TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/17 L503 2210354-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.12.2018
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Entscheidungsdatum

17.12.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L503 2210354-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Vorsitzenden und den Richter Mag LEITNER sowie den fachkundigen Laienrichter Ing. WEISS über die Beschwerde von XXXX gegen den gemäß § 45 Abs 2 BBG in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 12.10.2018, zu Recht erkannt:

A.) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: "BF") beantragte am 5.2.2018 beim Sozialministeriumservice (im Folgenden kurz: "SMS") die Ausstellung eines Behindertenpasses.

2. Daraufhin holte das SMS ein Sachverständigengutachten ein und wurde der BF am 5.4.2018 von Dr. C. B., einer Ärztin für Allgemeinmedizin, untersucht.

In dem in weiterer Folge von Dr. C. B. am 12.4.2018 erstellten medizinischen Sachverständigengutachten wird eingangs wie folgt ausgeführt:

"Anamnese:

2013 - KH W. - Nierenca - es wurde die Niere entfernt. Präoperativ erfolgte eine Chemotherapie. Es erfolgen ca. 1/2 jährliche Kontrollen, weil die Werte letztes Jahr nicht stimmten erfolgte mehrmalige Kontrollen.

Derzeitige Beschwerden:

Er habe Probleme mit dem Blutdruck, der Blutdruck sei schwankend und eher erhöht, sobald er Stress habe steige der Blutdruck. Er führe regelmäßig Selbstkontrollen durch. Er nehme regelmäßig Medikamente ein, trotzdem sei der Blutdruck erhöht. Wenn der Blutdruck sinke sei er müde und schlafe viel.

Letztes Jahr waren die Blutfettwerte erhöht, durch die Einnahme von Atorvastatin kam es zu einer Senkung der Blutfettwerte.

Es besteht ein Z.n. Nierenkarzinom mit Tumorteilnephrektomie im März 2012, dies-bezüglich erfolgen regelmäßige Kontrollen, es besteht anamnestisch kein Hinweis auf Rezidiv.

Seit ca. 2 Jahren sei die Nierenfunktion eingeschränkt, bei der zuletzt durchgeführten Untersuchung im Krankenhaus W. im 09/ 2017 war der Kreatininwert erhöht.

Er fühle sich müde, zittrig und habe eine Schwäche in den Beinen.

Spontan und auf Nachfrage werden keine weiteren Beschwerden angegeben.

[...]

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

12.09.2017, Klinikum W.-G., Diagnosen: Chronische Niereninsuffizienz KDOQI Stadium 2-3, Nierenarterienstenose links mit hypoplastischer Niere (20 %ige Funktion), Z.n. Tumorteilnephrektomie rechts am 23.03.2012 (hoch bis mäßig differenziertes Nierenzellcarcinom rechts), arterielle Hypertonie, kombinierte Hyperlipidämie."

Zusammengefasst wurde als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wie folgt festgehalten:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Chronische Niereninsuffizienz mit höhergradiger Hypertonie Einschätzung laut EVO - höhergradige Hypertonie bei chronischer Niereninsuffizienz.

05.04.01

40 vH

02

Z.n. Nieren CA mit Tumorteilnephrektomie rechts im März 2012 Es besteht ein Z.n. Nierenkarzinom, mit präoperativer Chemotherapie, die Operation erfolgte März 2012, es erfolgen regelmäßig Nachkontrollen, anamnestisch kein Hinweis auf Rezidiv.

13.01.01

20 vH

 

Gesamtgrad der Behinderung

40 vH

 

Begründend für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, führend sei das unter Punkt 1 angeführte Leiden, Punkt 2 steigere nicht weiter.

3. Mit Schreiben zur Wahrung des Parteiengehörs vom 12.4.2018 übermittelte das SMS dem BF das dargestellte Gutachten von Dr. C. B. vom 12.4.2018 und wies darauf hin, dass der Grad der Behinderung 40 vH betrage und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen würden. Der BF könne dazu binnen drei Wochen schriftlich Stellung nehmen.

