TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/17 L503 2199304-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.12.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

17.12.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L503 2199304 -1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Vorsitzenden und den Richter Mag. LEITNER sowie den fachkundigen Laienrichter Ing. WEISS über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 22.05.2018, XXXX , zu Recht erkannt:

A.) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz: "BF") erhielt nach erstmaliger Antragstellung auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice (im Folgenden kurz: "SMS") und nach Einholung eines Sachverständigengutachtens am 13.5.2016 (Facharzt für Chirurgie und Arzt für Allgemeinmedizin; Gesamtgrad der Behinderung 50 vH; Nachuntersuchung 2018) einen Behindertenpass.

2. Am 10.7.2017 beantragte die BF die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass, woraufhin das SMS ein Sachverständigengutachten einholte und die BF am 18.9.2017 von Dr. G. P., einem Arzt für Allgemeinmedizin, untersucht wurde. In dem daraufhin erstellten Gutachten vom 28.9.2017 ergab das Ergebnis der durchgeführten Untersuchung einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 vH.

3. Mit Bescheid vom 12.10.2017 sprach das SMS aus, dass die BF mit einem Grad der Behinderung von 40 % die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht mehr erfülle, der Behindertenpass sei daher einzuziehen und unverzüglich dem SMS vorzulegen.

4. Am 18.1.2018 beantragte die BF beim SMS neuerlich die Neufestsetzung des Grades ihrer Behinderung (gemeint wohl: "Ausstellung eines Behindertenpasses"). Die BF legte diesbezüglich eine Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 19.6.2017 und einen Orthopädischen Befund vom 18.12.2017 vor.

5. Daraufhin holte das SMS ein Sachverständigengutachten ein und wurde die BF am 13.3.2018 von Dr. R. H., einer Ärztin für Allgemeinmedizin, untersucht.

In dem in weiterer Folge von Dr. R. H. am 31.3.2018 erstellten medizinischen Sachverständigengutachten wird eingangs zu den derzeitigen Beschwerden der BF wie folgt ausgeführt:

"Anamnese:

Vorgutachten 18.9.2017 (40%).

Einschränkung Kniegelenke - Implantation einer medialen Halbschlittenprothese links 7/2016, mediale Arthrose rechts.

Diabetes mellitus.

Bluthochdruck.

Wirbelsäulenabnützungen.

Neu:

Incipiente Coxarthrose.

Bandscheibenschaden L5/S1.

Arthrose Kreuzdarmbeingelenke.

Osteoporose - unbehandelt.

Darmteilresektion bei Darmverschluß am 10.2.2018 - keine Befunde vorliegend.

Derzeitige Beschwerden:

Frau S. beschreibt Beschwerden im linken Kniegelenk nach Halbschlittenprothesenimplantation 7/2016, Stiegen könnten nicht überwunden werden, in der Ebene würden Anlaufschmerzen bestehen, dann könne sie 30 Minuten gehen.

Die Beschwerden seien seit dem Letztgutachten deutlich mehr geworden.

Es wird noch einmal betont, dass die Stiegen das Hauptproblem seien, auch auf Nachfrage werden keine weiteren Beschwerden im Bewegungsapparat angegeben, bzw. seien sie unverändert zum Vorgutachten.

Bei Z.n. Darmteilresektion bei Darmverschluß am 10.2.2018 ist die Wundheilung noch nicht abgeschlossen, es würden keine Ernährungs,-oder Schmerzprobleme bestehen.

Auf die Frage der Erstdiagnose des Diabetes mellitus ist die Antwort - "seit Jahren", auf die Frage des aktuellen Langzeitzuckerwertes - "passt".

Befunde sind nicht vorliegend.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Synjardy, Furostad, Herzschutz, Femoston, Crestor, Mencord, Xefo.

Sozialanamnese:

AMS, Krankenstand, verheiratet, 3 erw. Kinder.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

18.12.2017 Befund Dr. H.:

DIAGNOSEN:

• Osteoporose. • Skoliose • massive Texturstörung der Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenschaden L5/S1 • beginnende Coxarthrose • deutliche Arthrose der Kreuzdarmbeingelenke • innere Arthrose des rechten Kniegelenkes • stattgehabte Schlittenoperation links mit biomechanischer Behinderung der Kniescheibe links."

Zusammengefasst wurde als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wie folgt festgehalten:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Funktionseinschränkung beide Kniegelenke, links endoprothetisch versorgt, rechts medial betonte Abnützungserscheinungen Schmerzen und Bewegungseinschränkung, links>rechts, regelmäßige Schmerzmedikation ist notwendig

02.05.21

40 vH

02

Wirbelsäule, Funktionseinschränkung Lendenwirbelsäule bei Abnützungserscheinungen und Bandscheibenschaden auf Höhe L5/S1; Osteoporose, Abnützung Kreuzdarmbeingelenke geringe Schmerzen, keine Ausstrahlung, Bewegungseinschränkung, keine aktive Therapie, Schmerzmedikation wird eingenommen, keine spezifische antiosteoporotische Therapie

02.01.01

20 vH

03

Zuckerkrankheit aktuelle Langzeitzuckerwerte nicht vorliegend aber anamnestisch zufriedenstellend

09.02.01

20 vH

04

Bluthochdruck unter medikamentöser Therapie

05.01.01

10 vH

05

Z.n. Darmteilresektion bei Verschluss am 10.2.2018 keine Verdauungsbeschwerden, Wunde in Abheilung, keine Schmerzen

07.04.04

10 vH

 

Gesamtgrad der Behinderung

40 vH

 

Begründend für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, das Hauptleiden sei das Leiden in Position 1, die weiteren Leiden erhöhen wegen fehlender zusätzlicher erheblicher Einschränkung und Geringfügigkeit den GdB nicht weiter.

In der Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten wurde ausgeführt, das Knieleiden sei unverändert, das Wirbelsäulenleiden werde bei zusätzlichen Befunden 1 Stufe höher als zuletzt eingestuft. Die Zuckerkrankheit und der Bluthochdruck seien unverändert. Das neu hinzugekommene Darmleiden sei nach EVO eingeschätzt worden.

Insgesamt ergebe sich keine Änderung des Gesamtgrades der Behinderung.

3. Mit Schreiben vom 17.4.2018 brachte das SMS der BF im Rahmen des Parteiengehörs das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis und forderte sie innerhalb von drei Wochen zur Stellungnahme auf.

Eine Stellungnahme der BF ist nicht aktenkundig.

4. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 22.5.2018 sprach das SMS aus, dass die BF mit einem Grad der Behinderung von 40 % die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle; ihr Antrag vom 22.1.2018 sei daher abzuweisen.

Neben der Zitierung der rechtlichen Grundlagen (§§ 40, 41 und 45 BBG) wurde nochmals betont, dass laut eingeholtem Gutachten bei der BF ein Grad der Behinderung von 40 % vorliege, sodass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses (Grad der Behinderung von mindestens 50 %) nicht vorliegen würden. Das dem Bescheid beiliegende und einen Teil der Begründung bildende Sachverständigengutachten sei als schlüssig erkannt und der Entscheidung im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt worden. Eine Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist sei seitens der BF nicht eingelangt.

5. Mit Schreiben vom 22.6.2018 erhob die BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 22.5.2018. Darin führte sie aus, sie habe nur noch Schmerzen in den Beinen, könne ohne Gehstock nicht gehen und ohne Schmerztabletten gehe nichts mehr. Sie müsse wieder ins Krankenhaus wegen des Beines, sobald sie den Befund habe, schicke sie ihn zu.

6. Am 26.6.2018 legte das SMS den Akt dem BVwG vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF ist 1962 geboren und in Österreich wohnhaft.

1.2. 2016 wurde der BF bei einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 vH ein bis zum 31.5.2018 befristeter Behindertenpass ausgestellt. Nach Stellung eines Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass durch die BF am 10.7.2017 wurde am 28.9.2017 ein Sachverständigengutachten eingeholt, das einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 vH ergab. Mit Bescheid vom 12.10.2017 sprach das SMS aus, dass die BF mit einem Grad der Behinderung von 40 % die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht mehr erfüllt und zog den Behindertenpass ein.

1.3. Am 18.1.2018 beantragte die BF neuerlich die Ausstellung eines Behindertenpasses und wurde die BF am 13.3.2018 von Dr. R. H., einer Ärztin für Allgemeinmedizin, untersucht.

