht vor?

1. Hüfttotalendoprothesen beidseits nach angeborener Hüftdysplasie.

2. Degenerativer Bandscheibenschaden

Frage 2: Welche der festgestellten Gesundheitsschädigungen in orthopädischer

Hinsicht - insbesondere betreffend die Hüftdysplasie - sind mit Wahrscheinlichkeit

a) Kausal auf die vorgebrachten und den oben festgestellten Misshandlungen in den Kinder- und Jugendheimen zurückzuführen. Warum werden diese Gesundheitsschädigungen als kausal gewertet?

Durch die vorgebrachten und festgestellten Vorfälle sind aus orthopädischer Sicht keine Handlungen gesetzt, die ursächlich für die Gesundheitsschädigungen verantwortlich sind.

b) Akausal. somit nicht auf die vorgebrachten und oben festgestellten Misshandlungen zurückzuführen?

Warum werden diese Gesundheitsschädigungen als akausal bewertet?

Bei der angeborenen Hüftdysplasie handelt es sich um eine anlagebedingte Fehlentwicklung der Hüftgelenke.

Bei den degenerativen Veränderungen der WS handelt es sich um eine schicksalshaft auftretende Aufbraucherscheinungen.

Frage 3: Falls die Misshandlungen nicht alleinige Ursache sind. wird um Beurteilung ersucht, ob sie als wesentliche Ursache zum derzeitigen orthopädischen Leidenszustand beigetragen haben.

Bei den vorliegenden orthopädischen Leiden handelt es sich einerseits um anlagedingt angeborene Veränderungen, Hüftdysplasie beider Hüftgelenke, auf deren Entwicklung die Misshandlungen keinen Einfluss hatten.

Bei den Abnützungen im Bereich der WS handelt es sich um Veränderungen im Lauf eines normalen Alterungsprozesses. Die Vorfälle haben auf die Entwicklung der Abnützung im Bereich der WS keinen Einfluss.

Frage 4: Läge ohne die Misshandlungen dieselbe Gesundheitsschädigung vor?

Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass ohne Misshandlungen die Entwicklung der orthopädischen Gesundheitsschädigungen einen ähnlichen Verlauf genommen hätten.

Frage 5: Der Antragsteller gibt an. dass man sich in den von ihm besuchten Kinder und Jugendheimen nicht um seine Krankheit gekümmert habe. Wurde ein bereits in der Kindheit/Jugend des Antragstellers bestehendes orthopädisches Krankheitsbild durch mangelnde medizinische Betreuung verschlimmert?

Die angeborene Hüftdysplasie beider Seiten hätte bei rechtzeitigem Erkennen und sofort einzuleitender entsprechender Behandlung in ihrem Verlauf günstig beeinflusst werden können.

Bei optimalem Therapieverlauf mit Reposition, Gipsruhigstellung und/oder frühzeitiger Operation, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit zu rechnen, dass sich die Hüftgelenke günstig entwickeln.

Somit hätten die Umstellungsoperationen im Alter von 38 und 40 Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert werden können. Auch hätte die Kunstgelenkimplantation, im Alter von 44 Jahren rechts, im Alter von 47 Jahren links, mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erfolgen müssen.

Bei ungünstigem Therapieverlauf trotz rechtzeitigem Erkennen der Fehlstellung kann sich das Krankheitsbild wie bei einem unbehandelten Zustandsbild entwickeln und weicht kaum vom gegenständlichen Verlauf, Umstellungsoperation der Hüften und frühzeitige Kunstgelenkimplantation, ab.

Frage 6: Kann aus orthopädischer Sicht gesagt werden, ob die kausalen Gesundheitsschädigungen maßgebliche/überwiegende Ursache für Zeiten sind, in denen der Antragsteller nicht gearbeitet hat (zu den genauen Zeiten der Arbeitslosigkeit siehe den Versicherungsdatenauszug 93-102).

Aus orthopädischer Sicht liegen keine kausalen Gesundheitsschädigungen vor, die durch die vorgebrachten und festgestellten Misshandlungen ausgelöst wurden.

Frage 7: Kann aus orthopädisch fachärztlicher Sicht gesagt werden, dass der Antragsteller aufgrund der kausalen Gesundheitsschädigung an einem kontinuierlichen Berufsverlauf/einer - besseren - Ausbildung gehindert war?

Aus orthopädischer Sicht liegen keine kausalen Gesundheitsschädigungen vor, die Einfluss auf einen kontinuierlichen Berufsverlauf bzw. auf das Absolvieren entsprechender Ausbildungen gehabt hätten."

In dem ärztlichen Gutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 25.01.2016 wurde zusammengefasst Nachfolgendes ausgeführt:

"(...) Stellungnahme:

1. Welche Gesundheitsschädigungen liegen bei dem Antragsteller in psychiatrischer Hinsicht vor?

Falls klar voneinander trennbare psychiatrische Krankheitsbilder vorliegen wird um entsprechende Berücksichtigung gebeten.

Herr XXXX wurde am 8.1.2016 untersucht und dabei die Diagnose einer ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsstörung gestellt.

Unter ängstlich vermeidender Persönlichkeit werden Charakterzüge subsummiert, die durch Gefühle von Anspannung und Besorgtheit, Unsicherheit und Minderwertigkeit gekennzeichnet ist. Es besteht eine andauernde Sehnsucht nach Zuneigung und Akzeptiert werden, eine Überempfindlichkeit gegenüber Zurückweisung und Kritik mit eingeschränkter Beziehungsfähigkeit. Die betreffende Person neigt zur Überbetonung potentieller Gefahren oder Risiken alltäglicher Situationen bis zur Vermeidung bestimmter Aktivitäten. Die gestellte Diagnose steht in Übereinstimmung mit dem Vorgutachten.

Dem psychologischen Gutachten Dr. XXXX XXXX wird aufgrund mangelnder Objektivität im Rahmen einer therapeutischen Beziehung nicht gefolgt.

2. Welche der festgestellten psychiatrischen Gesundheitsschädigungen sind mit Wahrscheinlichkeit

a) kausal auf die vorgebrachten und oben festgestellten Misshandlungen zurückzuführen (Wahrscheinlichkeit des Kausalzusammenhanges bedeutet nach der Judikatur, dass wesentlich mehr für einen Kausalzusammenhang spricht als dagegen)?

Warum werden diese Gesundheitsschädigungen als kausal gewertet?

Ein Kausalzusammenhang mit dem Verbrechen ist nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen.

b) akausal, somit nicht auf die vorgebrachten und oben festgestellten Misshandlungen zurückzuführen (also zB. durch anlage- und umweltbedingte Faktoren verursacht}? Warum werden diese Gesundheitsschädigungen als akausal bewertet?

Aus den Unterlagen ist zu entnehmen, dass eine Heimaufnahme bereits frühkindlich aufgrund desaströser familiärer Verhältnisse - die Mutter war zum Zeitpunkt der Geburt obdachlos - erfolgt ist. Herr XXXX hat somit seine gesamte Kindheit und Jugend in Heimen zugebracht. Diese Erfahrungen, vor allem keine konstanten Bezugspersonen (bis auf den Meister während der Malerlehre) und kein familiärer Rückhalt waren mit Sicherheit persönlichkeitsbildend und wirken sich zweifellos auf das gegenwärtige Erleben und die gegenwärtige Lebensbewältigung aus.

3. Falls die Misshandlungen nicht alleinige Ursache sind wird um Beurteilung ersucht, ob sie als wesentliche Ursache zum derzeitigen psychiatrischen Leidenszustand beigetragen haben. Es wird ersucht ausführlich darzulegen was für den wesentlichen Einfluss (vorzeitige Auslösung und/oder Verschlimmerung} der Misshandlungen spricht und was dagegen.

Der Einfluss der Misshandlungen auf den derzeitigen psychiatrischen Leidenszustand kann nur als möglich bezeichnet werden.

