TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/25 G306 2183348-1

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Veröffentlicht am 25.01.2019
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Entscheidungsdatum

25.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G306 2183345-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerden 1.) des XXXX, geb. XXXX, 2.) der XXXX, geb. XXXX, 3.) der XXXX, geb. XXXX, und 4.) der XXXX, geb. XXXX, alle StA. Irak, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, ARGE Rechtsberatung, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2017, Zl. XXXX, XXXX, XXXX und XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.11.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet a b g e w i e s e n .

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2), die Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden BF3) sowie die Viertbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF4), die letzten beiden gesetzlich vertreten durch die BF2 und den Erstbeschwerdeführer (im Folgenden BF1), stellten gemeinsam am 23.09.2015, der BF1 am 02.01.2017, die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005).

2. Am 24.09.2015 fand vor einem Organ der Bundespolizei die niederschriftliche Erstbefragung der BF2, und am 02.01.2017 jene des BF1 statt.

3. Am 24.11.2016 wurde die BF2 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), der BF1 am 16.02.2017, im Asylverfahren, auch hinsichtlich der BF3 und BF4, einvernommen.

4. Mit den oben im Spruch angeführten Bescheiden des BFA, dem BF1, der BF2 und der BF4 jeweils am 03.11.2017, der BF3 am 20.12.2018, zugestellt, wurden die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Irak zulässig ist (Spruchpunkt V.), sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise im Ausmaß von 14 Tage festgelegt (Spruchpunkt VI.).

5. Mit per E-Mail am 12.01.2018 beim BFA eingebrachten gemeinsamen Schriftsatz erhoben die beschwerdeführenden Parteien (im Folgenden: bfP) durch ihre Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen die zuvor genannten Bescheide an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, jeweils in eventu, das Aufgreifen nicht vorgebrachter Rechtswidrigkeiten, die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, die Erklärung der Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung, die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 oder § 57 AsylG, sowie die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde, beantragt.

6. Die gegenständlichen Beschwerden und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG vom BFA vorgelegt und langten am 18.01.2018 bei diesem ein.

7. Am 20.11.2018 fand in der Grazer Außenstelle des BVwG eine mündliche Verhandlung statt, an jener die bfP und deren RV teilnahmen. Die belangte Behörde nahm von der Entsendung eines informierten Vertreters Abstand und blieb der Verhandlung entschuldigt fern.

8. Mit Schriftsatz vom 05.12.2018 nahmen die bfP ergänzend Stellung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die bfP führen die im Spruch angeführten Identitäten (Namen und Geburtsdatum) und sind alle Staatsangehörige der Republik Irak. Sie sind Angehörige der Volksgruppe der Araber und bekennen sich zum moslemisch-sunnitischen Glauben. Die Muttersprache der bfP ist arabisch.

Der BF1 und die BF2 sind miteinander verheiratet und die leiblichen Eltern der BF3 und BF4.

Die bfP verließen ihren Herkunftsstaat Irak im März 2014 und reisten, nach einem mehr als 1 1/2 -jährigen Aufenthalt in der Türkei, in weiterer Folge in das österreichische Bundesgebiet ein.

In Ungarn wurde der BF1 von der BF2, BF3 und BF4 getrennt, sodass die BF2 bis BF4 gemeinsam in das österreichische Bundesgebiet einreisten und am 23.09.2015 ihre gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten. Der BF1 reiste im Zuge eines Dublin-III Konsultationsverfahrens mit Ungarn am XXXX.2017 ins Bundesgebiet ein und stellte am selbigen Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Der BF1, die BF3 und die BF4 sind gesund und konnte nicht festgestellt werden, dass die BF2, an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leidet und/oder der BF1 und die BF2 arbeitsunfähig sind.

Die BF2 nimmt seit XXXX.2017 eine psychotherapeutische Behandlung in Österreich im jeweiligen Abstand von 3 Wochen in Anspruch.

Die bfP wurden im Irak geboren und hielten sich bis zu deren gegenständlichen Ausreise im Irak, konkret in XXXX, auf.

Der BF1 besuchte im Irak mehrjährig die Schule und war in der Lage seinen Lebensunterhalt, sowie jenen der restlichen Beschwerdeführer mit Erwerbstätigkeiten zu decken.

Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass der BF als Polizist im Irak tätig war.

Die BF2 besuchte ebenfalls mehrjährig die Schule im Irak und war zuletzt als Hausfrau tätig.

Die bfP waren in der Lage mit dem Einkommen des BF1 ihren Lebensunterhalt im Irak zu sichern.

Im Herkunftsstaat, überwiegend in XXXX, halten sich weiterhin (Kern-) Familienmitglieder der bfP, konkret die Eltern, Geschwister und Onkel/Tante des BF1 sowie die Mutter, Geschwister und Onkel/Tante der BF2 auf. Der BF1 und die BF2 halten zu ihren Angehörigen im Irak regelmäßigen Kontakt.

