TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/11 W199 2009668-1

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Veröffentlicht am 11.01.2019
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Entscheidungsdatum

11.01.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §46a Abs1 Z3

Spruch

W199 2009668-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael SCHADEN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Bangladesh, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.06.2014, Zl. IFA-Zahl: 359 559 007, Verfahrenszahl 145 557 46, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.10.2018 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, Art. 3 BG BGBl. I 100/2005 stattgegeben. Herrn XXXX ist eine Karte für Geduldete auszustellen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Bangladesh', stellte am 13.12.2010 den Antrag, ihm internationalen Schutz zu gewähren. Mit Bescheid vom 5.7.2011, 10 11.701-BAW, wies das Bundesasylamt den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I 100/2005 (in der Folge: AsylG 2005) "idgF", ab (Spruchpunkt I); gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wies es den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesh ab (Spruchpunkt II); gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 wies es ihn aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bangladesh aus (Spruchpunkt III).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 15.7.2011 eine Beschwerde, die der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 31.10.2012, C2 420.326-1/2011/10E, gemäß §§ 3, 8 und 10 AsylG 2005 als unbegründet abwies. Dieses Erkenntnis wurde nicht angefochten.

1.1.2. Mit Schreiben vom 11.1.2013 informierte die Landespolizeidirektion Wien den Beschwerdeführer davon, dass gegen ihn "ein/e durchsetzbare

Rückkehrentscheidung/Ausweisung/Aufenthaltsverbot" bestehe und er zur unverzüglichen Ausreise verpflichtet sei. Am selben Tag erließ sie einen Ladungsbescheid für den 12.2.2013, den der Beschwerdeführer auch befolgte. Bei der Einvernahme am 12.2.2013 wurde ihm vorgehalten, dass er trotz der seit 16.11.2012 durchsetzbaren und rechtskräftigen Ausweisung das Bundesgebiet nicht verlassen habe. Es wurde ihm mitgeteilt, dass er "wegen Nichtausreise trotz durchsetzbarer Ausweisung im Verwaltungswege" bestraft werde, dass ein beharrliches illegales Verbleiben nach rechtskräftigem Abschluss eines Asylverfahrens eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen sei und dass seine "Asylberechtigungskarte" (gemeint: seine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG 2005) eingezogen und an das Bundesasylamt retourniert werde. Er gab an, er besitze kein Reisedokument. Er wurde aufgefordert, jede Adressen- bzw. Aufenthaltsänderung der Behörde bekanntzugeben, bei seiner Vertretungsbehörde die Ausstellung eines Reisedokumentes zu beantragen und der Behörde binnen zweier Wochen eine Bestätigung "über diesen Antrag" vorzulegen. "Nach Erlangung des Reisedokumentes" habe er es der Behörde vorzulegen und Vorbereitungen für seine Ausreise zu treffen. In der Folge wurde dem Beschwerdeführer die Aufenthaltsberechtigungskarte abgenommen und sie an das Bundesasylamt zurückgeschickt.

Am 18.2.2013 legte der Beschwerdeführer eine Rechnung der Österreichischen Post AG vom selben Tag vor, aus der sich ergibt, dass an diesem Tag ein "Brief priority Deutschland" eingeschrieben aufgegeben worden ist.

Mit Schreiben vom 28.2.2013 ersuchte die Landespolizeidirektion Wien die Botschaft der Volksrepublik Bangladesh in Berlin (eine Botschaft Bangladesh' in Österreich - in Wien - wurde erst am 1.11.2014 eröffnet:

https://www.bmeia.gv.at/oeb-new-delhi/bilaterale-beziehungen/bangladesch/; http://www.bangladeshconsulate.at/2-botschaftseroeffnung.html) darum, für den Beschwerdeführer ein Heimreisezertifikat auszustellen; am 2.7.2013 urgierte sie. Die Botschaft reagierte nach der Aktenlage nicht auf diese Schreiben.

Der Beschwerdeführer wurde am 10.5.2013 und am 27.6.2013 gemäß § 120 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz 2005, Art. 3 BG BGBl. I 100/2005 (in der Folge: FPG) wegen rechtswidrigen Aufenthalts angezeigt. Bei der fremdenpolizeilichen Kontrolle am 7.5.2013 - auf welche die Anzeige vom 10.5.2013 folgte - gab er an, er habe sich bereits bei der Botschaft seines Herkunftsstaates um die Ausstellung eines Dokumentes bemüht.

1.2. Am 19.11.2013 stellte der Beschwerdeführer einen "Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete". Begründend heißt es ua., der Beschwerdeführer habe "[i]n Ermangelung eines Reisedokuments" seiner Ausreiseverpflichtung nicht Folge leisten können. Er habe im Feber 2013 per Einschreiben einen Antrag an die "bengalische" Vertretungsbehörde (dh. an die Vertretungsbehörde Bangladesh') in Berlin gestellt, ihm einen Reisepass auszustellen; die Sendebestätigung habe er der Landespolizeidirektion Wien vorgelegt. Nachdem er keine Antwort erhalten habe, habe er im März 2013 ein persönliches Gespräch mit einem in Wien weilenden Botschaftsvertreter geführt, der ihm mitgeteilt habe, es sei nicht absehbar, ob und wann ein Reisepass ausgestellt werde. Auch die Landespolizeidirektion Wien habe sich zweimal - bisher erfolglos - an die Vertretungsbehörde gewandt. Der Beschwerdeführer habe während des Asyl- und während des fremdenpolizeilichen Verfahrens den behördlichen Ladungen und Aufforderungen stets Folge geleistet, immer korrekte und gleichlautende Angaben gemacht und bei allen Schritten zur Erlangung eines Heimreisezertifikats mitgewirkt und sogar selbständig einen Reisepass beantragt, er sei sogar aus eigener Initiative mit der "bengalischen" Vertretungsbehörde in Kontakt getreten. Die Voraussetzungen dafür, gemäß § 46a Abs. 2 FPG eine Karte für Geduldete auszustellen, lägen vor.

