TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/21 L502 2150594-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.01.2019
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Entscheidungsdatum

21.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L502 2150607-1/14E

L502 2150610-1/17E

L502 2150598-1/5E

L502 2150603-1/5E

L502 2150597-1/5E

L502 2150608-1/5E

L502 2150601-1/5E

L502 2150594-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von 1.) XXXX, geb. XXXX, 2.) XXXX, geb. XXXX, 3.) XXXX, geb. XXXX, 4.) XXXX, geb. XXXX,

5.) XXXX, geb. XXXX, 6.) XXXX, XXXX, 7.) XXXX, XXXX, und 8.) XXXX, geb. XXXX, alle StA. Irak, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.02.2017, FZ. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.12.2018, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und seine Ehegattin, die Zweitbeschwerdeführerin (BF2), stellten nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet für sich sowie für ihre fünf älteren minderjährigen Kinder, die Drittbeschwerdeführerin (BF3), die Viertbeschwerdeführerin (BF4), die Fünftbeschwerdeführerin (BF5), die Sechstbeschwerdeführerin (BF6) und den Siebtbeschwerdeführer (BF7) am 27.09.2015 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes Anträge auf internationalen Schutz. Der Achtbeschwerdeführer (BF8) wurde in Österreich geboren, für ihn wurde von seinen gesetzlichen Vertretern am 05.02.2016 ein Antrag gestellt.

2. Am 28.09.2015 erfolgten die Erstbefragungen des BF1 und der BF2 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. In weiterer Folge wurden die Verfahren von BF1 bis BF7 zugelassen und an der Regionaldirektion NÖ, Außenstelle Wiener Neustadt, des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) weitergeführt. Das Verfahren des BF8 wurde am 05.02.2016 zugelassen.

3. Am 24.01.2017 wurden BF1 und BF2 vor dem BFA zu ihren Anträgen auf internationalen Schutz einvernommen.

Der BF1 legte dabei für sich und seine Angehörigen Identitätsnachweise (Personalausweise, Reisepassdatenblattkopie, Dienstausweis) und sonstige Beweismittel vor, die in die deutsche Sprache übersetzt und in Kopie zum Akt genommen wurden.

4. Mit den im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde vom 24.02.2017 wurden die Anträge von BF1 bis BF8 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurden die Anträge auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihnen eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.).

5. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 27.02.2017 wurde den BF von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

6. Gegen die ihnen durch Hinterlegung mit Wirksamkeit vom 03.03.2017 zugestellten Bescheide wurde mit Schriftsatz vom 14.03.2017 innerhalb offener Frist in vollem Umfang Beschwerde erhoben. Unter einem wurden Vollmachten zugunsten ihrer nunmehrigen Vertretung vorgelegt.

7. Mit 20.03.2017 langten die Beschwerdevorlagen des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurden die gg. Beschwerdeverfahren der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichts zur Entscheidung zugewiesen.

8. Am 19.04.2017 langte beim BVwG eine Beschwerdeergänzung der BF einschließlich eines Antrags auf Umbestellung des Rechtsberaters durch das BVwG ein.

9. Am 18.05.2017 gab eine anwaltliche Vertreterin der BF ihre Bevollmächtigung durch die BF dem BVwG bekannt.

10. Am 28.07.2017 langten beim BVwG Sprach- und Wertekursteilnahmebestätigungen von BF1 und BF2 ein.

11. Mit 26.11.2018 gab die anwaltliche Vertreterin der BF dem BVwG die Auflösung des Vertretungsverhältnisses bekannt.

12. Am 11.12.2018 führte das BVwG eine mündliche Verhandlung in den Rechtssachen der Beschwerdeführer durch, in der BF1 und BF2 zu ihren Antragsgründen persönlich gehört wurden und sie verschiedene Integrationsnachweise (Schulnachrichten, Teilnahmebestätigungen für Sprachkurse, Unterstützungsschreiben) vorlegten.

Eingangs der Verhandlung hat auch die ursprüngliche Vertretung der BF ihre Vollmacht zurückgelegt.

13. Das BVwG erstellte Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des Melde- sowie des Strafregisters.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführer, deren Identitäten feststehen, sind irakische Staatsangehörige, Araber und Muslime, der BF1 gehört der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an, die BF2 der schiitischen. Beide wurden in der Stadt XXXX im Südirak geboren, sind dort bei ihren Herkunftsfamilien aufgewachsen und zur Grundschule gegangen. Am 31.12.2003 schlossen sie dort die Ehe. Die beiden älteren Kinder aus dieser Ehe wurden ebenso in XXXX geboren, die nachfolgenden drei in XXXX, das jüngste in Österreich. Die Familie lebte ab 2008 in XXXX. Der letzte Wohnsitz der Familie dort lag im Stadtteil XXXX.

Der Vater des BF1 ist verstorben, seine Mutter sowie vier Brüder und fünf Schwestern, acht davon sind verheiratet und haben Kinder, leben aktuell in XXXX, die Mutter mit drei Brüdern in einem Eigenheim in der Stadt, die übrigen Geschwister an eigenen Wohnsitzen außerhalb der Stadt. Mit der Mutter und den bei ihr wohnhaften Brüdern steht der BF1 in telefonischem Kontakt. Im weiteren Umkreis der Stadt leben noch Onkel und Tanten des BF1 auf landwirtschaftlichem Gebiet. Die Eltern der BF2 sind verstorben, zwei Brüder leben in XXXX.

