TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/15 L517 2197757-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.01.2019
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Entscheidungsdatum

15.01.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L517 2197757-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. STEININGER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom 28.12.2017, OB:

XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 45 Abs. 1 bis 3, § 47 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF iVm § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, stattgegeben und festgestellt, dass die Voraussetzungen hinsichtlich der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass iSd zitierten Bestimmungen des BBG vorliegen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

11.10.2017 - Antrag der beschwerdeführenden Partei (bP) auf Ausstellung eines Behindertenpasses, Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass und Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO (Parkausweis) beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (belangte Behörde bzw. bB)

18.12.2017 - Erstellung eines neurologischen Sachverständigengutachtens / GdB 60 v.H. / Nachuntersuchung 11/2019 / Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

19.12.2017 - Versand des befristet ausgestellten Behindertenpasses mit einem GdB von 60 v.H.

28.12.2017 - Bescheid der bB / Abweisung des Antrages auf Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

31.01.2018 - Beschwerde der bP

20.05.2018 - Erstellung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens / Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

08.06.2018 - Beschwerdevorlage am BVwG

23.08.2018 - Verständigung der bP vom Ergebnis der Beweisaufnahme / keine Stellungnahme

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP ist österreichische Staatsbürgerin und an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft.

Am 11.10.2017 stellte die bP einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass und Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO (Parkausweis).

Das am 18.12.2017 nach der Einschätzungsverordnung erstellte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie weist nachfolgenden Inhalt auf:

"Anamnese:

Z.n. Stammganglienblutung links am 23.01.2017 bei hypertensiver Genese

Z.n. Tumorexstirpation eines Tentoriummeningeoms links occipital am 24.01.2017

Arterielle Hypertonie

Z.n. Thyreoidektomie 2006

Derzeitige Beschwerden:

Die Antragstellerin erlitt Anfang dieses Jahres eine Hirnblutung auf der Basis eines erhöhten Bluthochdrucks. Damals fand sich als Zufallsbefund ein ausgedehntes Tentoriummeningeom links occipital, das am 24.01.2017 in weiterer Folge operiert wurde.

Von der Blutung und von der Tumorexstirpation berichtet sie noch anhaltend über eine Schwäche der rechten Körperhälfte. Insbesondere besteht eine Feinmotorikstörung der rechten Hand sowie Gehschwierigkeiten. Zusätzlich besteht seit der Entfernung des Tumors eine Gesichtsfeldeinschränkung nach rechts.

Aktuell ist sie bei XXXX . Sie hat regelmäßig Ergo- und Physiotherapie.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Ergotherapie, Physiotherapie

Lisinopril, Amlodipin, Bisoprolol, Crestor, Thyrex

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Neurologischer Schlussbericht Klinik XXXX vom 04.09. - 02.10.2017:

Z. n. Stammganglienblutung links am 23.01.2017 bei hypertensiver Genese

Z. n. Tumorexstirpation am 24.01.2017 bei Tentoriummeningeom links okzipital

Arterielle Hypertonie

Post-stroke Depression

Z. n. Thyreoidektomie 2006

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Gut

Ernährungszustand:

Gut

Klinischer Status - Fachstatus:

Vigilanz und Sprache:

Patient wach und allseits orientiert. Unauffällige Spontansprache.

Caput:

HWS aktiv und passiv frei beweglich, kein Meningismus, kein Druckschmerz im Bereich der Nervenaustrittspunkte des Nervus trigeminus.

Hirnnerven:

Nervus olfactorius: Geruch anamnestisch o.B.

Nervus opticus: homonyme Hemianopsie nach rechts, Nervus oculomotorius, Nervus trochlearis und Nervus abducens: unauffällige Optomotorik, keine Ptose, keine horizontale oder vertikale Blicklähmung, kein Nystagmus.

Auge in Primärposition. Pupillen bds. mittelweit, isokor und rund. Prompte, direkte und indirekte Lichtreaktion, erhaltene Konvergenzreaktion.