Am 5.5.2014 verständigte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) - das mit 1.1.2014 zuständig geworden war (VwGH 19.2.2015, Ra 2015/21/0014) - den Beschwerdeführer vom "Ergebnis der Beweisaufnahme" und teilte ihm mit, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Ausstellung einer "Duldungskarte" abzuweisen. Begründend wurde ausgeführt, er habe seine Identität verschleiert und bei der Klärung seiner Identität und der Beschaffung eines Reisedokuments nicht mitgewirkt. Sodann wurde der Beschwerdeführer gebeten, eine Reihe von Fragen zu beantworten und entsprechende Belege vorzulegen, damit der Sachverhalt im Lichte seiner persönlichen Verhältnisse beurteilt werden könne. Diese Fragen richteten sich ua. auf Zeit und Zweck seiner Einreise nach Österreich, die Dauer seines Aufenthalts, seine Schul- und Berufsausbildung, seine in Österreich lebenden Familienangehörigen, seinen Arbeitgeber, sein Einkommen, seinen Unterhalt und seine Unterkunft sowie darauf, was er selbst unternommen habe, um seine Identität zweifelsfrei zu klären und um ein Reisedokument zu erhalten.

Der Beschwerdeführer nahm dazu am 20.5.2014 Stellung und verwies auf die Begründung seines Antrags vom 19.11.2013 - die zT wiederholt wird - und auf die ergebnislos verlaufenen, wiederholten Anfragen des Bundesamts (gemeint: der Landespolizeidirektion Wien) an die Botschaft Bangladesh'; er habe sich somit selbst um die Beschaffung eines Reisedokuments bemüht. Der Asylgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 31.10.2012 seine Angaben zu seiner Identität als unbedenklich und glaubwürdig gewertet. Es sei daher zumindest vom Bestehen "einer unzweifelhaften Verfahrensidentität" auszugehen (Hinweis auf das Erk. VwGH 21.12.2010, 2010/21/0231 [di. VwSlg. 18.012 A/2010], wonach für die Ausstellung einer Karte für Geduldete das bloße Bestehen einer Verfahrensidentität genüge, sofern der Antragsteller nicht erwiesenermaßen eine falsche Identität angebe oder seine Mitwirkungspflicht verletze). Da der Beschwerdeführer stets korrekte und vollständige Angaben gemacht und seiner Mitwirkungspflicht stets entsprochen habe, habe er nicht zu vertreten, dass seine Abschiebung nicht möglich sei. Zu den Fragen des Bundesamtes führte der Beschwerdeführer aus, er sei 2010 nach Österreich eingereist, verfüge seit der negativen Entscheidung des Asylgerichtshofs von 2012 über kein Aufenthaltsrecht mehr, habe in Bangladesh die Grundschule und auch eine Höhere Mittelschule besucht, sei weder in Österreich noch in Bangladesh in Haft gewesen und bestreite seinen Lebenswandel durch die Unterstützung eines namentlich genannten Neffen, bei dem er auch wohne und gemeldet sei. (An dieser Anschrift war der Beschwerdeführer am 7.5.2013 angetroffen und kontrolliert worden; sein Neffe hatte seine Identität bezeugt.) 2013 habe er als Zeitungsverkäufer gearbeitet, habe diese Tätigkeit aber "in Ermangelung eines Identitätsnachweises" beenden müssen. Dazu legte er eine "Einnahmen-Ausgabenrechnung" der "Kolpo Zeitungs- und Zeitschriftenservice Ges.m.b.H." für 2013 vor.

Am 25.6.2014 - demselben Tag, an dem es den angefochtenen Bescheid genehmigte - urgierte das Bundesamt nochmals bei der Botschaft Bangladesh' in Berlin.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 FPG gestellten Antrag des Beschwerdeführers "vom 05.03.2014" (gemeint: vom 19.11.2013) auf Ausstellung einer Karte für Geduldete ("Ausstellung einer Duldungskarte") gemäß § 46a Abs. 1b FPG ab. Begründend führte es aus, die Identität des Beschwerdeführers stehe nicht fest. Er behaupte, XXXX, geboren am XXXX, und Staatsangehöriger von Bangladesh zu sein, könne dies aber weder mit Reisedokumenten noch mit sonstigen Unterlagen nachweisen. Daraus, dass er im Asylverfahren unter dieser Verfahrensidentität geführt worden sei, ergebe sich kein Rechtsanspruch auf ihre Anerkennung als tatsächliche Identität, solange keine entsprechenden Urkunden oder Dokumente zum Nachweis der tatsächlichen Identität vorgelegt würden. Der Beschwerdeführer sei der Ausreiseverpflichtung, die mit der Ausweisung verbunden sei, bisher nicht nachgekommen.

Die Behörde habe mehrmals um die Ausstellung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer ersucht, zuletzt am 2.7.2013 (damit zielt das Bundesamt auf seine Schreiben an die Botschaft Bangladesh'). Es sei ihm zumutbar, eigenständig mit seiner Vertretungsbehörde Kontakt aufzunehmen, ebenso mit seiner Familie in Bangladesh - nach seinen Angaben vom 13.12.2010 lebten acht Angehörige in Bangladesh -, um sich Dokumente und Unterlagen zukommen zu lassen, damit seine Identität geklärt und ein Reisedokument ausgestellt werden könne. Nach der Aktenlage sei er Inhaber eines Führerscheins Bangladesh'. Die Behörde sei der Ansicht, dass seine Vertretungsbehörde ihm ein Reisedokument ausgestellt hätte, wenn er den Führerschein vorgelegt hätte. Aus seiner Stellungnahme vom 20.5.2014 sei keine Änderung seiner Angaben zu erkennen gewesen, er habe nur auf seinen Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses vom Feber 2013 hingewiesen. Als Beweis dafür habe er einen Aufgabeschein der Österreichischen Post vorgelegt, aus dem nur hervorgehe, dass am 18.2.2013 eine Briefsendung eingeschrieben und "priority" nach Deutschland aufgegeben worden sei, der jedoch keine näheren Angaben zum Empfänger enthalten habe. Es sei auch keine Kopie des aufgegebenen Schreibens übermittelt worden, somit sei nicht ersichtlich, ob es sich dabei tatsächlich um einen Antrag auf Ausstellung eines Reisedokuments gehandelt habe. Dass eine Abschiebung bisher nicht habe durchgeführt werden können, liege somit im Einflussbereich des Beschwerdeführers, daher komme die Ausstellung einer Karte für Geduldete nicht in Betracht.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 1.7.2014 persönlich ausgefolgt und damit zugestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die als "Berufung" bezeichnete Beschwerde des Beschwerdeführers vom 10.7.2014, in der er dem angefochtenen Bescheid inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften vorwirft. Er habe nie einen Reisepass oder identitätsbezeugende Dokumente besessen, habe im Asylverfahren aber stets gleichlautende und plausible Angaben zu seiner Identität gemacht, weshalb kein Grund bestehe, an ihrer Richtigkeit zu zweifeln. Er werde sich darüber hinaus bemühen, eine Bestätigung der Botschaft über seine Antragstellung vorzulegen. Eine Säumnis oder eine Weigerung der Botschaft, ein Ersatzreisedokument auszustellen, könne ihm jedenfalls nicht zur Last gelegt werden. Im Übrigen wiederholt die Beschwerde das Vorbringen aus dem Antrag vom 19.11.2013 und aus der Stellungnahme vom 20.5.2014.

