Entscheidungsdatum
14.01.2019Norm
BBG §40Spruch
L517 2198545-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. STEININGER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom 25.01.2018, OB:
XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs 2, § 40 Abs 1, § 41 Abs 1, § 42 Abs 1 und 2, § 43 Abs 1, § 45 Abs 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
24.10.2017 - Antrag der beschwerdeführenden Partei ("bP") auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (belangte Behörde, "bB")
21.12.2017 - Erstellung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens, GdB 50 v.H., Dauerzustand
22.12.2017 - Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens, GdB 20 v.H.
17.01.2018 - Gesamtbeurteilung, GdB 50 v.H., Dauerzustand
25.01.2018 - Bescheid der bB, Abweisung des Antrages, Grad der Behinderung unverändert 50%
06.03.2018 - Beschwerde der bP
11.06.2018 - Erstellung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens, GdB 50 v.H., Dauerzustand
18.06.2018 - Beschwerdevorlage am BVwG
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
Die bP ist österreichische Staatsbürgerin, an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft. Zuletzt wurde ihr am 08.08.2016 ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt.
Am 24.10.2017 stellte die bP einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass.
Im Auftrag der bB wurden am 21.12.2017 ein psychiatrisches und am 22.12.2017 ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt, welche in der Folge am 17.01.2018 einer Gesamtbeurteilung durch einen Allgemeinmediziner zugeführt wurden. Letztere weist nachfolgenden Inhalt auf:
"Gesamtbeurteilung durchgeführt am 17.01.2018 durch Dr. XXXX , SV für
Allgemeinmedizin.
Zusammenfassung der Sachverständigengutachten
Dr. XXXX Allgemeinmedizin 22.12.2017
Dr. XXXX Psychiatrie 21.12.2017
Die genannten Gutachten sind ein wesentlicher Bestandteil dieser Gesamtbeurteilung.
Auflistung der Diagnosen aus oa. Einzelgutachten zur Gesamtbeurteilung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen,
welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
1 Rezidivierend depressive Störung - mittelgradig; generalisierte Angststörung, somatoforme Schmerzstörung
Chronifizierter Verlauf mit depressiver Stimmungslage, Ängsten und Befürchtungen - teilweise wahnhafter Natur, dass sie sich mit Bakterien anstecken könnte, dadurch im Zusammenhang ausgeprägte Zwangshandlungen, somatoforme Schmerzen. Die Klientin war zwischenzeitlich 1 x zur Rehabilitation in der XXXX Klinik in XXXX , weiters erfolgte ein stationärer Aufenthalt auf der Psychiatrie in XXXX . Sie ist fachärztlich in Kontrolle, in Psychotherapie und medikamentös höherdosiert eingestellt. Nur mäßige Teilremission der Symptomatik.
Pos.Nr. 03.06.02 GdB 50%
2 Degenerative Wirbelsäulenbeschwerden
Schmerzhafte Bewegungseinschränkung LWS.
Pos.Nr. 02.01.01 GdB 20%
3 Hypertonie
Medikamentös gut eingestellt
Pos.Nr. 05.01.01 GdB 10%
4 Gastritis
Rezidivierend bei Adipositas
Pos.Nr. 07.04.01 GdB 10%
5 Folsäure- und Eisenmangel
Ohne Therapie, keine wesentlichen Symptome
Pos.Nr. 10.01.01 GdB 10%
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Die wiederholten Depressionen unter Lfnr 1 sind führend. Die im Übrigen angeführten Leiden steigern wegen Geringfügigkeit nicht.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
keine
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Depressionen unverändert gegenüber VGA; neu hinzugekommen sind Beschwerden der WS und von Seiten des Magens und des Bluthochdruckes. Es besteht ein Folsäuremangel
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Nicht zutreffend bei gleichbleibender Einschätzung
[X] Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein-und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Es konnten keine Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt werden, die zu einer erheblichen Einschränkung der Mobilität führt
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Derzeit liegt keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor, die laut den Richtlinien der EVO zu einer Ausstellung eines Parkausweises führen würde."
Mit Bescheid der bB vom 25.01.2018 wurde der Antrag der bP auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung abgewiesen, da mit einem GdB von 50% keine Veränderung des bisherigen Grades der Behinderung eingetreten sei.
In ihrer dagegen am 06.03.2018 erhobenen Beschwerde führte sie an, aufgrund depressiver Verstimmungen versucht zu haben, sich das Leben zu nehmen und von 08.01. bis 02.02.2018 im Krankenhaus stationär behandelt worden zu sein. Sie habe schwere Depressionen, nehme starke Medikamente und besuche regelmäßig muttersprachliche psychosoziale Beratung. Da sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert habe, ersuche sie um erneute Prüfung und Neufestsetzung des Behindertengrades. Aktuelle Befunde wurden beigelegt.