4. Mit Schreiben vom 25.4.2018 gab der BF eine Stellungnahme ab, in der er ausführte, er habe bei der Untersuchung durch Dr. C. B. nicht erwähnt, dass er an einer anhaltenden depressiven Störung mit Somatisierung leide. Darüber hinaus sei er aufgrund seines schlechten Immunsystems öfters krank und müsse er aufgrund von Taubheitsgefühl in seinen Händen und Füßen regelmäßig zur Massage gehen. Zudem sei beim Gutachten nicht berücksichtigt worden, dass "ein Teil" seines Mittelfingers an der linken Hand verletzt worden sei, sprich "ein Teil des Nagels und der Haut wurden während der Arbeit abgeschnitten".

Er ersuche um nochmalige Einsicht seiner Befunde bzw. Untersuchung seines gesundheitlichen Zustands.

5. Laut Aktenvermerk des SMS vom 30.4.2018 hat der BF an diesem Tag vorgesprochen und angekündigt, dass er am 11.6.2018 einen Termin beim Psychologen habe und den Befund dann übermitteln werde.

6. Mit Schreiben des SMS vom 20.6.2018 wurde der BF aufgefordert, aktuelle Befunde, insbesondere zu seiner Depression, vorzulegen.

7. Laut Aktenvermerk des SMS vom 27.6.2017 hat der BF an diesem Tag bekanntgegeben, dass der Termin beim Therapeuten habe verschoben werden müssen. Er habe (lediglich) einen Befund zur Depression aus 2015 sowie andere Befunde übermittelt, sodass der Fall nun dem ärztlichen Dienst zugeleitet werde.

8. Daraufhin holte das SMS ein weiteres Sachverständigengutachten ein und wurde der BF am 7.9.2018 von Dr. R. R., einem Arzt für Allgemeinmedizin, untersucht.

In dem in weiterer Folge von Dr. R. R. am 29.9.2018 erstellten medizinischen Sachverständigengutachten wird eingangs zu den derzeitigen Beschwerden des BF wie folgt ausgeführt:

"Jetzt hat er Depressionen, deshalb ist er mit der Einstufung von 40vH. nicht zufrieden, er hat einen Befund vom Neurologen, Schlafstörungen, wacht auf, hat schlechte Träume, er ist nervös, zittert, er nimmt ein Medikament ein, Kontrollen beim Neurologen; auch Psychotherapie im BBRZ; die rechte Niere wurde entfernt, die linke Seite ist von Geburt an zu klein, die Harnsäure ist erhöht, auch das Kreatinin und der Blutdruck ist erhöht; an den Füßen und Händen hat er Gefühlsstörungen, er muss sich massieren lassen.

Im Rahnen der Zusammenfassung relevanter Befunde führte der Sachverständige wie folgt aus:

"1.8.2018 Dr. P., Caravias: anh. depressive Störung mit Somatisierung, Z.n. Nieren-Ca-Op rechts 2012; Med.Liste;

5.7.2015 P./Z.: Ang. depr. Störung mit Somatisierung

14.4.2018 Laborbefund Kh-W.: Krea 1.8, HS 8.3, Chol 294mg/dl, Tg 395mg/dl"

Zusammengefasst wurde als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wie folgt festgehalten:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

ausgeprägte Fehlhaltung und Funktionsbehinderung der Lendenwirbelsäule Position 02.01.02 mit 40% angenommen aufgrund der ausgepräten Fehlhaltung der LWS, Bewegungseinschränkung, chronische Schmerzen mit bedarfsweiser Physikotherapie, positives Laseguezeichen

02.01.02

40 vH

02

Funktionseinschränkung der linken Niere mit Hypertonie schweren Grades Position 05.04.01 mit 40% angenommen aufgrund der höhergradigen Hypertonie bei eingeschränkter Nierenfunktion der linken Niere, Zustand nach Nephrektomie rechts

05.04.01

40 vH

03

anhaltend depressive Störung Position 03.06.01 mit 20% angenommen aufgrund des stabilen Befundes einer anhaltenden Depression unter Medikation, die Kribbelparästhesien im Sinne einer somatischen Störung miterfaßt

03.06.01

20 vH

04

Zustand nach Nierencarzinom rechts Position 13.01.02 mit 10% angenommen bei abgeschlossener Behandlung und Heilungsbewährung nach Nierenzellcarzinom rechts

13.01.02

10

 

Gesamtgrad der Behinderung

50 vH

 

Begründend für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, die führende Gesundheitsschädigung unter Punkt 1 mit 40% werde aufgrund der Nierenschädigung unter Punkt 2 um eine Stufe auf 50% angehoben; die Depression unter Punkt 3 überschneide sich mit Punkt 1 im Sinne einer Somatisierung und steigere daher nicht weiter; Punkt 4 sei bei Punkt 2 bereits miterfasst im Sinne der Nierenentfernung, daher keine Steigerung.