Nervus trigeminus: Sensibilität im Gesicht o.B., Kornealreflex nicht geprüft, gut auslösbarer Masseterreflex.

Nervus facialis: kein Facialisdefizit mimisch oder willkürlich

Nervus vestibulocochlearis: Gehör subjektiv seitengleich, kein Nystagmus.

Nervus glossopharyngeus, Nervus vagus: Seitengleiches Heben des Gaumensegels, Würgreflex auslösbar. Phonation o.B., keine Heiserkeit in der Stimme bemerkbar. Kehlkopf hebt und senkt sich regelrecht.

Nervus accessorius: beidseits kräftige Muskulatur ohne Atrophie

Nervus hypoglossus: Zunge wird gerade herausgestreckt. Zungenmotilität o.B., keine Faszikulationen.

Obere Extremität:

Absinken und Pronation im Armvorhalteversuch.

Diskrete Kraftminderung im Bereich der rechten oberen Extremität.

Feinmotorikstörung, Dysdiadochokinese.

Untere Extremitäten:

Diskretes Absinken im Beinvorhalteversuch, rechtsseitige Spastik mit gesteigerten Muskeleigenreflexen.

Babinski rechts positiv.

Sensibilität:

Sensibilität in allen Qualitäten unauffällig.

Prüfung der Koordination:

Finger-Nase-Versuch rechts eingeschränkt durchführbar, Knie-Hacke-Versuch rechtsseitig spastisch-ataktisch.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Rechtsseitig spastisches hinkendes Gangbild. Einbeinstand rechts nicht adäquat durchführbar, links problemlos durchführbar. Erhaltene posturale Stabilität.

Status Psychicus:

Patient wach und allseits orientiert, keine formale oder inhaltliche Denkstörung, euthyme Stimmungslage, normaler Antrieb, gute Affizierbarkeit, keine suizidalen Gedanken.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs

Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1 Halbseitenschwäche rechts bei Zustand nach Hirnblutung

Aufgrund der rechtsseitigen Halbseitenschwäche bzw. Lähmung, keine Aphasie.

Pos.Nr. 04.01.02 GdB 50%

2 Homonyme Hemianopsie nach rechts bei Zustand nach Exstirpation eines Tentoriummeningeoms links occipital

Aufgrund der homonymen Hemianopsie

Pos.Nr. 11.02.14 GdB 50%

3 Bluthochdruck

Eine mehrfach antihypertensive Therapie ist erforderlich.

Pos.Nr. 05.01.02 GdB 20%

4 Schilddrüsenunterfunktion

Gute Substitution, keine Entgleisungen

Pos.Nr. 09.03.01 GdB 10%

Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das Leiden unter Nr. 1 wird aufgrund einer negativen Beeinflussung durch das Leiden unter Nr. 2 um 1 Stufe erhöht, sodass sich ein Gesamtgrad der Behinderung von 60% ergibt. Die Leiden unter Nr. 3 und Nr. 4 führen zu keiner weiteren Erhöhung.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Es liegen keine zusätzlichen Erkrankungen vor

[X] Nachuntersuchung 11/2019 Besserung möglich

Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Der Antragstellerin ist trotz ihrer rechtsseitigen Halbseitenschwäche eine Wegstrecke von mehr als 400 m zumutbar. Es besteht eine ausreichende Standsicherheit, sie kann trotz der Halbseitenschwäche unter Beachtung der üblichen Niveauunterschiede in öffentliche Verkehrsmittel ein- und aussteigen. Es besteht die Möglichkeit zur ausreichenden Absicherung."

Am 19.12.2017 erfolgte der Versand des bis 30.11.2019 befristeten Behindertenpasses mit einem GdB von 60 v.H.

Mit Bescheid vom 28.12.2017 wies die bB den Antrag der bP auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" ab.