In der Folge wurde im Auftrag der bB eine Begutachtung durch eine Fachärztin für Psychiatrie vorgenommen, deren Gutachten vom 11.06.2018, erstellt nach der EVO, nachfolgenden relevanten Inhalt aufweist:
"Anamnese:
Es darf auf mehrere Vorgutachten verwiesen werden, zuletzt vom 21.12.2017 von Dr. XXXX .
Frau XXXX kommt pünktlich zum vereinbarten Termin, in Begleitung ihrer Tochter, XXXX , die auch beim Gespräch mithilft indem sie dolmetscht.
Frau XXXX wurde bereits mit 50%-iger Behinderung begutachtet, sie hat am 05.03.2018 eine Beschwerde eingereicht.
Es ist eine rezidivierende depressive Störung und eine somatoforme Schmerzstörung bekannt, sie hat einige stationäre Behandlungen absolviert.
Sie war von 08.01.-02.02.2018 auf der Psychiatrie in XXXX auf der stationären Behandlung und hat von 05.04.-09.05.2018 eine neuerliche Behandlung im XXXX -Klinikum in XXXX absolviert.
Sie ist weiterhin in der regelmäßigen fachärztlichen Betreuung in der Ordination Dr. XXXX und hat eine psychosoziale Beratung bei XXXX in XXXX seit Juli 2013, in ihrer Muttersprache Türkisch.
Derzeitige Beschwerden:
Sie berichtet weiterhin schmerzgeplagt zu sein, mehr oder weniger habe sie Ganzkörperschmerzen.
Sie sei weiterhin ängstlich und habe das Gefühl, dass jemand hinter ihr stehe und ihr was Böses machen möchte.
Sie muss des Öfteren weinen. Sie habe weiterhin Durchschlafstörung, trotz regelmäßiger Medikation (schmerzbedingt).
Es ist eine fehlende Schlafhygiene erhebbar, da sie vor lauter Müdigkeit meistens mittags eine Stunde schlafen muss.
Es wird über einen SMV im Dezember 2017 berichtet, diesbezüglich in den vorliegenden Befunden keine Diagnose.
Es wird seitens der Tochter Angstzustände beschrieben. Die Untersuchte versteckt sich dann im Zimmer, verdunkelt das Zimmer und meidet Kontakte. Sie selbst zeigt mir einen Ordner, voll mit Befunde. Sie sei seit über 15 Jahre krank.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Duloxetin 120mg morgens, Trittico ret. 150mg abends, Quetiapin 100mg abends, Dominal forte 80mg abends, Pregabalin 100mg 2x1, Losartan, Pantoprazol und Ferro Sanol.
Regelmäßige fachärztliche Betreuung in der Ordination Dr. XXXX , ca. 4-wöchig.
Regelmäßig psychosoziale Betreuung in der Muttersprache Türkisch, über XXXX XXXX .
Sozialanamnese:
Es darf zum Teil auf Vorgutachten verwiesen werden.
Sie sei seit über 30 Jahre verheiratet und hat 4 Kinder, wobei die zwei jüngeren Kinder 18 und 19 Jahre noch daheim leben.
Sie sei als Reinigungskraft bis vor ca. 1,5 Jahre tätig gewesen, aktuell sei sie beim AMS.
Der Gatte ist als Dachdecker tätig. Sie wohne mit ihrer Familie im eigenen Haus in XXXX , es besteht weiterhin ein Bankkredit.
Alkohol, Nikotin, Drogen und Medikamentenunverträglichkeiten werden verneint.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Vorläufiger Entlassungsbericht XXXX -Klinik XXXX , vom 05.04.-09.05.2018 mit Diagnose: Rezidivierende depressive Störung, ggw. schwere Episode, ohne psychotische Symptome, Zwangsgedanken- und Handlungen gemischt, anhaltende somatoforme Schmerzstörung usw.
Bestätigung vom Zentrum XXXX von 05.06.2018.
Befund von der Hausärztin Dr. XXXX vom 05.06.2018.
Arztbrief Abt. für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin XXXX von 08.01.-02.02.2018 mit Diagnose: Rezidivierende depressive Störung schwergradig, somatoforme Schmerzstörung usw.
Fachärztlicher Befund von Dr. XXXX von 28.02.2018 mit Diagnose:
Rezidivierende depressive Störung schwer und anhaltende somatoforme Schmerzstörung.