BF1 bis BF7 verließen den Irak am 14.09.2015 ausgehend von der südirakischen Stadt XXXX auf dem Luftweg und auf legale Weise nach Istanbul, setzten einige Tage danach von Izmir auf die Insel Lesbos über, reisten von dort nach Athen und auf dem Landweg weiter bis Österreich, wo sie am 27.09.2015 ihre Anträge stellten und sich seither aufhalten. Der BF8 wurde 2016 in Österreich geboren.

Die Beschwerdeführer sprechen Arabisch als Muttersprache. Der BF1 erwarb durch den Besuch von Sprach- und Integrationskursen und die BF2 durch ihre sozialen Kontakte in Österreich Grundkenntnisse der deutschen Sprache. BF3, BF4 und BF5 besuchen aktuell den Unterricht an einer Neuen Mittelschule, BF6 und BF7 den an einer Volksschule. Diese Kinder verfügen über gute Deutschkenntnisse für den Alltagsgebrauch.

Der BF1 betätigt sich seit der Einreise ehrenamtlich in einer katholischen Kirche. BF1 und BF2 führen gelegentliche entgeltliche Tätigkeiten für die Pfarre und die Gemeinde ihres aktuellen Wohnsitzes aus. Sie sind in Österreich bisher noch keiner sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Alle Beschwerdeführer beziehen für ihren Lebensunterhalt seit der Einreise Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und wohnen in einer organisierten Unterkunft. BF1 und BF2 sind bis dato in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Die Beschwerdeführer leiden bis dato unter keinen maßgeblichen gesundheitlichen Beschwerden.

1.2.1. Der BF1 trat im Jahr 1991 in den Polizeidienst ein. Nach Absolvierung der Polizeischule versah er seinen Dienst in XXXX als Streifenpolizist und im Innendienst. Nach dem Sturz von Saddam Hussein im Jahr 2003 verblieb er im Polizeidienst. Ihm wurden 2005 ein Dienstausweis mit unbefristeter Geltung sowie mehrere Ausbildungsdiplome ausgestellt. Er wurde im Jahr 2008 nach XXXX versetzt, wo er weiter seinen Dienst versah. Er war auch dort in der Kriminalitätsbekämpfung eingesetzt.

Wie lange er letztlich im Polizeidienst stand und auf welche Art und Weise er seinen Dienst quittierte, war nicht feststellbar.

1.2.2. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF1 den Herkunftsstaat aufgrund individueller Verfolgung durch Mitglieder einer bewaffneten Miliz im Zusammenhang mit seiner vormaligen Tätigkeit als Polizist verlassen hat oder im Falle einer Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt ist.

Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der BF1 von Angehörigen oder Stammesmitgliedern eines Getöteten, für dessen Tod er verantwortlich gemacht worden sei, verfolgt wurde oder nach der Rückkehr in den Irak verfolgt wird.

1.2.3. Eine individuelle Verfolgung der BF2 und ihrer minderjährigen Kinder als Angehörige des BF1 im Zusammenhang mit seiner vormaligen beruflichen Tätigkeit war ebenso nicht feststellbar.

1.3. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Irak aus sonstigen individuellen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort einer maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wären oder dort keine hinreichende Existenzgrundlage vorfinden würden.

1.4. Der gg. Entscheidung werden folgende länderkundliche Informationen zur allgemeinen Lage im Irak zugrunde gelegt:

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den sogen. Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt Mosul der Provinz Ninava gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah al-Din im Zentral- und Südirak voraus. Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um XXXX sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein geringer Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Vor dem Hintergrund einer langfristigen Tendenz unter den Binnenvertriebenen zur Rückkehr in ihre Herkunftsgebiete waren mit Oktober 2018 noch ca. 1,8 Mio. (seit 2014) Binnenvertriebene innerhalb des Iraks registriert, diesen standen wiederum ca. 4,1 Mio. Zurückgekehrte gegenüber. Schwerpunkte für Rückkehrende sind die Provinzen Ninava, Anbar, Salah al-Din und Kirkuk.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogen. Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an XXXX anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mosul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mosul. Ab November 2016 wurden sukzessive die Umgebung von Mosul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mosul eingekesselt. Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in XXXX und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mosul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mosul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tel Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk. Mit Beginn des Dezember 2017 mußte der IS seine letzten territorialen Ansprüche innerhalb des Iraks aufgeben, am 01.12.2017 erklärte Premier Abadi den gesamtem Irak für vom IS befreit.