Aufgrund ihrer dagegen am 31.01.2018 erhobenen Beschwerde, in welcher die bP anführte, dass sie nach der Gehirnblutung Wegstecken von 300m nicht ohne fremde Hilfe zurücklegen könne und immer eine Begleitperson benötige, da sie sich aufgrund der Schäden des Gehirntumors und der Gehirnblutung alleine in der Öffentlichkeit nicht mehr zurechtfinden und orientieren könne, erfolgte im Auftrag der bB im Beschwerdevorentscheidungsverfahren die Begutachtung der bP durch eine Fachärztin für Orthopädie, deren Sachverständigengutachten vom 20.05.2018 folgenden Inhalt aufweist:

"Anamnese:

Vorgutachten 19.12.2017 (60%).

Halbseitenschwäche rechts bei Zustand nach Hirnblutung.

Homonyme Hemianopsie nach rechts bei Zustand nach Exstirpation eines Tentoriummeningeoms links occipital.

Arterielle Hypertonie.

Schilddrüsenunterfunktion.

Derzeitige Beschwerden:

Frau XXXX kommt in Begleitung ihres Gatten zur Untersuchung.

Beschrieben wird, bei Z.n. Stammganglienblutung links und Tumorexstirpation eines Tentoriummeningeoms links eine nach wie vor bestehende, fallweise ausgeprägte Halbseitenschwäche rechts, sowohl in der oberen, als auch in der unteren Extremität.

Probleme beim Gehen, da im rechten Fuß Sensibilitätsstörungen bestehen, nach einer Wegstrecke von 20-50m müsse eine Pause gemacht werden, mit Lasten noch kürzere Strecken.

Im Bereich der oberen Extremität Einschränkung der Feinmotorik und Kraftminderung, schreiben ist mit der rechten Hand nach wie vor nicht möglich.

Laufende intensive Ergotherapie und Physiotherapie mit langsamer Besserungstendenz der Beschwerden, aber "noch ein weiter Weg".

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Thyrex, Lisinopril, Bisoprolol, Amlodipin, Crestor.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Pflegegeldgutachten vom 20.11.2017 erstellt durch Dr. XXXX - PG

Stufe 1: armbetonte Hemiparese re nach Stammganglienblutung 1/2017 Zustand nach Meningeomoperation 1/2017 reaktive Depressio.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

gut

Größe: 167,00 cm Gewicht: 82,00 kg Blutdruck: RR: 135/85

Klinischer Status - Fachstatus:

Alkohol und Nikotin negiert.

Caput/Collum: Brille wird verwendet; Hörvermögen altersentsprechend unauffällig; Gebiß: saniert.

Thorax: symmetrisch, unauffällige Atemexkursionen,

Pulmo: SKS, VA, keine RG's.

Cor: HA rhythmisch, HT rein, normofrequent, keine pathologischen Geräusche.

Abdomen: BD weich, kein DS im Epigastrium, keine pathologischen Resistenzen palpabel, Hepar und Lien nicht palpiert, Nierenlager bds. frei,

Miktion und Defäkation: unauffällig

WS-HWS: gerade, paravertebrale Muskulatur nicht verspannt,

Kinn-Sternumabstand: 1 cm, kein KS über gesamter HWS; Rotation:

60-0-60°.

WS-BWS: erhaltene physiologische Kyphose, paravertebrale Muskulatur nicht verspannt, kein Klopfschmerz thorakolumbaler Übergang.

WS-LWS: kein Klopfschmerz über unterer LWS, ISG bds. frei; Lasegue bds. negativ, Lendenlordose, Beckengeradstand;

FBA: 30cm

Obere Extremität: KG 3-4 rechts; Hypästhesie re. OE.

Schulter-, Ellbogen-, Hand und Fingergelenke zeigen sich weitgehend unauffällig, frei von äußeren Entzündungszeichen und in ihren jeweiligen Richtungen uneingeschränkt beweglich.

Schürzen/Nackengriff rechts mit Ausweichbewegungen.

Untere Extremität: KG 5 beidseits, ausgeprägte Hypästhesie re. UE.