Gegen den Einfluss der Misshandlungen als wesentliche Ursache zum derzeitigen psychiatrischen Leidenszustand sprechen vor allem die desaströsen familiären Verhältnisse vor Heimaufnahme (Obdachlosigkeit der Mutter), die frühkindliche Heimaufnahme an sich, die Länge der Heimunterbringung (ca. 15 Jahre), gescheiterte Kontaktversuche mit der Familie während der Jugend, problematisches Verhältnis zum Vater, Lernschwierigkeiten bei Grenzbegabung, sowie körperliche Erkrankungen wie Magengeschwüre und Hüftdysplasie. Aus fachärztlicher - psychiatrischer Sicht ist die frühkindliche Heimaufnahme mit der Implikation Fehlen der mütterlichen Liebe bzw. konstanten Bezugsperson, wobei nicht einmal Besuchskontakt bestand, als kausal für die Entwicklung einer Persönlichkeitsstörung anzusehen.

4. Falls die festgestellte Gesundheitsschädigung mit Wahrscheinlichkeit durch kausale und akausale Ursachen herbeigeführt worden ist wird ersucht zu Folgendem Stellung zu nehmen:

a) Hat das erlittene Trauma die festgestellte Gesundheitsschädigung mit Wahrscheinlichkeit - vorzeitig (erheblich früherer Zeitpunkt) - ausgelöst oder wäre diese auch ohne die angeschuldigten Ereignisse im - annähernd - selben Zeitraum entstanden?

Aus fachärztlicher Sicht ist lediglich von einem möglichen Einfluss des Verbrechens auf das psychiatrische Zustandsbild zu sprechen.

b) Hat das erlittene Trauma die festgestellte Gesundheitsschädigung mit Wahrscheinlichkeit verschlimmert? Wenn ja in welchem Ausmaß?

Für eine Verschlechterung gibt es keine Hinweise.

b) Welche Gesundheitsschädigung läge ohne die angeschuldigten Ereignisse vor?

In Hinblick auf die prägenden kindlichen Erlebnisse ist mit Sicherheit anzunehmen, dass das beschriebene Krankheitsbild auch ohne die angeschuldigten Ereignisse vorliegen würde.

5. Hat das erlittene Trauma die festgestellte Gesundheitsschädigung mit Wahrscheinlichkeit in einem Ausmaß verschlimmert

a) dass der Antragsteller ohne die angeschuldigten Ereignisse arbeitsfähig wäre, in dem Sinne, dass die Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit des Antragstellers in deutlich geringerem Ausmaß bestünden?

Entfällt, siehe 5b.

b) oder wäre der Antragsteller ohne die angeschuldigten Ereignisse ebenfalls arbeitsunfähig, in dem Sinne, dass die Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit des Antragstellers ohne die angeschuldigten Ereignisse in annähernd reichem Ausmaß bestünden? (Anmerkung: Der I-Pensionsbezug seit 1996 erfolgt aufgrund einer angeborenen Hüftdysplasie)

Herr XXXX wurde aufgrund der Hüftdysplasie und der wiederholten Operationen pensioniert.

6. Kann aus medizinischer Sicht gesagt werden, ob die kausalen Gesundheitsschädigungen maßgebliche überwiegende Ursache für Zeiten sind in denen der Antragsteller nicht gearbeitet hat? (zu den genauen Zeiten der Arbeitslosigkeit s. den Versicherungsdatenauszug Abl. 93-102).

Aus den vorgelegten Unterlagen kann kein Bezug zu einer kausalen Gesundheitsschädigung hergestellt werden.

7. Kann aus medizinischer Sicht gesagt werden, dass der Antragsteller aufgrund der kausalen Gesundheitsschädigungen an einem kontinuierlichen Berufsverlauf/einer - besseren - Ausbildung gehindert war?

