TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/14 L517 2198967-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.01.2019
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Entscheidungsdatum

14.01.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L517 2198967-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. STEININGER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom 28.02.2018, OB:

XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs 2, § 40 Abs 1, § 41 Abs 1, § 42 Abs 1 und 2, § 43 Abs 1, § 45 Abs 1 und 2, § 47 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, als unbegründet abgewiesen und darüber hinaus festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 30 v.H. beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

28.11.2017 - Antrag der beschwerdeführenden Partei ("bP") auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (belangte Behörde, "bB")

27.02.2018 - Erstellung eines Sachverständigengutachtens (Ärztin für Allgemeinmedizin), GdB 40 v.H.

28.02.2018 - Bescheid der bB, Abweisung des Antrages der bP, GdB 40 v. H.

30.03.2018 - Beschwerde der bP

14.06.2018 - Erstellung eines Sachverständigengutachtens (Facharzt für Chirurgie), GdB 30 v.H.

22.06.2018 - Beschwerdevorlage am BVwG

17.08.2018 - Parteiengehör / hinterlegter RSa-Brief von bP nicht behoben, am 11.09.2018 an das Gericht zurückgesendet

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP ist österreichische Staatsangehörige und an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft.

Am 28.11.2017 stellte die bP einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Das im Auftrag der bB am 27.02.2018 nach der Einschätzungsverordnung erstellte Sachverständigengutachten einer Allgemeinmedizinerin weist nachfolgendes Ergebnis der durchgeführten Begutachtungen auf:

"1 Kniegelenk - Untere Extremitäten, Z.n. KTEP links im Oktober 2013 mit chronischem Patellaspitzensyndrom linkes Knie DD neuropathischer Schmerz des Ramus infrapatellaris links postoperativ;

persistierenden Schmerzen am Tibiaplateau links, keine wesentliche aktive Bewegungseinschränkung

Pos.Nr. 02.05.20 GdB 30%

2 Wirbelsäule, Lumbalgie bei rechtsseitiger Forameneinengung bei Prolaps L3/L4 und Diskusprolaps L4/L5, L5/S1 und Formenstenose L5/S1

regelmässig Physiotherapie und Schwimmen, keine motorische oder sensible Ausfallssymptomatik,rezid. Episoden, Z.n.

Bildwandlergezielter Infiltration, Analgetika bei Bedarf

Pos.Nr. 02.01.02 GdB 30%

3 KHK, Z. n. Myokardinfarkt 1985, Z. n. PTCA und Stent 1985, art.

Hypertonie

subjektiv beschwerdefrei

Pos.Nr. 05.05.02 GdB 30%

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Führend ist das Leiden Nummer 1 mit 30 %. Leiden Nummer 2 steigert aufgrund der Verschlimmerung des Gesamtbildes um eine Stufe. Leiden Nummer 3 steigert aufgrund von Geringfügigkeit bei aktuell vorliegender Beschwerdefreiheit nicht weiter. Somit ergibt sich ein Gesamtgrad der Behinderung von 40%.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Hyperlipidämie

blande Cholezystolithiasis

Struma nodosa

chronisches Cervicalsyndrom"

Mit Bescheid vom 28.02.2018 wies die bB den Antrag der bP auf Ausstellung eines Behindertenpasses unter Zugrundelegung des eingeholten Sachverständigengutachtens mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. ab.

Aufgrund der dagegen am 30.03.2018 erhobenen Beschwerde der bP, sowie der Vorlage eines Sachverständigengutachtens, erfolgte am 14.06.2018 die Erstellung eines Sachverständigengutachtens durch einen Facharzt für Chirurgie, welches nachfolgenden relevanten Inhalt aufweist:

"Anamnese:

WS-Leiden Z. n. Knieprothese links Bluthochdruck Z. n. Herzinfarkt Neue im bisherigen Verfahren nicht bekannte und nunmehr im Zuge der Beschwerde geltend gemachte Gesundheitsschädigungen: Hüftarthrose rechts und Varusgonarthrose rechtes Kniegelenk. Da es sich um eine Beschwerdevorentscheidung handelt, muss das Verfahren bis spätestens 12.6.2018 abgeschlossen sein. Siehe auch Befund 2017-02 (SVG Dr. XXXX ).

Derzeitige Beschwerden:

Er kommt heute, obwohl er gestern den Termin gehabt hätte, wird heute von mir eingeschoben.

