Entscheidungsdatum
23.01.2019Norm
AsylG 2005 §3Spruch
L519 2213411-1/3Z
B E S C H L U S S
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 3.12.2018.
Zl. XXXX , beschlossen:
A) Der Beschwerde wird gem. § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz
(BFA-VG), BGBl. I. Nr. 87/2012 idgF, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (BF) reiste am 5.3.2016 schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet ein. Am nächsten Tag brachte er einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
Zum Fluchtgrund gab er bei der Erstbefragung im Wesentlichen an, dass er vor dem Krieg und vor dem Tod geflüchtet sei. Außerdem habe er keine Bleibe mehr.
Beim BFA gab er am 2.8.2017 zusammengefasst an, er sei aus Syrien und habe in Afrin gelebt. Wegen des Bürgerkriegs habe er das Land verlassen. Die meisten in seinem Alter seien geflüchtet. Am 10.4.2018 wurde eine telefonische Sprachanalyse durchgeführt, welche im Wesentlichen ergab, dass der BF sprachliche Merkmale aufweist, die nicht dem zu erwartenden Sprachgebrauch von Kurmandschisprachigen mit Hintergrund in Syrien entsprechen. Der Sprachgebrauch des BF weise keine deutlichen Einflüsse des Türkischen auf. Mit hohem Sicherheitsgrund liege der sprachliche Hintergrund des BF im Irak. Die Wahrscheinlichkeit des angegebenen sprachlichen Hintergrundes Syrien, Afrin sei sehr gering.
I.2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Gem. § 8 Abs.1 AsylG wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde dem BF nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des BF nach Afghanistan (gemeint wohl: in den Irak) gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gem. § 18 Abs. 1 Z. 2 BFA-VG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt. Gem. § 55 Abs. 1a FPG wurde dem BF eine Frist für eine freiwillige Ausreise nicht gewährt.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde im Wesentlichen dahingehend begründet, dass der BF wiederholt versucht habe, die Behörde über seine wahre Identität und seine Staatsangehörigkeit zu täuschen. Bereits bei der Erstbefragung habe er fälschlich angegeben, Syrer zu sein. Aufgrund des fehlenden Allgemein- und Alltagswissens sei im Zuge der Einvernahme im August 2017 erstmals die Herkunft des BF angezweifelt worden. Mit den Zweifeln konfrontiert, gab der BF erneut an, Syrer zu sein. Er behauptete auch, in den nächsten Tagen den syrischen Reisepass und andere syrische Identitätsdokumente vorzulegen. Dies war aber nicht der Fall. Die Ladung zwecks Sprachanalyse habe der BF 3 Mal vereitelt. Letztlich habe die Sprachanalyse unter Androhung der Vorführung des BF doch durchgeführt werden können. Diese ergab, dass die Wahrscheinlichkeit des angegebenen sprachlichen Hintergrundes Syrien sehr gering, jene hinsichtlich Irak sei allerdings hoch.
I.3. Gegen den angefochtenen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei nicht rechtmäßig, da der BF im Fall einer Abschiebung einer Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre.
I.4. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der Verwaltungsbehörde und der eingebrachten Beschwerde.
1. Feststellungen:
Es kann derzeit ohne detaillierte Einvernahme des BF und allenfalls weitergehenden Ermittlungen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat eine reelle Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde. Insbesondere bedarf es zur Klärung der tatsächlichen Staatsangehörigkeit weiterer Erhebungen.
2. Beweiswürdigung:
Der für die gegenständliche Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reelle Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Aufschiebende Wirkung
Im ggst. Verfahren bedarf es, um die Asylangelegenheit des BF abschließend beurteilen zu können, einer eingehenden weiteren Befragung des BF im Rahmen einer mündlichen Verhandlung. Eine Verletzung der maßgeblichen Artikel der EMRK im Fall einer Abschiebung des BF kann daher derzeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden. Im Übrigen hat das BFA die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Spruch auf § 18 Abs. 1 Z.2 BFA-VG gestützt, während es in der Begründung von § 18 Abs. 1 Z. 3 leg.cit. ausgeht.
Der Beschwerde war daher die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
3.4. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. beispielshaft Erk. d. VwGH v. 16.12.2009, GZ. 2007/20/0482; Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167) auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Asylverfahren, aufschiebende Wirkung, Menschenrechtsverletzungen,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L519.2213411.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.06.2019