Im Rahmen der Stellungnahme zu den gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten wurde ausgeführt, es bestehe eine höhergradige Blutdrucksteigerung bei Nierenverlust rechts sowie eine Schädigung der linken Niere. Begründend für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung wurde ausgeführt, aufgrund der Nierenschädigung und Wirbelsäuleneinschränkung sei es zu einer Steigerung gekommen; die Depression im Sinne einer Somatisierung bei der Wirbelsäule sei miterfasst worden.

9. Mit Schreiben des SMS vom 10.10.2018 wurde der BF darüber in Kenntnis gesetzt, dass bei ihm laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 50% vorliege; darüber hinaus liege die Voraussetzung für folgende Zusatzeintragung vor: "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 zweiter Teilstrich VO 303/1996". Der Behindertenpass werde ihm in den nächsten Tagen übermittelt werden; er sei mit 30.9.2021 befristet, weil nach diesem Zeitpunkt eine Überprüfung seines Gesundheitszustands erforderlich sei.

Beigelegt wurde diesem Schreiben das Gutachten von Dr. R. R. vom 29.9.2018.

10. Mit Schreiben des SMS vom 12.10.2018 wurde dem BF der Behindertenpass übermittelt.

11. Mit E-Mail vom 23.11.2018 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Behindertenpass. Er sei mit einem Grad der Behinderung von 50% "unzufrieden" und ersuche daher um einen neuen Termin.

12. Am 29.11.2018 legte das SMS den Akt dem BVwG vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist 1975 geboren, von Beruf Maurer und in Österreich wohnhaft.

Beim BF bestehen folgende Funktionseinschränkungen und daraus resultierend folgender Gesamtgrad der Behinderung:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

ausgeprägte Fehlhaltung und Funktionsbehinderung der Lendenwirbelsäule Position 02.01.02 mit 40% angenommen aufgrund der ausgepräten Fehlhaltung der LWS, Bewegungseinschränkung, chronische Schmerzen mit bedarfsweiser Physikotherapie, positives Laseguezeichen

02.01.02

40 vH

02

Funktionseinschränkung der linken Niere mit Hypertonie schweren Grades Position 05.04.01 mit 40% angenommen aufgrund der höhergradigen Hypertonie bei eingeschränkter Nierenfunktion der linken Niere, Zustand nach Nephrektomie rechts

05.04.01

40 vH

03

anhaltend depressive Störung Position 03.06.01 mit 20% angenommen aufgrund des stabilen Befundes einer anhaltenden Depression unter Medikation, die Kribbelparästhesien im Sinne einer somatischen Störung miterfaßt

03.06.01

20 vH

04

Zustand nach Nierencarzinom rechts Position 13.01.02 mit 10% angenommen bei abgeschlossener Behandlung und Heilungsbewährung nach Nierenzellcarzinom rechts

13.01.02

10

 

Gesamtgrad der Behinderung

50 vH

 

Die führende Gesundheitsschädigung unter Punkt 1 mit 40% wird aufgrund der Nierenschädigung unter Punkt 2 um eine Stufe auf 50% angehoben; die Depression unter Punkt 3 überschneidet sich mit Punkt 1 im Sinne einer Somatisierung und steigert daher nicht weiter; Punkt 4 ist bei Punkt 2 bereits miterfasst im Sinne der Nierenentfernung, daher keine Steigerung.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des SMS.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen zu den beim BF bestehenden Funktionseinschränkungen beruhen auf dem vom SMS - aufgrund der Einwände des BF gegen ein Vorgutachten - eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. R. R. vom 29.9.2018.