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, Erbil und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Am 25.09.2017 hielt die kurdische Regionalregierung ein Referendum für eine mögliche Unabhängigkeitserklärung der Autonomieregion ab. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk. Am 15.10.2017 wurden die in Kirkuk stationierten kurdischen Sicherheitskräfte von Einheiten der irakischen Armee und der Polizei sowie der sogen. der Zentralregierung nahestehenden Volksmobilisierungseinheiten angegriffen, die sich in der Folge aus Kirkuk zurückzogen. Zuletzt kam es zur Besetzung weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze sowie von Grenzübergängen an der irakisch-syrischen Grenze durch die irakische Armee und die Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist aktuell aus Österreich auf dem Luftweg ausgehend vom Flughafen Wien via Amman und via Dubai nach Erbil und auf indirektem Weg via XXXX möglich.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz Basra, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte vorerst eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte. Aktuell sind im Gefolge der Vertreibung des IS aus seinem früheren Herrschaftsgebiet im Irak keine maßgeblichen sicherheitsrelevanten Ereignisse bzw. Entwicklungen für die Region bekannt geworden.

Die Sicherheitslage im Großraum XXXX war im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die oben genannten Ereignisse im Zusammenhang mit der Bekämpfung des IS im Zentralirak. Seit 2016 kam es im Stadtgebiet von XXXX zu mehreren Anschlägen bzw. Selbstmordattentaten auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern, die sich, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS, gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. So wurden am 13. und 15. Jänner 2018 von Selbstmordattentätern zwei Sprengstoffanschläge auf öffentliche Plätze in XXXX verübt, deren genaue Urheber nicht bekannt wurden. Für den Großraum XXXX sind im Gefolge der nunmehrigen Vertreibung des IS aus seinem früheren Herrschaftsgebiet nur mehr wenige sicherheitsrelevante Ereignisse bzw. Entwicklungen bekannt geworden. Zuletzt kam es am 06.06.2018 im Stadtteil Sadr-City zu einem Anschlag unbekannter Täter auf eine Moschee, bei dem 18 Menschen starben und 90 verletzt wurden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF1 und der BF2, der bekämpften Bescheide, der Beschwerdeschriftsätze, einer Beschwerdeergänzung und der vom BF1 vorgelegten Beweismittel, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG sowie die Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters und des Grundversorgungsdatensystems die Beschwerdeführer betreffend.

2.2. Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer waren auf der Grundlage der als Kopien vorgelegten Identitätsnachweise von BF1 bis BF7 sowie der Geburtsurkunde des nachgeborenen BF8 feststellbar.

Die Feststellungen ihrer Zugehörigkeit zur arabischen Volksgruppe und zur muslimischen Religionsgemeinschaft stützen sich auf den Umstand, dass diese von BF1 und BF2 bereits beginnend mit ihrer Erstbefragung angeben wurden, woraus wiederum auf jene ihrer minderjährigen Kinder zu schließen war.

Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen konnten angesichts der vor dem BVwG demonstrierten Kenntnisse sowie der vorgelegten Kurs- und Schulbesuchsbestätigungen getroffen werden.

Die Feststellungen zu den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat vor der Ausreise sowie in Österreich im Gefolge derselben ergaben sich aus einer Zusammenschau ihrer persönlichen Angaben im Verlauf des gg. Verfahrens, dem Inhalt der von ihnen vorgelegten Unterlagen sowie aus den vom BVwG eingeholten Informationen der genannten Datenbanken.

Die Feststellungen zum Reiseverlauf resultieren aus einer Zusammenschau der Aussagen von BF1 und BF2 dazu.

2.3. Zur Feststellung fehlender individueller Verfolgung des BF1 vor der Ausreise aus von ihm behaupteten Gründen bzw. der fehlenden Gefahr einer solchen pro futuro gelangte das erkennende Gericht aufgrund folgender Erwägungen:

2.3.1. Anläßlich seiner Erstbefragung am 28.09.2015 brachte der BF1 zu seinen Antragsgründen befragt vor, dass er als Polizist mit den "Befreiungstruppen" zusammengearbeitet und gemeinsam mit diesen "gegen verschiedene Milizen gekämpft" habe. Nach dem Abzug der Truppen hätten die Milizen begonnen "alle Verräter aufzuspüren und zu verfolgen", viele seiner Kollegen seien dabei getötet worden. Als er selbst dann zu Hause Drohungen erhalten habe, habe er Angst um seine Familie bekommen und beschlossen mit dieser zu flüchten.

Anläßlich seiner Einvernahme vor dem BFA am 24.01.2017 legte er dar, dass es am 01.05.2014 zu einem Vorfall gekommen sei, als er auf dem Weg zu seiner Arbeitsstelle in seinem PKW eine Leiche gefunden habe. Er habe Rettungskräfte und Polizei verständigt, die zum Fundort gekommen und ihre Aufgaben erledigt hätten. Am Folgetag sei es aber zur versuchten Verhaftung seiner Person an seinem Wohnsitz gekommen, er sei dieser nur deshalb entgangen, weil er sich bei seinem Bruder befunden habe. Seine Gattin habe ihn davon verständigt und habe er daraufhin einen Kollegen, der "Offizier beim Geheimdienst" gewesen sei, angerufen, der ihm geraten habe zu verschwinden, weil man ihm die Leiche wohl mit Absicht untergeschoben habe. Er selbst habe angenommen, dass dieser Vorfall damit in Zusammenhang stehe, dass er als Polizist auch einige Terroristen verhaftet habe, die bewaffneten Milizen angehörten, diese hätten wohl versucht ihm die Sache mit der Leiche "anzuhängen". Sein Dienstgeber habe ihm dann Waffe und Fahrzeug entzogen. Er werde nun sowohl von der Polizei als auch von bewaffneten Milizen wie auch von der Familie des Getöteten verfolgt. Auch weil er seinen Dienst unerlaubt verlassen habe, werde er von der Polizei gesucht und drohe ihm diesbezüglich eine Haftstrafe. Er habe sich nach dem Vorfall in XXXX und später in XXXX versteckt gehalten. Auch nach der Ausreise sei noch nach ihm gesucht worden, wie ihm sein Bruder mitgeteilt habe. Den Zeitpunkt des genannten Vorfalls berichtigte er schließlich auf den 01.03.2014. Als Beweismittel legte er eine Kopie eines gegen ihn gerichteten Haftbefehls vom 05.04.2014 vor, den sein Bruder gegen Bestechungsgeld erhalten habe.