3. Aus Anlass des vorliegenden Beschwerdeverfahrens stellte das Bundesverwaltungsgericht am 1.10.2014 gemäß Art. 140 Abs. 1 iVm Art. 135 Abs. 4 und Art. 89 Abs. 2 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 46a Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz idF des Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetzes BGBl. I 87/2012 (in der Folge: FNG) aufzuheben. Inhaltlich bezog es sich auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 23.6.2014, B 1353/2012-30, B 1357/2012-11, B 751/2013-16, § 46a Abs. 1a FPG idF des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 BGBl. I 38 (in der Folge: FrÄG 2011) von Amts wegen zu prüfen. (Der Antrag wurde beim Verfassungsgerichtshof zu G 189/2014 protokolliert.)

Mit Erkenntnis vom 23.2.2015, G 171/2014, G 189-190/2014, G 214/2014, wies der Verfassungsgerichtshof ua. diesen Antrag ab. Begründend bezog er sich auf sein Erkenntnis VfSlg. 19.935/2014; es war in jenem Verfahren ergangen, das mit dem oben genannten Prüfungsbeschluss eingeleitet worden war.

4. Mit Schreiben vom 17.9.2018 hielt das Bundesverwaltungsgericht den Parteien des Beschwerdeverfahrens vor, nach der Aktenlage und vor dem Hintergrund der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (Hinweis auf VfGH 23.2.2015, G 171/2014, G 189-190/2014, G 214/2014; VwGH 23.3.2017, Ro 2017/21/0005) gehe es vorläufig davon aus, dass der Beschwerdeführer am 20.7.2015 geduldet gewesen sei. Diese Duldung habe auch ab dem 20.7.2015 angedauert, als das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 BGBl. I 70 (in der Folge: FrÄG 2015) in Kraft getreten sei (Hinweis auf § 125 Abs. 28 FPG und auf VfSlg. 20.106/2016). Dem Beschwerdeführer wäre daher eine Karte für Geduldete auszufolgen. Das Bundesverwaltungsgericht, so führte es im Vorhaltschreiben weiter aus, gehe jedoch weiters vorläufig auch davon aus, dass diese Duldung nicht mehr andauere - und dass daher die Beschwerde abzuweisen wäre -, sollten die Voraussetzungen der Duldung nicht oder nicht mehr vorliegen. Das Bundesverwaltungsgericht lud die Parteien des Verfahrens ein, dazu binnen zweier Wochen Stellung zu nehmen und allfällige Umstände bekanntzugeben, aus denen sich schließen lasse, ob die Voraussetzungen der Duldung noch oder nicht (mehr) vorlägen.

Mit Datum vom 19.9.2018 - zwei Tage nach dem Vorhalt - ergingen die Ladungen zur mündlichen Verhandlung, die am 17.10.2018 stattfand. Das Bundesamt nahm zum Vorhalt nicht Stellung, teilte aber am 27.9.2018 mit, dass es an der Verhandlung nicht teilnehmen werde, aber "aufgrund der gegebenen Aktenlage die Abweisung gegenständlicher Beschwerde" beantrage.

Der Beschwerdeführer nahm am 4.10.2018 zum Vorhalt Stellung und führte aus, aus seiner Sicht hätten sich die Umstände im Vergleich zur Aktenlage zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung nicht geändert. Um seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen, habe er sich zuletzt am 3.10.2018 an die "bengalische" Vertretungsbehörde in Wien gewandt und sich danach erkundigt, ob ihm, wie im Feber 2013 beantragt, ein Reisepass ausgestellt werden könne. Er habe die Auskunft erhalten, dass die Ausstellung geprüft werde und mangels Vorliegens eines aktuellen Reisepasses fragwürdig sei. Das Bundesamt habe ihm zwischenzeitlich nicht mitgeteilt, dass ein Heimreisezertifikat erlangt worden wäre. Eine entsprechende Anfrage vom 3.10.2018 (also, wie zu ergänzen ist, vom Vortag) sei bisher nicht beantwortet worden. Der Beschwerdeführer habe keinen Anlass zum Zweifel daran geboten, dass er seiner Mitwirkungspflicht im fremdenpolizeilichen Verfahren zur Gänze entspreche. Darüber hinaus teilte er mit, dass er im Bemühen, seinen Aufenthalt zu legalisieren, am 23.7.2015 beim Bundesamt einen Antrag auf Erteilung eines Aufenhaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 eingebracht habe. - Dieser Stellungnahme war der Ausdruck eines e-mails eines Mitarbeiters einer Nicht-Regierungsorganisation an das Bundesamt vom 3.10.2018 beigelegt, in dem um Auskunft ersucht wurde, ob die "bengalische" Vertretungsbehörde bereits ein Heimreisezertifikat ausgestellt habe. Weiters war eine kurze Bestätigung der Vertretungsbehörde Bangladesh' in Österreich beigelegt, die in englischer Sprache gehalten ist und wonach der Beschwerdeführer am 3.10.2018 die Botschaft aufgesucht habe, um "konsularische Angelegenheiten zu besprechen" ("to discuss consular matters").