Es gibt keine Hinweise, die annehmen lassen, Herr XXXX wäre durch kausale Gesundheitsschädigungen an einer besseren Ausbildung gehindert gewesen. Trotz der ungünstigen Entwicklungsbedingungen hat Herr XXXX den Lehrabschluss geschafft und war in der Lage, für seinen Unterhalt zu sorgen, zudem wird keine prinzipielle Berufsunzufriedenheit angegeben und scheint seinen Talenten zu entsprechen. Den kontinuierlichen Berufsverlauf haben somatische Erkrankungen (akausal) negativ beeinflusst.

Wenn ja: In welchem Ausmaß kann das festgestellt werden und welche Anhaltspunkte sprechen aus medizinischer Sicht dafür?

Entfällt."

Anstelle eines ärztlichen Gutachtens aus dem Fachbereich der Inneren Medizin wurde sodann ein allgemeinmedizinisches Gutachten vom 03.07.3016 eingeholt, in welchem zusammengefasst Nachfolgendes ausgeführt wurde:

"(...) 1) Welche Gesundheitsschädigungen liegen bei dem Antragsteller aus Sicht der Inneren Medizin vor? Anmerkung: Der Antragsteller gab an, an psychosomatisch bedingten, Magengeschwüren gelitten zu haben; 1986 habe er sich einer Magenoperation wegen eines Zwölffingerdarmgeschwürs (Ulcus duodeni) unterziehen müssen.

Antwort:

1) Es liegt derzeit folgende Gesundheitsschädigung vor:

Zustand nach proximal selektiver Vagotomie.

Anmerkung: Herr XXXX hat sich keiner Magenoperation unterzogen, sondern es wurden selektiv innervierende vagale Fasern - wegen Ulzerationen im Duodenum - durchtrennt und es liegen keinerlei relevante Brückenbelege für behauptete psychosomatisch bedingte Magengeschwüre vor.

2) Welche der festgestellten Gesundheitsschädigungen aus Sicht der Inneren Medizin - insbesondere das 1986 operativ behandelte Zwölffingerdarmgeschwür - sind mit Wahrscheinlichkeit

a) kausal auf die vorgebrachten und oben festgestellten Misshandlungen in den Kinder- und Jugendheimen zurückzuführen (Wahrscheinlichkeit des Kausalzusammenhanges bedeutet nach der Judikatur, dass wesentlich mehr für einen Zusammenhang spricht als dagegen)? Warum werden diese Gesundheitsschädigungen als kausal gewertet?

Antwort:

1) Es liegt keine Gesundheitsschädigung vor, die mit Wahrscheinlichkeit (Erklärung dazu: siehe oben) als kausal - auf die vorgebrachten und oben festgestellten Misshandlungen in den Kinder- und Jugendheimen zurückzuführen ist. Die vorliegende o. a. Gesundheitsschädigung ist daher als akausal zu werten.

b) akausal, somit nicht auf die vorgebrachten und oben festgestellten Misshandlungen zurückzuführen (also z. B. durch anlage- und umweltbedingte Faktoren verursacht)? Warum werden diese Gesundheitsschädigungen als akausal gewertet?

Antwort: es liegt folgende akausale Gesundheitsschädigung vor:

1) Zustand nach proximal selektiver Vagotomie

Es liegt eine Gesundheitsschädigung vor, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit als akausal - nicht auf die vorgebrachten und oben festgestellten Misshandlungen in den Kinder- und Jugendheimen zurückzuführen ist. Die Zwölffingerdarmgeschwüre - Inzidenz etwa 0,1 0,2% - treten bevorzugt im jüngeren bis mittleren Lebensalter vorwiegend bei Personen männlichen Geschlechts auf. Das Auftreten wird auch vermehrt im Frühling und Im Herbst (PSV-Operation am 1"9.1986) beobachtet. An der Entstehung eines Ulcus duodeni sind im Regelfall mehrere Faktoren beteiligt. Es liegt ein Missverhältnis von schleimhautschützenden Faktoren (Schleim, Bikarbonat, Prostaglandin) und aggressiven Faktoren (Magensäure, Proteasen, entzündliche Reaktionen) vor. Eine chronische Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori ist seit den 1980er Jahren als einer der wichtigsten Auslöser gesichert. Weitere additiv wirkende Mechanismen sind Hyperazidität (zu niedriger pH-Wert), Durchblutungsstörungen der Darmwand und die Dauereinnahme von Medikamenten, die die Prostaglandinsynthese hemmen (z. B. Acetylsalicylsäure). Allerdings sei auch erwähnt, dass manche Autoren psychosomatische Faktoren als Krankheitsursache beschreiben, der sichere Beweis dafür, konnte aber offensichtlich nie erbracht werden. Die vorliegende Gesundheitsschädigung ist unter Berücksichtigung dieser Ausführungen weitgehend als akausal zu werten.