Er hat sich beschwert, dass das Vorgutachten nicht in seinem Sinne entschieden wurde. Er hätte nämlich auch Schmerzen im rechten Kniegelenk. Das Hauptproblem seien überhaupt die Kniegelenke vor allem bei Bewegung und Belastung. Das linke Kniegelenk sei mehr betroffen. Es sei dort auch operiert worden, wegen des unzureichenden Erfolges möchte er sich rechts noch nicht operieren lassen. Von Seiten des Herzens oder aus interner Sicht hätte er keine Probleme. Nach Durchsicht des Vorgutachtens wurden auch Wirbelsäulenprobleme diagnostiziert, diese stellen heute laut eingehender Befragung keine wesentliche Belastung dar. Weitere Angaben werden explizit nicht mehr angegeben.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

efient, Pantoloc, Thrombo ASS, Atorvastatin, Nitrolingual, Novalgin, direktan

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

keine aktuellen, die nicht schon im Vorgutachten berücksichtigt worden wären

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

er kommt heute gehend ohne Gehhilfe sicher, eventuell etwas breitbasig mit leichter Sprungbelastung zur Untersuchung, keine Dyspnoe, Sensorium offensichtlich ausreichend

Ernährungszustand:

übergewichtig

Größe: 180,00 cm Gewicht: 100,00 kg Blutdruck: 120/80

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput unauffällig, Collum unauffällig Thorax symmetrisch, Cor rhythmisch Pulmo vesikulär, Abdomen über Thoraxniveau

Wirbelsäule: gerade, angedeutet der Rundrücken, kein Klopfschmerz, Kopfbeweglichkeit frei, Kinn Jugulumabstand 1/19 cm, Finger-Boden-Abstand 0 cm

obere Extremitäten: äußerlich unauffällig, gerade, nicht verdreht, von normaler Form und Farbe, freie Beweglichkeit der großen Gelenke, Nacken-und Schürzengriff erhalten, Faustschluss vollständig und kräftig bei erhaltener Diadochokinese ohne Hinweise auf Wurzelkompression oder Durchblutungsstörung

untere Extremitäten: Knieprothese Links, angedeutete Streckdefizit von etwa 3°, Beugung etwa 125°, rechts Freistreckung mit Beugung bis etwa 130°, hier zarte Krepitation bei Manipulation und angegebenen Schmerzen beidseits, kein tastbare Erguss, keine Überwärmung, sonst äußerlich unauffällig, gerade, nicht verdreht, von normaler Form und Farbe, freie Beweglichkeit der übrigen großen Gelenke, Laseque Zeichen negativ, kein Hinweis auf Wurzelkompression oder Durchblutungsstörung, Benützungszeichen erhalten

Status Psychicus:

Orientierung: im eigenen persönlichen Bereich, in zeitlicher, räumlicher und situativer Dimension erhalten

Antrieb: angepasst

Denken: Gedächtnisleistungen, Konzentration, Auffassungsvermögen erhalten, logische Abfolge einer Handlung kann ausreichend erfasst und entwickelt werden, wirkt unkonzentriert emotionale Kontrolle:

angemessene Reaktion auf Situationen, Herausforderungen, Belastungen, äußere Eindrücke

soziale Funktion: zwischenmenschliche Beziehungen in Familie, Freundeskreis und Alltag sind ausreichend vorhanden

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs

Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: 1 Knie-Endoprothese links, Kniearthrose rechts berücksichtigt wird das leichte Streckdefizit des linken Kniegelenkes und die Arthrose des rechten Kniegelenkes bei noch sehr guter Beweglichkeit und nur marginalem Beugedefizite links, bei noch vollständiger Belastbarkeit Pos.Nr. 02.05.19 GdB 30%

2 Zustand nach Herzinfarkt, Bluthochdruck berücksichtigt

Cardial stabil, keine subjektiven Beschwerden, unverändert übernommen Pos.Nr. 05.05.02 GdB 30%

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

die führende Diagnose wird wegen Geringfügigkeit und subjektiver Beschwerdefreiheit im Rahmen der Herzerkrankung nicht weiter beeinflusst

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

keine weiteren mit Krankheitswert, insbes. Hüftarthrose, keine Beschwerden, keine funktionelle Einschränkung

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Weglassen der Wirbelsäulenerkrankung, hier keinerlei subjektive Beschwerden angegeben, keine funktionelle Einschränkung festgestellt, auch keine radikuläre Komponente

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Durch Wegfall der Einstufung der Wirbelsäulenerkrankung aus dem Vorgutachten (keine subjektiven Beschwerden angegeben-keine funktionelle Behinderung feststellbar)."

Nach Beschwerdevorlage wurde die bP vom Ergebnis der Beweisaufnahme seitens des BVwG verständigt. Der ab 24.08.2018 hinterlegte RSa-Brief wurde von der bP nicht behoben und am 11.09.2018 an das Gericht zurückgesendet. Die Meldeadresse ist laut ZMR-Abfrage aufrecht.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen das hg. Erkenntnis vom 08.07.2015, Ra 2015/11/0036) Begründung.

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das eingeholte Sachverständigengutachten des Chirurgen schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf.

Die Änderung im Gesamtgrad der Behinderung wurde vom Sachverständigen dahingehend begründet, dass im Hinblick auf die im Vorgutachten noch eingeschätzte Wirbelsäulenerkrankung weder subjektive Beschwerden seitens der bP angegeben worden seien, wie der Gutachter in den "Derzeitigen Beschwerden" anführt ("Nach Durchsicht des Vorgutachtens wurden auch Wirbelsäulenprobleme diagnostiziert, diese stellen heute laut eingehender Befragung keine wesentliche Belastung dar."), noch funktionelle Einschränkungen festgestellt werden konnten und auch keine radikuläre Komponente vorliegt. Durch Wegfall der Einstufung der Wirbelsäulenerkrankung ergeben die Knie-Endprothese links, unter Berücksichtigung der Kniearthrose rechts (Lfd. Nr. 1) und der Zustand nach Herzinfarkt, unter Berücksichtigung des Bluthochdrucks (Lfd. Nr. 2), je mit einem GdB von 30%, die Einschätzung. Die führende Diagnose unter der Lfd. Nr. 1 wird wegen Geringfügigkeit und subjektiver Beschwerdefreiheit im Rahmen der Herzerkrankung nicht weiter beeinflusst.

Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.

In dem angeführten Gutachten wurde von der Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie in der Gutachtensergänzung auf den vorgelegten Befund, eingegangen.

Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.

Das im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung eingeholte Gutachten ist das aktuellere, sowie auch das fachspezifische, da es von einem Facharzt für Chirurgie eingeholt wurde.

Nach der Rsp des VwGH (vgl. z.B. VwGH vom 11.07.2006, 2001/12/0194) kann ein mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehendes Gutachten eines (Amts-)Sachverständigen in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten, somit auf gleicher fachlicher Ebene (durch Einholung eines Gutachtens eines Privatsachverständigen), bekämpft werden. Widersprüche zu den Erfahrungen des Lebens und zu den Denkgesetzen, sowie zu den von der sich erst herausbildenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes akzeptierten Bewertungen können aber auch ohne sachverständige Untermauerung aufgezeigt werden. Auch Hinweisen auf die Ergänzungsbedürftigkeit des Gutachtens muss nachgegangen werden. Da die dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Gutachten mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht im Widerspruch stehen und nicht weiter ergänzungsbedürftig sind, werden diese, die auf ihnen fußende Gesamtbeurteilung, in Zusammenschau mit der Gutachtensergänzung, als schlüssig und nachvollziehbar der Entscheidung des Gerichts zugrunde gelegt.

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).

Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen abzugehen.

Das Sachverständigengutachten des Facharztes für Chirurgie wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.

Gemäß dem Gutachten ist folglich von einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. auszugehen.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

-

Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

-

Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF

-

Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.

Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen

Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.

Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 2 Abs 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

Gemäß § 2 Abs 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

Gemäß § 2 Abs 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß § 3 Abs 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

Gemäß § 3 Abs 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

Gemäß § 3 Abs 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Gemäß § 4 Abs 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

Gemäß § 4 Abs 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht (u.a. VwGH vom 24.09.2003, 2003/11/0032; VwGH vom 21.08.2014, Ro 2014/11/0023-7).

Weiters wird in dem Gutachten auch festgestellt, dass die Behinderung iSd § 1 Abs 2 BBG mehr als 6 Monate gegeben sein wird.

Das erstellte Gutachten erfüllt auch die im § 4 Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.

Das Sachverständigengutachten und die Gutachtensergänzung wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.

3.5. Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß § 24 Abs 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes steht das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der bB releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Regelung des § 67d AVG (vgl. VwGH vom 24.4.2003, 2002/07/0076) wird die Durchführung der Verhandlung damit ins pflichtgemäße Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die Wendung "wenn es dies für erforderlich hält" schon iSd rechtsstaatlichen Prinzips nach objektiven Kriterien zu interpretieren sein wird (vgl. VwGH vom 20.12.2005, 2005/05/0017). In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 MRK bzw. Art. 47 Abs 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.