In der Beschwerde und der Beschwerdeergänzung des BF1 fanden sich keine Ergänzungen oder Änderungen des bisherigen Sachverhalts.

Seine Gattin, die BF2, gab in ihrer Erstbefragung an, dass der BF1 von Milizen bedroht worden sei, weil er Polizist war. Auch die Familie sei von unbekannten Männern bedroht worden. In ihrer Einvernahme wiederholte sie - zusammengefasst - das Vorbringen ihres Gatten in seiner Einvernahme.

2.3.2. Die belangte Behörde gelangte auf der Grundlage dieses Vorbringens zur Feststellung, dass diese als Flucht auslösend behaupteten Ereignisse angesichts von Widersprüchen im Vorbringen sowie mangels Plausibilität nicht glaubhaft gewesen seien.

2.3.3.1. Für das BVwG war bereits die gravierende inhaltliche Divergenz zwischen der Aussage des BF1 zu seinen Antragsgründen im Rahmen der Erstbefragung und jener dazu im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA - wie auch schon für die belangte Behörde - ein maßgebliches Indiz gegen die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens.

Zwar hat sich die Aussage eines Antragstellers zu diesem Thema in einer Erstbefragung in Entsprechung der gesetzlichen Vorgaben auf die bloßen Eckpunkte des "Wer, wann, wie und wo" der die Flucht auslösenden Ereignisse zu beschränken.

Dennoch konnte nicht außer Betracht blieben, dass der BF1 in der Erstbefragung - sinngemäß - ins Treffen führte, dass er Polizist gewesen sei und in dieser Funktion mit den alliierten bzw. amerikanischen Streitkräften nach dem Sturz von Saddam Hussein im Jahr 2003 zusammengearbeitet und in diesem Rahmen gegen bewaffnete Milizen vorgegangen sei, nach dem Abzug dieser Truppen hätten die Milizen versucht die "Verräter" aufzuspüren und seien dabei einige frühere Kollegen von ihm zu Tode gekommen. Auch er selbst habe Drohungen erhalten. In seiner Einvernahme trug er demgegenüber einen inhaltlich vollkommen anderslautenden Sachverhalt vor, der sich im Wesentlichen auf den oben wiedergegebenen Vorfall des Versuchs seiner Diskreditierung als Polizist bezog, indem man ihm eine Leiche bzw. damit einen Mord unterschieben habe wollen, weshalb es zur Fahndung nach ihm sowie darüber hinaus zur angedrohten Rache durch Angehörige des Toten gekommen sei.

Auch seine Gattin, die BF2, änderte ihr eigenes Vorbringen zu den Ausreisegründen in Entsprechung zu den Angaben des BF1 zwischen Erstbefragung und Einvernahme ab.

2.3.3.2. Über diese Erwägungen hinaus stellte sich das vom BF1 in der Einvernahme behauptete und in der Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG neuerlich dargelegte Verfolgungsszenario als nicht plausibel dar.

Schon die erstinstanzliche Schilderung des Ablaufs der von ihm behaupteten Ereignisse, insbesondere des von ihm dargelegten Verhaltens nach dem Auffinden der Leiche in seinem Fahrzeug und der darauffolgenden behördlichen Maßnahmen war für das erkennende Gericht konstruiert.

So vermeinte er, er habe seiner Ausbildung und Erfahrung entsprechend nach dem Auffinden der Leiche die üblichen Schritte gesetzt und habe seine Kollegenschaft auch die entsprechenden Ermittlungen aufgenommen. Als es bereits am Folgetag zu seiner Festnahme kommen sollte, habe er sich mit einem Kollegen vom Geheimdienst in Verbindung gesetzt, der ihm bedeutet habe, dass er sich absetzen sollte, weil ihm die Leiche mit Absicht untergeschoben worden sei. Aus diesem Geschehen folgerte er unmittelbar, dass er sowohl von der Polizei als auch von Milizen, die er für den Vorfall verantwortlich machte, als auch von der Familie des Getöteten gesucht wurde.