Untersuchungsbefund:
Status Psychicus:
Klares Bewusstsein, Orientierung unauffällig, Sensorium frei, Konzentration vermindert, keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen, keine Halluzinationen, keine SMG, Stimmung depressiv, negativ getönte Befindlichkeit, Antrieb vermindert, Affizierbarkeit v. a. im negativen Skalenbereich vorhanden, Psychomotorik reduziert, Schlafstörungen. Keine Selbst- oder Fremdgefährdung. Gedankenkreisen. Berichtete Ängste mit panikartigen Zuständen, vordiagnostizierte somatoforme Schmerzstörung.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs
Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: 1 Chronifizierte Depression, mit neurotischen Komponente
Entsprechend dem Schweregrad der Problematik, mit mehreren stationären Behandlungen, trotz regelmäßiger medikamentöser, fachärztlicher und psychosozialer Betreuung - keine vollständige Remission. Pos.Nr. 03.06.02 GdB 50%
2 Degenerative Wirbelsäulenbeschwerden
Übernommen aus Gutachten Dr. XXXX v. 21.12.2017 Pos.Nr. 02.01.01 GdB 20%
3 Hypertonie
Übernommen aus Gutachten Dr. XXXX v. 21.12.2017 Pos.Nr. 05.01.01 GdB 10%
4 Gastritis
Übernommen aus Gutachten Dr. XXXX v.21.12.2017 Pos.Nr. 07.04.01 GdB 10%
5 Folsäure - und Eisenmangel
Übernommen aus Gutachten Dr. XXXX v. 21.12.2017 Pos.Nr. 10.01.01 GdB 10%
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Vorrangig ist Pos.1 mit 50%-iger Behinderung, bestimmt auch den Grad.
Pos. 2-Pos. 5 ist zu geringfügig für eine Steigerung des Grades der Behinderung
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Von Dr. XXXX v. 21.12.2017:
Übereinstimmung Diagnose, Pos. Nr. und Grad der Behinderung.
Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Es liegt keine psychiatrische Erkrankung vor, die für eine Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel relevant wäre."
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister bzw. den im Akt befindlichen sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
Aufgrund der Beschwerde der bP wurde das Ermittlungsverfahren erneut aufgenommen und ein weiteres psychiatrisches Sachverständigengutachten eingeholt. Dieses kommt - in Übereinstimmung mit den im Erstverfahren eingeholten Gutachten sowie der Gesamtbeurteilung - zum Ergebnis, dass ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. vorliegt. Begründend führte die Fachärztin für Psychiatrie aus, dass eine Übereinstimmung zu dem im Erstverfahren eingeholten psychiatrischen Gutachten sowohl hinsichtlich der Diagnose, der Pos.Nr. und dem Grad der Behinderung besteht. Die nichtpsychiatrischen Leiden wurden aus dem allgemeinmedizinischen Gutachten übernommen. Die im Zuge der Beschwerde vorgelegten Befunde wurden von der Fachärztin entsprechend gewürdigt.
Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt das psychiatrische Gutachten vom 11.06.2018 die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.
Die getroffenen Einschätzungen basieren auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden und entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen im Hinblick auf die Positionsnummer und den Rahmensatz.
Es lagen keine Gründe vor, von den Ausführungen der Sachverständigen abzugehen. Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
In dem angeführten Gutachten wurde von der Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde sowie auf das Beschwerdevorbringen der bP eingegangen.
Das im Beschwerdevorentscheidungsverfahren eingeholte Sachverständigengutachten wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.
Gemäß dem vorliegenden Gutachten ist, übereinstimmend mit den im Erstverfahren eingeholten Gutachten, von einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. auszugehen.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
-
Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
-
Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
-
Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
-
Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen,
BGBl II Nr. 495/2013 idgF
-
Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.
Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.
Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.
Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 2 Abs 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
Gemäß § 2 Abs 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
Gemäß § 2 Abs 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
Gemäß § 3 Abs 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
Gemäß § 3 Abs 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn
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sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
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zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
Gemäß § 3 Abs 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Gemäß § 4 Abs 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
Gemäß § 4 Abs 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
3.5. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht (u.a. VwGH vom 24. September 2003, Zl. 2003/11/0032; VwGH vom 21. August 2014, Zl. Ro 2014/11/0023-7).
3.6. Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Gemäß § 24 Abs 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes steht das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der bB releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Regelung des § 67d AVG (vgl. VwGH vom 24.4.2003, 2002/07/0076) wird die Durchführung der Verhandlung damit ins pflichtgemäße Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die Wendung "wenn es dies für erforderlich hält" schon iSd rechtsstaatlichen Prinzips nach objektiven Kriterien zu interpretieren sein wird (vgl. VwGH vom 20.12.2005, 2005/05/0017). In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 MRK bzw. Art. 47 Abs 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.
Nach der Rechtsprechung des EGMR ist das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der dadurch oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu prädestiniert, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson
v. Sweden, EGMR 12.4.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.6.1993)
Im Erkenntnis vom 18.01.2005, GZ 2002/05/1519, nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof auf die diesbezügliche Rechtsprechung des EGMR (Hinweis Hofbauer v. Österreich, EGMR 2.9.2004) Bezug, wonach ein mündliches Verfahren verzichtbar erscheint, wenn ein Sachverhalt in erster Linie durch seine technische Natur gekennzeichnet ist. Darüber hinaus erkennt er bei Vorliegen eines ausreichend geklärten Sachverhalts das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise an, welches das Absehen von einer mündlichen Verhandlung gestatte (vgl. VwGH vom 4.3.2008, 2005/05/0304).
In seiner Entscheidung Tusnovics, 07.03.2017, 24.719/12 hat der EGMR ausgesprochen, dass
insbesondere in Verfahren in denen es nur um rechtliche oder sehr technische Fragen geht, den Anforderungen des Artikel 6 MRK auch ohne mündliche Verhandlung Rechnung getragen werden kann. Da es sich beim Recht auf eine öffentliche Verhandlung (auch vor der einzigen Gerichtsinstanz) um kein absolutes Recht handelt, kann dessen Entfall durch außergewöhnliche Umstände gerechtfertigt sein.
Das gilt besonders dann, wenn die Tatfrage nicht bestritten und das Gericht lediglich über Rechtsfragen zu entscheiden hat, die nicht besonders komplex sind. Dies wird etwa wie in der zitierten Entscheidung dann der Fall sein, wenn die festgestellten Tatsachen im gesamten Verfahren nicht bestritten wurden, eine einschlägige ständige Rechtsprechung besteht und der Bf (die bP) keine rechtlichen oder faktischen Fragen aufgeworfen hat, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich gemacht hätten.
Unter Bezugnahme auf die zitierte Judikatur der Höchstgerichte sowie Heranziehung der vorliegenden Akten als auch des festgestellten Sachverhaltes und der daraus resultierenden Ermittlungsergebnisse und unter Beachtung der entsprechenden Stellungnahmen der bP wurde von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung iSd § 24 Abs 4 VwGVG Abstand genommen. Dies begründet sich u.a. aus dem Umstand, dass eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtsfrage erwarten lässt und auch der festgestellte Sachverhalt nicht ergänzungsbedürftig scheint. Weiteres besteht auch keine zwingende gesetzliche Bestimmung, die das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet, in der anhängigen Beschwerdesache eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
In diesem Zusammenhang wird auch auf das Erk. des VwGH vom 27.9.2013, Zl. 2012/05/0213 verwiesen ("...Im Übrigen lassen die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die vorgelegten Verwaltungsakten erkennen, dass die Erörterung in einer Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, zumal das Verfahren rechtliche Fragen betrifft, zu deren Beantwortung auch im Sinne der Judikatur des EGMR (Hinweis E vom 28. Mai 2013, 2012/05/0120 bis 0122, mwH auf die Rechtsprechung des EGMR; ferner etwa das Urteil des EGMR vom 18. Juli 2013, Nr. 56422/09, Schädler-Eberle gegen Liechtenstein) eine öffentliche, mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint."), wo das genannte Höchstgericht zum Schluss kam, dass keine Verhandlung durchzuführen ist (zumal sich § 24 Abs 4 VwGVG mit § 39 Abs 2 Z 6 VwGG inhaltlich deckt, erscheinen die dort angeführten Überlegungen im gegenständlichen Fall sinngemäß anwendbar).
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich daher als nicht erforderlich. Eine solche wurde zudem nicht beantragt, es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.7. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Darüber hinaus stellten sich im gegenständlichen Fall in erster Linie Fragen der Tatsachenfeststellung und der Beweiswürdigung.
Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Rein der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht erst mit 01.01.2014 ins Leben gerufen wurde, lässt nicht den Schluss zu, dass es sich um eine Rechtsfrage handelt, die noch nicht vom Verwaltungsgerichtshof geklärt wurde.
Die grundsätzliche Bestimmung betreffend die Einstufung bzw. Feststellung des Grades der Behinderung erfuhr keine substanzielle Änderung, weshalb auch die Voraussetzungen des Art. 133 Abs 4 B-VG diesbezüglich nicht gegeben waren.