TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/30 W187 2191278-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.11.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AVG §68 Abs2
BFA-VG §18 Abs1 Z1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W187 2191278-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER als über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die Volkshilfe OÖ - FMB GmbH - Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, Außenstelle Linz (ASt) vom XXXX , XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1.1 Der Beschwerdeführer stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2 Mit Bescheid vom XXXX , XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen den Beschwerdeführer erließ die belangte Behörde gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG betrug die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.). Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, die zu W187 2191278-1 protokolliert ist und über die bisher noch nicht entschieden wurde.

1.3 Mit den angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den von ihr erlassenen Bescheid vom XXXX , gemäß § 68 Abs 2 AVG ab und erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt I.) und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt II.). Der Beschwerdeführer habe gemäß § 13 Abs 2 Z 1 AsylG 2005 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 7.3.2018 verloren (Spruchpunkt III.). Die belangte Behörde erließ gemäß gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.). Die belangte Behörde erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.).

1.4 Gegen den unter 1.3 genannten Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht vollinhaltlich Beschwerde und ersuchte in Einem um Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Der unter I. wiedergegebene Verfahrensgang stellt den entscheidungsrelevanten Sachverhalt für die gegenständliche Entscheidung dar.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich eindeutig aus der Aktenlagen des gegenständlichen Verfahrens und des Verfahrens W187 2191278-1.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Anzuwendendes Recht

3.1.1 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes - BVwGG, BGBl I 2013/10, idgF lauten:

"Einzelrichter

§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist."

3.1.2 Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG, BGBl I 2013/33 idgF, lauten:

"Anwendungsbereich

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

...

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) ..."

3.1.3 Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl 1991/51 idgF, lauten:

"Abänderung und Behebung von Amts wegen

§ 68. (1) ...

(2) Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

(3) ..."

3.2 Zu Spruchpunkt A) - Ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheids

3.2.1 Die belangte Behörde führt in der rechtlichen Begründung des angefochtenen Bescheids aus, dass aus ihrem Bescheid vom 21.2.2018, 1089353003-151456099, dem Beschwerdeführer kein Recht eingeräumt worden sei, da der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen worden sei. Daher sei § 68 Abs 2 AVG anzuwenden.

3.2.2 Der angefochtene Bescheid ändert die Rechtslage des Beschwerdeführers allerdings insofern, als er gemäß § 13 Abs 2 Z 1 AsylG 2005 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 7.3.2018 verloren habe, gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 FPG ein auf drei Jahre befristet Einreiseverbot erlassen werde und die aufschiebende Wirkung gegen den angefochtenen Bescheid gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG aberkannt werden.

Damit stellt sich die Rechtsstellung des Beschwerdeführers durch den angefochtenen abändernden Bescheid jedoch deutlich ungünstiger als nach dem abgeänderten Bescheid der belangten Behörde dar, da nunmehr der Verlust des Aufenthaltsrechts, ein Einreiseverbot und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gegen diesen Bescheid zum ursprünglichen Bescheidspruch hinzukommen, sodass der Beschwerdeführer ohne Abwarten des Ausgangs seines Beschwerdeverfahrens sofort abgeschoben werden könnte und überdiese ein Einreiseverbot von drei Jahren zu erwarten habe.

3.3.3 Grundsätzlich ist ein Bescheid, mit dem eine Behörde in einem Einparteienverfahren einen Antrag abweist, ein Bescheid, aus dem niemand ein Recht erwachsen ist. Eine Aufhebung nach § 68 Abs 2 AVG ist allerdings unzulässig, wenn dadurch die Rechtslage der Partei ungünstiger als durch den aufgehobenen Bescheid gestaltet wird (vgl VwGH 27.4.2000, 98/10/0317; 22.4.2002, 99/10/0144; 9.9.2016, 2013/12/0196). Es besteht zwar kein Recht des Beschwerdeführers, dass das Bundesverwaltungsgericht über seine Beschwerde gegen den ursprünglichen Bescheid entscheidet (VwGH 16.11.2015, Ra 2015/12/0029, VwSlg 19245 A/2015), sodass grundsätzlich eine amtswegige Aufhebung oder Anfechtung eines Bescheides durch die Behörde während eines anhängigen Beschwerdeverfahrens vor einem Verwaltungsgericht grundsätzlich zulässig ist (Hengstschläger/Leeb, AVG [Stand 1.3.2018, rdb.at] § 68 Rz 80 mwN). Ausschlaggebend für die Anwendbarkeit von § 68 Abs 2 AVG ist jedoch der Effekt der Aufhebung oder Abänderung. Belastende Abänderungen von der Berufung nicht (mehr) unterliegenden Bescheiden können nicht auf § 68 Abs 2 AVG gestützt werden (VwGH 27.5.2014, 2011/10/0197), auch dann nicht, wenn es sich um Bescheide handelt, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist (Hengstschläger/Leeb, AVG [Stand 1.3.2018, rdb.at] § 68 Rz 81 mwN).

3.3.4 Wie unter 3.3.2 dargestellt stellt die Abänderung des Bescheidspruchs durch den angefochtenen Bescheid eine Verschlechterung der rechtlichen Lage des Beschwerdeführers dar, sodass sie - wie sich aus der unter 3.3.3 wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergibt - nach § 68 Abs 2 AVG unzulässig ist.

3.3.5 Überdies ist der Ausspruch im angefochtenen Bescheid insofern unklar, als der Spruch nicht erkennen lässt, welche der sechs Spruchpunkte des abgeänderten Bescheids abgeändert werden sollen. Im Zweifel würde es bedeuten, dass alle Spruchpunkte des abzuändernden Bescheids durch den Spruch des Abänderungsbescheids ersetzt werden. Dies hat allerdings zur Folge, dass ein Abspruch über den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von internationalem Schutz wieder fehlen würde und darüber neuerlich zu erkennen wäre. Damit würden allen Spruchpunkten des Abänderungsbescheids jedoch die inhaltliche Grundlage entzogen, zumal die Rechtmäßigkeit der Neuregelung der Sache nicht nach § 68 Abs 2 AVG, sondern nach dem anzuwendenden materiellen Recht zu beurteilen ist (VwGH 16.11.2015, Ra 2015/12/0029, VwSlg 19245 A/2015). Der Hinweis in der Begründung, dass die Spruchpunkte I. bis III. des abgeänderten Bescheids aufrecht bleiben, vermag am normativen Ausspruch des Abänderungsbescheids daran nichts zu ändern.

3.3.6 Aus diesen Gründen ist der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs 2 VwGVG ersatzlos zu beheben. Diese Entscheidung erfolgt mit Erkenntnis (Winkler in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 [2017], § 28 Rz 7).

3.3.7 Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann eine mündliche Verhandlung ungeachtet eines Parteienantrags entfallen, wenn eine mündliche Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtsfrage nicht erwarten lässt. Die Parteien haben die Tatsachen nicht bestritten, sodass sich die Entscheidung auf die Lösung einer reinen Rechtsfrage beschränkt. Das Unterbleiben einer Verhandlung beeinträchtigt die aus Art 6 EMRK und Art 47 GRC erfließenden Rechte in diesem Fall nicht (zB VwGH 12.12.2017, Ra 2015/05/0043; Reisner in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 [2017], § 24 Rz 19).

3.3 Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Dazu wird auf die unter

3.2 in diesem Erkenntnis zitierte Rechtsprechung der Höchstgerichte verwiesen.

Schlagworte

Abänderung eines Bescheides, Aufenthaltsrecht, aufschiebende Wirkung
- Entfall, Behebung der Entscheidung, Bescheidabänderung,
Einreiseverbot aufgehoben, ersatzlose Behebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W187.2191278.2.00

Zuletzt aktualisiert am

05.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten