TE Lvwg Beschluss 2019/5/13 LVwG-AV-336/001-2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.05.2019
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Entscheidungsdatum

13.05.2019

Norm

GewO 1994 §74 Abs2
GewO 1994 §75 Abs2
AVG 1991 §42 Abs1

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Mag. Wimmer als Einzelrichter über die Beschwerde der A GmbH, des B und C, alle vertreten durch die D Rechtsanwälte GmbH, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 13. Februar 2019, Zl. ***, mit welchem der E GmbH im Standort ***, ***, eine gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und Betrieb einer Betriebsanlage erteilt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, den

BESCHLUSS

Gefasst:

1.   Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

2.   Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1.   Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt wird festgestellt:

Mit am 5. November 2018 bei der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha eingelangtem Schreiben beantragte die E GmbH die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und Betrieb eines Zwischenlagers für nicht gefährliche und gefährliche Abfälle am Standort ***, ***.

C ist Eigentümer des Grundstückes Nr. ***, EZ ***, KG ***. Dieses Grundstück mit der Adresse *** befindet sich an der nordwestlichen Ecke - getrennt durch eine Straße – der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft. C ist an dieser Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet.

B ist Eigentümer von 3/10-Anteilen des Grundstückes Nr. ***, EZ ***, KG ***. Dieses Grundstück grenzt unmittelbar östlich an das Grundstück des C an und ist somit ebenso nordwestlich der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft situiert. Herr B hält sich auf diesem Grundstück lediglich vorübergehend auf, um seine Interessen als Grundstückseigentümer zu wahren. Das Grundstück ist jedoch an die A GmbH vermietet, welche auf diesem ihre Betriebsanlage betreibt.

Mit Schreiben vom 17.1.2019 beraumte die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha für 4. Februar 2019 eine mündliche Verhandlung an. In diesem Schreiben wurde insbesondere auch auf allfällige Präklusionsfolgen hingewiesen.

Die Verhandlung wurde in Anwesenheit Amtssachverständiger für Maschinenbau-, Luftreinhalte- und Deponietechnik durchgeführt. Weiters waren bei dieser jeweils ein Vertreter des Arbeitsinspektorates, der freiwilligen Feuerwehr und der Konsenswerberin sowie insbesondere F und G, auch in Vertretung für die A GmbH und B sowie C, als Nachbarn anwesend.

Von F und G wurden in Vertretung der Firma A GmbH und des Miteigentümers B Einwendungen erhoben. Demnach hätten sie Bedenken, dass beim Auf- und Abladen von Containern außerhalb der Halle eine unzumutbar große Lärm- und Staubbelästigung auftrete. Sie würden daher das Vorhaben beeinspruchen.

Weiters ist in der Verhandlungsschrift protokoliert, dass von C Folgendes vorgebracht wurde:

Seitens Herr C wurde folgende Stellungnahme abgegeben, aber nicht ausdrücklich Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben:

„Ich habe bedenken, dass auch beim Auf- und Abladen von Container außerhalb der Halle eine unzumutbar große Lärm- und Staubbelästigung auftritt.““

Die Bezirkshauptmannschaft Burck an der Leitha befasste nach der Verhandlung mit diesem Vorbringen einen lärmtechnischen Amtssachverständigen.

Der Stellungnahme des lärmtechnischen Amtssachverständigen vom 5. Februar 2019 ist zu entnehmen, dass nach Angaben des Vertreters der Konsenswerberin innerhalb der Zeit Montag bis Freitag jeweils von 06:00 Uhr bis 19:00 Uhr mit max. 15 Aufladevorgängen und max. 15 Abladevorgängen täglich zu rechnen sei. In der exponiertesten Stunde sei mit max. 3 Aufladevorgängen und max. 3 Abladevorgängen zu rechnen. Die Manipulationen würden entlang der südwestlichen Grundgrenze stattfinden. Der lärmtechnische Amtssachverständige legte da, dass basierend auf diesen Angaben eine an die Ö-NORM ISO 9313-2 angelehnte Ausbreitungsrechnung erfolgen könne. Demnach sei durch die gegenständlichen betrieblichen Verladevorgänge mit energieäquivalenten Immissionen von etwa 48dB zu rechen. Diese würden somit deutlich unter dem Wert für die Flächenwidmung Bauland-Betriebsgebiet von 65dB innerhalb der Tagzeit zu liegen kommen und würden ebenfalls deutlich den Wert von 55dB für konzentriertes Arbeiten unterschreiten. Bei der Berechnung sei freie Schallausbreitung angenommen worden. Hindernisse, wie die Halle am Betriebsgrundstück, seien dabei nicht berücksichtigt worden. Diese Stellungnahme wurde von der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha den Nachbarn mit E-Mail vom
7. Februar 2019 zur Kenntnis übermittelt und gleichzeitig mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, das Vorhaben zu genehmigen.