Hüften bds.: kein Leistendruck- oder Trochanterklopfschmerz; kein Stauchungs,-oder Rüttelschmerz,

Extension / Flexion S: 0-130°; Ab/Adduktion: 30-0-20°; Außen/Innenrotation: 40-0-30°

Knie bds.: Extension / Flexion S: 0-150°, bandstabil, keine Entzündungszeichen; Valgus/Varusstress: negativ; Zohlenzeichen:

negativ, keine Krepitationen hör- und spürbar, kein DS medialer Gelenksspalt;

Pulse allseits palpabel, keine Varizen, keine Ödeme;

Sprunggelenk bds. unauffällig.

Knickfuß rechts.

Gesamtmobilität - Gangbild:

langsam, frei gehend mit ataktischem Gangbild rechts, die kurze Strecke bei der klinischen Untersuchung weitgehend sicher

Status Psychicus:

Die Patientin von klarer Bewusstseinslage, sie ist räumlich, örtlich, zeitlich, zur Person und situativ orientiert.

Aufmerksamkeit, Konzentration und formales Denken sind unauffällig. Es besteht keine Angstsymptomatik, keine Halluzinationen vorhanden.

Affektivität und Antrieb ebenfalls unauffällig.

Stimmung im negativen Skalenbereich.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1 Halbseitenschwäche rechts bei Zustand nach Hirnblutung und Tumorentfernung; rechtsseitige Halbseitenschwäche bzw. Lähmung mit Mobilitätseinschränkung und Einschränkungen im Alltag bei Feinmotorikstörungen, intensive Therapiemaßnahmen werden regelmäßig durchgeführt, Begleitdepressio

2 Homonyme Hemianopsie nach rechts bei Zustand nach Exstirpation eines Tentoriummeningeoms links occipital

3 Bluthochdruck unter medikamentöser Kombinationstherapie

4 Schilddrüsenunterfunktion - medikamentös substituiert

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Leiden unverändert zu Vorgutachten

[X] Nachuntersuchung 05/2020 - weil Besserungsmöglichkeit unter Fortsetzung der

bereits laufenden, umfangreichen Therapiemaßnahmen

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Glaubhafte Einschränkung der Mobilität durch Halbseitenschwäche rechts, eine Wegstrecke von 300-400m kann nicht frei und ohne Pausen zurückgelegt werden. Bei Einschränkung der Gang/Standsicherheit ist der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht gewährleistet.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein

Gutachterliche Stellungnahme:

Einschränkung der Mobilität nach Hirnblutung"

Nach Beschwerdevorlage am BVwG wurde der bP das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht, eine Stellungnahme ist nicht erfolgt.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs. 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (vgl auch VwGH vom 01.03.2016, Ro 2014/11/0024; VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030; VwGH vom 17. Juni 2013, 2010/11/0021 mit Verweis auf die Erkenntnisse vom 23. Februar 2011, 2007/11/0142 und vom 23. Mai 2012, 2008/11/0128; vgl auch VwGH vom 20.03.2001, 2000/11/0321).

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden Begründung (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen das hg. Erkenntnis vom 08.07.2015, Ra 2015/11/0036).

Dem VwGH zufolge kommt es für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0258).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das orthopädische Sachverständigengutachten vom 20.05.2018, welches aufgrund der Beschwerde der bP eingeholt wurde, schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen. Das Zweitgutachten negiert im Ergebnis die Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und steht damit im Gegensatz zum Erstgutachten. Die Fachärztin für Orthopädie führt unter den derzeitigen Beschwerden an, dass im rechten Fuß Sensibilitätsstörungen bestünden und nach einer Wegstrecke von 20 bis 50 Metern, mit Lasten nach noch kürzeren Strecken, eine Pause gemacht werden müsse, die bP im Bereich der oberen Extremität Einschränkungen in der Feinmotorik und der Kraft habe und mit der rechten Hand nach wie vor nicht schreiben könne. Das Gangbild wird von der Sachverständigen als langsam, frei gehend mit ataktischem Gangbild rechts und die kurze Strecke bei der klinischen Untersuchung als weitgehend sicher beschreiben. Die Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel begründet die Gutachterin damit, dass eine glaubhafte Einschränkung der Mobilität durch die Halbseitenschwäche rechts besteht, eine Wegstrecke von 300 bis 400 Metern nicht freu und ohne Pausen zurückgelegt werden kann und aufgrund der Einschränkung der Gang- und Standsicherheit der sichere Transport in einem ÖVM nicht gewährleistet ist.

Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Im Gutachten wurden alle relevanten von der bP vorgebrachten Leiden sowie die beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.

Im angeführten Gutachten wurde von der Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen.

Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.

Im angeführten Gutachten, welches aufgrund der Beschwerde der bP eingeholt wurde, wurde von der Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen, das Ergebnis der durchgeführten Begutachtung - insbesondere im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - umfassend dargelegt, sowie die daraus resultierende Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erörtert und schlüssig und nachvollziehbar begründet.

Die Frage der Auswirkung der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde in dem orthopädischen Gutachten schlüssig dargelegt.

Das Sachverständigengutachten der Orthopädin wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.

Aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegung durch die Gutachterin ist der Einschätzung der Fachärztin für Orthopädie folgend von der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auszugehen, weshalb der Beschwerde stattzugeben war.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

-

Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

-

Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF

-

Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.

Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen

Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.

Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

Gemäß § 1 Abs 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:

1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes

a) überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen ist;

diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 1 bis 3 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, vorliegen. Bei Kindern und Jugendlichen gelten jedoch dieselben Voraussetzungen ab dem vollendeten 36. Lebensmonat.

b) blind oder hochgradig sehbehindert ist;

diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 4 oder 5 BPGG vorliegen.

c) gehörlos oder schwer hörbehindert ist;

die Eintragung gehörlos ist bei einem Grad der Behinderung von 80% entsprechend der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, bzw. einem Grad der Behinderung von 70% aufgrund der Position 643 nach der Richtsatzverordnung BGBl. Nr. 150/1965, vorzunehmen.

Die Eintragung schwer hörbehindert ist ab einem Grad der Behinderung von 50% auf der Grundlage der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, bzw. der Position 643 nach der Richtsatzverordnung, vorzunehmen.

Bei Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 10. Lebensjahr muss ein Grad der Behinderung von 90%, vom 11. Lebensjahr bis zum vollendeten 14. Lebensjahr ein Grad der Behinderung von 80% entsprechend der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungs-verordnung vorliegen.

d) taubblind ist;

diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 6 BPGG vorliegen.

e) Träger/Trägerin eines Cochlear-Implantates ist;

f) Epileptiker/Epileptikerin ist;

diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn eine Diagnose entsprechend Abschnitt 04.10.02 oder 04.10.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung bzw. der Positionsnummern 573 oder 574 nach der Richtsatzverordnung vorliegt.

g) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 erster Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996, aufweist;

diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorliegt. Der Zöliakie sind die Phenylketonurie (PKU) und ähnliche schwere Stoffwechselerkrankungen im Sinne des Abschnittes 09.03. der Anlage zur Einschätzungsverordnung gleichzuhalten.

h) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 zweiter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen aufweist;

diese Eintragung ist bei Vorliegen einer Gallen-, Leber- oder Nierenerkrankung mit einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorzunehmen.

i) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen aufweist;

diese Eintragung ist bei Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne der Abschnitte 07 und 09 der Anlage zur Einschätzungsverordnung sowie bei Malignomen des Verdauungstraktes im Sinne des Abschnittes 13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorzunehmen.

j) Träger/Trägerin von Osteosynthesematerial ist;

k) Träger/Trägerin einer Orthese ist;

l) Träger/Trägerin einer Prothese ist.

2. die Feststellung, dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes

a) einer Begleitperson bedarf;

diese Eintragung ist vorzunehmen bei

-

Passinhabern/Passinhaberinnen, die über eine Eintragung nach Abs. 4 Z.1 lit. a verfügen;

-

Passinhabern/Passinhaberinnen, die über eine Eintragung nach Abs. 4 Z 1 lit. b

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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