In Anbetracht seiner langjährigen Erfahrung im Polizeidienst erschien es jedoch als wenig plausibel, dass er - sofern man den plötzlichen Festnahmeversuch hier hypothetisch als wahr voraussetzt - lediglich über diesen Kollegen vom Geheimdienst versucht habe Informationen zu diesem Geschehen zu erhalten, wobei auch nicht nachvollziehbar wurde, weshalb gerade dieser damit dienen konnte. Dass er demgegenüber nie mit seinen unmittelbaren Polizeikollegen in Kontakt getreten sei um näheres zu erfahren, und dies offenbar selbst während des gesamten nachfolgenden Aufenthalts im Irak zwischen März 2014 und September 2015 nicht, stellte sich als lebensfremd dar. Auch die abrupte Schlussfolgerung, dass er von Milizangehörigen wie auch von der Familie des Getöteten bedroht worden sei, war nicht schlüssig, wurde doch nicht nachvollziehbar, woraus sich denn diese Annahme konkret ergeben habe. Zwar wiederholte er auf Nachfragen in der Einvernahme mehrmals, dass er von diesem Kollegen beim Geheimdienst erfahren habe, dass Milizangehörige für die Suche nach ihm verantwortlich seien. Die von ihm in der Folge in den Raum gestellte Annahme, dass dies wiederum mit einer von ihm zu einem früheren Zeitpunkt vorgenommenen Festnahme von Milizangehörigen in Zusammenhang gestanden sei, stützte sich aber weder auf konkrete Aussagen dieses Kollegen noch auf sonstige vom BF1 dargelegte Informationen.

In der Beschwerdeverhandlung dazu nochmals befragt vermochte der BF1 keine erhellenden Angaben zu machen. Dort versuchte er lediglich seine Behauptung, dass hinter seiner Denunzierung ehemals von ihm festgenommene Kriminelle, die Milizangehörige gewesen seien, gestanden seien, durch den neuen Sachverhalt glaubhafter darzustellen, er sei einmal damit konfrontiert gewesen, dass Unbekannte durch seine Bestechung versucht hätten die Freilassung von zwei schiitischen Festgenommenen zu erreichen. Eine Erklärung dafür, woraus sich denn für ihn schließen ließ, dass gerade diese Personen hinter dem per se nicht weiter erklärten Vorfall mit der Leiche in seinem Fahrzeug zu tun hatten, war daraus nicht zu gewinnen.

Zudem mutete auch diese jüngste Darstellung insofern unschlüssig an, als er behauptete, die gewünschte Freilassung sei von der Ausfolgung einer Festnahmebestätigung durch ihn abhängig gewesen. Weshalb aber zutreffendenfalls nur dieser von seiner Person abhängige Umstand - über die fehlende Logik eines solchen hypothetischen Vorgangs hinaus - zur Freilassung von Festgenommenen führen hätte können und sich keine sonstige Möglichkeit dafür finden hätte lassen, war für das Gericht angesichts der notorischen Kontrolle der Sicherheitskräfte gerade durch schiitische Kräfte sowie des notorischen hohen Grades an behördlicher Korruption im Irak nicht verständlich. Letzteres bestätigte er indirekt insofern, als er im Zusammenhang mit seinen eigenen polizeilichen Aktivitäten beobachtet habe, dass sich Verdächtige durch "einen einfachen Anruf" bei maßgeblichen Personen ihrer unmittelbaren Festnahme entziehen oder ihre nachfolgende Freilassung bewirken konnten.

2.3.3.3. Zuletzt war noch darauf abzustellen, dass das Vorbringen von BF1 und BF2 mehrfach zueinander in Widerspruch stand.

Vor dem BFA vermeinte der BF1 zum einen, nach dem ersten Festnahmeversuch am Folgetag des Vorfalls mit der Leiche in seinem Fahrzeug habe man "ständig" an seinem Wohnsitz nach ihm gesucht. Auf Nachfrage, wie oft dies denn gewesen sei, erwiderte er, es habe nach dem ersten Festnahmeversuch nur noch einen weiteren Besuch der Polizei bei seiner Gattin gegeben, dieser habe ca. drei Monate danach stattgefunden. Bei seinem Elternhaus sei zwei Mal nach ihm gesucht worden, als er schon außer Landes gewesen sei. Seine Gattin legte demgegenüber dar, dass zwischen den beiden Festnahmeversuchen an ihrem Wohnsitz nur ca. eine Woche vergangen sei.

Zur behaupteten Bedrohung durch den Stamm des Toten in seinem Fahrzeug legte er auf Nachfrage dar, dass er davon von seinem Stammesoberhaupt, einem Cousin von ihm, erfahren habe, unmittelbar nachdem dieser zwei Tage nach dem Vorfall das Stammesoberhaupt des Toten getroffen habe. Seine Gattin gab demgegenüber an, der Vater des Toten sei gemeinsam mit anderen Personen zu ihr nach Hause gekommen und habe mit der Tötung ihres Gatten gedroht, dies habe sie dann der Familie ihres Gatten berichtet. Wann dies gewesen sei, konnte sie nicht einmal annähernd zeitlich einordnen.

Auch diese Diskrepanzen in den Aussagen der beiden waren der Glaubhaftmachung des behaupteten Bedrohungsszenarios abträglich.

2.3.3.4. Für das Gericht war aus diesen Gründen der behauptete Vorfall im Jahr 2014 im Zusammenhang mit einer Leiche in seinem Fahrzeug nicht glaubhaft.

Die Behauptung einer Verfolgung durch die Familie des Toten in seinem Fahrzeug war folgerichtig ebenso nicht glaubhaft.

