TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/17 L503 2210849-1

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Veröffentlicht am 17.12.2018
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Entscheidungsdatum

17.12.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L503 2210849-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Vorsitzenden und den Richter Mag. LEITNER sowie den fachkundigen Laienrichter Ing. WEISS über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 30.07.2018, XXXX , zu Recht erkannt:

A.) Der Beschwerde wird stattgegeben und ausgesprochen, dass beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass vorliegen.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: "BF"), der seit Februar 2017 über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 v. H. verfügt, beantragte am 14.6.2018 die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass.

2. Daraufhin teilte das Sozialministeriumservice (im Folgenden kurz: "SMS") dem BF mit Schreiben vom 22.6.2018 mit, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" nicht vorliegen würden. Beigefügt wurde dem Schreiben ein Sachverständigengutachten von Dr. G. B., Facharzt für Orthopädie, vom 31.5.2018, welches zuvor im Rahmen einer amtswegig durchgeführten Nachbegutachtung erstellt worden war. Der BF könne dazu binnen drei Wochen Stellung nehmen.

Als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wurde im beigelegten Sachverständigengutachten von Dr. G. B. vom 31.5.2018 wie folgt festgehalten:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Knorpelschäden in beiden Füßen Unveränderte Bewegungs- und Funktionseinschränkung bei Knorpelschäden und Senk-Knickfuß in beiden Füßen ergibt die Einschätzung.

02.05.37

50 vH

02

Zustand nach Knietotalendoprothese rechts Unveränderte Einschätzung wie im Vorgutachten.

02.05.20

30 vH

03

degenerative Wirbelsäulenveränderungen unverändert wie im Vorgutachten

02.01.01

20 vH

 

Gesamtgrad der Behinderung

60 vH

 

Zur Frage der Zumutbarkeit

öffentlicher Verkehrsmittel wurde wie folgt ausgeführt:

"Das Fuß- Knie- und Wirbelsäulenleiden schränkt die Mobilität ein, eine kurze Wegstrecke (300-400m) kann aber zurückgelegt werden. Die Beweglichkeit der Gelenke ermöglicht das sichere Ein- und Aussteigen und die Beförderung im öffentlichen Verkehrsmittel."

3. Eine Stellungnahme des BF dazu ist nicht aktenkundig.

4. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 30.7.2018 wies das SMS den Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung in den Behindertenpass "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gemäß §§ 42 und 45 BBG ab.

Begründend wurde - neben Darstellung der allgemeinen rechtlichen Grundlagen - zunächst darauf hingewiesen, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar sei, wenn eine kurze Wegstrecke (300 bis 400 Meter) nicht auseigener Kraft und ohne fremde Hilfe, auch unter Verwendung der zweckmäßigsten Behelfe, ohne Unterbrechung zurückgelegt werden könne oder wenn die Verwendung des erforderlichen Behelfs die Benützung des öffentlichen Transportmittels in hohem Maße erschwere. Sodann wurde ausgeführt, im Ermittlungsverfahren sei ein Gutachten eingeholt worden; nach diesem Gutachten würden die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung nicht vorliegen. Die wesentlichen Ergebnisse der ärztlichen Begutachtung seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Das Sachverständigengutachten sei als schlüssig erkannt und der Entscheidung im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt worden. Eine Stellungnahme des BF sei nicht eingelangt. Beigelegt wurde dem Bescheid das Gutachten von Dr. G. B. vom 31.5.2018.

5. Mit Schreiben vom 28.8.2018 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 30.7.2018. Darin führte der BF aus, wie aus - der Beschwerde beigelegten - Befunden des Klinikums W.-G. ersichtlich sei, seien seine beiden Vorfüße und das rechte Knie operiert worden. Leider habe sich bei seinem linken Vorfuß eine Platte gelockert, was ihm große Schmerzen bereite. Man sehe aber noch von einer weiteren Operation ab, da sich diese schwierig gestalte. Darüber hinaus habe er durch einen Unfall einen Innenbandriss beim linken Knie sowie weitere Bänderrisse erlitten, welche zusätzlich starke Schmerzen verursachen würden.

Es sei ihm daher nicht möglich, eine kurze Wegstrecke zu einem öffentlichen Verkehrsmittel zurückzulegen bzw. bereite ihm auch der Ein- und Ausstieg in ein bzw. aus einem öffentlichen Verkehrsmittel große Probleme.

6. Daraufhin holte das SMS ein weiteres Sachverständigengutachten ein und wurde der BF am 15.11.2018 von Dr. M. S., einem Facharzt für Chirurgie, untersucht.

In dem am 28.11.2018 erstellten Gutachten führte Dr. M. S. als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wie folgt aus:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

01

Schwere Vorfußdeformität beidseits bei Arthrose

02

Knieprothese rechts

03

Schwere Arthrose des linken Kniegelenkes

04

Wirbelsäulendegeneration

Im Rahmen der Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten führte der Sachverständige aus, die Beschwerden an den Vorfüßen hätten zugenommen und die Kniegelenke seien getrennt berücksichtigt worden.

