TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/14 L517 2198163-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.01.2019
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Entscheidungsdatum

14.01.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L517 2198163-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. STEININGER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Behindertenpass des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom 01.12.2017, OB: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 42 Abs 1 und 2, § 43 Abs 1, § 45 Abs. 1 bis 3, § 54 Abs 12, § 55 Abs 4, § 55 Abs. 5 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF stattgegeben und festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 60 v.H. beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

27.09.2017 - Antrag der beschwerdeführenden Partei (bP) beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (belangte Behörde bzw. bB) auf Ausstellung eines Behindertenpasses

21.11.2017 - Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens, Gesamtgrad der Behinderung 30 v.H.

01.12.2017 - Bescheid der bB, Abweisung des Antrages der bP

02.01.2018 - Beschwerde der bP

12.04.2018 - Erstellung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens, GdB 50 v.H.

07.05.2018 - Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens, GdB 40 v.H.

30.05.2018 - Gesamtbeurteilung, Gesamtgrad der Behinderung 60 v.H., Dauerzustand

13.06.2018 - Beschwerdevorlage am Bundesverwaltungsgericht

28.08.2018 - Verständigung der bP vom Ergebnis der Beweisaufnahme / keine Stellungnahme

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP ist österreichische Staatsangehörige und an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft. Zuletzt wurde mit Bescheid vom 13.03.2013 der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. abgewiesen.

Am 27.09.2017 stellte die bP erneut einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Das daraufhin im Auftrag der bB am 21.11.2017 nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, erstellte Gutachten eines Allgemeinmediziners stellte für folgende Funktionseinschränkungen im Ergebnis der durchgeführten Begutachtung einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. fest:

"1 Hörorgan, Schwerhörigkeit

seit 17 Jahren Hörgeräte, bei mittel- bis höhergradiger Schwerhörigkeit rechts und mittelgradig links laut Audiometrie 2017

Pos. Nr. 12.02.01 GdB 30%

2 depressive Verstimmung

laut Psychiater Erschöpfungssyndrom nach Tod des Sohnes, jetzt wieder etwas stabiler, fallweise innere Unruhe, vor allem Schlafstörung, kein wesentlicher sozialer Rückzug

Pos. Nr. 03.06.01 GdB 20%

3 Reflux, fallweise Gastritis

wie im Vorgutachten

Pos. Nr. 07.03.05 GdB 10%

4 Gelenksbeschwerden

leichte Beschwerden rechte Finger inkl. Daumen, derzeit keine Beschwerden Knie bzw. Steißbein, keine Beschwerden Wirbelsäule

Pos. Nr. 02.02.01 GdB 10%"

Mit Bescheid der bB vom 01.12.2017 wurde der Antrag der bP abgewiesen.

Aufgrund der dagegen am 02.01.2018 erhobenen Beschwerde, worin die bP anführte, dass ihre Arbeitsunfähigkeit soweit herabgesunken sei, dass eine Ausübung einer Tätigkeit nicht mehr möglich und daher der Gesamtgrad der Behinderung höher als 30% anzusetzen sei, sowie der erfolgten Vorlage von Unterlagen durch die bP (Feststellungsbescheid der PVA vom 28.11.2017 über die vorübergehende Berufsunfähigkeit von mind. 6 Monaten, psychiatrischer Kurzbefund vom 31.01.2018, Befund Gastroskopie und Coloskopie vom 15.01.2018) wurden im Auftrag der bB

1. am 12.04.2018 ein psychiatrisches sowie 2. am 07.05.2018 ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten erstellt.

Diese weisen im Wesentlichen nachfolgenden relevanten Inhalt auf:

1.

"Anamnese:

Die Klientin war schon vor etwa 20 Jahren bei Dr. XXXX in psychiatrischer Behandlung wegen Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und Affektlabilität. Sie wurde damals mit Gladem und Trittico behandelt. In den letzten Jahren war sie nun sehr belastet durch eine Kopftumorerkrankung ihres Sohnes, welcher nun im März 2017 im Alter von 29 Jahren daran verstorben ist. Die Klientin war 2015 und 2017 zur psychiatrischen Rehabilitation in XXXX .