2.3.3.5. Über einen im Jahr 2005 ausgestellten Dienstausweis und einige bis dahin erworbene Ausbildungsdiplome hinaus legte der BF1 keine Nachweise für seine polizeiliche Tätigkeit vor.

Aus seiner mündlichen Darstellung vor dem BVwG war zu gewinnen, dass er bereits ab 1991 Polizist war, vorerst über viele Jahre hinweg in seiner engeren Heimat im Südirak und ab 2008 in XXXX. Von 1991 bis 2008 sei er einfacher Polizist gewesen, der sowohl im Innen- als auch im Außendienst bei der Bekämpfung von "gewöhnlicher" Kriminalität wie etwa von Vermögensdelikten eingesetzt war. Die Frage in der Beschwerdeverhandlung, ob er ab 2008 in XXXX die gleichen polizeilichen Aufgaben wahrgenommen habe, beantwortete er vorerst zustimmend. In der Folge vermeinte er jedoch, seine dortige Dienststelle sei nicht für diese kleineren Formen der Kriminalität zuständig gewesen, sondern für "Terrorismusbekämpfung". Nachgefragt erklärte er dies so, dass es um "Leute, die Bomben legen und Morde begehen" gegangen sei, an anderer Stelle sprach er von "Mördern, Plünderern, Bombenlegern". Er habe einer Einheit angehört, die auf konkrete Hinweise bzw. Verdachtsmomente hin Verdächtige aufgespürt und festgenommen habe, die ihrerseits unterschiedlichen Personenkreisen angehörten. Die Ausbildung dafür habe er bereits vor seiner Übersiedlung nach XXXX erhalten und diese auch schon in XXXX umgesetzt, konkret nannte er den Waffengebrauch und ein Nahkampftraining. Im Offiziersrang sei er selbst nicht gestanden. Nähere Erklärungen dazu, aufgrund welchen Informationsflusses es schließlich zu den von ihm beschriebenen Fahndungen und Festnahmen gekommen sei, konnte er auf Nachfrage nicht geben.

Daraus war für das Gericht insgesamt zwar zu gewinnen, dass der BF1 als Polizist über viele Jahre hinweg an beiden Einsatzorten in der Bekämpfung geringfügiger wie auch gravierender Kriminalität eingesetzt war. Stichhaltige Anhaltspunkte dafür, dass er im Rahmen dieser Polizeiarbeit eine besonders exponierte Stellung eingenommen hätte, die wiederum ein Verfolgungsinteresse auf Seiten bestimmter Milizen oder Gruppierungen erklärt hätte, ergaben sich aus seiner Darstellung jedoch nicht.

Auch der genaue Zeitpunkt der Beendigung seines Dienstes wie auch die Art und Weise der Beendigung desselben waren angesichts dieser Darstellung nicht feststellbar.

2.3.4. Aufgrund dieser Erwägungen war zu den Feststellungen oben unter 1.2.1. und 1.2.2. zu gelangen.

2.3.5. Die BF2 gab in ihrer Erstbefragung zu ihren Antragsgründen an, dass ihr Gatte "von Milizen" und sie selbst "von unbekannten Männern" bedroht worden sei.

In ihrer Einvernahme vor dem BFA machte sie zwar Angaben zu den Ausreisemotiven ihres Gatten, für sich selbst und ihre Kinder machte sie aber keine individuellen Fluchtgründe geltend, sondern verwies sie bloß allgemein auf eine unsichere Lage im Irak.

Ausgehend von den Feststellungen des Gerichts zu den Antragsgründen ihres Gatten war eine individuelle Verfolgung der BF2 und ihrer Kinder vor der Ausreise aus dem Irak daher ebenso wie die Gefahr einer solchen bei einer Rückkehr nicht festzustellen.

2.4. Die Annahme, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr auch insoweit keiner maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wären, als sie etwa in wirtschaftlicher Hinsicht in eine existenzbedrohende Notlage geraten würden, stützt sich darauf, dass es sich beim BF1 um einen arbeitsfähigen Menschen handelt, der mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit für seinen Unterhalt und den seiner Familienangehörigen sorgen kann, zumal er auch bereits vor der Ausreise aus dem Herkunftsstaat einer langjährigen beruflichen Tätigkeit nachging und sohin über berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Auch die Möglichkeit einer verwandtschaftlichen Unterstützung stünde den Beschwerdeführern angesichts zahlreicher entsprechender Anknüpfungspunkte in ihrer Herkunftsregion im Südirak zur Verfügung. Dass diese unter akuten gravierenden Erkrankungen leiden, war nicht festzustellen.

2.5. Die länderkundlichen Feststellungen des Gerichts stützen sich auf seine Kenntnis von der notorischen allgemeinen Lage im Irak. Von den Beschwerdeführern wurde weder vor dem BFA noch in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG ein substantielles diesen Feststellungen entgegenstehendes Vorbringen erstattet.

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war im Lichte dessen nicht dergestalt einzuschätzen, dass schon mit der bloßen Anwesenheit für jeden Zurückkehrenden das reale Risiko verbunden wäre, Opfer eines Terroranschlags oder sonstiger gewaltsamer Auseinandersetzungen zu werden.