3) Falls die Misshandlungen nicht alleinige Ursache sind, wird um Beurteilung ersucht, ob sie als wesentliche Ursache zum derzeitigen Leidenszustand beigetragen haben. Es wird ersucht, ausführlich darzulegen, was für den wesentlichen Einfluss (vorzeitige Auslösung und/oder Verschlimmerung) der Misshandlungen spricht und was dagegen.

Antwort:

Die Misshandlungen können nicht als Ursache der vorliegenden internen Gesundheitsschädigung angesehen werden, zumal dieses Leiden nicht im Kindes- oder Jugendalter aufgetreten ist (diagnostiziert wurde), sondern erst - wie eben typisch für diese Erkrankung - im Alter von 30 Jahren (siehe Ausführungen oben) operiert werden musste. Die Misshandlungen sind unter Berücksichtigung der Aktenlage keinesfalls eine wesentliche Ursache für den derzeitigen Leidenszustand. Weder für die vorzeitige Auslösung noch für eine Verschlimmerung der vorliegenden Gesundheitsschädigung können die Misshandlungen angeschuldigt werden.

4) Läge ohne diese Misshandlungen dieselbe Gesundheitsschädigung vor?

Antwort: mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit: JA!

5) Der Antragsteller gab an, dass man sich in den von ihm besuchten Kinder- und Jugendheimen nicht um seine Krankheiten gekümmert habe. (Unabhängig von der Frage, ob dies vorsätzlich geschah:) Wurde ein bereits in der Kindheit/Jugend des Antragstellers bestehendes Krankheitsbild aus dem Bereich der Inneren Medizin durch mangelnde medizinische Betreuung verschlimmert?

Antwort: Nein - es wurde kein bereits in der Kindheit/Jugend des Antragstellers bestehendes Krankheitsbild aus dem Bereich der Inneren Medizin durch mangelnde medizinische Betreuung verschlimmert.

6) Kann aus innermedizinischer Sicht gesagt werden, ob die kausalen Gesundheitsschädigungen maßgebliche/überwiegende Ursache für Zeiten sind, in denen der Antragsteller nicht gearbeitet hat? (zu den genauen Zeiten der Arbeitslosigkeit s. den Versicherungsauszug Abl. 93-102)

Antwort: Da aus innermedizinischer Sicht keine kausalen Gesundheitsschädigungen vorliegen, ist eine weitere Beantwortung dieser Frage nicht erforderlich."