5. Am 17.10.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der nur der Beschwerdeführer als Partei teilnahm und der ein Dolmetscher für die Sprache Bengali beigezogen wurde. Das Bundesamt hatte, wie erwähnt, auf die Teilnahme an der Verhandlung verzichtet. Das Bundesverwaltungsgericht erhob Beweis, indem es den Beschwerdeführer in der Verhandlung vernahm und die Akten des Verfahrens einsah.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Das Bundesverwaltungsgericht stellt zunächst den Sachverhalt im Sinne der obigen Darstellung des Verfahrensablaufs fest.

Weiters stellt das Bundesverwaltungsgericht fest: Die für Österreich zuständige Botschaft Bangladesh', zunächst in Berlin, dann in Wien, hat kein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer ausgestellt, obwohl sie von den österreichischen Fremdenpolizeibehörden insgesamt dreimal (am 28.2.2013, am 2.7.2013 und am 25.6.2014) angeschrieben worden ist. Die Botschaft hat auf diese Schreiben nicht reagiert. Der Beschwerdeführer hat dies nicht zu vertreten.

Es gibt keinen Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer seine Identität verschleiert hätte.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen beruhen auf folgender Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrenshergang gründen sich auf den Verwaltungsakt, den das Bundesamt vorgelegt hat, und auf den Akt des Bundesverwaltungsgerichts. Die Feststellung, dass die Botschaft Bangladesh' kein Heimreisezertifikat ausgestellt hat, stützt sich außerdem darauf, dass das Bundesamt auf den Vorhalt des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.9.2018 nicht geantwortet hat. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass das Bundesamt dies getan hätte, wäre ein Heimreisezertifikat ausgestellt worden.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer die Untätigkeit der Botschaft nicht zu vertreten hat, stützt sich darauf, dass es keinen Anhaltspunkt in diese Richtung gibt. Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass er etwa die Botschaft dazu bestimmt hätte, auf die Anfragen der österreichischen Behörden nicht zu antworten. Obwohl dies natürlich nicht ausgeschlossen werden kann, wäre eine Annahme in diese Richtung rein spekulativ. Sie kann daher den Feststellungen nicht zugrunde gelegt werden.

Dass der Beschwerdeführer einen Führerschein Bangladesh' besitze, wie das Bundesamt ausführt, lässt sich aus dem Akt nicht ableiten.

Schließlich gibt es keinen Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer seine Identität verschleiert hätte. Vielmehr hat er in allen Verfahren dieselbe Identität behauptet.

Auch aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung ergeben sich keine anderen Gesichtspunkte. Dort gab er im Gespräch mit dem erkennenden Richter an [BVwG = Bundesverwaltungsgericht]:

"Ich war Ende 2012 bei der Polizei. Dort habe ich ein Formular unterschrieben, damit ein Heimreisezertifikat für meine Rückkehr nach Bangladesh ausgestellt werde. Gleichzeitig habe ich auch bei der Botschaft meines Heimatlandes in Berlin einen Reisepass beantragt. In beiden Fällen ist nichts geschehen, ich habe weder ein[en] Reisepass bekommen noch wurde ein Heimreisezertifikat ausgestellt. [...]" - "Wissen Sie, warum die Botschaft Bangladesh' in Berlin kein Heimreisezertifikat für Sie ausgestellt hat?" - "Das weiß ich nicht. Ich habe auch mehrmals Kontakt aufgenommen, aber keine Antwort bekommen." - "Sie haben dem BVwG am 4.10.2018 eine Bestätigung der Botschaft Bangladesh' in Österreich vorgelegt, wonach Sie am 3.10.2018 dort vorgesprochen haben, um ‚konsularische Angelegenheiten zu besprechen' (‚to discuss consular matters') [...]. Um was für Angelegenheiten ist es dabei gegangen?" - "Ich war schon einmal dort und wollte nur wissen, ob ich irgendwann einen Reisepass bekommen kann." - "Was hat man Ihnen dort gesagt?" - "Sie haben gesagt, dass sie mir möglicherweise einen Reisepass ausstellen können, wenn sie eine Nachricht aus Bangladesh bekommen. In Bangladesh besteht ein System, wonach die Botschaft einen Reisepass nur ausstellen kann, wenn sie bestimmte Informationen aus Bangladesh erhält. Ich habe seinerzeit den Antrag bei der Botschaft in Berlin gestellt, die Botschaft in Österreich müsste neu beginnen." - "Haben Sie bei der Botschaft in Österreich einen Antrag gestellt?" - "Nein, ich habe über den Antrag gesprochen, den ich seinerzeit in Deutschland gestellt habe." - "Wieso haben Sie keinen neuen Antrag gestellt?" - "Die Botschaft hat mir gesagt, dass ich keinen neuen Antrag stellen muss." - "Wissen Sie, ob die Botschaft Schritte einleitet, um herauszufinden, ob sie Ihnen einen Reisepass ausstellen kann?" - "Die Mitarbeiter der Botschaft haben mir gesagt, dass sie Kontakt mit der Botschaft in Berlin oder mit dem Außenministerium in Bangladesh aufnehmen. Sobald sie Informationen haben, werden sie mir Bescheid geben." - "Wann hat man [...] Ihnen [das] gesagt?" - "Ich war mehrmals dort." - "Im angefochtenen Bescheid heißt es [...], Sie seien nach der Aktenlage Inhaber eines Führerscheins Bangladesh'. Die Behörde sei der Ansicht, dass die Vertretungsbehörde Ihnen ein Reisedokument ausgestellt hätte, wenn Sie den Führerschein vorgelegt hätten." - "Ich hatte nie einen Führerschein von Bangladesh."