Als notorisch war anzusehen, dass im Irak aktuell kein landesweiter bewaffneter Konflikt ausgetragen wird, der eine gravierende Gefährdung indizieren würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018.

Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des AsylG 2005 idgF.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheides des Bundesamtes.

Zu A)

1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht. Darüber hinaus darf keiner der in § 6 Abs. 1 AsylG genannten Ausschlussgründe vorliegen, andernfalls der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

1.2. Die von BF1 und BF2 behauptete Bedrohung vor der Ausreise, aus der wiederum eine Gefährdung im Falle der Rückkehr resultieren würde, war nicht als glaubhaft anzusehen.

Die belangte Behörde kam daher zu Recht zum Ergebnis, dass die beiden Beschwerdeführer nicht in der Lage waren mit ihrem Vorbringen glaubhaft darzulegen, dass sie vor der Ausreise einer individuellen Verfolgung im Herkunftsstaat ausgesetzt waren oder der Gefahr einer solchen für den Fall der Rückkehr ausgesetzt wären.

Die Asylbegehren ihrer Kinder wurden auf kein sonstiges individuelles Vorbringen gestützt. Eine Asylgewährung an diese im Rahmen des Familienverfahrens nach § 34 Abs. 2 AsylG kam für diese mangels einer solchen an ihre Eltern nicht in Betracht.

1.3. Die Beschwerde war sohin zu Spruchpunkt I der angefochtenen Bescheide als unbegründet abzuweisen.

2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

2.2. Entgegen seiner früheren ständigen Judikatur zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz, wo der Verwaltungsgerichtshof (insbesondere) auf den Maßstab des Art. 3 EMRK abgestellt hat, bezieht sich dieser in seiner jüngsten Rechtsprechung (vgl. Ra 2018/01/0106-12 vom 6. November 2018) vielmehr auf die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (Statusrichtlinie) und die dort für die Gewährung von subsidiärem Schutz normierten Voraussetzungen, weist dabei auf das Erfordernis einer richtlinienkonformen Auslegung des Asylgesetzes vor dem Hintergrund der Statusrichtlinie hin und hält dazu fest, dass zu den vom Unionsrecht vorgegebenen Rahmenbedingungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz alleine die nachfolgend dargestellte Rechtsprechung des EuGH maßgeblich ist.

Nach dieser Rechtsprechung hat ein Drittstaatsangehöriger "nur dann Anspruch auf subsidiären Schutz ..., wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass er bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Art. 15 der Richtlinie definierten Arten eines ernsthaften Schadens zu erleiden" (vgl. zuletzt EuGH 24.4.2018, C-353/16, MP, Rn. 28, mwN).

Art. 15 der Statusrichtlinie definiert als "ernsthaften Schaden" die Todesstrafe oder Hinrichtung (lit. a), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland (lit. b) und "eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts" (lit. c).

Zum Vorliegen eines ernsthaften Schadens nach Art. 15 lit. b der Statusrichtlinie nahm der EuGH im Urteil vom 18. Dezember 2014, C-542/13, M'Bodj, Stellung und führte dazu aus, dass der Umstand, dass ein Drittstaatsangehöriger nach Art. 3 EMRK nicht abgeschoben werden kann, nicht bedeutet, dass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Subsidiärer Schutz (nach Art. 15 lit. a und b der Statusrichtlinie) verlangt nach dieser Auslegung durch den EuGH dagegen, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten, also von Akteuren iSd Art. 6 Statusrichtlinie, verursacht werden muss und dieser nicht bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist.

Diesen Unterschied zwischen der Gewährung von subsidiärem Schutz einerseits und der Non-refoulement-Entscheidung andererseits hat der EuGH im zeitgleichen Urteil C-562/13, Abdida, nochmals klargestellt (vgl. Rn. 33).

In seinem Urteil vom 24. April 2018, C-353/16, MP, Rn. 45 und 46, hat der EuGH diese Sichtweise bestätigt. Er führte nochmals aus, dass der Schutz vor Ausweisung nach Art. 3 EMRK auch unter Berücksichtigung von Art. 4 der GRC (Non-refoulement) von der Gewährung von subsidiärem Schutz nach der Statusrichtlinie zu unterscheiden ist:

"Zu den Auswirkungen, die es haben kann, dass im Herkunftsland des Betroffenen eine geeignete Infrastruktur zur Behandlung physischer oder psychischer Folgeschäden der von den Behörden dieses Landes verübten Folterhandlungen fehlt, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass der in Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83 genannte ernsthafte Schaden nicht bloß die Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten des Gesundheitssystems des Herkunftslandes sein darf. Die Gefahr der Verschlechterung des Gesundheitszustands eines an einer schweren Krankheit leidenden Drittstaatsangehörigen, die auf das Fehlen angemessener Behandlungsmöglichkeiten in seinem Heimatland zurückzuführen ist, ohne dass diesem Drittstaatsangehörigen die Versorgung vorsätzlich verweigert würde, kann keine ausreichende Rechtfertigung dafür sein, ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2014, M-Bodj, C-542/13, EU:C:2014:2452, Rn. 35 und 36)".