Bei der BF bestehen folgende Funktionseinschränkungen und daraus resultierend folgender Gesamtgrad der Behinderung:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Funktionseinschränkung beide Kniegelenke, links endoprothetisch versorgt, rechts medial betonte Abnützungserscheinungen Schmerzen und Bewegungseinschränkung, links>rechts, regelmäßige Schmerzmedikation ist notwendig

02.05.21

40 vH

02

Wirbelsäule, Funktionseinschränkung Lendenwirbelsäule bei Abnützungserscheinungen und Bandscheibenschaden auf Höhe L5/S1; Osteoporose, Abnützung Kreuzdarmbeingelenke geringe Schmerzen, keine Ausstrahlung, Bewegungseinschränkung, keine aktive Therapie, Schmerzmedikation wird eingenommen, keine spezifische antiosteoporotische Therapie

02.01.01

20 vH

03

Zuckerkrankheit aktuelle Langzeitzuckerwerte nicht vorliegend aber anamnestisch zufriedenstellend

09.02.01

20 vH

04

Bluthochdruck unter medikamentöser Therapie

05.01.01

10 vH

05

Z.n. Darmteilresektion bei Verschluss am 10.2.2018 keine Verdauungsbeschwerden, Wunde in Abheilung, keine Schmerzen

07.04.04

10 vH

 

Gesamtgrad der Behinderung

40 vH

 

Hauptleiden ist das Leiden in Position 1; die weiteren Leiden erhöhen wegen fehlender zusätzlicher erheblicher Einschränkung und Geringfügigkeit den Gesamtgrad der Behinderung nicht weiter.

Das Knieleiden wird unverändert zum Vorgutachten, das Wirbelsäulenleiden wird bei zusätzlichen Befunden um eine Stufe höher als zuletzt eingestuft. Zuckerkrankheit und Bluthochdruck bleiben unverändert. Das neu hinzugekommene Darmleiden wird nach der EVO eingeschätzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des SMS.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen zur ursprünglichen Ausstellung eines Behindertenpasses (gültig bis zum 31.5.2018) und zu dessen Einziehung ergeben sich unmittelbar und unstrittig aus dem Akteninhalt.

2.3. Die oben getroffenen Feststellungen zu den bei der BF aktuell bestehenden Funktionseinschränkungen beruhen auf dem vom SMS eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. R. H., einer Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 31.3.2018.

Dieses Sachverständigengutachten ist ausführlich begründet, schlüssig und nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Die getroffene Einschätzung, basierend auf dem im Rahmen der klinischen Untersuchung am 13.3.2018 erhobenen Befund, entspricht den festgestellten Funktionseinschränkungen. Die von der BF vorgelegten Befunde stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens, vielmehr wurden sie von der Sachverständigen eingesehen und in die Einschätzung miteinbezogen (vgl. dazu insbesondere den orthopädischen Befund vom 18.12.2017). Nachvollziehbar hat die Sachverständige dargelegt, dass das Leiden unter Position 1 (Funktionseinschränkung beider Kniegelenke) führend ist und dass die weiteren Leiden (Wirbelsäule, Zuckerkrankheit, Bluthochdruck, Zustand nach Darmresektion) wegen fehlender zusätzlicher erheblicher Einschränkung und Geringfügigkeit nicht weiter erhöhen, sodass bei der BF ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 vH gegeben ist.

Konkret hat die Sachverständige schlüssig und nachvollziehbar die Einschätzung zur Funktionseinschränkung beider Kniegelenke als führendes Leiden der Position 02.05.21 (Funktionseinschränkung mittleren Grades beidseitig, Rahmensatz 40%) unterstellt. So entsprach laut Befund vom 18.12.2017 die mögliche Streckung/Beugung beim linken Kniegelenk mit 0/10/90 eben dieser Position, während das rechte Kniegelenk eine geringere Bewegungseinschränkung aufweist (0/0/110), aber das Leiden insgesamt dennoch mit 40% als Funktionseinschränkung mittleren Grades beidseitig eingestuft wurde. Mit ihren Ausführungen in der Beschwerde, sie habe nur noch Schmerzen in den Beinen, könne ohne Gehstock nicht gehen und ohne Schmerztabletten gehe nichts mehr, und sie müsse wieder ins Krankenhaus wegen des Beines, ist die BF diesen den Einschätzungen der Gutachterin nicht substantiiert entgegengetreten und hat die BF auch im weiteren Verfahren keine neuen Befunde vorgelegt.