Mit Bescheid vom 13. Februar 2019, Zl. ***, erteilte die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha der E GmbH schließlich die gewerbebehördliche Genehmigung im Standort ***, ***, Grstk.Nr. ***, KG ***, für

?    Die Errichtung und den Betrieb eines Zwischenlagers für die in Tabelle 3.8.1 im Technischen Bericht in den Einreichunterlagen angeführten nicht gefährlichen Abfälle und die in der Verhandlung vom 04.02.2019 zusätzlich beantragten Abfallarten, wobei die max. Lagermenge nicht gefährlicher Abfälle ca. 2.800 to beträgt und die Zwischenlagerung der nicht gefährlichen Abfallarten den Behandlungsverfahren R 13 und D 15 nach Anhang 2 AWG 2002 zuzuordnen ist.

?    Die Errichtung und den Betrieb eines Zwischenlagers für die in Tabelle 3.8.1 im Technischen Bericht in den Einreichunterlagen angeführten gefährlichen Abfälle, wobei die max. Lagermenge gefährlicher Abfälle ca. 26,2 to beträgt und die Zwischenlagerung der gefährlichen Abfallarten dem Behandlungsverfahren D 15 nach Anhang 2 AWG 2002 zuzuordnen ist.

Der Jahresumschlag im gesamten Zwischenlager liegt bei 96.000 to.

Die Anlage müsse mit den Projektunterlagen und mit der Projektbeschreibung übereinstimmen. Diese Unterlagen würden einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilden.

Zu den erhobenen Einwendungen wurde in der Begründung des Bescheides wie folgt ausgeführt:

„Auf Grund des schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens des Amtssachverständigen für Lärmtechnik, wonach die Manipulationstätigkeit mit Containern und Mulden mit 48dB deutlich sowohl unter dem Wert für die Flächenwidmung Bauland-Betriebsgebiet, als auch unter dem Wert von 55dB für konzentriertes Arbeiten gemäß DIN EN ISO 11690 liegt, kann aus Sicht der Behörde eine unzumutbare Belästigung der Anrainer bzw. gar eine Gesundheitsgefährdung auch ohne weitergehende lärmmedizinische Beurteilung ausgeschlossen werden. Der Stellungnahme des Amtssachverständigen für Lärmtechnik wurde zudem nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Zu den Einwendungen im Hinblick auf die Staubbelastung ist auf das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten des Amtssachverständigen für Luftreinhaltetechnik zu verweisen, dem seitens der Anrainer ebenfalls nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten wurde. In diesem Gutachten wurden sämtliche staubmindernde Maßnahmen detailliert beschrieben und diese als dem Stand der Technik entsprechend bewertet.

Die im Zuge der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwendungen waren daher

als unbegründet abzuweisen.“

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Dagegen wurde von der A GmbH, B und C, alle vertreten durch die D Rechtsanwälte GmbH, ***, ***, fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend wurde in dieser insbesondere Nachstehendes dargelegt:

„4. Beschwerdegründe

Der Rechtsauffassung der den Bescheid ausstellenden Behörde ist nicht zu folgen. Als Beschwerdegründe werden insbesondere die Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, materielle Rechtswidrigkeit sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

4.1. Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften

Die Behörde hat im Ermittlungsverfahren wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt. Sämtlichen Beschwerdeführern wurde das Recht auf Parteiengehör genommen.

Wie bereits ausgeführt, hat der Amtssachverständige H am 5. Februar 2019 ein Protokoll mit dem Repräsentanten der Antragstellerin aufgenommen, wo er auf Basis der Aussagen der Antragstellerin zum Ergebnis kam, dass den Beschwerdeführern aufgrund der operativen Tätigkeit auf der Betriebsanlage keine unzumutbare Belästigung oder Gefährdung droht.