Zur Voraussetzung des Art. 15 lit. c der Statusrichtlinie hat der EuGH festgehalten, dass das "Vorliegen einer solchen Bedrohung ... ausnahmsweise als gegeben angesehen werden" kann, "wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt [...] ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein" (vgl. EuGH 17.2.2009, C-465/07, Elgafaji, Rn. 35).

Auch wenn der EuGH in dieser Rechtsprechung davon spricht, dass es sich hierbei um "eine Schadensgefahr allgemeinerer Art" handelt (Rn. 33), so betont er den "Ausnahmecharakter einer solchen Situation" (Rn. 38), "die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die fragliche Person dieser Gefahr individuell ausgesetzt wäre" (Rn. 37).

Diesen Ausnahmecharakter hob der EuGH nochmals im Urteil vom 30. Jänner 2014, C-285/12, Diakité, Rn. 30, wie folgt hervor:

"Außerdem wird das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nur zur Gewährung subsidiären Schutzes führen können, sofern die Auseinandersetzungen zwischen den regulären Streitkräften eines Staates und einer oder mehreren bewaffneten Gruppen oder zwischen zwei oder mehreren bewaffneten Gruppen ausnahmsweise als ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Person, die die Gewährung des subsidiären Schutzes beantragt, im Sinne von Art. 15 Buchst. c der Richtlinie angesehen werden, weil der Grad willkürlicher Gewalt bei diesen Konflikten ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein".

Die spezifische Betroffenheit eines Antragstellers kann aber nach dieser Rechtsprechung (vgl. EuGH 30.1.2014, C-285/12, Diakité, Rn. 31) insoweit eine Rolle spielen, als "der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, umso geringer sein wird, je mehr er möglicherweise zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist".

2.3. Bereits in seinem Urteil vom 9. November 2010, C-57/09 und C-101/09, B und D, Rn. 118ff, hat der EuGH dargelegt, dass den Mitgliedstaaten die Gewährung einer anderen Form des nationalen Schutzes aus anderen Gründen als jenen, aus denen internationaler Schutz im Sinne des Art. 2 lit. a der Statusrichtlinie gewährt werden muss, wie etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen gemäß Art. 3 der Statusrichtlinie nur dann möglich ist, wenn diese andere Form des Schutzes nicht die Gefahr der Verwechslung mit der Rechtsstellung des Flüchtlings oder der Person mit Anspruch auf subsidiärem Schutz im Sinne der Statusrichtlinie birgt. Damit stellte der EuGH klar, dass die Schutzgewährung aus familiären oder humanitären Gründen nicht in den Anwendungsbereich der Statusrichtlinie fällt und es für die Gewährung nationalen Schutzes aus solchen Gründen einer Form bedarf, die die Gefahr der Verwechslung mit der Schutzgewährung im Sinne der Statusrichtlinie ausschließt.

Die Erlassung oder Beibehaltung günstigerer Bestimmungen durch einen Mitgliedstaat, die - unter Berufung auf Art. 3 der Statusrichtlinie - über den oben dargelegten Maßstab für die Gewährung von subsidiären Schutz hinausgehen, hat der EuGH in seinem Urteil vom 18. Dezember 2014, C-542/13, M'Bodj, Rn. 43 bis 46, ausdrücklich als unionsrechts- bzw. richtlinienwidrig angesehen.

Nach dieser Rechtsprechung widerspricht es der Statusrichtlinie und ist es unionsrechtlich unzulässig, den in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck dieses internationalen Schutzes aufweisen, etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen, die insbesondere auf Art. 3 EMRK gestützt sind.

Jüngst hat der EuGH dies nochmals verdeutlicht, wenn er ausführt, "dass die in Art. 3 enthaltene Klarstellung, dass jede günstigere Norm mit der Richtlinie 2011/95 vereinbar sein muss, bedeutet, dass diese Norm die allgemeine Systematik oder die Ziele der Richtlinie nicht gefährden darf. Insbesondere sind Normen verboten, die die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen zuerkennen sollen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes aufweisen" (vgl. EuGH 4.10.2018, C-652/16, Ahmedbekova, Rn. 71f, mit Verweis auf EuGH 18.12.2014, M'Bodj, C-542/13, vgl. dazu bereits auch VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0040-0044, in Bezug auf das Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005).

Mit dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, wollte der Gesetzgeber - wie in den Erläuterungen (RV 952 BlgNR 22. GP, 5) ausdrücklich angeführt wird - die Statusrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004), insbesondere mit dem neu geregelten "Antrag auf internationalen Schutz" deren gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben (vgl. RV 952 BlgNR 22. GP, 30f) umsetzen (vgl. VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).

Aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG 2005, wonach einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten unter anderem dann zuzuerkennen ist, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Heimatstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK" bedeuten würde, ist dagegen (im Sinne der bisherigen Non-refoulement-Prüfung) ableitbar, dass für die Gewährung des subsidiären Schutzstatus bereits jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art. 3 EMRK an sich, unabhängig von einer Verursachung von Akteuren oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat ausreicht.

Insofern hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben der Statusrichtlinie zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne der dargelegten Auslegung der Bestimmung des Art. 15 lit. b der Statusrichtlinie iVm Art. 3 Statusrichtlinie entgegen der oben angeführten Rechtsprechung des EuGH und somit fehlerhaft umges

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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