Im Rahmen des Parteiengehörs wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde mit Schreiben vom 08.09.2016 die Möglichkeit eingeräumt, zu den eingeholten Sachverständigengutachten aus den Bereichen der Orthopädie, der Neurologie/Psychiatrie, und der Inneren Medizin (erstellt von Dr. XXXX ) Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben vom 15.11.2016 nahm der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, ausführlich Stellung zu den eingeholten Ermittlungsergebnissen der Sachverständigengutachten, und führte unter anderem aus, dass es sich bei dem ärztlichen Sachverständigen Dr. XXXX um einen Arzt der Allgemeinmedizin und nicht um einen Facharzt für Innere Medizin handle.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 30.11.2016 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ersatz des Verdienstentganges ab. Im Bescheid wurde im Wesentlichen entsprechend den Angaben des Beschwerdeführers ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aus desolaten Familienverhältnissen stamme, bereits im Alter von fünf Monaten in Betreuung der Stadt Wien und in der Folge in verschiedene Kinderheime gekommen sei. Im Alter von fünf Jahren seien bei dem Beschwerdeführer - nach einem Besuch zu Hause - Misshandlungsspuren festgestellt worden. Erst ab dem 16. Lebensjahr habe der Beschwerdeführer dann wieder Kontakt zu seinen Eltern gehabe, habe dann aber schließlich nicht mehr zu seinen Eltern - von welchen er schlecht behandelt und vom Vater geschlagen worden sei - gehen wollen. In den Heimen sei der Beschwerdeführer geschlagen und ordinär beschimpft worden, habe im Dunkeln auf dem kalten Boden knien müssen, sei in den Keller gesperrt, in einen Ameisenhaufen geworfen, in ein mit kaltem Wasser befülltes Waschbecken getaucht und mit einem Rohrstab auf die Finger geschlagen worden. Zwei Mal sei es im Kinderheim "Edelhof" zu Vorfällen sexueller Natur gekommen, wobei eine Schwester die Hand des Beschwerdeführers entlang ihrer Brüste und in ihre Hose geführt habe, und im Jugendheim "Lindenhof" sei es zu sexuellen Missbräuchen durch Erzieher und Mitzöglinge gekommen.

Laut den eingeholten Gutachten lägen beim Beschwerdeführer eine ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung, eine beidseitige Hüfttotalendoprothesen nach angeborener Hüftdysplasie und ein degenerativer Bandscheibenschaden sowie ein Zustand nach proximal selektiver Vagotomie nach Zwölffingerdarmgeschwüren vor, wobei die festgestellten Gesundheitsschädigungen akausal und nicht auf die festgestellten Misshandlungen im Heim zurückzuführen seien.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben, und wurden die Anträge gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung zur Erörterung der Gutachten durchführen, in der Sache selbst entschieden und dem Antrag des Beschwerdeführers stattgeben in eventu den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufheben.

Der Verwaltungsakt samt der Beschwerde wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 20.01.2017 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 9d Abs. 1 VOG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des VOG durch einen Senat, dem ein fachkundiger Laienrichter angehört.

Somit liegt gegenständlich Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idgF geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG. (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage, 2018, zu § 28 VwGVG Anm. 11, S. 204 ff).

§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:

Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.

Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.

Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Verbrechensopfergesetzes (VOG) lauten:

"Kreis der Anspruchsberechtigten

§ 1. (1) Anspruch auf Hilfe haben österreichische Staatsbürger, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie

1. durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben oder

2. durch eine an einer anderen Person begangene Handlung im Sinne der Z 1 nach Maßgabe der bürgerlich-rechtlichen Kriterien einen Schock mit psychischer Beeinträchtigung von Krankheitswert erlitten haben oder

3. als Unbeteiligte im Zusammenhang mit einer Handlung im Sinne der Z 1 eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, soweit nicht hieraus Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz, BGBl. Nr. 20/1949, bestehen,

und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Wird die österreichische Staatsbürgerschaft erst nach der Handlung im Sinne der Z 1 erworben, gebührt die Hilfe nur, sofern diese Handlung im Inland oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug (Abs. 6 Z 1) begangen wurde (...).

(3) Wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit ist Hilfe nur zu leisten, wenn

1. dieser Zustand voraussichtlich mindestens sechs Monate dauern wird oder

2. durch die Handlung nach Abs. 1 eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB, BGBl. Nr. 60/1974) bewirkt wird.

....

Hilfeleistungen

§ 2. Als Hilfeleistungen sind vorgesehen:

1. Ersatz des Verdienst- oder Unterhaltsentganges (...)

§ 3. (1) Hilfe nach § 2 Z 1 ist monatlich jeweils in Höhe des Betrages zu erbringen, der dem Opfer durch die erlittene Körper

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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