Das Bundesverwaltungsgericht geht daher insgesamt davon aus, dass die für Österreich zuständige Botschaft Bangladesh' kein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer ausgestellt hat, obwohl sie von den österreichischen Fremdenpolizeibehörden insgesamt dreimal angeschrieben worden ist, und dass der Beschwerdeführer dies nicht zu vertreten hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (Art. 2 FNG; in der Folge: BFA-VG) idF des Art. 2 FNG-Anpassungsgesetz BGBl. I 68/2013 und des BG BGBl. I 144/2013 und gemäß § 9 Abs. 2 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

3.2. Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, Art. 1 BG BGBl. I 33/2013 (in der Folge: VwGVG), idF BG BGBl. I 122/2013 ist das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits kundgemacht waren, unberührt. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG - wie die vorliegende - das AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 und seines IV. Teiles, die Bestimmungen weiterer, hier nicht relevanter Verfahrensgesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Verwaltungsbehörde in jenem Verfahren angewandt hat oder anzuwenden gehabt hätte, das dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangen ist. Dementsprechend sind im Verfahren über die vorliegende Beschwerde Vorschriften des FPG und des BFA-VG anzuwenden.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - und somit auch das Bundesverwaltungsgericht - über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder seine Feststellung durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Verwaltungsbehörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde "unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens" widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Verwaltungsbehörde ist dabei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von der das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine andere als die Zuständigkeit des Einzelrichters ist für die vorliegende Rechtssache nicht vorgesehen, daher ist der Einzelrichter zuständig.

Zu A)

1.1.1. Abs. 2 des § 46 FPG, der unter der Überschrift "Abschiebung" steht, lautete in der Stammfassung:

"Verfügt der Fremde über kein Reisedokument und kann die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden, hat die Behörde bei der für ihn zuständigen Vertretungsbehörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen. § 97 Abs. 1 gilt."

Gemäß § 126 Abs. 1 FPG trat ua. § 46 Abs. 2 FPG am 1.1.2006 in Kraft.

1.1.2. Durch Art. 2 Z 49a FrÄG 2011 wurde die Wortfolge "bei der für ihn zuständigen Vertretungsbehörde" in § 46 Abs. 2 FPG durch die Wortfolge "bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde" ersetzt; durch Art. 2 Z 49b FrÄG 2011 wurde in § 46 FPG ein Abs. 2a mit folgendem Wortlaut eingefügt:

"Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt haben und für die die Behörde ein Ersatzreisedokument bei der zuständigen ausländischen Behörde für die Abschiebung einzuholen hat, vorzuladen. Die Amtshandlung kann auch außerhalb des Amtsbereiches der zuständigen Behörde stattfinden. § 19 Abs. 2 bis 4 AVG gilt."

Gemäß § 126 Abs. 9 FPG idF des Art. 2 Z 110 FrÄG 2011 traten § 46 Abs. 2 und 2a FPG idF des FrÄG 2011 mit 1.7.2011 in Kraft.

1.1.3. Durch Art. 4 FNG wurde § 46 Abs. 2 und 2a FPG geändert, und zwar durch Z 131 (Ersetzung der Wortfolge "die Behörde" durch die Wortfolge "das Bundesamt" in beiden Absätzen), Z 132 (Ersetzung der Wortfolge "Die Behörde" durch die Wortfolge "Das Bundesamt" in Abs. 2a) und Z 133 (Entfall der Wortfolge "die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt haben und" sowie des "vorletzten" [dh. des zweiten] Satzes in Abs. 2a).

Gemäß § 126 Abs. 11 FPG idF des Art. 4 Z 266 FNG trat § 46 Abs. 2 und 2a FPG idF des FNG mit 1.1.2014 in Kraft.

1.1.4. Durch Art. 4 Z 23 FrÄG 2015 wurde an § 46 Abs. 2 FPG folgender Schlusssatz angefügt:

"Der Fremde hat an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments im erforderlichen Umfang mitzuwirken."

Durch Art. 4 Z 24 FrÄG 2015 wurde § 46 Abs. 2a FPG neu gefasst und lautete danach:

"Die Verpflichtung zur Mitwirkung gemäß Abs. 2 kann auch mit Bescheid auferlegt werden, § 19 Abs. 2 bis 4 AVG gilt sinngemäß. Der Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments bei der zuständigen ausländischen Behörde, verbunden werden (§ 19 AVG)."

Gemäß § 126 Abs. 15 FPG idF des Art. 4 Z 55 FrÄG 2015 trat § 46 Abs. 2 und 2a FPG idF des FrÄG 2015 mit 20.7.2015 in Kraft.

1.1.5. Durch Art. 2 Z 56 bis 58 Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 BGBl. I 145 (in der Folge: FrÄG 2017) wurden in § 46 FPG die Abs. 2 und 2a neu gefasst, Abs. 2a wurde zu Abs. 2b und ein neuer Abs. 2a wurde eingefügt. Diese Absätze lauten seither:

"(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

(2b) Die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 kann dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt."

Gemäß § 126 Abs. 19 FPG idF des Art. 2 Z 94 FrÄG 2017 trat § 46 Abs. 2, 2a und 2b FPG idF des FrÄG 2017 "mit Ablauf des Tages der Kundmachung, frühestens jedoch mit 1. November 2017 in Kraft". Da das Gesetz am 18.10.2017 kundgemacht wurde, traten die Änderungen am 1.11.2017 in Kraft. In dieser Fassung gelten diese Absätze derzeit.

1.2.1. § 46a FPG wurde durch Art. 2 Z 21 des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2009 BGBl. I 122 eingeführt und durch Art. 2 Z 52 bis 55 FrÄG 2011 geändert. Er lautete in dieser Fassung (unter der Überschrift "Duldung"):

"(1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist geduldet, solange deren Abschiebung gemäß

1. §§ 50 und 51 oder

2. §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist.

(1a) Darüber hinaus ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet geduldet, wenn die Behörde von Amts wegen feststellt, dass die Abschiebung des Betroffenen aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich ist, es sei denn, dass nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt. Diese Duldung kann von der Behörde mit Auflagen verbunden werden, sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden von der Behörde mit Verfahrensanordnung (§ 63 Abs. 2 AVG) mitzuteilen. § 56 gilt sinngemäß.