Dazu ist zunächst zu betonen, dass dieses Sachverständigengutachten ausführlich begründet, schlüssig und nachvollziehbar ist und keine Widersprüche aufweist. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen der klinischen Untersuchung am 7.9.2018 erhobenen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Sämtliche relevante Einwände des BF, die dieser im Rahmen des Parteiengehörs gegen das Vorgutachten von Dr. C. B. vom 12.4.2018 (festgestellter Grad der Behinderung damals lediglich 40 v. H.) vorgebracht hatte, wurden im Übrigen von Dr. R. R. in seinem Gutachten vom 29.9.2018 berücksichtigt:

So wurde das vom BF im Rahmen des Parteiengehörs vorgebrachte Vorliegen einer depressiven Störung mit Somatisierung nunmehr entsprechend berücksichtigt und nachvollziehbar der Position 03.06.01 (depressive Störung leichten Grades) unterstellt und mit 20 v. H. bewertet. Auch das vom BF in seiner Stellungnahme vom 25.4.2018 erwähnte Taubheitsgefühl in seinen Händen und Füßen, wodurch er sich regelmäßig massieren lassen müsse, wurde in diesem Zusammenhang entsprechend berücksichtigt (Kribbelparästhesien im Sinne einer somatischen Störung). Auch die ausgeprägte Fehlhaltung und Funktionsbehinderung der Lendenwirbelsäule des BF wurde nunmehr erstmals - wenngleich dies vom BF gar nicht bemängelt worden war - entsprechend eingeschätzt, zutreffend der Position 02.01.02 (Funktionseinschränkung der Wirbelsäule mittleren Grades) unterstellt und mit 40 v. H. bewertet.

Wenn der BF im Übrigen in seiner Stellungnahme vom 25.4.2018 anmerkt, er habe sich bei der Arbeit am linken Mittelfinger insofern verletzt, als er sich einen "Teil des Nagels" sowie der "Haut" abgeschnitten habe - was er im Übrigen dann bei der Untersuchung am 7.9.2018 auf Nachfragen nach seinen Beschwerden in keiner Weise erwähnte -, so ist anzumerken, dass die Einschätzungsverordnung für eine bloße Verletzung des Nagels (wie auch etwa einen bloßen Schnitt in die Haut) ohne sonstige, bleibende Beeinträchtigungen keinen Grad einer Behinderung vorsieht. Ebenso wenig vermochte das vom BF in seiner Stellungnahme erstattete Vorbringen, er sei öfters krank - was er dann bei seiner Untersuchung am 7.9.2018 im Übrigen ebenso wenig anführte - eine zusätzliche Einschätzung nach einer bestimmten Position der Einschätzungsverordnung zu rechtfertigen.

Zusammengefasst ist das SMS - aufgrund des zuletzt erstatteten Gutachtens von Dr. R. R. vom 29.9.2018 - zutreffend davon ausgegangen, dass beim BF ein Grad der Behinderung im Ausmaß von 50 v. H. besteht. Der BF ist dem in seiner Beschwerde im Übrigen in keiner Weise substantiiert entgegengetreten, sondern hat lediglich vorgebracht, er sei mit einer nur 50-prozentigen Behinderung "unzufrieden".

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gemäß § 45 Abs 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gegenständlich liegt somit die Zuständigkeit eines Senats vor.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Die hier einschlägigen Bestimmungen des BBG (bzw. EStG) lauten:

§ 1. [...] (2) Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

[...]

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen [...]

§ 45. [...]

(2) [...] Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

[...]

§ 35 EStG lautet auszugsweise:

§ 35. (1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen

- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

[...]

und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

[...]

- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

[...]

3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:

Das vom SMS zuletzt eingeholte Sachverständigengutachten vom 29.9.2018 ist - wie bereits im Zuge der Beweiswürdigung dargelegt - richtig, vollständig und schlüssig. Die aktuellen Funktionseinschränkungen des BF wurden gemäß der Einschätzungsverordnung eingestuft, es ist beim BF sohin von einem Grad der Behinderung von 50 vH auszugehen. Somit hat das SMS dem BF zutreffend einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 vH ausgestellt.

Folglich ist die Beschwerde des BF, mit der dieser die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung begehrt, spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gem. § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gem. Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Das BVwG konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des VwGH bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage betreffend Verfahren und Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. betreffend Feststellung des Grades der Behinderung stützen.

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen.

Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art 6 EMRK für Art 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 21.02.2014, B1446/2012; 27.06.2013, B823/2012; 14.03.2012, U466/11; VwGH 24.01.2013, 2012/21/0224; 23.01.2013, 2010/15/0196).

Im gegenständlichen Fall ergab sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten war. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erweist sich aufgrund der Aktenlage als geklärt.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L503.2210354.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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