Die Sachverständige hat sich auch mit den Wirbelsäulenbeschwerden der BF eingehend auseinandergesetzt und aufgrund der Abnützungserscheinungen und eines Bandscheibenvorfalls L5/S1, wobei lediglich geringe Schmerzen ohne Ausstrahlung bestehen und keine aktive bzw. spezifische antiosteoporotische Therapie (nur Schmerzindikation) durchgeführt wird, dieses Leiden zutreffend folglich der Position 02.01.01 (Funktionseinschränkungen geringen Grades, Rahmensatz 10-20%) zugeordnet und schlüssig mit dem höchsten Rahmensatz von 20% bewertet. Eine Bestreitung der BF im Rahmen der Beschwerde erfolgte nicht.

Den bei der BF vorliegenden, nicht insulinpflichtigen, Diabetes mellitus II hat die Sachverständige zutreffend der Position 09.02.01 (Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus, Rahmensatz 10-30%) unterstellt und in Anbetracht der guten Einstellung (so gab die BF im Rahmen der Untersuchung an, sie leide seit Jahren an der Zuckerkrankheit und der aktuelle Langzeitzuckerwert "passe"), mit 20 % bewertet, wobei die BF auch keine Befunde vorgelegt hat und der Einstufung in ihrer Beschwerde nicht entgegengetreten ist.

Die Sachverständige hat die bei der BF vorliegende Hypertonie der Position 05.01.01 (Leichte Hypertonie, Rahmensatz 10%), dem fixen Rahmensatz von 10% unterstellt, was von der BF ebenso nicht beanstandet wurde.

Schließlich hat sich die Sachverständige auch eingehend mit dem Zustand nach der Darmteilresektion auseinandergesetzt und die Einschränkungen der BF - so ist die Wunde in Abheilung und bestehen weder Verdauungsbeschwerden noch Schmerzen - richtig unter die Position 07.04.04 (Chronische Darmstörungen leichten Grades ohne chronische Schleimhautveränderungen, Rahmensatz 10 - 20%) mit 10% eingestuft. Auch diese Einschätzung wurde von der BF nicht in Zweifel gezogen.

Zusammengefasst ist somit festzuhalten, dass die BF in ihrer Beschwerde den - nachvollziehbaren und schlüssigen - Ausführungen von Dr. R. H. in deren Sachverständigengutachten vom 31.3.2018 in keiner Weise substantiiert entgegengetreten ist und auch keine neuen Umstände bzw. Befunde vorgebracht hat. Darüber hinaus sei der Vollständigkeit halber angemerkt, dass der BF das Sachverständigengutachten von 31.3.2018 seitens des SMS bereits im Rahmen des Parteiengehörs am 17.4.2018 übermittelt worden war und sie keine Stellungnahme abgegeben hatte. Auch insofern ist davon auszugehen, dass die BF dem nichts entgegenzusetzen vermag.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gegenständlich liegt somit die Zuständigkeit eines Senats vor.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs. 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Die hier einschlägigen Bestimmungen des BBG (bzw. EStG) lauten:

§ 1. [...] (2) Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

[...]

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen [...]

§ 35 EStG lautet auszugsweise:

§ 35. (1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen

- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

[...]

und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

[...]

- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

[...]

3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:

Das vom SMS eingeholte Sachverständigengutachten vom 31.3.2018 ist - wie bereits im Zuge der Beweiswürdigung dargelegt - richtig, vollständig und schlüssig. Die aktuellen Funktionseinschränkungen der BF wurden gemäß der Einschätzungsverordnung eingestuft, es ist bei der BF sohin von einem Grad der Behinderung von 40 vH auszugehen. Die BF erfüllt somit nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG.

Folglich ist die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Das BVwG konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des VwGH bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage betreffend Verfahren und Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses stützen.

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen.

Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art. 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art. 6 EMRK für Art. 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 21.02.2014, B1446/2012; 27.06.2013, B823/2012; 14.03.2012, U466/11; VwGH 24.01.2013, 2012/21/0224; 23.01.2013, 2010/15/0196).

Im gegenständlichen Fall ergab sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten war. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erweist sich aufgrund der Aktenlage als geklärt.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L503.2199304.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten