TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/21 W261 2210985-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.01.2019
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Entscheidungsdatum

21.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W261 2210985-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich vom 09.11.2018, Zahl XXXX, zu Recht:

A) I. Der Beschwerde wird stattgegeben. Die Spruchpunkte I., III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.

II. Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird dahingehend abgeändert, dass dem Antrag vom 30.08.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 stattgegeben und XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 21.01 2021 erteilt wird.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

Der nunmehrige Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 18.06.2015 einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz in Österreich.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) vom 20.10.2015 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ihm wurde gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 20.10.2016 erteilt (Spruchpunkt III.). Dieser Bescheid erwuchs mit 11.11.2015 in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer stellte am 09.09.2016 einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung. Die belangte Behörde erteilte dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 20.10.2016 gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 20.10.2018.

Der Beschwerdeführer stellte am 30.08.2018 einen Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005.

Die belangte Behörde führte am 09.11.2018 eine Einvernahme des Beschwerdeführers unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache durch. Dabei legte der Beschwerdeführer ein ÖSD Zertifikat vor, wonach er die B1 Prüfung am 18.10.2017 erfolgreich bestanden habe. Er teilte mit, dass er berufstätig sei. Die belangte Behörde teilte dem Beschwerdeführer mit, dass aufgrund der in das Verfahren eingebrachten Länderinformationen diesem eine Rückkehr nach Afghanistan zumutbar sei. Er könne in Mazar-e Sharif oder Herat Sicherheit erlangen und werde dort eine zumutbare Lebenssituation vorfinden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 09.11.2018 wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid des BFA vom 20.10.2015 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und der Antrag vom 30.08.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

Zur Aberkennung des subsidiären Schutzes führte die belangten Behörde im Wesentlichen aus, dass dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative zur Verfügung stehen würde. So sei nach der Entscheidungspraxis des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes davon auszugehen, dass es alleinstehenden Männern zumutbar sei, sich auch ohne familiäres oder soziales Netzwerk in einer der Städte Afghanistans, wie Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat niederzulassen. Eine Prüfung dieser Frage durch die belangte Behörde im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens habe ergeben, dass eine sichere innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative für den Beschwerdeführer vorliege, weswegen ihm der subsidiäre Schutz abzuerkennen gewesen sei, zumal die Voraussetzungen für dessen Gewährung nach § 9 Abs. 1 Z 1 AslyG 2005 nicht mehr vorliegen würden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, bevollmächtigt vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, fristgerecht Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtswidrig erfolgt sei.

Die Beschwerde und der Verwaltungsakt langten am 11.12.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Anlässlich der Beschwerdevorlage verzichtete die belangte Behörde auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung.

Das Bundesverwaltungsgericht holte am 19.12.2018 einen Auszug aus dem Österreichischen Strafregister ein, wonach der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist. Ein vom Bundesverwaltungsgericht am 16.01.2019 eingeholter Auszug aus dem AJ-WEB Auskunftsverfahren ergab unter anderem, dass Beschwerdeführer seit 13.03.2018 laufend als Arbeiter bei einer Firma beruflich tätig ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu Person und Rückkehrmöglichkeit des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, führt den Namen XXXX, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist schiitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Dari.

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX in Afghanistan, Provinz Uruzgan geboren. Er lebte mit seiner Familie bis zu seinem zwölften Lebensjahr in seiner Herkunftsprovinz, bevor die ganze Familie nach XXXX, Pakistan auswanderte. Dort lebte der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise nach Europa im Jahr 2015. Der Beschwerdeführer besuchte in XXXX drei Jahre lang die Grundschule.

Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos. Der Beschwerdeführer ist Zivilist.

Die Eltern des Beschwerdeführers heißen XXXX und XXXX und leben in XXXX, in Pakistan. Der BF hat einen jüngeren Bruder, XXXX, und eine jüngere Schwester, XXXX.

Der Beschwerdeführer arbeitete in Pakistan in einem Hotel, in einer Bäckerei und in einer Fahrradwerkstatt.

Der Beschwerdeführer hat drei Onkel väterlicherseits und fünf Tanten väterlicherseits, welche alle, bis auf eine Tante, die in Afghanistan lebt, in Pakistan wohnhaft sind. Der Beschwerdeführer hat zwei Onkel und drei Tanten mütterlicherseits, die ebenfalls in Pakistan leben.

Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seiner Familie.

Er hat, mit Ausnahme einer Tante väterlicherseits, keine Verwandten in Afghanistan und verfügt in seinem Herkunftsstaat über kein tragfähiges familiäres oder soziales Netzwerk.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die in Pakistan aufhältige Familie des Beschwerdeführers in der Lage und willens ist, den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan vom Ausland aus finanziell zu unterstützen.

Der Beschwerdeführer ist gesund und leidet nicht an lebensbedrohenden Krankheiten. Er ist zum Zeitpunkt dieser Entscheidung strafrechtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer stellte am 18.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Mit Bescheid des BFA vom 20.10.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 20.10.2016 erteilt. Dieser Bescheid erwuchs am 11.11.2015 in formelle und materielle Rechtskraft.

Nach der erstmaligen Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung mit Bescheid des BFA vom 20.10.2016 (bis zum 20.10.2018) stellte der Beschwerdeführer am 30.08.2018 beim BFA einen weiteren Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung, welcher mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen wurde.

Der BF besuchte Deutschkurse, zuletzt auf Niveau B1, und verfügt über recht gute Kenntnisse der deutschen Sprache. Der Beschwerdeführer war am 17.03.201 bei einem Gastronomiebetrieb als Arbeiter gemeldet. Seit 13.03.2018 ist er laufend bei der XXXX als Arbeiter gemeldet.

Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Beschwerdeführers und der Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan (einschließlich der urbanen Gebiete) wird festgestellt, dass sich die Umstände, die zur Gewährung subsidiären Schutzes geführt haben, seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des BFA vom 20.10.2015 nicht wesentlich und nachhaltig verändert bzw. verbessert haben.

1.2. Zur Lage in Afghanistan

Zur Lage in Afghanistan werden die folgenden in den Länderinformationsblättern der Staatendokumentation in der Fassung laut Gesamtaktualisierung 19.11.2014 mit Stand vom 24.02.2015, in der Fassung der Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018 mit Stand vom 29.10.2018, in den notorischen UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018 und den notorischen EASO Leitlinien zu Afghanistan vom Juni 2018 enthaltenen Informationen als entscheidungsrelevant festgestellt:

1.2.1 Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt auch in den letzten Jahren insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus. In einigen Teilen des Landes ist fehlende Sicherheit die größte Bewegungseinschränkung. In bestimmten Gebieten machen Gewalt durch Aufständische, Landminen und improvisierte Sprengfallen (IEDs) das Reisen besonders gefährlich, speziell in der Nacht. Bewaffnete Aufständischengruppen betreiben illegale Checkpoints und erpressen Geld und Waren.

1.2.1.1 Uruzgan

Die Provinz Uruzgan, die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers, ist auch unter den Namen Rozgan oder Uruzganis bekannt und liegt in Zentralafghanistan. Sie grenzt nördlich an die Provinz Daikundi, südlich an Zabul und Kandahar, südwestlich an Helmand und östlich an Ghazni. Die Provinz-Hauptstadt ist Tarinkot. Sie besteht aus folgenden Distrikten: Shahid-e-Hassas/Charchino, Dehrawud, Tarinkot/Tirinkot, Chora/Chinarto, Khasuruzgan und Gizab. Der Distrikt Gizab, früher Teil von Daikundi, fällt nun unter die Verwaltung von Uruzgan. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf

362.253 geschätzt. Uruzgan ist mehrheitlich von Paschtunen und ihren Teilstämmen Popalzi, Achakzai, Noorzai, Barakzai, Alkozai, Durrani bewohnt. Weitere in der Provinz lebende Ethnien sind Hazara und Kuchi.

Im Zeitraum Jänner - 31. Oktober 2014, wurden in der Provinz Uruzgan, laut Informationen eines westlichen Sicherheitsvertreters, 264 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Der volatilste Distrikt war Tarinkot. Uruzgan zählt bereits seit 2014 zu den relativ volatilen Provinzen Afghanistans, wo regierungsfeindliche bewaffnete Rebellengruppen in einer Anzahl von Bezirken regelmäßig aktiv sind.

Der Provinz Uruzgan - lange Zeit eine der umstrittensten Provinzen im Süden des Landes - wird nachgesagt, der Geburtsort des Talibangründers Mullah Omar zu sein. Im Jahr 2001 war sie Ort einer Guerillaoperation - geführt vom ehemaligen Präsident Karzai - um die Taliban zu vertreiben. Die Provinz hat somit für beide Seiten des Konfliktes symbolischen Wert. Sowohl im Dezember 2017, als auch im Jänner und März 2018 zählte Uruzgan Berichten zufolge zu den volatilen Provinzen im Süden Afghanistans. Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen sind in einer Anzahl von Distrikten aktiv. Auch zählt Uruzgan zu jenen Provinzen, in denen eine hohe Anzahl an Zivilisten aufgrund explosiver Kampfmittelrückstände und indirekter Waffeneinwirkung ums Leben kam. Im Zeitraum 01.01.2017 bis 30.04.2018 wurden in der Provinz 170 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden in Uruzgan 575 zivile Opfer (87 getötete Zivilisten und 488 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von IEDs und Luftangriffen. Dies bedeutet einen Rückgang von 26% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Uruzgan gehört zu den Provinzen mit der höchsten Anzahl registrierter Anschläge im Jahr 2017.

Die afghanischen Sicherheitskräfte sowie die afghanische Armee führen hartnäckig Anti- Terrorismus Operationen in dieser Provinz durch, um die Aktivitäten von Aufständischen und Terroristen zu verringern. Insbesondere in den unruhigen Distrikten der Provinz werden regierungsfeindliche bewaffnete Kräfte bekämpft. In den Distriken Chora, Charchino, Gizab und der Hauptstadt Tirinkot werden Antiterror- Operationen durchgeführt, um Aufständische zu bekämpfen, dabei werden Aufständische getötet - manchmal auch hochrangige Anführer. Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt. Um die nationalen Sicherheitskräfte in ihrem Kampf gegen die Taliban zu unterstützen, greifen Hunderte von Bewohnern der Distrikte Tirinkot, Khasuruzgan, Charchino und Dehrawud Ende Jänner 2018 zu Waffen. Die Maßnahme wurde von der Provinzregierung begrüßt.

Uruzgan gehört demnach zu den Provinzen des Landes, in denen die Opium-Produktion und dadurch die Präsenz der Taliban im Laufe des Jahres 2017 gestiegen ist. Einige Distrikte der Provinz sind umkämpft. Berichten zufolge sind in den Distrikten Chora, Charchino, Gizab und Tirinkot die Taliban aktiv. So wurde beispielsweise das Hauptkrankenhaus der Provinz im September aufgrund von Drohungen der Taliban gegenüber Ärzten vorübergehend geschlossen. Im Zeitraum 01.01.2017 - 15.07.2017 wurden im Süden und im Nordosten der Provinz Uruzgan Zusammenstöße zwischen dem IS und den Streitkräften gemeldet, während zwischen dem 16.07.2017 und dem 31.01.2018 keine Vorfälle registriert wurden.

Bei der Provinz Uruzgan handelt es sich nach den notorischen EASO Leitlinien vom Juni 2018 um einen jener Landesteile Afghanistans, wo willkürliche Gewalt ein derart hohes Ausmaß erreicht, dass im Einzelfall nur minimale Teilvoraussetzungen erfüllt sein müssen, um berechtigten Grund für die Annahme zu liefern, dass Zivilisten, welche in die betreffende Provinz rückgebracht würden, eine reelle Gefahr, ernsthaften Schaden im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie zu nehmen, zu gewärtigen hätten (wie beispielsweise schwerwiegende oder individuelle Bedrohung des Lebens einer Zivilperson bzw. einer konkreten Person).

1.2.1.2 Balkh

Bei der Provinz Balkh, mit deren Hauptstadt Mazar- e Sharif, handelt es sich laut EASO im Juni 2018 um einen jener Landesteile, wo willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass für Zivilisten im Allgemeinen keine reelle Gefahr besteht, von willkürlicher Gewalt im Sinne von Art 15 (c) der Qualifizierungsrichtlinie persönlich betroffen zu sein.

Die Provinz Balkh zählte bereits seit 2014 zu den relativ friedlichen Provinzen im Norden Afghanistans. Im Zeitraum Jänner - 31. Oktober 2014, wurden in der Provinz Balkh, laut Informationen eines westlichen Sicherheitsvertreters, 212 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Die volatilsten Distrikte waren Chimtal, Mazar-e Sharif, und Chahar Bolak.

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt noch immer, wie schon im Jahr 2015, zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen seit Jahren weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften, oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Im Zeitraum 01.01.2017 - 30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt. Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben.

1.2.1.3 Herat

Bei der Provinz Herat (mit Ausnahme der Stadt Herat) handelt es sich laut EASO im Juni 2018 um einen jener Landesteile Afghanistans, wo willkürliche Gewalt stattfindet und allenfalls eine reelle Gefahr festgestellt werden kann, dass der Antragsteller ernsthaften Schaden im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie nehmen könnte - vorausgesetzt, dass er aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse von derartigen Risikofaktoren konkret betroffen ist.

Bei der Stadt Herat handelt es sich laut EASO im Juni 2018 um einen jener Landesteile Afghanistans, wo willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass für Zivilisten im Allgemeinen keine reelle Gefahr besteht, von willkürlicher Gewalt im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie persönlich betroffen zu sein.

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe. Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat. In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt. In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken.

Ende 2011 übernahmen die nationalen afghanischen Sicherheitskräfte (ANSF) die Hauptverantwortung für die Sicherheit der Provinz Herat und haben stufenweise den Rest der westlichen Region übernommen. Die Provinz Herat blieb auch aufgrund der relativen Stabilität der Provinzregierung während dieser Transitionsperiode sicher. Auch nach der Übergabe an die afghanischen Kräfte gab es keine große Veränderung.

Die Einschätzung der Sicherheitslage in Herat stellte sich im Jahr 2015 als schwierig dar, denn dieselbe Quelle gab in einem Zeitraum von einem Monat, unterschiedliche Informationen an. Einerseits, wurde die Provinz Herat im Oktober 2014 zu den relativ friedlichen Provinzen im Westen Afghanistans gezählt, in der jedoch in letzter Zeit regierungsfeindliche bewaffnete Rebellengruppen ihre Aktivitäten in einer Anzahl von Distrikten erhöht haben. Andererseits wurde im September 2014 berichtet, dass Herat zu den relativ volatilen Provinzen im Westen Afghanistans zählt, in der regierungsfeindliche bewaffnete Rebellengruppen in einer Anzahl von abgelegenen Bezirken aktiv sind. Im Jahresvergleich 2011 und 2013, ist die Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe um 46% gestiegen. 2013 wurden 463 Vorfälle registriert.

Herat wird auch im Jahr 2018 als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv. Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017, wie schon im Jahr 2014 auch, verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat.

Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern. Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge.

Im Zeitraum 01.01.2017-30.04.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016.

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien. Auch werden Luftangriffe verübt; dabei wurden Taliban getötet. Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt. In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen.

Anhänger des IS haben sich im Jahr 2017 in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden. ACLED registrierte für den Zeitraum 01.01.2017-15.07.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat.

1.2.1.4 Kabul

Eine innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative in Kabul steht laut UNHCR vom 30.08.2018 aufgrund der dort aktuell herrschenden Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Situation in der Regel nicht zur Verfügung.

1.2.2 Wirtschafts- und Versorgungslage

Die afghanische Wirtschaft war im Jahr 2014 beträchtlichen Herausforderung während der andauernden Transition ausgesetzt. Aufgrund der politischen Unsicherheit wurden Investitionen derzeit weitgehend zurückgehalten, afghanische Unternehmer brachten ihr Kapital im Ausland in Sicherheit. Daher war auch im Transition- und Wahljahr 2014 nicht mit größeren Impulsen für die Wirtschaft zu rechnen. 2011 - 2012 lag die Arbeitslosenrate bei 8.2% (Männer: 6,4%, Frauen: 16,5%). Die Arbeitslosenrate bei den Jugendlichen wurde mit 10.4% beziffert (Männer: 8.1%, Frauen: 18.8%). Die Jugendarbeitslosenrate betrug 39.1% der Gesamtarbeitslosigkeit. Es fehlte im Jahr 2014 an einer umfassenden politischen Strategie zur Schaffung von Arbeitsplätzen.

Rund 36% der Bevölkerung lebten im Jahr 2014 unterhalb der Armutsgrenze. Die Landwirtschaft generierte damals mehr als 50% der Arbeitsplätze und 84% der Armen lebten in ländlichen Gegenden. Afghanistan belegte im Jahr 2015 auf dem Human Development Index (HDI) Rang 169 von 188.

Afghanistan ist auch im Jahr 2018 weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit. Seit 2002 hat Afghanistan mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wichtige Fortschritte beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft erzielt. Nichtsdestotrotz bleiben bedeutende Herausforderungen bestehen, da das Land weiterhin von Konflikten betroffen, arm und von Hilfeleistungen abhängig ist. Während auf nationaler Ebene die Armutsrate in den letzten Jahren etwas gesunken ist, stieg sie in Nordostafghanistan in sehr hohem Maße. Im Norden und im Westen des Landes konnte sie hingegen reduziert werden. Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut auch im Jahr 2018 weiterhin zu.

In den Jahren 2016-2017 wuchs die Arbeitslosenrate, die im Zeitraum 2013-2014 bei 22,6% gelegen hatte, um 1%. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Über 40% der erwerbstätigen Bevölkerung gelten im Jahr 2018 als arbeitslos oder unterbeschäftigt. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können.

Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen besteht auch für zurückkehrende Flüchtlinge das Risiko, in die Armut abzurutschen. Sowohl das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme) als auch andere UN-Organisationen arbeiten mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen.

1.2.3 Hazara und Schiiten

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34,1 Millionen Menschen. Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht.

Schätzungen zufolge, sind: 40% Paschtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri. Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen.

Die schiitische Minderheit der Hazara, zu welchen der Beschwerdeführer zählt, macht etwa 10% der Bevölkerung aus. Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind einerseits ihr ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten.

Die Hazara-Gemeinschaft/Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können.

Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben. Dennoch hat sich die Lage der Hazara, die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgt waren, grundsätzlich verbessert; vornehmlich aufgrund von Bildung und vor allem auf ökonomischem und politischem Gebiet. Hazara in Kabul gehören jetzt zu den am besten gebildeten Bevölkerungsgruppen und haben auch eine Reihe von Dichtern und Schriftstellern hervorgebracht. Auch wenn es nicht allen Hazara möglich war diese Möglichkeiten zu nutzen, so haben sie sich dennoch in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft etabliert.

So haben Hazara eine neue afghanische Mittelklasse gegründet. Im Allgemeinen haben sie, wie andere ethnische Gruppen auch, gleichwertigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Nichtsdestotrotz, sind sie von einer allgemein wirtschaftlichen Verschlechterung mehr betroffen als andere, da für sie der Zugang zu Regierungsstellen schwieriger ist - außer ein/e Hazara ist selbst Abteilungsleiter/in. Einer Quelle zufolge existiert in der afghanischen Gesellschaft die Auffassung, dass andere ethnische Gruppierungen schlecht bezahlte Jobs Hazara geben. Einer weiteren Quelle zufolge, beschweren sich Mitglieder der Hazara-Ethnie über Diskriminierung während des Bewerbungsprozesses, da sie anhand ihrer Namen leicht erkennbar sind. Die Ausnahme begründen Positionen bei NGOs und internationalen Organisationen, wo das Anwerben von neuen Mitarbeitern leistungsabhängig ist. Arbeit für NGOs war eine Einnahmequelle für Hazara - nachdem nun weniger Hilfsgelder ausbezahlt werden, schrauben auch NGOs Jobs und Bezahlung zurück, was unverhältnismäßig die Hazara trifft. So berichtet eine weitere Quelle, dass Arbeitsplatzanwerbung hauptsächlich über persönliche Netzwerke erfolgt. Hazara haben aber aufgrund vergangener und anhaltender Diskriminierung eingeschränkte persönliche Netzwerke.

Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf; soziale Diskriminierung gegen schiitische Hazara basierend auf Klasse, Ethnie oder religiösen Ansichten finden ihre Fortsetzung in Erpressungen (illegale Steuern), Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit, physischer Misshandlung und Festnahmen.

Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert.

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 10-15 % Schiiten, wie es auch der Beschwerdeführer ist.

Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch existieren Berichte zu lokalen Diskriminierungsfällen. Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern; einige Paschtunen sind jedoch wegen der Feierlichkeiten missgestimmt, was gelegentlich in Auseinandersetzungen mündet. In den Jahren 2016 und 2017 wurden schiitische Muslime, hauptsächlich ethnische Hazara, oftmals Opfer von terroristischen Angriffen u.a. der Taliban und des IS.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Person und den Rückkehrmöglichkeiten des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zu Staatsangehörigkeit, Namensführung, Geburtsdatum, Familienstand, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, Muttersprache, Herkunftsprovinz und Geburtsort, Gesundheitszustand, Schulbildung und beruflicher Tätigkeit in Afghanistan ergeben sich aus dem diesbezüglich weitgehend widerspruchsfreien und glaubhaften Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Asyl- und Aberkennungsverfahren.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich seit März 2018 laufend bei der XXXX als Arbeiter gelmeldet, wie dies der vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Auszug aus dem AJ-WEB vom 16.01.2019 bestätigte.

Dass der Beschwerdeführer regelmäßig Kontakt zu seiner Familie hat, gab dieser im Zuge der behördlichen Einvernahme am 09.11.2018 an.

Dass der Beschwerdeführer keine Verwandten bzw. kein tragfähiges familiäres oder soziales Netzwerk in Afghanistan hatte und hat, ergibt sich zum einen anhand der Feststellungen über den Aufenthaltsort seiner Eltern und seiner Verwandten väterlicherseits und mütterlicherseits und zum anderen aus dem, mit Ausnahme einer Tante väterlicherseits, Fehlen weiterer Angehöriger im Herkunftsstaat. Auch das BFA traf im angefochtenen Bescheid keine anderslautenden Feststellungen. In diesem Punkt sind seit der Gewährung des subsidiären Schutzes keine wesentlichen Änderungen in der Sphäre des Beschwerdeführers eingetreten, denn die Familie und die Verwandten des Beschwerdeführers lebten bereits zum Zeitpunkt seiner Ausreise im Jahr 2015 in Pakistan, wie dies der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme am 14.10.2015 (vgl. S 4 der Niederschrift der Ersteinvernahme) angab.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist, ergibt sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht erstellten Auszug aus dem Strafregister.

Die Feststellungen über den Zeitpunkt der Asylantragstellung, den Gegenstand des Bescheides des BFA vom 20.10.2015, den Eintritt der formellen und materiellen Rechtskraft dieses Bescheides, die erstmalige Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung sowie über den (u.a.) verfahrensgegenständlichen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung und dessen Abweisung durch das BFA stützen sich auf den Inhalt des Verwaltungs- und Gerichtsaktes.

Eine Feststellung des Inhalts, dass sich die Umstände, die zur Gewährung subsidiären Schutzes geführt haben, seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des BFA vom 20.10.2015 wesentlich und nachhaltig verändert haben, konnte im Lichte eines Vergleichs der individuellen Situation des Beschwerdeführers sowie der Sicherheits- und Versorgungslage in (ganz) Afghanistan zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Zuerkennung subsidiären Schutzes einerseits und zum Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides bzw. der vorliegenden Entscheidung andererseits nicht getroffen werden (vgl. dazu näher die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen). Dabei erfolgte insbesondere eine Gegenüberstellung des Inhalts der dem Bescheid vom 20.10.2015 zugrunde gelegten Länderberichte mit jener Berichtslage, die das BFA bei Erlassung des angefochtenen Bescheides herangezogen hat, sowie auch mit der zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung bestehenden Lage im Herkunftsstaat.

2.1. Zu den Feststellungen zur Lage in Afghanistan

Die Feststellungen zur aktuellen Lage in Afghanistan beruhen auf den oben angeführten Quellen. Das Bundesverwaltungsgericht bediente sich hierbei einer ausgewogenen Auswahl verschiedener - im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zitierter - Quellen staatlichen und nichtstaatlichen Ursprungs, um sich so ein möglichst umfassendes Bild über die Lage in Afghanistan machen zu können. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Zuverlässigkeit und Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Den Verfahrensparteien bzw. deren Rechtsvertretung ist das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, welches das BFA seinen Bescheiden regelmäßig zugrunde legt und auch im ursprünglichen Bescheid vom 20.10.2015 und im angefochtenen Bescheid (in den Fassungen der Gesamtaktualisierungen vom 19.11.2014 mit Stand mit Aktualisierung vom 24.02.2015 und vom 29.06.2018 bzw. der Aktualisierung mit Stand 29.10.2018) herangezogen hat ebenso bekannt, wie die aktuellen UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018 und die EASO Leitlinien zu Afghanistan vom Juni 2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zur Stattgebung der Beschwerde:

3.1 Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen der §§ 8, 9 AsylG 2005 lauten (auszugsweise) wie folgt:

"Status des subsidiär Schutzberechtigten

§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

...

(4) Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

..."

"Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten

§ 9. (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;

2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder

3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn

1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;

2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist.

(4) Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen."

Vorauszuschicken ist, dass sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausdrücklich auf den Aberkennungstatbestand nach § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 bezog. Die Frage, ob die Aberkennung des Schutzstatus auf den ersten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, dem zufolge die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten "nicht vorliegen", oder auf den zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, dem zufolge die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten "nicht mehr vorliegen", gestützt wurde, ist anhand der konkretisierenden Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung des BFA (vgl. S 98 des angefochtenen Bescheides) zu beantworten, wonach die Aberkennung erfolgt, weil "die Gründe für die Zuerkennung des Staus des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegend" sind.

Im ersten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 stellt das Gesetz darauf ab, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nie vorgelegen sind. Dieser Tatbestand korrespondiert mit Art. 19 Abs. 3 lit. b der Statusrichtlinie, nach dem eine Aberkennung oder Nichtverlängerung des Status dann erfolgt, wenn eine falsche Darstellung oder das Verschweigen von Tatsachen durch den Asylwerber für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ausschlaggebend war. Zur Frage, ob sich § 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG 2005 nur auf den eben genannten "Erschleichungstatbestand" der Statusrichtlinie oder aber auf jede (vom Fremden nicht zu vertretende) Änderung des Kenntnisstandes der Behörde bezieht, vgl. den Beschluss betreffend die Vorlage zur Vorabentscheidung durch den VwGH 14.12.2017, Ra 2016/20/0038.

Im zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, in dem die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen, und auf welchen sich die belangte Behörde in ihre Entscheidung stützte, wird auf eine Änderung der Umstände abgestellt, die so wesentlich und nicht nur vorübergehend ist, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hatte, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.

Gegenständlich ergibt sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides zweifelsfrei, dass es sich um die Anwendung des zweiten Falles des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 handelt, zumal weder Hinweise dafür vorliegen, dass eine falsche Darstellung oder das Verschweigen von Tatsachen seitens des Beschwerdeführers für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes ausschlaggebend war, noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich der Kenntnisstand der Behörde hinsichtlich eines für die Zuerkennung relevanten Tatsachenumstandes (im Sinne des Vorabentscheidungsersuchens des Verwaltungsgerichtshofes) geändert hätte. Vielmehr zog die belangte Behörde offenbar mit Blick auf eine vermeintliche Änderung des Sachverhalts sowie aufgrund einer von ihr verorteten Änderung der "Entscheidungspraxis" der Höchstgerichte zu den Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes (betreffend alleinstehende leistungsfähige Männer ohne soziales Netzwerk) den Tatbestand des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 heran.

Dazu ist auszuführen, dass mit formal und materiell rechtskräftigem Bescheid des BFA vom 20.10.2015 dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Unter einem wurde ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 20.10.2016 erteilt.

Die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde dabei im Wesentlichen auf die Feststellung des BFA gestützt, wonach aufgrund der allgemeinen humanitären Lage in Afghanistan stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der Beschwerdeführer im Falle der Zurückweisung, Zurück- und Abschiebung in seinen Herkunftsstaat einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt ist (vgl. S. 7 des Bescheides vom 20.10.2015). In rechtlicher Hinsicht gelangte das BFA zur Beurteilung, dass wegen des momentan innerstaatlichen Konfliktes in seiner Heimat, dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, zumal er als Zivilperson eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens nicht ausreichend ausgeschlossen werden kann. (S. 62 des Bescheides vom 20.10.2015).

Soweit die belangte Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 damit begründet, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr keinerlei realen Gefahr einer Bedrohung oder Verfolgung im Sinne der Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre, ist festzuhalten, dass den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zur Lage in Afghanistan keine grundlegenden Veränderungen - insbesondere in der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers (Urzugan) sowie in den als innerstaatliche Fluchtalternative in Betracht kommenden Städten Mazar-e Sharif und Herat - seit Gewährung des subsidiären Schutzes zu entnehmen sind. Auch eine wesentliche Änderung im Hinblick auf die individuelle Situation des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde nicht dargetan. Wie bereits ausgeführt, war angesichts der Begründung des Bescheides vom 20.10.2015 für das BFA nicht das Fehlen familiärer Anknüpfungspunkte ausschlaggebend für die Zuerkennung des Schutzstatus, sondern ausschließlich die instabile Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan. Festzuhalten ist daher, dass dem Beschwerdeführer vom BFA unter ausschließlichem Verweis auf die damalige Versorgungs- und Sicherheitslage in Afghanistan subsidiärer Schutz zuerkannt wurde.

Auch die Feststellung der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer über Schulbildung und Arbeitserfahrung verfügt, begründet keine Änderung des Sachverhalts, zumal der Beschwerdeführer bereits zum Zeitpunkt der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus eine dreijährige schulische Ausbildung und Berufserfahrung in der Fahrradwerkstatt hatte (vgl. S 4 der Niederschrift der Ersteinvernahme vom 14.10.2015). Ebenso wenig haben die grundsätzliche Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und sein guter Gesundheitszustand seit Zuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter eine Änderung erfahren.

Dass die vom BFA verfügte Aberkennung des Schutzstatus nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 tatsächlich nicht das Resultat einer maßgeblichen Änderung des Sachverhalts (hinsichtlich der Lage im Herkunftsstaat oder der Person des Beschwerdeführers) ist, erhellt nicht zuletzt auch der Umstand, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ihre Rechtsauffassung zum Ausdruck gebracht hat, wonach "von einer Entscheidungspraxis, die jedenfalls ein in Kabul bestehendes soziales oder familiäres Netzwerk erfordert, um von einer tauglichen IFA ausgehen zu können, in keiner Weise die Rede sein kann." (vgl. S 101 f des angefochtenen Bescheides)

Festzuhalten ist jedoch, dass (lediglich) eine andere rechtliche Beurteilung oder Würdigung eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts dem Wegfall oder (zumindest) der maßgeblichen Änderung jener Umstände, die zur rechtskräftigen Zuerkennung subsidiären Schutzes geführt haben, nicht gleichzuhalten ist, insbesondere auch im Hinblick darauf, dass auch die belangte Behörde an ihre formal und materiell rechtskräftige Entscheidung vom 20.10.2015 gebunden ist.

Zu den Voraussetzungen der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung und damit auch ihrer Dauer ergibt sich aus § 8 Abs. 4 zweiter Satz AsylG 2005, dass die Verlängerung auf Antrag des Betroffenen und nach Maßgabe des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für den subsidiären Schutz zu erfolgen hat. Dies entspricht auch Art. 16 der Statusrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 304), wonach ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser nicht mehr subsidiär Schutzberechtigter ist, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist (Abs. 1). Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden (Abs. 2). Dieses Erforderlichkeitskalkül ist auch bei der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung und der Bestimmung ihrer Dauer anzulegen (VwGH 31.03.2010, 2007/01/1216).

Die Annahme einer grundlegenden politischen Veränderung im Herkunftsstaat setzt eine gewisse Konsolidierung der Verhältnisse voraus, für deren Beurteilung es in der Regel eines längeren Beobachtungszeitraumes bedarf (vgl. zu § 7 AsylG 1997 etwa VwGH 16.02.2006, 2006/19/0030, mwH).

In Anlehnung an Art. 16 der Statusrichtlinie bedarf es hier (§ 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005) einer grundlegenden und dauerhaften Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland des Fremden. So ist es keineswegs ausreichend, lediglich festzustellen, dass sich seit der ursprünglichen Antragstellung in Österreich die Gegebenheiten im Herkunftsstaat wesentlich gebessert haben und darauf basierend gegenwärtig keine reale Gefahr für den bislang subsidiär Schutzberechtigten besteht, im Falle seiner Abschiebung in dieses Land, Opfer einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder des 6. bzw. 13. ZPEMRK zu werden, respektive als Zivilperson ernsthaft am Leben oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedroht zu sein. Um die Voraussetzungen der Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 objektiv zu erfüllen, muss eine entsprechende Nachhaltigkeit der positiven Veränderungen im Herkunftsland des Fremden gewährleistet sein. Dies erfordert im Regelfall eine längere Beobachtungsphase, anhand deren Verlaufs und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen sich das nachhaltige Ende der bisherigen Bedrohungssituation entsprechend verifizieren lässt (Schrefler-König/Gruber, Asylrecht, § 9 AsylG 2005, Anm. 11).

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 (vgl. Art. 16 Abs. 2 Statusrichtlinie) eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht dargetan:

Vorauszuschicken ist an dieser Stelle, dass das BFA das Bestehen einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative (etwa in urbanen oder semi-urbanen Gebieten Afghanistans) in seinem Bescheid vom 20.10.2015 - wenn auch nicht ausdrücklich - jedenfalls implizit verneinte (vgl. dazu den Verweis auf die "aktuell instabile Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan, insbesondere in der Herkunftsprovinz Uruzgan"), zumal die Zuerkennung subsidiären Schutzes bei Bejahung einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Lichte des § 11 AsylG 2005 gar nicht in Betracht gekommen wäre. Hinzu kommt, dass der genannte Bescheid formal und materiell in Rechtskraft erwuchs, womit auch die belangte Behörde, selbst für den Fall, dass diese, wie sie anführt, eine innerstaatliche Fluchtalternative in dem genannten Verfahren nicht hinreichend prüfte, an den Spruch dieses Bescheides gebunden ist, da nur dieser in Rechtskraft erwachsen kann. Nunmehr erachtet das BFA eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif und Herat jedenfalls als gegeben und stützt sich auf eine vorgeblich geänderte Situation in Afghanistan. Im Vergleich zu den dem Bescheid vom 20.10.2015 zugrunde gelegten Länderfeststellungen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Gesamtaktualisierung 19.11.2014 in der aktualisierten Fassung vom 24.02.2015) ist jedoch eine dauerhafte und nachhaltige Änderung (Verbesserung) der Lage in der ursprünglichen Heimatprovinz des Beschwerdeführers Uruzgan sowie auch an den Orten einer in Betracht kommenden innerstaatlichen Fluchtalternative (z.B. Mazar-e Sharif oder Herat), die im Übrigen wohl erst nach einem angemessenen Beobachtungszeitraum feststellbar wäre, weder aus den im angefochtenen Bescheid angeführten Länderberichten, noch anhand der in dieser Entscheidung wiedergegebenen Berichtslage erkennbar.

Auch eine grundlegende Änderung der persönlichen Situation des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat wurde vom BFA nicht dargetan. Dasselbe gilt für die - bereits im Zeitpunkt der Zuerkennung des Schutzstatus bestehende - Schulbildung und Berufserfahrung sowie Arbeitsfähigkeit und Gesundheit des Beschwerdeführers.

Vielmehr hat die belangte Behörde die Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten erkennbar mit einer von ihrem Bescheid vom 20.10.2015 abweichenden Beurteilung, insbesondere mit einer von ihr verorteten Änderung der Entscheidungspraxis der Höchstgerichte betreffend alleinstehende leistungsfähige Männer ohne soziales Netzwerk begründet. Dass aber eine andere rechtliche Würdigung eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts die Aberkennung eines rechtskräftig zuerkannten subsidiären Schutzes nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 nicht zu tragen vermag, wurde bereits ausgeführt. Insbesondere widerspricht es dem Normzweck, dass die belangte Behörde ausschließlich unter Verweis auf die von ihr nunmehr vertretene, von ihrem Bescheid vom 20.10.2015 sichtlich abweichende Rechtsauffassung hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes bzw. hinsichtlich des Bestehens einer innerstaatlichen Fluchtalternative die Rechtskraft dieses Bescheides im Wege der Aberkennung des Schutzstatus zu durchbrechen versucht.

Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 lagen sohin mangels wesentlicher und nachhaltiger Änderung der maßgeblichen Umstände gegenständlich nicht vor.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben. Dem Beschwerdeführer kommt aufgrund der Behebung dieses Spruchpunktes weiterhin der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug den Herkunftsstaat Afghanistan zu.

Vor diesem Hintergrund ist Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides spruchgemäß dahingehend abzuändern, dass dem Antrag des Beschwerdeführers vom 30.08.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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