Entscheidungsdatum
17.12.2018Norm
BBG §40Spruch
L503 2204117-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Vorsitzenden und den Richter Mag. LEITNER sowie den fachkundigen Laienrichter Ing. WEISS über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 10.01.2018, XXXX , zu Recht erkannt:
A.) Der Beschwerde wird stattgegeben und ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin mit einem Grad der Behinderung von 60 % die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfüllt.
B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz: "BF") beantragte am 11.9.2017 beim Sozialministeriumservice (im Folgenden kurz: "SMS") die Ausstellung eines Behindertenpasses.
2. Daraufhin holte das SMS ein Sachverständigengutachten ein und wurde die BF am 5.12.2017 von Dr. R. H., einer Fachärztin für Orthopädie, untersucht.
Diese schätzte in ihrem Gutachten vom 18.12.2017 den Grad der Behinderung der BF aufgrund näher dargelegter Wirbelsäulenprobleme sowie einer Begleitdepressio bei Schmerzen unter Medikation mit 40 v. H. ein.
3. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 10.1.2018 sprach das SMS aus, dass die BF mit einem Grad der Behinderung von 40 vH die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle; ihr Antrag vom 16.2.2018 sei daher abzuweisen.
Neben der Zitierung der rechtlichen Grundlagen (§§ 40, 41 und 45 BBG) wurde nochmals betont, dass laut eingeholtem Gutachten bei der BF lediglich ein Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH vorliege. Das dem Bescheid beiliegende und einen Teil der Begründung bildende Sachverständigengutachten sei als schlüssig erkannt und der Entscheidung im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt worden.
4. Mit Schreiben vom 29.1.2018 erhob die BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 10.1.2018, in der sie diverse Beeinträchtigungen näher darlegte.
5. Aufgrund der Beschwerde der BF wurden vom SMS Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie (20.4.2018, Ergebnis: Grad der Behinderung 50 v. H.) sowie eines Allgemeinmediziners (3.5.2018, Ergebnis: Grad der Behinderung 30 v. H.) und eines Facharztes für Augenheilkunde (20.7.2018, Ergebnis: kein Grad einer Behinderung) eingeholt.
Dr. G. P., ein Arzt für Allgemeinmedizin, erstellte am 13.8.2018 eine Gesamtbeurteilung, die zusammengefasst wie folgt lautet:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Rezidivierend depressive Störung; mittelgradig Nun schon längerdauernder Verlauf mit immer wieder depressiveren Phasen. Externe Faktoren wie schwierige Ehe und Kündigung sowie chronische Schmerzen sind vorhanden. Die Klientin war 2 x stationär im Neuromed Campus in Behandlung, 1 x zur stationären Rehabilitation in H. Nun ist wieder für einen Rehabilitationsaufenthalt angesucht worden. Sie ist fachärztlich in Kontrolle, in Psychotherapie und medikamentös entsprechend eingestellt. Nur mäßige Teilremission der Symptomatik.
03.06.02
50 vH
02
Bandscheibenschäden laut FA Befund 2/2018 Discusprolaps L3/4 und L4/5, kein sensomotorisches Defizit, bei der Untersuchung geringe Bewegungseinschränkungen, keine Lähmungen, inkl. fw. Kopfschmerz, Osteoporose
02.01.02
30 vH
Gesamtgrad der Behinderung
60 vH
Begründend für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, das neue psychiatrische Leiden werde aufgrund der wesentlichen Wirbelsäulenbeschwerden (Leiden Nr. 2) um eine Stufe gesteigert. Die Änderung im Vergleich zum Vorgutachten ergebe sich, da zusätzlich das psychiatrische Leiden eingeschätzt worden sei. Das Wirbelsäulenleiden sei hingegen geringer bewertet worden, da kein sensomotorisches Defizit und nur geringe Bewegungseinschränkungen vorliegen würden.
6. Am 23.8.2018 legte das SMS den Akt dem BVwG vor und wies darauf hin, dass die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung abgelaufen sei.
7. Mit Schreiben zur Wahrung des Parteiengehörs vom 17.9.2018 übermittelte das BVwG der BF die drei Gutachten vom 20.4.2018, 3.5.2018 und 20.7.2018 sowie die Gesamtbeurteilung vom 13.8.2018 und räumte ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme ein. Seitens der BF wurde keine Stellungnahme abgegeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF ist 1962 geboren und in Österreich wohnhaft.
Bei der BF bestehen folgende Funktionseinschränkungen und daraus resultierend folgender Gesamtgrad der Behinderung:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Rezidivierend depressive Störung; mittelgradig Nun schon längerdauernder Verlauf mit immer wieder depressiveren Phasen. Externe Faktoren wie schwierige Ehe und Kündigung sowie chronische Schmerzen sind vorhanden. Die Klientin war 2 x stationär im Neuromed Campus in Behandlung, 1 x zur stationären Rehabilitation in H. Nun ist wieder für einen Rehabilitationsaufenthalt angesucht worden. Sie ist fachärztlich in Kontrolle, in Psychotherapie und medikamentös entsprechend eingestellt. Nur mäßige Teilremission der Symptomatik.
03.06.02
50 vH
02
Bandscheibenschäden laut FA Befund 2/2018 Discusprolaps L3/4 und L4/5, kein sensomotorisches Defizit, bei der Untersuchung geringe Bewegungseinschränkungen, keine Lähmungen, inkl. fw. Kopfschmerz, Osteoporose
02.01.02
30 vH
Gesamtgrad der Behinderung
60 vH
Das psychiatrische Leiden der BF wird aufgrund der wesentlichen Wirbelsäulenbeschwerden (Leiden Nr. 2) um eine Stufe gesteigert.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des SMS.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen zu den bei der BF bestehenden Funktionseinschränkungen beruhen auf den vom SMS im Beschwerdevorentscheidungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten vom 20.4.2018, 3.5.2018 und 20.7.2018 sowie der Gesamtbeurteilung von Dr. G. P. vom 13.8.2018.
Dazu ist zu betonen, dass die erwähnten Sachverständigengutachten ausführlich begründet, schlüssig und nachvollziehbar sind und keine Widersprüche aufweisen. Es wurde darin insbesondere auch nachvollziehbar dargelegt, dass sich der Gesamtgrad der Behinderung im Vergleich zum Vorgutachten vom 18.12.2017 (seinerzeit noch: 40 v. H.) auf 60 v. H. erhöht hat, zumal die psychischen Probleme der BF zuvor keine entsprechende Berücksichtigung gefunden haben. Darüber hinaus ist die konkrete Einschätzung der BF nunmehr nicht zu beanstanden und wurde in der Gesamtbeurteilung auch nachvollziehbar dargelegt, dass aufgrund der mittelgradigen, rezidivierend depressiven Störung der BF per se betrachtet ein Grad der Behinderung im Ausmaß von 50 v. H. bestünde, dass dieses psychiatrische Leiden allerdings durch die wesentlichen Wirbelsäulenprobleme der BF um eine Stufe auf 60 v. H. gesteigert wird.
Die BF ist im Übrigen den im Rahmen des Beschwerdevorentscheidungsverfahrens vom SMS eingeholten und ihr sodann vom BVwG übermittelten Gutachten nicht entgegengetreten; sie gab keine Stellungnahme ab.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgabe der Beschwerde
3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gemäß § 45 Abs 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gegenständlich liegt somit die Zuständigkeit eines Senats vor.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Die hier einschlägigen Bestimmungen des BBG (bzw. EStG) lauten:
§ 1. [...] (2) Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
[...]
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen [...]
§ 35 EStG lautet auszugsweise:
§ 35. (1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
[...]
und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.
(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
[...]
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
[...]
3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:
Die vom SMS zuletzt eingeholte Gesamtbeurteilung vom 13.8.2018 (basierend auf den Gutachten vom 20.4.2018, 3.5.2018 und 20.7.2018) ist - wie bereits im Zuge der Beweiswürdigung dargelegt - richtig, vollständig und schlüssig. Die aktuellen Funktionseinschränkungen der BF wurden gemäß der Einschätzungsverordnung eingestuft, es ist bei der BF sohin von einem Grad der Behinderung von 60 v. H. auszugehen. Die BF erfüllt somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs 1 BBG.
Der Beschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben und auszusprechen, dass die BF mit einem Grad der Behinderung von 60 v. H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfüllt. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat der BF einen Behindertenpass mit Gültigkeit ab Antragstellung auszustellen, in welchem ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 60 v.H. auszuweisen ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gem. § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gem. Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Das BVwG konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des VwGH bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage betreffend Verfahren und Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses stützen.
Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:
Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.
Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen.
Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art 6 EMRK für Art 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 21.02.2014, B1446/2012; 27.06.2013, B823/2012; 14.03.2012, U466/11; VwGH 24.01.2013, 2012/21/0224; 23.01.2013, 2010/15/0196).
Im gegenständlichen Fall ergab sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten war. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erweist sich aufgrund der Aktenlage als geklärt.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L503.2204117.1.00Zuletzt aktualisiert am
06.06.2019