Diese gutachterliche Stellungnahme hat die Behörde per E-Mail am 7. Februar 2019 den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebracht. Allerdings hat die Behörde nicht, wie zu erwarten, den Beschwerdeführern die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme zum bisherigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens abzugeben, sondern lapidar mitgeteilt, dass die Behörden nunmehr gedenke, dem Antrag zu folgen und die Errichtung und den Betrieb der Betriebsanlage zu bewilligen.

Im bekämpften Bescheid behauptet die Behörde, die Beschwerdeführer seien der Stellungnahme des Amtssachverständigen für Lärmtechnik nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Dabei verschweigt die Behörde, dass den Parteien auch nicht die Möglichkeit eingeräumt wurde. Stellung zu beziehen.

Bereits am 13. Februar 2019 hat die Behörde den bekämpften Bescheid ausgestellt. Damit wäre den Beschwerdeführern schon zeitlich keine Möglichkeit geboten gewesen, entsprechende fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und eine qualifizierte Stellungnahme abzugeben.

Die Parteien sind vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Kenntnis zu setzen. Dies ist Teil des Parteiengehörs (VwGH 6.9.1993,93/09/O124). Das Parteiengehör umfasst nicht nur das Recht, vom Ergebnis einer Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen, sondern es muss den Parteien ausdrücklich Gelegenheit geboten werden, im Ermittlungsverfahren ihre Rechte und rechtlichen Interessen geltend zu machen, Vorbringen zu gegnerischen Behauptungen zu deponieren, Beweisanträge zu stellen, ergänzende Tatsachenbehauptungen aufzustellen sowie auch eine Äußerung zu den rechtlichen Konsequenzen der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens für die Lösung des Rechtsfalles abzugeben (VwGH 11.3.1980,1547/79)

Dieses Recht auf Parteiengehör ist verletzt und damit unterliegt das gesamte Verfahren einem erheblichen Mangel. Wie weiter unten dargestellt, ist das Beweisverfahren unvollständig und mangelhaft.

4.2. Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes

Die Behörde hat es im Ermittlungsverfahren unterlassen, den zur Entscheidung notwendigen Sachverhalt zu ermitteln. Da es sich um wesentliche Sachverhaltselemente handelt, die von der Behörde nicht erhoben wurden, ist das Verfahren mangelhaft und ist die Behörde anzuhalten, den Sachverhalt neuerlich umfassend zu ermitteln.

Bautechnik

Die Behörde hat es verabsäumt, Feststellungen zu treffen, ob bereits errichtete Gebäudeteile und Geländeveränderungen bewilligt sind.

Wie auf dem beiliegenden Foto ersichtlich, wurden bereits weite Teile der geplanten Anlage errichtet und es wurde das Grundstück nahezu über die gesamte Fläche mit Asphaltgranulat aufgeschüttet und damit das Niveau angehoben (siehe Seite 2 der Verhandlungsschrift vom 4.2.2019). Neben den Bauten ist auch die Geländeveränderung nach der niederösterreichischen Bauordnung bewilligungspflichtig. Entsprechende Feststellungen hat die Behörde jedoch nicht getroffen. Diese Feststellungen sind jedoch notwendig, da Anrainer das Recht haben, davon Kenntnis zu erlangen, ob Bauwerke und Geländeveränderungen gesetzeskonform erfolgt sind. Beschwerdeführer dürfen davon ausgehen, dass die Antragstellerin keine Geländeveränderungen durchführt bzw. Bauwerke aufführt, ohne über entsprechende Bewilligungen zu verfügen. Insbesondere als schon in einer ersten Prüfung der Unterlagen, die betonierten Rampen nicht mit den eingereichten Unterlagen in Übereinstimmung zu bringen sind.

Beweis: Foto vom 25.02.2019 (Beilage ./A)

Brandschutz

Die Behörde hat es verabsäumt, notwendige Feststellungen zum Brandschutz zu treffen. Die Behörde räumt der Antragstellerin die Möglichkeit ein, bis zu 600 t Baustellenabfälle in der Halle zu lagern. Dies entspricht in etwa einer Kubatur von rund 2000 m3. Bei einer angenommenen Lagerhöhe von 4 m ergibt sich eine Grundfläche von 500 m2. Ein Lagerung von Abfällen in diesem Umfang, stellt eine erhebliche Brandlast dar und damit auch eine erhebliche Gefahrenquelle für die Anrainer und Personen im näheren Umfeld. Insbesondere angesichts der Tatsache, dass Abfälle eine relativ hohe Gefahr der Selbstentzündung in sich bergen. Die Behörde hat es unterlassen, diese für die anderen relevanten Sachverhaltsmomente zu erheben und ist der Sachverhalt unbedingt diesbezüglich zu ergänzen.

