TE Lvwg Erkenntnis 2019/5/8 VGW-002/092/4535/2019, VGW-002/V/092/4536/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.05.2019
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Entscheidungsdatum

08.05.2019

Index

L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten Wien
19/05 Menschenrechte

Norm

WettenG Wr 2016 §19 Abs2
WettenG Wr 2016 §19 Abs3
EMRK Art 7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Kienast über die Beschwerde 1.) des Herrn A. B. und 2.) der C. GmbH, beide vertreten durch Rechtsanwälte Partnerschaft, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, vom 21.01.2019, Zl. …, betreffend Wiener Wettengesetz,

zu Recht:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 zweiter Fall VStG eingestellt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang:

Mit Straferkenntnis vom 21.01.2019 verhängte die belangte Behörde gegenüber dem Erstbeschwerdeführer Geldstrafen in der Höhe von € 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage, 20 Stunden) und € 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag, 13 Stunden). Die Zweitbeschwerdeführerin habe einerseits § 19 Abs. 2 1. Satz Wiener Wettengesetz und andererseits § 19 Abs. 3 Wiener Wettengesetz jeweils LGBl. für Wien Nr. 26/2016 idF LGBl Nr. 48/2016 verletzt; dafür sei der Erstbeschwerdeführer verantwortlich. Als Strafnorm wurde jeweils § 24 Abs. 1 Z. 12 Wiener Wettengesetz (in derselben Fassung wie die Übertretungsnormen) angegeben.

Konkret habe es der Erstbeschwerdeführer als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG der Zweitbeschwerdeführerin zu verantworten, dass diese in der Betriebsstätte in Wien, D.-straße, in der diese die Tätigkeit als Wettunternehmerin, nämlich Buchmacherin, durch ein Wettterminal iSd § 2 Z. 8 Wiener Wettengesetz ausübt, am 20.09.2017 um 13:30 Uhr insofern die Verpflichtung des § 19 Abs. 2 1. Satz Wiener Wettengesetz, wonach die Wettunternehmerin oder der Wettunternehmer einer Betriebsstätte mit Wettterminals jedenfalls in geeigneter Weise dafür sorgen muss, dass der Zutritt zu Räumen mit einem Wettterminal und die Teilnahme an einer Wette nur volljährigen Personen ermöglicht wird, die ihre Identität durch Vorlage eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises gemäß Abs. 1 nachgewiesen haben und nicht gesperrt sind, nicht eingehalten habe, als er keine geeigneten Maßnahmen getroffen habe, um den Zutritt zu dem Raum, in dem ein Wettterminal aufgestellt war, nur volljährigen Personen zu ermöglichen, die ihre Identität durch Vorlage eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises gemäß Abs. 1 leg.cit. nachgewiesen haben und nicht gesperrt sind, weil bei Zutritt zum Hauptraum der Tankstelle, in dem ein Wettterminal aufgestellt war, keine Kontrolle durchgeführt wurde.

Des weiteren habe er es als verantwortlicher Beauftragter der Zweitbeschwerdeführerin zu verantworten, dass diese in der Betriebsstätte in Wien, D.-straße, in der sie die Tätigkeit als Wettunternehmerin, nämlich Buchmacherinnen, durch Wettterminals iSd § 2 Z. 8 Wiener Wettengesetz ausübt, am 20.09.2017 um 13:30 Uhr insofern die Verpflichtung des § 19 Abs. 3 leg.cit., wonach vor dem Eingang zu Räumen mit Wettterminals durch die Wettunternehmerin oder den Wettunternehmer oder die verantwortliche Person auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche gut sichtbar und dauerhaft hinzuweisen ist, nicht eingehalten habe, als im Zutrittsbereich des Hauptraumes der Tankstelle, in dem ein Wettterminal aufgestellt war, kein Hinweis auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche ersichtlich war.

Zugleich sprach die belangte Behörde aus, dass die Zweitbeschwerdeführerin zur ungeteilten Hand für die mit diesem Straferkenntnis gegenüber dem Erstbeschwerdeführer verhängte Geldstrafe in der Höhe von insgesamt € 2.800,-- (und die Verfahrenskosten in Höhe von € 280,--) und für sonstige in Geld bemessenen Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG hafte.

Mit Schriftsatz vom 20. Dezember erhoben sowohl Herr A. B. als auch die C. GmbH (fristgerecht) Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien; neben anderem brachten sie darin vor, weder § 19 Abs. 2 Satz 1 noch § 19 Abs. 3 Wiener Wettengesetz (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung) verletzt zu haben; diese Bestimmungen wären im konkreten Fall nämlich auf sie nicht anwendbar.

II. Folgender Sachverhalt steht fest:

Beim (präsumtiven) „Tatort“ (D.-straße, Wien) handelt es sich um den Tankstellenshop einer (E.-)Tankstelle. Für diesen Standort verfügt die Zweitbeschwerdeführerin über eine Bewilligung nach dem GTBW-G als Wettunternehmerin (MA36/…).

