TE Vfgh Beschluss 1997/2/25 V161/95, V162/95, V163/95

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Veröffentlicht am 25.02.1997
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Tir RaumOG 1994 §70 Abs3

Leitsatz

Zurückweisung der Individualanträge auf Aufhebung einer - zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits außer Kraft getretenen - Bausperre mangels Eingriff in die Rechtssphäre der Antragsteller und auf Aufhebung einer Flächenwidmungsplanänderung mangels Legitimation infolge Möglichkeit zur Anregung einer amtswegigen Prüfung in einem Beschwerdeverfahren

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Antragsteller bekämpfen mit dem auf Art139 B-VG gestützten Individualantrag die Bausperre des Gemeinderates der Marktgemeinde Jenbach vom 30. Juni 1994, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 1. Juli 1994 bis 19. Juli 1994 (im folgenden kurz: Bausperre), betreffend die GP 29, KG Jenbach, und die Flächenwidmungsplanänderung des Gemeinderates der Marktgemeinde Jenbach vom 14. November 1994 und 27. Februar 1995, genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung am 27. April 1995, ZVe1-546-917/34-2, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 10. Mai 1995 bis 26. Mai 1995, (im folgenden kurz: Flächenwidmungsplanänderung) in näher bezeichnetem Umfang.

Zur Begründung ihrer Antragslegitimation verweisen die Antragsteller auf die gleichzeitig eingebrachte, beim Gerichtshof zu B3044/95 protokollierte Beschwerde und meinen, daß ihnen "derzeit kein anderer zumutbarer Weg zu einer Rechtsverfolgung zur Verfügung (stehe). Hinsichtlich einer Bescheidbeschwerde könnte die Beschwer durch außer Kraft treten der Bausperre vom 30.6.1994 abhanden gekommen sein."

2. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Beschluß vom 26. Juni 1996 davon aus, daß er bei der Lösung der Frage, wieweit die gegenständliche Bausperre noch wirksam ist, die Bestimmung des §70 des Gesetzes vom 6. Juli 1993 über die Raumordnung in Tirol (Tiroler Raumordnungsgesetz 1994), LGBl. für Tirol Nr. 81/1993, idF vor der 1. Raumordnungsgesetz-Novelle, LGBl. für Tirol Nr. 4/1996, (im folgenden kurz: TROG 1994) anzuwenden hat, und beschloß die angeführte Bestimmung gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen.

II. Die Anträge sind unzulässig.

1. Hinsichtlich des Antrages auf Aufhebung der Bausperre ist auszuführen, daß eine solche grundsätzlich nach Art139 B-VG beim Verfassungsgerichtshof angefochten werden könnte. Eine Anfechtung nach dem letzten Satz des Art139 Abs1 B-VG ist aber (arg. "verletzt zu sein" nicht etwa "verletzt worden zu sein") nur zulässig, wenn die bekämpfte Verordnung, mag sie auch inzwischen außer Kraft getreten sein, zumindest im Zeitpunkt der Antragstellung (noch) die behauptete und tatsächlich vorliegende (nachteilige) rechtliche Wirkung für den Antragsteller entfaltet hat. Denn durch den Individualantrag soll nur die fortdauernde Wirkung einer generellen Norm beseitigt werden (vgl. VfSlg. 9096/1981, 12870/1991).

Die gegenständliche Bausperre trat gemäß §70 Abs3 TROG 1994 am 27. Mai 1995 mit Inkrafttreten der Flächenwidmungsplanänderung außer Kraft. Es lag daher ein Eingriff in die Rechtssphäre durch die Bausperre zum Zeitpunkt der Antragstellung am 3. Oktober 1995 nicht mehr vor. Ungeachtet des Umstandes, daß mit Erkenntnis vom 28. November 1996, G195/96 ua., das TROG 1994 insoweit als verfassungswidrig mit Ablauf des 30. Juni 1998 aufgehoben wurde, als ihm nicht durch die 1. Raumordnungsgesetz-Novelle 1996 derogiert wurde und festgestellt wurde, daß das TROG 1994 insoweit verfassungswidrig war, als ihm durch die 1. Raumordnungsgesetz-Novelle derogiert wurde, tritt für die gegenwärtige Rechtsposition der Antragsteller keine Änderung ein.

2. Hinsichtlich des Antrages auf Aufhebung der Flächenwidmungsplanänderung wird ausgeführt, daß der Verfassungsgerichtshof wiederholt im Zusammenhang mit gemäß Art139 B-VG gestellten Individualanträgen ausgesprochen hat, daß dann, wenn ein Verfahren anhängig ist, in dem Gelegenheit zur Anregung einer amtswegigen Prüfung besteht, ein Individualantrag nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände zulässig ist; andernfalls gelangte man zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit dem Charakter des Individualantrages als subsidiärer Rechtsbehelf nicht im Einklang stünde (vgl. zuletzt etwa VfGH 28.11.1995, B2285/94 ua.). Da die Antragsteller, welche die Flächenwidmungsplanänderung wegen Gesetzwidrigkeit bekämpfen, die - von ihnen auch genützte - Gelegenheit hatten, ihre Bedenken gegen diese Verordnung in der Beschwerde gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vorzubringen (vgl. B3044/95), sind ihre Verordnungsprüfungsanträge schon aus diesem Grund zurückzuweisen.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Baurecht, Bausperre, Raumordnung, Flächenwidmungsplan

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:V161.1995

Dokumentnummer

JFT_10029775_95V00161_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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