(1b) Vom Fremden zu vertretende Gründe liegen jedenfalls vor, wenn er

1. seine Identität verschleiert,

2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

(2) Die Behörde hat Fremden, deren Aufenthalt im Bundesgebiet geduldet ist, eine Karte für Geduldete auszustellen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren nach diesem Bundesgesetz oder nach Abschluss eines Verfahrens nach dem AsylG 2005 und hat insbesondere die Bezeichnungen ‚Republik Österreich' und ‚Karte für Geduldete', weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.

(3) Die Karte für Geduldete gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 über Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Die Gültigkeit der Karte für Geduldete gemäß Abs. 1a endet mit dem Ende der Duldung. Die Karte ist zu entziehen, wenn

1. deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist;

2. eine Duldung im Sinne des Abs. 1 nicht oder nicht mehr vorliegt;

3. das Lichtbild auf der Karte den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt oder

4. andere amtliche Eintragungen auf der Karte unlesbar geworden sind.

Der Fremde hat die Karte unverzüglich der Behörde vorzulegen, wenn die Karte entzogen wurde oder Umstände vorliegen, die eine Entziehung rechtfertigen würden. Wurde die Karte entzogen oder ist diese vorzulegen, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und die Behörde ermächtigt, die Karte abzunehmen. Abgenommene Karten sind unverzüglich der Behörde vorzulegen, in deren örtlichen Wirkungsbereich das Organ eingeschritten ist. Diese hat die Karte an die zuständige Behörde weiterzuleiten."

Gemäß § 126 Abs. 9 FPG idF des Art. 2 Z 110 FrÄG 2011 trat § 46a FPG idF des FrÄG 2011 mit 1.7.2011 in Kraft.

1.2.2. Durch Art. 4 FNG wurde § 46a FPG geändert, und zwar durch Z 131 (Ersetzung der Wortfolge "die Behörde" durch die Wortfolge "das Bundesamt" in Abs. 1a und 3), Z 132 (Ersetzung der Wortfolge "Die Behörde" durch die Wortfolge "Das Bundesamt" in Abs. 2), Z 136 (Ersetzung der Wortfolge "von der Behörde" durch die Wortfolge "vom Bundesamt" in Abs. 1a), Z 137 (Einfügung eines Abs. 1c), Z 138 (Ersetzung der Wortfolge "nach diesem Bundesgesetz oder nach Abschluss eines Verfahrens nach dem AsylG 2005" durch die Wortfolge "vor dem Bundesamt" in Abs. 2), Z 139 (Ersetzung der Wortfolge "die Karte unverzüglich der Behörde" durch die Wortfolge "die Karte unverzüglich dem Bundesamt" in Abs. 3) und Z 140 (Ersetzung der Wortfolge "Abgenommene Karten sind unverzüglich der Behörde vorzulegen, in deren örtlichen Wirkungsbereich das Organ eingeschritten ist. Diese hat die Karte an die zuständige Behörde weiterzuleiten." durch die Wortfolge "Von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgenommene Karten sind unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen." in Abs. 3).

Der neu eingefügte Abs. 1c des § 46a FPG lautete:

"Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist ebenfalls geduldet, wenn das Bundesamt festgestellt hat, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung im Hinblick auf § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist."

Gemäß § 126 Abs. 11 FPG idF des Art. 4 Z 266 FNG trat § 46a Abs. 1a bis 3 FPG idF des FNG mit 1.1.2014 in Kraft.

Diese Fassung war es, die aufzuheben das Bundesverwaltungsgericht beim Verfassungsgerichtshof beantragte und auf die sich das Erkenntnis dieses Gerichtshofes vom 23.2.2015, G 171/2014 ua., bezieht.

1.2.3. Durch Art. 4 Z 25 FrÄG 2015 wurde § 46a FPG neuerlich geändert und lautet seither auszugsweise:

(1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange

1. deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;

2. deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;

3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder

4. die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;

es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an.

(2) Die Duldung gemäß Abs. 1 Z 3 kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden; sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) während des anhängigen Verfahrens mitzuteilen; über sie ist insbesondere hinsichtlich ihrer Fortdauer im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. § 56 gilt sinngemäß.

(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe liegen jedenfalls vor, wenn er

1. seine Identität verschleiert,

2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen "Republik Österreich" und "Karte für Geduldete", weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.

(5) Die Karte für Geduldete gilt ein Jahr beginnend mit dem Ausstellungsdatum und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 über Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Die Karte ist zu entziehen, wenn

1. deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist;

2. die Voraussetzungen der Duldung im Sinne des Abs. 1 nicht oder nicht mehr vorliegen;

3. das Lichtbild auf der Karte den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt oder

4. andere amtliche Eintragungen auf der Karte unlesbar geworden sind.

Der Fremde hat die Karte unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen, wenn die Karte entzogen wurde oder Umstände vorliegen, die eine Entziehung rechtfertigen würden. Wurde die Karte entzogen oder ist diese vorzulegen, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und das Bundesamt ermächtigt, die Karte abzunehmen. Von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgenommene Karten sind unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.

(6) Der Aufenthalt des Fremden gilt mit Ausfolgung der Karte als geduldet, es sei denn das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtskräftig festgestellt. Diesfalls gilt der Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Feststellung als geduldet."

Durch Art. 4 Z 53 FrÄG 2015 wurde an § 125 FPG ein Abs. 28 angefügt, der eine Übergangsbestimmung folgenden Wortlauts enthält:

"Ein vor dem 20. Juli 2015 geduldeter Aufenthalt gilt im Falle des

1. § 46a Abs. 1 Z 1 als Duldung gemäß § 46a Abs. 1 Z 1,

2. § 46a Abs. 1 Z 2 als Duldung gemäß § 46a Abs. 1 Z 2,

3. § 46a Abs. 1a als Duldung gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 und

4. § 46a Abs. 1c als Duldung gemäß § 46a Abs. 1 Z 4

in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 70/2015."

Gemäß § 126 Abs. 15 FPG idF des Art. 4 Z 55 FrÄG 2015 traten §§ 46a und 125 Abs. 28 FPG idF des FrÄG 2015 mit 20.7.2015 in Kraft.