Am 20.09.207 fand in der (E.-)Tankstelle (D.-straße, Wien) eine Überprüfung statt; dabei wurde festgestellt, dass vor Zutritt zum Hauptraum der Tankstelle (Tankstellenshop), in dem sich ein Wettterminal befand, keine Kontrolle der Identität der Kundinnen und Kunden stattfand und auch kein Hinweis auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche angebracht war.

Mit Bestellungsurkunde vom 13.01.2017 wurde der Erstbeschwerdeführer von der Zweitbeschwerdeführerin zum verantwortlichen Beauftragten auch für die Filiale D.-straße in Wien für die Einhaltung aller gesetzlichen Bestimmungen bestellt; der Erstbeschwerdeführer stimmte dieser Bestellung zu; er erhielt eine umfassende Anordnungsbefugnis.

In diesem Tankstellenshop befand sich am 20.09.2017 eine technische Einrichtung, die den Abschluss von Buchmacherwetten ermöglichte.

Diese Feststellungen gründen im dem Verwaltungsgericht Wien vorgelegten Verwaltungsakt und sind als solche auch von den Beschwerdeführern ebensowenig bestritten wie von der belangten Behörde.

III. Ausgehend von diesem Sachverhalt kommt das erkennende Verwaltungsgericht Wien aufgrund folgender Erwägungen zum Spruch seines Erkenntnisses:

Nach dem Wiener Wettengesetz in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung LGBl für Wien Nr. 2016/26 idF. 2016/48 muss die „Wettunternehmerin oder der Wettunternehmer einer Betriebsstätte mit Wettterminals“ „jedenfalls in geeigneter Weise dafür sorgen, dass der Zutritt zu Räumen mit einem Wettterminal und die Teilnahme an einer Wette nur volljährigen Personen ermöglicht wird, die ihre Identität durch Vorlage eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises gemäß Abs. 1 nachgewiesen haben und nicht gesperrt sind.“

Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich – was die Beschwerdeführer jeweils bestreiten – bei dem Tankstellenshop um eine Betriebsstätte iSd § 2 Z. 7 und bei der in diesem Tankstellenshop befindlichen technischen Einrichtung um einen Wettterminal iSd § 2 Z. 8 Wiener Wettengesetz handelt, weil am 20.09.2018 in diesem Tankstellenshop jedenfalls nur eine derartige technische Einrichtung vorhanden war. Damit ist aber der 1. Satz des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz auf die Zweitbeschwerdeführerin nicht anwendbar, denn dessen Anwendbarkeit setzt das Vorhandensein einer Betriebsstätte mit „Wettterminals“, somit jedenfalls zwei derartigen technischen Einrichtungen, voraus.

Diese Bestimmung lässt sich auch nicht aus allfällig teleologischen Erwägungen gleichermaßen auf Betriebsstätten mit (lediglich) einem Wettterminal anwenden, denn einer derartigen analogen Anwendung steht das in Art 7 EMRK garantierte Verbot der analogen Anwendung von Strafvorschriften in malam partem entgegen (vgl. nur Lewisch, Art 7 EMRK, Rz 33 m.w.N., in: Rill/Schäffer [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht). Dass der Gesetzgeber hier tatsächlich die Pluralform festlegen wollte, erhellt auch daraus, dass er – wie sich bereits dem zweiten Teil des ersten Satzes des § 18 Abs. 1 Wiener Wettengesetz entnehmen lässt – sehr wohl zwischen Ein- und Mehrzahl zu unterscheiden weiß.

Dasselbe gilt auch für die zweite vorgeworfenen Verwaltungsübertretung: § 19 Abs. 3 Wiener Wettengesetz verpflichtet zum Hinweis auf das Zutrittsverbot für Kinder vor dem Eingang zu Räumen „mit Wettterminals“; diese Hinweispflicht knüpft gleichermaßen an das Vorliegen von (zumindest zwei) Wettterminals an – somit an eine Sachverhalt, der hier aber nicht gegeben ist.

Darüber hinaus ist dieses Hinweisgebot gemäß der Übergangsbestimmung des § 27 Abs. 1 Wiener Wettengesetz auf die Zweitbeschwerdeführerin erst ab 01.01.2021 anwendbar; § 27 Abs. 4 Wiener Wettengesetz steht dem nicht entgegen, handelt es sich bei dem Hinweisgebot des § 18 Abs. 3 Wiener Wettengsetz ja weder um eine Identifikations- noch um eine Registrierungsverpflichtung.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Eine Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen, weil der bekämpfte Bescheid bereits aufgrund der Aktenlage aufzuheben war.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht einerseits nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, andererseits konnte sie sich auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen (vgl. zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision in derartigen Fällen z.B. VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0095); überdies war lediglich eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist (vgl. z.B. VwGH 17.10.2016, Ro 2015/03/0035)

Schlagworte

Wette; Wettlokal; Wettunternehmer; Betriebsstätte; Wettterminal; Interpretation, teleologische; Analogie; Analogieverbot in malam partem; Strafvorschrift

Anmerkung

VwGH v. 6.5.2020, Ra 2019/02/0131; Aufhebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.002.092.4535.2019

Zuletzt aktualisiert am

19.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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