Im Hinblick auf die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führte der Sachverständige wie folgt aus:

"Es besteht eine schwere Vorfuß-Arthrose beidseits, wobei die Belastung glaubhaft eingeschränkt ist, das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist aus orthopädischer Sicht derzeit nicht möglich, das Überwinden von Niveauunterschieden sowie die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel ist erheblich erschwert."

7. Am 7.12.2018 legte das SMS den Akt dem BVwG vor und wies darauf hin, dass eine Entscheidung innerhalb der Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung nicht möglich gewesen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist 1962 geboren und von Beruf Staplerfahrer. Er verfügt seit 2017 über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 v. H. Am 14.6.2018 beantragte er die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass.

1.2. Beim BF bestehen folgende Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

01

Schwere Vorfußdeformität beidseits bei Arthrose

02

Knieprothese rechts

03

Schwere Arthrose des linken Kniegelenkes

04

Wirbelsäulendegeneration

1.3. Im Hinblick

auf die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch den BF werden folgende Feststellungen getroffen: Es besteht eine schwere Vorfuß-Arthrose beidseits, wobei die Belastung glaubhaft eingeschränkt ist, das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist aus orthopädischer Sicht derzeit nicht möglich, das Überwinden von Niveauunterschieden sowie die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel sind erheblich erschwert.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des SMS.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen zum BF, zu seinem Behindertenpass und seinem Antrag auf Vornahme einer Zusatzeintragung in den Behindertenpass ergeben sich unmittelbar aus dem Akteninhalt.

2.3. Die getroffenen Feststellungen zu den beim BF bestehenden Funktionseinschränkungen beruhen auf dem vom SMS zuletzt im Beschwerdevorentscheidungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten vom 28.11.2018 von Dr. M. S. Die diesbezüglichen Ausführungen des Sachverständigen legen die Beeinträchtigungen des BF schlüssig und nachvollziehbar dar.

2.4. Die getroffenen Feststellungen zur Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch den BF beruhen auf folgenden Erwägungen:

Dr. M. S. kam in seinem Sachverständigengutachten vom 28.11.2018 schlüssig und nachvollziehbar zum Ergebnis, dass beim BF eine schwere Vorfuß-Arthrose beidseits bestehe, wobei die Belastung glaubhaft eingeschränkt und das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke aus orthopädischer Sicht derzeit nicht möglich sei; darüber hinaus seien das Überwinden von Niveauunterschieden sowie die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel erheblich erschwert.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe der Beschwerde

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gemäß § 45 Abs 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gegenständlich liegt somit die Zuständigkeit eines Senats vor.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Die hier einschlägigen Bestimmungen des BBG lauten:

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, [...]

§ 42. (1) [...] Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

[...]

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. [...]

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

3.3. § 1 Abs 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016, lautet:

[...] (4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen: [...]

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

[...]

3.4. Im konkreten Fall bedeutet dies:

Wie oben dargelegt, kam Dr. M. S. in seinem Sachverständigengutachten vom 28.11.2018 schlüssig und nachvollziehbar zum Ergebnis, dass beim BF eine schwere Vorfuß-Arthrose beidseits bestehe, wobei die Belastung glaubhaft eingeschränkt und das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke aus orthopädischer Sicht derzeit nicht möglich sei; darüber hinaus seien das Überwinden von Niveauunterschieden sowie die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel erheblich erschwert.

Gemäß ständiger Rechtsprechung wird die Fähigkeit, eine Wegstrecke von etwa 300 bis 400 m ohne fremde Hilfe zurückzulegen, als ausreichend angesehen, um (sofern keine sonstigen einschränkenden Umstände vorliegen) von einer Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auszugehen (vgl. etwa VwGH vom 21.6.2017, Zl. Ra 2017/11/0040, mit zahlreichen weiteren Judikaturhinweisen). Bereits dieses Erfordernis wird aber vom BF nicht erfüllt, zumal der Sachverständige unmissverständlich ausführt, dass der BF eine kurze Wegstrecke nicht zurücklegen könne. Darüber hinaus hat der Sachverständige auch darauf hingewiesen, dass das Überwinden von Niveauunterschieden sowie die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel durch den BF nicht gewährleistet seien. Es ist somit von einer Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch den BF auszugehen.

Folglich ist der Beschwerde spruchgemäß stattzugeben und auszusprechen, dass beim BF die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass vorliegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gem. § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gem. Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind nicht hervorgekommen. Das BVwG konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des VwGH bzw. klare Rechtslage betreffend Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" stützen.

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen.

Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art 6 EMRK für Art 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 21.02.2014, B1446/2012; 27.06.2013, B823/2012; 14.03.2012, U466/11; VwGH 24.01.2013, 2012/21/0224; 23.01.2013, 2010/15/0196).

Im gegenständlichen Fall ergab sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten war. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erweist sich aufgrund der Aktenlage als geklärt.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L503.2210849.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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