Luftverunreinigunq — Staub und Lärm

Die Belästigungen der Anrainer durch Staub und Lärm basieren auf den Angaben des Antragstellers über die Häufigkeit der in Aussicht genommenen Manipulationen und der damit in Zusammenhang stehen Äußerungen des Amtssachverständigen für Lärmtechnik.

Die Behörde geht von maximal 48 Fahrten sowie 30 Ladevorgängen aus und richtet sich dabei ausschließlichnach den Aussagen des Vertreters der Antragstellerin.

Die Behörde geht davon aus, dass jede Mulde ein Gewicht von 12 t aufweist. Dies ist jedoch unrichtig und entspricht keinesfalls der Praxis. Lediglich Mulden mit Bauschutt, Beton und Bodenaushub kommen auf dieses Gewicht. Mulden mit Baustellenabfällen wiegen ca. 2-3 t und Mulden mit Sperrmüll nehme ca. 1,5 t an Abfall auf. In *** sind ca. die Hälfte der Mulden mit Baustellenabfällen befüllt. ln der Praxis ergibt sich ein durchschnittliches Gewicht einer Mulde von 4-5 t. Bei einem bewilligten Jahresumschlag im Zwischenlager von 96.000 t ergeben sich damit mehr als 100 Fahrten pro Tag.

Selbst wenn jeder Sattelzug mit 25 t beladen wäre, was der gesetzlichen maximal Last entspricht, werden 3840 Abfahrten im Jahr schlagend. In der Praxis haben Holz und Restmüllcontainer nur 6-8 t. Somit sind mindestens 5000 Abholungen pro Jahr zu erwarten und nicht bloß die beschriebenen 1800 Abholungen.

Die Behörde hat den individuellen Gegebenheiten im Ermittlungsverfahren nicht Rechnung getragen und hat es verabsäumt, den Sachverhalt im notwendigen Umfang zu ermitteln. Nachdem die Anzahl der Fahrten auf dem Betriebsgelände und die Anzahl der Ladevorgänge, die Belästigung der Anrainer durch Staub und Lärm maßgeblich beeinflussen, ist der Mangel im Ermittlungsverfahren für die Anrainer wesentlich.

Umwelthygiene-Lärmmedizin

Das zur Bewilligung vorgelegte Projekt, lässt den Schluss zu, dass eine hohe Anzahl von Manipulationsvorgängen zu einer Lärm und Staubbelastung der Anrainer führen können. Die zu erwartende Anzahl der Manipulationsvorgänge lässt nicht nur eine unzumutbare Belästigung der Anrainer zu, sondern ist die Gefährdung der Gesundheit der einzelnen Anrainer nicht auszuschließen. Selbst dort wo einzelne Beschwerdeführer nicht dauerhaft anwesend sind, aber regelmäßig mehrmals pro Woche für mehrere Stunden.

Daher ist die Behörde angehalten, das Gutachten eines Amtssachverständigen für Umwelthygiene und Lärmmedizin einzuholen. Dieser Mangel im Ermittlungsverfahren ist wesentlich, da die Belastung für die Gesundheit der Anrainer nur durch den entsprechenden Sachverständigen ausgeschlossen werden kann.

4.3. Unrichtige rechtliche Beurteilung

Die Behörde hat es unterlassen, die notwendige Feststellungen zu treffen, um den vorliegenden Sachverhalt rechtlich richtig zu beurteilen.

Um die den Anrainern zumutbare Belastung durch Staub und Lärm beurteilen zu können, ist die Behörde angehalten, den tatsächlichen praktischen Gegebenheiten Rechnung zu tragen und eine realistische Anzahl von Bewegungen auf der Betriebsliegenschaft zu erheben.

Damit verbunden muss die Behörde zur Frage der Belastung der Anrainer Feststellungen treffen, die nur durch ein Gutachten eines Sachverständigen für Umwelthygiene und Lärmmedizin aufbereiten kann.

Da die Behörde dies unterlassen hat, sind die vorliegenden Feststellungen nicht ausreichen, um den Sachverhalt tatsächlich einer richtigen rechtlichen Würdigung zu unterziehen.

5. Beschwerdeanträge

Aus den genannten Gründen stellen die Beschwerdeführer nachfolgende

Anträge:

das zuständige Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge

1)   den hier angefochtenen Bescheid der belangten Behörde auf die von den Beschwerdeführern begehrte Abweisung des Antrages auf gewerbebehördliche Genehmigung einer Betriebsanlage abzuändern,

in eventu

2)   den hier angefochtenen Bescheid der belangten Behörde aufheben und die Angelegenheit an die Behörde erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines Bescheides zurückzuverweisen.

3)   eine mündliche Verhandlung anberaumen.“

Mit Schreiben vom 18. März 2019 legte die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vor, wobei auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet wurde.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wurde im Gegenstand am 7. Mai 2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. An der Verhandlung nahmen neben Vertretern der Konsenswerberin insbesondere auch der Rechtsanwalt der Beschwerdeführer, I, teil; seitens der belangten Behörde ist zur Verhandlung niemand erschienen.

In der Verhandlung wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Der Beschwerdeführervertreter brachte vor, dass sich die Arbeitnehmer der A GmbH, insbesondere deren Geschäftsführer, sich regelmäßig über längere Zeit in den an die Betriebsanlage angrenzenden Gebäude aufhalten würden. Diese seien daher in ihrer körperlichen Integrität und Gesundheit, was Beeinträchtigungen durch Staub und Lärm betreffe, geschützt. Diesen Schutz habe die A GmbH als Arbeitgeber in Wahrnehmung ihrer Führsorgepflicht für diese geltend zu machen. Der Geschäftsführer sei unmittelbar betroffen, in seiner Gesundheit gefährdet und die Geltendmachung der Beschwerdepunkte entspreche seinen subjektiv-öffentlichen Rechten. Er halte sich während der Betriebsstunden der Anlage mehrere Stunden täglich im angrenzenden Gebäude auf.

Es sei zutreffend, dass B 3/10 Eigentümer der Liegenschaft mit der Einlagezahl ***, KG Nr. ***, Grdst. Nr. ***, ist. Die gegenständliche Liegenschaft sei vermietet. Insbesondere habe die Firma A GmbH ihren Standort auf diesem Grundstück. Herr B habe keinen Wohnsitz an dieser Adresse. B halte sich regelmäßig auf der Liegenschaft als Vermieter und in seiner Stellung als Miteigentümer dieser Liegenschaft auf. Die genaue Frequenz sei jedoch nicht bekannt.

Die Vertreter der Konsenswerberin bestätigen, dass Herr B grundsätzlich immer wieder vor Ort zu sehen sei, allerdings ihrer Beobachtung zu Folge erfolge dies etwa ein Mal pro Monat.

Der Beschwerdeführervertreter brachte nochmals ausdrücklich vor, dass C in der Verhandlung unmissverständlich Einwendungen habe erheben wollen, da er deutlich zum Ausdruck gebracht habe, in unzumutbarem Ausmaß, durch Staub und Lärm beeinträchtigt zu sein.

Zudem sei C vom Verhandlungsleiter in der Verhandlung der Bezirkshauptmannschaft Burck an der Leitha nicht über die mögliche Unklarheit seiner Aussage informiert und entsprechend angeleitet worden seine Aussage zu konkretisieren. Auch aus diesem Grund unterliege das erstinstanzliche Verfahren einem Verfahrensfehler.

Der auch bei der erstinstanzlichen Verhandlung anwesende Vertreter der Konsenswerberin J entgegnete dazu, dass seiner Wahrnehmung zufolge C in der Verhandlung keine Einwendungen erhoben habe. Dies sei diesem offenbar insofern bewusst gewesen, als er von den anderen anwesenden Nachbarn zum Erheben von Einwendungen motiviert wurde.

4.   Beweiswürdigung:

Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht auf Grund des gewerbebehördlichen Verwaltungsaktes, in welchem die einzelnen Verfahrensschritte in Form einer elektronischen Aktenführung übersichtlich in chronologischer Form dokumentiert sind.