Derzeitige Beschwerden:

Die Klientin hat verschiedene Schmerzen - sowohl im Bereich der rechten Hüfte bei bekannter Bursitis, im Bereich der LWS sowie im rechten Bein bis zum Knie hin ausstrahlend - dadurch ausgeprägte Schlafstörungen in der Nacht. Die Stimmung ist weiterhin depressiv gefärbt, der Antrieb vermindert. Es besteht ein Morgenpessimum, sie braucht bis Mittag um aktiver werden zu können. Die körperliche Belastbarkeit ist deutlich reduziert. Sie braucht viele Pausen im Haushalt. Sie ist nun seit März 2017 in I-Pension.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Fachärztliche Kontrollen bei Frau Dr. XXXX .

Medikamente:

Duloxetin 60 mg 2-0-0-0 Trittico ret. 150 mg 0-0-0-1 1/3 Pregabalin 100 mg 0-0-0-1 Atarax 25 mg bei Bedarf

Sozialanamnese:

Volksschule, Hauptschule, Lehre Hauswirtschaft, I-Pension seit März 2017, der Mann ist bei der Firma XXXX als technischer Angestellter beschäftigt, eine 29-jährige Tochter.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Fachärztlicher Bericht Frau Dr. XXXX vom 13.04.2017:

Diagnose:

-

Erschöpfungssyndrom

Untersuchungsbefund:

Status Psychicus:

Bewusstsein klar, orientiert, Antrieb vermindert, Affizierbarkeit im positiven Skalenbereich eingeschränkt, Affekte flach, affektlabil, Stimmung depressiv, Duktus kohärent, keine wahnhaften Denkinhalte, keine Halluzinationen, keine Suizidgedanken, Appetit adäquat, ausgeprägte Ein- und Durchschlafstörungen.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs

Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: 1 Rezidivierend depressive Störung - mittelgradig; chronisches Schmerzsyndrom

Bei der Klientin sind wiederkehrend depressive Phasen schon seit mehr als 20 Jahren bekannt - zuletzt nun deutliche reaktive Komponente durch die Tumorerkrankung und den Tod des Sohnes.

Sie war 2x zur psychiatrischen Rehabilitation in XXXX , ist fachärztlich in Kontrolle und antidepressiv entsprechend eingestellt.

Nur mäßige Teilremission der Symptomatik bisher. Pos.Nr. 03.06.02 GdB 50%

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Der Gesamtgrad der Behinderung wird durch die Nr. 1 mit 50% festgelegt.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Frau Dr. XXXX vom 01.02.2012:

Depressive Verstimmungszustände mit Schlafstörungen wurden damals diagnostiziert - nun Erhöhung der Einschätzung dbzgl. aufgrund des Gesamtverlaufs der Erkrankung und der Schwere der nun aktuell vorliegenden Symptomatik.

[X] Nachuntersuchung 04/2021 - unter fortlaufender Therapie und je nach Verlauf der Trauerreaktion eine Änderung der psychischen Befindlichkeit eintreten kann."

2.

"Anamnese:

2005 Cholezystektomie.

Seit Jahren Schwerhörigkeit, rechts mehr als links.

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, 2013 Deckplattenimpression BWK 7. Deckplatteneinbruch auch im HWS-Bereich.

2017 Bursitis trochanterica.

2012 Polyarthrose im Bereich beider Hüften, rechtem Kniegelenk, Zehen und Fingergelenke.

04/2017 rezidivierende depressive Störung und Erschöpfungssyndrom.

Derzeitige Beschwerden:

Schlafstörungen, Kreuzschmerzen, Hüft- und Kniegelenksschmerzen, verstärkt bei Belastung und beim Treppen steigen. Sie sei seit März 2018 in der Berufsunfähigkeitspension wegen dem Erschöpfungssyndrom und Schlafstörungen.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Duloxetin, Trittico Pregabalin, Atarax Femoston, Oleovit D3 Colofac

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

-

Audiogramm vom 19.09.2017:

(Mittelgradig bis höhergradige Schwerhörigkeit rechts und mittelgradige Schwerhörigkeit links)

-

Orthopädische Begutachtung vom 01.09.2017:

(Bekannte rez. Bursitis trochanterica bds., Metatarsalgie 2 - 3 bds., Einlagenversorgung)

-

Gutachten Bundessozialamt vom 20.11.2017:

(Schwerhörigkeit, Depressio, Reflux, Gelenksbeschwerden, Gesamtgrad der Behinderung: 30 %)

-

FA f. Orthopädie, Befundbericht vom 05.09.2017:

(Lumbalgie bei Discopathie und Spondylarthrose, Trochanterbursitis bds.)

-

FA f. Innere Medizin und Rheumatologie, ärztlicher Befundbericht vom 21.04.2012:

(Deg. WS-Veränderungen, beginnende Coxarthrose bds., beginnende Finger- und Zehenpolyarthrose, anamnestisch CTS bds., rez. Blähungen)

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Normal

Ernährungszustand:

Zufriedenstellend

Größe: 162,00 cm Gewicht: 71,00 kg Blutdruck: 160/120

Klinischer Status - Fachstatus:

CAPUT u. COLLUM:

Augen seitengleich, reagieren prompt auf Licht und Konvergenz, keine Doppelbilder, kein Nystagmus, Sehvermögen mit Brille korrigiert; Hörvermögen beidseits reduziert, rechts mehr als links, Hörgerät beidseits seit 15 Jahren, ohne Hörgeräte kann sie sich nicht unterhalten Mit Hörgeräte ist die Verständigung möglich, jedoch auch zum Teil erschwert, keine Sprachstörung.

THORAX:

Symmetrisch, beidseits beatmet.

COR:

Herzgröße normal, Herztöne leise, Herzaktion rhythmisch, unauffällig.

PULMO:

Vesiculäres Atmen, sonorer Klopfschall, keine Rasselgeräusche.

ABDOMEN:

Bauchdecke weich, keine Druckschmerzen, Zustand nach Cholezytektomie, keine Resistenzen tastbar, Nierenlager beidseits frei.

WIRBELSÄULE

Leichte Fehlhaltung der Wirbelsäule, keine Druckschmerzen, keine wesentliche Bewegungseinschränkung. FBA: 20 cm, Lasegue beidseits negativ, die Beweglichkeit endlagig eingeschränkt.

HWS: Auch hier Fehlhaltung, Dorsalflexion und Seitenneigen leicht eingeschränkt, schmerzhaft. Kinn-Jugulumabstand: 3 cm

Obere Extremitäten:

Schultermuskulatur normal, Nacken- und Kreuzgriff wird beidseits durchgeführt.

Die Beweglichkeit in der Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenken endlagig eingeschränkt, Faustschluss seitengleich durchführbar, keine neurologischen Ausfälle.

Untere Extremitäten:

Zustand nach Bursitis trochanterica beidseits mit Bewegungseinschränkung und Schmerzen rechts, freie Beweglichkeit links.

Kniegelenke: Äußerlich mäßige Synovitis beidseits, Bänder fest, kein Erguss, keine Bewegungseinschränkung.

Sprunggelenke: Etwas verdickt, die Beweglichkeit leicht eingeschränkt.

Varikositas Grad 1 - 2, keine Ödeme, keine Stauungszeichen.

Senkspreizfuß beidseits, mit Schuheinlage versorgt.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Der Gang ist normalschrittig, kein Hinken, keine Hilfsmittel, Zehen- und Fersengang wird beidseits durchgeführt.

Status Psychicus:

Bewusstseinsklar, orientiert, stimmungsmäßig depressiv, Antrieb vermindert, über Schlafstörungen wird berichtet, seit Jahren in Behandlung

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs

Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: 1 Schwerhörigkeit, rechts mehr als links

Mittelgradige bis hochgradige Schwerhörigkeit rechts und mittelgradige Schwerhörigkeit links, mit Hörgeräten ist die Verständigung möglich, jedoch auch etwas erschwert. Ohne

Hörgeräte ist die Verständigung, laut Anamnese, nicht möglich Pos.Nr. 12.02.01 GdB 40%

2 Gelenksbeschwerden, Polyarthralgie

Leichte Finger- und Zehenpolyarthrose, leichte Hüftgelenksschmerzen bei Bursitis trochanterica links, beginnende Sprunggelenksarthrose und Senkspreizfuß beidseits werden hier berücksichtigt Pos.Nr. 02.02.01 GdB 20%

3 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

Deckplatteneinbrüche in mehreren Abschnitten mit chronischen Lumbalgien und Cervicobrachialgien, derzeit keine stärkere funktionelle Beeinträchtigung Pos.Nr. 02.01.01 GdB 20%

4 Refluxkrankheit

Leichte Beschwerden bei gutem Ernährungszustand Pos.Nr. 07.03.05 GdB 10%

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Pkt. 1 steht nach wie vor im Vordergrund wegen der Schwerhörigkeit, rechts mehr als links.

Pkt. 2, 3 u. 4 erhöhen wegen der Geringfügigkeit nicht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Zustand nach Cholezystektomie Geringgradige Varikositas

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Verschlechterung

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Deutliche Verschlechterung der Schwerhörigkeit, aber auch Verschlechterung der Gelenksbeschwerden

[X] Dauerzustand

Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Es liegt keine Mobilitätseinschränkung und keine Einschränkung der Belastbarkeit vor. Eine kurze Wegstrecke, Ein- und Aussteigen und sicherer Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel ist gut möglich"

In der Folge wurde von der Allgemeinmedizinerin am 30.05.2018 eine Gesamtbeurteilung vorgenommen, welche nachfolgenden Inhalt aufweist:

"Zusammenfassung der Sachverständigengutachten:

Dr. XXXX , Psychiatrie, 12.04.2018

Dr.in XXXX , Allgemeinmedizin, 07.05.2018

Die genannten Gutachten sind ein wesentlicher Bestandteil dieser Gesamtbeurteilung. Auflistung der Diagnosen aus o.a. Einzelgutachten zur Gesamtbeurteilung: 1 Rezidivierend depressive Störung - mittelgradig; chronisches Schmerzsyndrom

Bei der Klientin sind wiederkehrend depressive Phasen schon seit mehr als 20 Jahren bekannt - zuletzt nun deutliche reaktive Komponente durch die Tumorerkrankung und den Tod des Sohnes.

Sie war 2x zur psychiatrischen Rehabilitation in XXXX , ist fachärztlich in Kontrolle und antidepressiv entsprechend eingestellt.

Nur mäßige Teilremission der Symptomatik bisher. Pos.Nr. 03.06.02 GdB 50%

2 Schwerhörigkeit, rechts mehr als links

Mittelgradige bis hochgradige Schwerhörigkeit rechts und mittelgradige Schwerhörigkeit links, mit Hörgeräten ist die Verständigung möglich, jedoch auch etwas erschwert. Ohne

Hörgeräte ist die Verständigung, laut Anamnese, nicht möglich Pos.Nr. 12.02.01 GdB 40%

3 Gelenksbeschwerden, Polyarthralgie

Leichte Finger- und Zehenpolyarthrose, leichte Hüftgelenksschmerzen bei Bursitis trochanterica links, beginnende Sprunggelenksarthrose und Senkspreizfuß beidseits werden hier berücksichtigt Pos.Nr. 02.02.01 GdB 20%

4 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

Deckplatteneinbrüche in mehreren Abschnitten mit chronischen Lumbalgien und Cervicobrachialgien, derzeit keine stärkere funktionelle Beeinträchtigung Pos.Nr. 02.01.01 GdB 20%

5 Refluxkrankheit

Leichte Beschwerden bei gutem Ernährungszustand Pos.Nr. 07.03.05 GdB 10%

Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Pkt.1 ist führend entsprechend der nur mäßigen Teilremission. Die Schwerhörigkeit mit schwerer durchgängiger Beeinträchtigung erhöht um 1 Stufe auf 60%. Pkt. 3, 4 und 5 erhöhen wegen der Geringfügigkeit nicht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Zustand nach Cholezystektomie

Varikositas

CTS - Syndrom

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

-

Verschlechterung der Schwerhörigkeit laut Audiogramm vom 19.09.2017 und der depressiv. Verstimmungszuständen.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

-

rezidivierend depressive Störung, Verschlechterung.

-

Schwerhöhrigkeit, ohne Hörgeräte ist die Verständigung nicht möglich, Verschlechterung.

-

Zunehmend WS und Gelenksbeschwerden.

[X] Dauerzustand

Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Eine schwere Mobilitätseinschränkung liegt nicht vor. Es besteht auch keine schwere Gehbehinderung und keine größere Bewegungseinschränkung im Bereich der unteren Extremitäten. Auch die depressive Störung ist dzt. nicht relevant und lässt das Benützen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu."

Nach Beschwerdevorlage am BVwG wurde der bP das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht, eine Stellungnahme ist nicht erfolgt.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister bzw. den im Akt befindlichen sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden Begründung (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen das hg. Erkenntnis vom 08.07.2015, Ra 2015/11/0036).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, sind die Sachverständigengutachten, sowohl das psychiatrische als auch allgemeinmedizinische, welche aufgrund der Beschwerde der bP eingeholt wurden, sowie die daraus resultierende Gesamtbeurteilung, schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllen sie die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

In den Gutachten wurden alle relevanten von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.

In den angeführten Gutachten wurde von den Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen.

Die eingeholten Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.

In den angeführten Gutachten wurde von den Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen, schlüssig und nachvollziehbar das Ergebnis der durchgeführten Begutachtung dargelegt und begründet, worin die gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten und damit einhergehend die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung bestehen. Die Allgemeinmedizinerin stellte in ihrer Gesamtbeurteilung unter Zugrundelegung der beiden Gutachten einen Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. fest und führte begründend aus, dass die rezidivierende mittelgradige depressive Störung, unter der Pos.Nr. 03.06.02 mit einem GdB von 50 v.H., führend ist entsprechend der nur mäßigen Teilremission. Die Schwerhörigkeit mit schwerer durchgängiger Beeinträchtigung, unter der Pos.Nr. 12.02.01 mit einem GdB von 40 v.H., erhöht um eine Stufe auf 60%, während die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen wegen Geringfügigkeit nicht erhöhen. Die Verschlechterung der Schwerhörigkeit und der rezidivierenden depressiven Störung, sowie die zunehmenden Wirbelsäulen- und Gelenksbeschwerden führten zur Änderung und Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung.

Aufgrund der Beschwerde und der dabei vorgelegten Unterlagen wurde das Ermittlungsverfahren erneut eröffnet und führte dieses dazu, dass eine geänderte Einschätzung vorgenommen sowie ein geänderter, nämlich höherer, Gesamtgrad der Behinderung festgestellt wurde.

Die Sachverständigengutachten und die darauf fußende Gesamtbeurteilung wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Laut der das psychiatrische und allgemeinmedizinische Gutachten beurteilenden und würdigenden Gesamtbeurteilung besteht somit ein Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

-

Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

-

Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.

Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.

Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 2 Abs 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

Gemäß § 2 Abs 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

Gemäß § 2 Abs 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß § 3 Abs 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

Gemäß § 3 Abs 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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