Nach der Rechtsprechung des EGMR ist das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der dadurch oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu prädestiniert, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson

v. Sweden, EGMR 12.4.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.6.1993)

Im Erkenntnis vom 18.01.2005, GZ 2002/05/1519, nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof auf die diesbezügliche Rechtsprechung des EGMR (Hinweis Hofbauer v. Österreich, EGMR 2.9.2004) Bezug, wonach ein mündliches Verfahren verzichtbar erscheint, wenn ein Sachverhalt in erster Linie durch seine technische Natur gekennzeichnet ist. Darüber hinaus erkennt er bei Vorliegen eines ausreichend geklärten Sachverhalts das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise an, welches das Absehen von einer mündlichen Verhandlung gestatte (vgl. VwGH vom 04.03.2008, 2005/05/0304).

In seiner Entscheidung Tusnovics, 07.03.2017, 24.719/12 hat der EGMR ausgesprochen, dass

insbesondere in Verfahren in denen es nur um rechtliche oder sehr technische Fragen geht, den Anforderungen des Artikel 6 MRK auch ohne mündliche Verhandlung Rechnung getragen werden kann. Da es sich beim Recht auf eine öffentliche Verhandlung (auch vor der einzigen Gerichtsinstanz) um kein absolutes Recht handelt, kann dessen Entfall durch außergewöhnliche Umstände gerechtfertigt sein.

Das gilt besonders dann, wenn die Tatfrage nicht bestritten und das Gericht lediglich über Rechtsfragen zu entscheiden hat, die nicht besonders komplex sind. Dies wird etwa wie in der zitierten Entscheidung dann der Fall sein, wenn die festgestellten Tatsachen im gesamten Verfahren nicht bestritten wurden, eine einschlägige ständige Rechtsprechung besteht und der Bf (die bP) keine rechtlichen oder faktischen Fragen aufgeworfen hat, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich gemacht hätten.

Unter Bezugnahme auf die zitierte Judikatur der Höchstgerichte sowie Heranziehung der vorliegenden Akten als auch des festgestellten Sachverhaltes und der daraus resultierenden Ermittlungsergebnisse und unter Beachtung der Beschwerde der bP wurde nach sorgfältiger Abwägung von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung iSd § 24 Abs 4 VwGVG Abstand genommen. Dies begründet sich u.a. aus dem Umstand, dass eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtsfrage erwarten lässt und auch der festgestellte Sachverhalt nicht ergänzungsbedürftig scheint. Weiteres besteht auch keine zwingende gesetzliche Bestimmung, die das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet, in der anhängigen Beschwerdesache eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

In diesem Zusammenhang wird auch auf das Erk. des VwGH vom 27.9.2013, Zl. 2012/05/0213 verwiesen ("...Im Übrigen lassen die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die vorgelegten Verwaltungsakten erkennen, dass die Erörterung in einer Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, zumal das Verfahren rechtliche Fragen betrifft, zu deren Beantwortung auch im Sinne der Judikatur des EGMR (Hinweis E vom 28. Mai 2013, 2012/05/0120 bis 0122, mwH auf die Rechtsprechung des EGMR; ferner etwa das Urteil des EGMR vom 18. Juli 2013, Nr. 56422/09, Schädler-Eberle gegen Liechtenstein) eine öffentliche, mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint."), wo das genannte Höchstgericht zum Schluss kam, dass keine Verhandlung durchzuführen ist (zumal sich § 24 Abs 4 VwGVG mit § 39 Abs 2 Z 6 VwGG inhaltlich deckt, erscheinen die dort angeführten Überlegungen im gegenständlichen Fall sinngemäß anwendbar).

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich daher als nicht erforderlich.

3.6. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Darüber hinaus stellten sich im gegenständlichen Fall in erster Linie Fragen der Tatsachenfeststellung und der Beweiswürdigung.

Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Rein der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht erst mit 01.01.2014 ins Leben gerufen wurde, lässt nicht den Schluss zu, dass es sich um eine Rechtsfrage handelt, die noch nicht vom Verwaltungsgerichtshof geklärt wurde.

Die grundsätzliche Bestimmung die Ausstellung eines Behindertenpasses im Sinne des BBG betreffend erfuhr keine substanzielle Änderung, weshalb auch die Voraussetzungen des Art. 133 Abs 4 B-VG diesbezüglich nicht gegeben waren.

Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L517.2198967.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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