5.   Rechtslage:

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

§ 74 Abs. 2 GewO lautet:

Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1.

das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2.

die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3.

die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4.

die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5.

eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

§ 75 Abs. 2 GewO lautet:

Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.

§ 77 GewO lautet:

(1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, daß bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen.

(2) Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 zumutbar sind, ist danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

(3) Die Behörde hat Emissionen von Luftschadstoffen jedenfalls nach dem Stand der Technik (§ 71a) zu begrenzen. Die für die zu genehmigende Anlage in Betracht kommenden Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 10 des Immissionsschutzgesetzes-Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, in der jeweils geltenden Fassung, sind anzuwenden. Sofern in dem Gebiet, in dem eine neue Anlage oder eine emissionserhöhende Anlagenerweiterung genehmigt werden soll, bereits mehr als 35 Überschreitungen des Tagesmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a zum IG-L oder eine Überschreitung

-

des um 10 µg/m3 erhöhten Jahresmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,

-

des Jahresmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a zum IG-L,

-

des Jahresmittelwertes für PM2,5 gemäß Anlage 1b zum IG-L,

-

eines in einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 5 IG-L festgelegten Immissionsgrenzwertes,

-

des Halbstundenmittelwertes für Schwefeldioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,

-

des Tagesmittelwertes für Schwefeldioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,

-

des Halbstundenmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,

-

des Grenzwertes für Blei in PM10 gemäß Anlage 1a zum IG-L oder

-

eines Grenzwertes gemäß Anlage 5b zum IG-L

vorliegt oder durch die Genehmigung zu erwarten ist, ist die Genehmigung nur dann zu erteilen, wenn

1.

die Emissionen der Anlage keinen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung leisten oder

2.

der zusätzliche Beitrag durch emissionsbegrenzende Auflagen im technisch möglichen und wirtschaftlich zumutbaren Ausmaß beschränkt wird und die zusätzlichen Emissionen erforderlichenfalls durch Maßnahmen zur Senkung der Immissionsbelastung, insbesondere auf Grund eines Programms gemäß § 9a IG-L oder eines Maßnahmenkatalogs gemäß § 10 des Immissionsschutzgesetzes-Luft in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003, ausreichend kompensiert werden, so dass in einem realistischen Szenario langfristig keine weiteren Überschreitungen der in diesem Absatz angeführten Werte anzunehmen sind, sobald diese Maßnahmen wirksam geworden sind.

(4) Die Betriebsanlage ist erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter geeigneter Auflagen zu genehmigen, wenn die Abfälle (§ 2 Abfallwirtschaftsgesetz) nach dem Stand der Technik (§ 71a) vermieden oder verwertet oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß entsorgt werden. Ausgenommen davon sind Betriebsanlagen, soweit deren Abfälle nach Art und Menge mit denen der privaten Haushalte vergleichbar sind.

§ 41 Abs. 1 AVG lautet:

Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies an der Amtstafel der Gemeinde, durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung oder durch Verlautbarung im elektronischen Amtsblatt der Behörde kundzumachen.

§ 42 Abs. 1 AVG lautet:

Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde.

6.   Erwägungen:

Das Mitspracherecht des Nachbarn im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren ist in zweifacher Weise beschränkt. Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, die ihm nach den in Betracht kommenden Vorschriften eingeräumt sind und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. z.B. VwGH 29.09.2015, 2013/05/0179 uva). Der Nachbar hat auf Grund seiner beschränkten Mitsprachemöglichkeit also ganz allgemein keinen Rechtsanspruch darauf, dass ein Vorhaben sämtlichen gesetzlichen Vorschriften entspricht, sondern besitzt dieser nur einen Rechtsanspruch darauf, dass ein Vorhaben seine rechtzeitig geltend gemachten, durch Vorschriften eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte nicht verletzt. Hierbei ist auch zu beachten, dass die dem Nachbarn eingeräumten prozessualen Rechte nicht weiterreichen können als die ihm durch das Gesetz gewährleistete Sphäre materieller Rechte (vgl. u.a. VwSlg. 8.070A). Soweit die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes also gar nicht in Frage kommt, kann die Verletzung der Rechte eines Nachbarn auch nicht etwa aus allfälligen Verletzungen von Verfahrensvorschriften abgeleitet werden. Nicht jede objektive Rechtswidrigkeit des Bescheides der Behörde kann daher zu dessen Aufhebung oder Abänderung führen; vielmehr hat die Aufhebung oder Abänderung zur Voraussetzung, dass die vom Nachbarn geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechte durch das beantragte Vorhaben verletzt werden (vgl. u.a. VwSlg. 7.873A).

Dementsprechend ist auch die Prüfungsbefugnis des Landesverwaltungsgerichtes auf jene Fragen beschränkt, hinsichtlich derer der Nachbar ein Mitspracherecht besitzt und ein solches auch – rechtzeitig – geltend gemacht hat und ist das Landesverwaltungsgericht nicht berechtigt, aus Anlass des Rechtsmittels eines Nachbarn andere Fragen als Fragen der Verletzung der subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte aufzugreifen (vgl. u.a. VwGH 21.02.1984, 82/05/0158; VwGH 29.09.2015, 2013/05/0179). Zudem ist auch zu beachten, dass die Aufzählung der Nachbarrechte im § 74 Abs 2 GewO taxativ ist (vgl. dazu VwGH 28.02.2012, 2009/05/0346).

Der Begriff „Einwendung“ ist den Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), insbesondere dem § 42, entnommen. Unter Einwendungen sind Vorbringen eines Beteiligten zu verstehen, denen die Behauptung zu Grunde liegt, dass eine positive Entscheidung über den durch den Antrag der Partei bestimmten Verfahrensgegenstand seine Rechte verletzen würde. Eine Einwendung ist demnach als Antrag zu verstehen, das Vorhaben zur Gänze oder zum Teil nicht zu bewilligen, weil es nach Auffassung des Nachbarn seine Rechte verletzt. Diesbezüglich sind von der Präklusionswirkung des § 42 AVG auch an und für sich rechtzeitig erhobene Einwendungen betroffen, wenn diese nicht erkennen lassen, in welchem Recht sich die Partei durch das Vorbringen verletzt erachtet. Dem betreffenden Vorbringen muss somit jedenfalls entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes geltend gemacht wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist (VwGH 15.07.2003, 2001/05/0032). Die Einwendungen müssen somit entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls konkret gehalten sein. Soweit zwar konkrete Einwendungen erhoben wurden, jedoch wiederum nicht spätestens in der Verhandlung, tritt ebenso Präklusion ein. Ein Nachtragen von neuen Einwendungen ist nicht möglich, zumal insoweit der Betreffende seine Parteistellung bereits verloren hat (VwGH 19.05.2015, 2013/05/0190).

Abgesehen davon ist des Weiteren festzuhalten, dass auch zufolge des § 27 VwGVG das Verwaltungsgericht den bekämpften Bescheid nur im angefochtenen Umfang, das heißt nur hinsichtlich der in der Beschwerde vorgebrachten Beschwerdepunkte und der Beschwerdebegründung zu prüfen hat, wobei „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfangs jedenfalls nur jene Angelegenheit ist, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat. Der äußere Rahmen für die Prüfbefugnis ist die „Sache“ des bekämpften Bescheides (vgl. VwGH 03.08.2016, Ro 2016/07/0008). Die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes ist zudem eben durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt.

Zusammenzufassend ist somit unter Zugrundelegung dieser herrschenden Judikatur, dass die Prüfbefugnis des Landesverwaltungsgerichtes im gegenständlichen Verfahren in zweierlei Hinsicht beschränkt ist. Zum einen waren und sind lediglich nur jene Einwendungen der Beschwerdeführer zu prüfen, die von diesen rechtzeitig im erstinstanzlichen Verfahren erhoben wurden, und dies inhaltlich auch nur so weit, soweit durch diese Einwendungen subjektiv-öffentliche Nachbarrechte betroffen sind bzw. sein können („Zulässigkeit“), und zum anderen auch nur so weit, soweit eben diese Einwendungen auch noch im Rahmen der Beschwerden aufrecht gehalten wurden („Sache des Beschwerdeverfahrens“).

Für den vorliegenden Fall:

Zur Beschwerde des C:

C nahm an der Verhandlung der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha am 4. Februar 2019 teil. Da von ihm einerseits vor der Verhandlung und andererseits ausdrücklich in der Verhandlung keine Einwendungen erhoben wurden, hat C seine Parteistellung im gegenständlichen Verfahren verloren. Auf die möglichen Präklusionsfolgen wurde er in der Ladung der belangten Behörde zur Verhandlung hingewiesen. Eine Rechtsbelehrung an C ist somit jedenfalls schriftlich erfolgt.

Im Kontext mit den in der Verhandlungsschrift unmittelbar oberhalb seiner Stellungnahme protokollierten Einwendungen der beiden anderen Beschwerdeführer B und A GmbH und dem klaren Wortlaut seiner Stellungnahme ist eine Interpretation dahingehend, dass es sich bei seinem Vorbringen in der Verhandlung um eine Einwendung gehandelt habe, denkunmöglich.

Zur Beschwerde des B:

Als Miteigentümer eines in unmittelbarer Nähe zur verfahrensgegenständlichen Liegenschaft situierten Grundstückes kommt B grundsätzlich als Nachbar in Frage.

In Bezug auf den Schutz des Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte genießen die Berechtigten unabhängig von einem Aufenthalt auf der Liegenschaft im Immissionsbereich Parteistellung. Dahingehend wurde von B jedoch im Verfahren nichts geltend gemacht.

Die den Schutz des Lebens und der Gesundheit sowie den Schutz vor Belästigungen betreffende Nachbarstellung kommt dinglich Berechtigten nur dann zu, wenn sie Sachverhaltsumstände geltend machen, die eine solche Gefährdung oder Belästigung überhaupt möglich erscheinen lassen, wenn auch nur in Bezug auf einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Nahebereich der Betriebsanlage (VwGH 16.2.2005, 2002/04/0191). Denkbar wäre beispielsweise ein Wochenendhaus oder ein unbebautes Grundstück für Freizeit- und Erholungszwecke der Familie an (vgl. zB VwGH 16.2.2005, 2002/04/0191).

Da sich das Grundstück des Miteigentümers B im Industriegebiet befindet, das Grundstück dauerhaft an die A GmbH vermietet ist und diese dort ihr Betriebsanlage betreibt, ist eine persönliche Gefährdung bzw. Belästigung des Eigentümers auszuschließen. Der bloß vorübergehende Aufenthalt zur Wahrung seiner Eigentümerinteresse legitimiert B nicht geltend zu machen, durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb dieser Betriebsanlage gefährdet oder belästigt zu werden.

Da somit im erstinstanzlichen Verfahren ausschließlich unzulässige Einwendungen betreffend Lärm- und Luftimmissionen geltend gemacht wurden, hat B seine Parteistellung verloren.

Zur Beschwerde der A GmbH:

Grundsätzlich kann auch eine juristische Person die subjektiv öffentlichen Nachbarrechte zum Schutz dinglicher Rechte in Anspruch nehmen, was verfahrensgegenständlich jedoch nicht erfolgt ist.

Eine juristische Person kann jedoch nie (auch nicht im Rahmen ihrer Eigentümerstellung) eine persönliche Gefährdung oder Belästigung geltend machen (VwGH 18.5.2005, 2005/04/0065), da eine persönliche Gefährdung bzw. Belästigung der juristischen Person etwa durch Lärm, Geruch, etc. schon begrifflich nicht in Frage kommt (VwGH 24.4.1990, 89/04/0178).

Auch kann eine GmbH nicht allenfalls ihren Arbeitnehmern zustehende Rechte geltend machen. (sinngemäß zu einem Verein – VwGH 20.12.1994, 94/04/0100).

Die im erstinstanzlichen Verfahren erhobene Einwendung der A GmbH betreffend Belästigung bzw. Gefährdung durch Lärm und Luft ist unzulässig. Auch die A GmbH hat mangels fristgerechter zulässiger Einwendungen ihre Parteistellung verloren.

Zu allen:

Da alle Beschwerdeführer mangels fristgerechter zulässiger Einwendungen im erstinstanzlichen Verfahren präkludiert sind, sind jene erstmals in der Beschwerde vorgebrachten Einwendungen betreffend Brandschutz und Bautechnik vom Verwaltungsgericht nicht aufgreifbar.

Aufgrund verlorener Parteistellung sind die Beschwerdeführer im konkreten Fall zur Beschwerdeerhebung nicht berechtigt, weshalb die Beschwerden mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen waren.

7.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Gewerberecht; Betriebsanlage; Genehmigung; Nachbar; Einwendungen; Präklusion;

Anmerkung

VwGH 30.09.2019, Ra 2019/04/0087-6, Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.336.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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