1.2.4. Durch Art. 2 Z 60 und 61 FrÄG 2017 wurde an § 46a Abs. 1 der Satz "Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt." angefügt und in § 46a Abs. 1 Z 1 FPG nach dem Zitat "52 Abs. 9" das Zitat "Satz 1" sowie in § 46a Abs. 3 FPG nach dem Wort "Gründe" der Klammerausdruck "(Abschiebungshindernisse)" eingefügt.

Gemäß § 126 Abs. 19 FPG idF des Art. 2 Z 94 FrÄG 2017 trat § 46a Abs. 1 und 3 FPG idF des FrÄG 2017 "mit Ablauf des Tages der Kundmachung, frühestens jedoch mit 1. November 2017 in Kraft". Da das Gesetz am 18.10.2017 kundgemacht wurde, traten die Änderungen am 1.11.2017 in Kraft. In dieser Fassung gilt § 46a FPG derzeit.

1.3. § 120 FPG steht unter der Überschrift "Rechtswidrige Einreise und rechtswidriger Aufenthalt" und lautet auszugsweise:

"(1) [...]

(1a) Wer als Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, begeht eine Verwaltungsübertretung [...]

(5) Eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1a liegt nicht vor,

1. [...]

2. solange der Fremde geduldet ist (§ 46a),

3. [...]

(6) [...]"

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat den oben genannten Antrag des Bundesverwaltungsgerichts, den es aus Anlass des vorliegenden Verfahrens gestellt hatte, mit Erkenntnis 23.2.2015, G 171/2014 ua., abgewiesen. Darin führte er wörtlich aus:

"2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 9. Dezember 2014, G 160-162/2014, ausgesprochen, dass § 46a Abs. 1a FPG idF BGBl. I 38/2011 nicht verfassungswidrig war. Die nun angefochtene Fassung des § 46a Abs. 1a (BGBl. I 87/2012) unterscheidet sich von der bereits geprüften Fassung (BGBl. I 38/2011) nur insoweit, als die Wortfolge ‚die Behörde' durch die Wortfolge ‚das Bundesamt' bzw. die Wortfolge ‚von der Behörde' durch die Wortfolge ‚vom Bundesamt' ersetzt wurden. Die im Erkenntnis vom 9. Dezember 2014, G 160-162/2014, getroffenen Aussagen zur Auslegung des § 46a Abs. 1a FPG idF BGBl. I 38/2011 sind daher auf die Auslegung des § 46a Abs. 1a FPG idF BGBl. I 87/2012 uneingeschränkt übertragbar.

2.2. Danach geht der Verfassungsgerichtshof - gestützt auf die Entstehungsgeschichte der in Prüfung gezogenen Norm - mit der Bundesregierung davon aus, dass eine Duldung gemäß § 46a Abs. 1a FPG bereits ex lege mit dem Vorliegen der tatsächlichen Unmöglichkeit der Abschiebung und nicht erst mit deren behördlicher Feststellung eintritt. [...]

2.3. Die behördliche Pflicht zur Ausstellung einer Karte für Geduldete dient ‚auch dem Schutz der Interessen spezifischer Einzelpersonen', weshalb der Verpflichtung der Behörde zur Ausstellung dieser Karte (arg. ‚hat' gegenüber dem früheren ‚kann') ein entsprechendes Recht eines Fremden gegenübersteht. Dieses subjektive öffentliche Recht begründet in Verbindung mit § 8 AVG die Parteistellung des Fremden in einem Verfahren über die Ausstellung der Karte und damit einen Anspruch auf eine meritorische Entscheidung über dieses Recht, aus dem sich wieder ein Antragsrecht auf Ausstellung der Karte ergibt (vgl. VwGH 28.8.2014, 2013/21/0218). Im Zuge des Verfahrens über die Ausstellung dieser Karte hat die Behörde zu prüfen, ob der Sachverhalt einer Duldung eingetreten ist, dh. ob die Abschiebung aus tatsächlichen, nicht vom Antragsteller zu vertretenden Gründen iSv § 46a Abs. 1a FPG wegen des Erfordernisses der Ausstellung eines Heimreisezertifikates in absehbarer Zeit unmöglich ist. Ist dies der Fall, hat die Behörde die Karte für Geduldete auszustellen, ist die Duldung hingegen nicht eingetreten, etwa weil der Fremde Vereitelungshandlungen setzt, hat sie einen abweisenden Bescheid zu erlassen. Da das Vorliegen tatsächlicher Hindernisse und die entsprechende Feststellung gemäß § 46a Abs. 1a FPG sohin eine Tatbestandsvoraussetzung zur Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 2 FPG bilden, so ergibt sich daraus aber auch, dass gegen einen solchen Bescheid in einem nachfolgenden Rechtsmittelverfahren vor dem BVwG für den Fremden ausreichender Rechtsschutz besteht. Die ‚Feststellung der Duldung' erweist sich bei diesem Gesetzesverständnis als Darlegung der Ergebnisse des diesbezüglichen Ermittlungsverfahrens im Rahmen der Tatsachenfeststellungen in der Bescheidbegründung der Behörde.

2.4. [...] Da die Duldung ex lege eintritt, wenn eine (freiwillige) Ausreise nicht möglich ist und tatsächliche, vom Fremden nicht zu vertretende Gründe eine Abschiebung verhindern, ist der Fremde, sofern er gehörig mitwirkt bzw. mit der Behörde zusammenarbeitet (vgl. § 46a Abs. 1b FPG), jedenfalls solange geduldet, bis ein Heimreisezertifikat (Ersatzreisedokument) ausgestellt wurde oder einer der in § 46a Abs. 1b FPG beschriebenen Fälle eintritt."

2.2. Daraus ergibt sich, dass eine Duldung gemäß § 46a Abs. 1a FPG von Gesetzes wegen mit dem Vorliegen der tatsächlichen Unmöglichkeit der Abschiebung und nicht erst mit ihrer behördlichen Feststellung eintritt. Der Fremde hat einen Anspruch auf eine meritorische Entscheidung über einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete. Im Zuge des Verfahrens über die Ausstellung dieser Karte hat das Bundesamt - und im Beschwerdeverfahren das Bundesverwaltungsgericht - zu prüfen, ob der Sachverhalt einer Duldung eingetreten ist.

2.3. All diese Überlegungen gelten auf der Grundlage des § 46a Abs. 1a FPG idF des FNG, denn darauf beziehen sich die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 23.2.2015, G 171/2014 ua. Nunmehr - seit 20.7.2015 - gilt § 46a Abs. 1a FPG allerdings idF des FrÄG 2015 und - seit 1.11.2017 - in jener des FrÄG 2017. Danach - nach seinem Abs. 6 - tritt die Duldung nicht ex lege ein, sondern "gilt" der Aufenthalt des Fremden (erst) mit Ausfolgung der Karte als geduldet, es sei denn, die Voraussetzungen der Duldung wären bereits früher rechtskräftig festgestellt worden.

War der Aufenthalt bei Inkrafttreten des FrÄG 2015 bereits geduldet, nach der vorangegangenen Rechtslage also ex lege, dann ist die Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 28 Z 3 FPG idF des FrÄG 2015 zu beachten, nach der ein Aufenthalt, der vor dem 20.7.2015 gemäß § 46a Abs. 1a FPG (idF vor dem FrÄG 2015) geduldet war, als Duldung iSd § 46a Abs. 1 Z 3 FPG idF des FrÄG 2015 gilt (vgl. dazu VfSlg. 20.106/2016). In einem solchen Fall hat daher das Bundesamt (von Amts wegen oder auf Antrag) eine Karte für Geduldete auszustellen (§ 46a Abs. 4 FPG).

2.4.1. Wie oben festgestellt, gibt es keinen Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer seine Identität verschleiert hätte. Das Bundesverwaltungsgericht weist darauf hin, dass für die Ausstellung einer Karte für Geduldete eine sog. "Verfahrensidentität" ausreicht (vgl. die ErläutRV zum FrÄG 2011, 1078 BlgNR 24. GP, 27 f. im Anschluss an VwGH 21.12.2010, 2010/21/0231 [di. VwSlg. 18.012 A/2010], eine Entscheidung, auf die sich auch der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 20.5.2014 bezog).

Der angefochtene Bescheid kann somit nicht auf § 46a Abs. 1b Z 1 FPG idF des FrÄG 2011 bzw. auf § 46a Abs. 3 Z 1 FPG idF des FrÄG 2015 gestützt werden.

2.4.2. Aus den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich, dass die Botschaft des Heimatlandes des Beschwerdeführers kein Heimreisezertifikat ausgestellt hat und überhaupt auf Anfragen der österreichischen Fremdenpolizeibehörden nicht reagiert hat. Deshalb ist die Abschiebung des Beschwerdeführers derzeit nicht möglich. Die Gründe dafür hat er nicht zu vertreten.

Diese Situation bestand bereits am 20.7.2015. Der Beschwerdeführer war daher zu diesem Zeitpunkt geduldet. Daran hat sich seither nichts geändert, weil die österreichischen Behörden keine weiteren Schritte unternommen haben, ein Heimreisezertifikat zu erlangen, und weil sie auch nicht an den Beschwerdeführer herangetreten sind, um ihn dazu anzuhalten, in irgendeiner Weise seiner Mitwirkungspflicht weiterhin nachzukommen. Es gibt daher keinen Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer es zu vertreten hätte, dass auch seit dem 20.7.2015 kein Heimreisezertifikat ausgestellt worden ist. Zwar ist ein Fremder, der zur Ausreise verpflichtet ist, wenn er über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, seit 1.11.2017 verpflichtet, bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen (§ 46 Abs. 2 erster Satz FPG idF des FrÄG 2017). Dies gilt jedoch nicht, wenn sein Aufenthalt gemäß § 46a FPG geduldet ist (§ 46 Abs. 2 dritter Satz FPG idF des FrÄG 2017). Da der Beschwerdeführer am 20.7.2015 geduldet war und sich daran bis 1.11.2017 nichts geändert hatte, ist er auch seither nicht verpflichtet, aus Eigenem bei der zuständigen ausländischen Behörde ein Reisedokument einzuholen. Es kann daher offen bleiben, ob die Handlungen, die der Beschwerdeführer in der Verhandlung geschildert hat, nicht ohnedies dem Gesetz genügen. Die Aufforderung der Landespolizeidirektion Wien vom 12.1.2013, bei seiner Vertretungsbehörde die Ausstellung eines Reisedokumentes zu beantragen und der Behörde binnen zweier Wochen eine Bestätigung "über diesen Antrag" vorzulegen, ging jedenfalls über das vom Gesetz Geforderte hinaus, weil der Beschwerdeführer nach damaliger Rechtslage zu einer solchen Handlung nicht verpflichtet werden konnte (VwGH 23.3.2017, Ro 2017/21/0005). - Darüber hinaus ist ein Fremder, der zur Ausreise verpflichtet ist, auch verpflichtet, an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes dienen, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen. Dies gilt dann, wenn das Bundesamt von der Ermächtigung (des § 46 Abs. 2a FPG) Gebrauch macht, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung auszustellen. Es gibt aber keinen Hinweis, dass der Beschwerdeführer sich dessen geweigert hätte; seit Inkrafttreten der Vorschrift hat das Bundesamt von dieser Ermächtigung nach der Aktenlage auch keinen Gebrauch gemacht.

Der angefochtene Bescheid kann somit auch nicht auf § 46a Abs. 1b Z 3 FPG idF des FrÄG 2011 gestützt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht merkt an, dass ihm die Vorgangsweise des Bundesamtes, am selben Tag den angefochtenen Bescheid zu genehmigen und einen weiteren Verfahrensschritt zu setzen - nämlich nochmals bei der Botschaft Bangladesh' in Berlin zu urgieren -, nicht nachvollziehbar erscheint.

2.4.3. Vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 23.2.2015, G 171/2014 ua., ist der Beschwerdeführer mithin geduldet und ihm daher eine Karte für Geduldete auszustellen.

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare bzw. durch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes geklärte Rechtslage stützen.

Schlagworte

Duldung, Karte für Geduldete, Mitwirkungspflicht, Rechtsanschauung
des VfGH, Reisedokument

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W199.2009668.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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