Die bfP verfügen über keine berücksichtigungswürdigen familiären Anknüpfungspunkte, jedoch über soziale Kontakte in Österreich.

Der BF1 ging im Jahr 2017 wiederholt einer geringfügigen - über Dienstleistungsscheck entlohnten - Beschäftigung im Bereich der Gartenpflege im Bundesgebiet nach. Die bfP leben jedoch überwiegend von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Der BF1 und die BF2 besuchten Deutschsprachkurse der Niveaustufe A1 und besuchen die BF3 und BF4 die Schule im Bundesgebiet.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die bfP der Deutschen Sprache auf einem bestimmten Niveau mächtig sind.

Die bfP erweisen sich in strafrechtlicher Hinsicht als unbescholten.

Der BF1 besucht Trommelworkshops im Rahmen der örtlichen evangelischen Kirchengemeinde und nimmt die BF2 an einer Gesprächs-, Näh- und Strickgruppe beim XXXX teil.

Die bfP hatten/haben mit den Behörden des Herkunftsstaates weder auf Grund ihres Religionsbekenntnisses oder ihrer Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme.

Ein konkreter Anlass für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die bfP im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Bedrohung ausgesetzt sind oder dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

Zur Lage im Irak:

0. Politische Lage

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018). Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.2.2018), der aus 18 Provinzen (muhafazät) besteht (Fanack 27.9.2018). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).

An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuwwab, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat), für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt. Zusammen bilden sie den Präsidialrat (Fanack 27.9.2018).

Teil der Exekutive ist auch der Ministerrat, der sich aus dem Premierminister und anderen Ministern der jeweiligen Bundesregierung zusammensetzt (Fanack 27.9.2018; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (RoI 15.10.2005).

Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (BBC 3.10.2018). Abd al-Mahdi ist seit 2005 der erste Premier, der nicht die Linie der schiitischen Da'wa-Partei vertritt, die seit dem Ende des Krieges eine zentrale Rolle in der Geschichte Landes übernommen hat. Er unterhält gute Beziehungen zu den USA. Der Iran hat sich seiner Ernennung nicht entgegengestellt (Guardian 3.10.2018).

Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik (Fanack 27.9.2018). Im Gegensatz zum Präsidenten, dessen Rolle weitgehend zeremoniell ist, liegt beim Premierminister damit die eigentliche Exekutivgewalt (Guardian 3.10.2018).

Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 27.9.2018). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 17.10.2018; vgl. IRIS 11.5.2018).

Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich (Standard 3.10.2018). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnite, der Premierminister ist ein Schiite und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018).

In weiten Teilen der irakischen Bevölkerung herrscht erhebliche Desillusion gegenüber der politischen Führung (LSE 7.2018; vgl. IRIS 11.5.2018). Politikverdrossenheit ist weit verbreitet (Standard 13.5.2018). Dies hat sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen im Mai 2018 gezeigt (WZ 12.5.2018). Der Konfessionalismus und die sogennante "Muhassasa", das komplizierte Proporzsystem, nach dem bisher Macht und Geld unter den Religionsgruppen, Ethnien und wichtigsten Stämmen im Irak verteilt wurden, gelten als Grund für Bereicherung, überbordende Korruption und einen Staat, der seinen Bürgern kaum Dienstleistungen wie Strom- und Wasserversorgung, ein Gesundheitswesen oder ein Bildungssystem bereitstellt (TA 12.5.2018).

Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten und Schiiten sowie Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.2.2018).

Die Zeit des Wahlkampfs im Frühjahr 2018 war nichtsdestotrotz von einem Moment des verhaltenen Optimismus gekennzeichnet, nach dem Sieg über den sogenannten Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (ICG 9.5.2018). Am 9.12.2017 hatte Haider al-Abadi, der damalige irakische Premierminister, das Ende des Krieges gegen den IS ausgerufen (BBC 9.12.2017). Irakische Sicherheitskräfte hatten zuvor die letzten IS-Hochburgen in den Provinzen Anbar, Salah al-Din und Ninewa unter ihre Kontrolle gebracht. (UNSC 17.1.2018).

Quellen:

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Der Standard (13.5.2018): Wahlen im Irak: Al-Abadi laut Kreisen in Führung,

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TA - Tagesanzeiger (12.5.2018): Im Bann des Misstrauens,

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UNSC - United Nations Security Council (17.1.2018): Report of the Secretary-General

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WZ - Wiener Zeitung (12.5.2018): Erste Wahl im Irak nach Sieg gegen IS stößt auf wenig Interesse, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/964399_Erste-Wahl-im-Irak-nach-Sieg-gegen-IS-stoesst-auf-wenig-Interesse.html, Zugriff 23.10.2018

2.1. Parteienlandschaft

Es gibt vier große schiitische politische Gruppierungen im Irak: die Islamische Da'wa-Partei, den Obersten Islamischen Rat im Irak (OIRI) (jetzt durch die Bildung der Hikma-Bewegung zersplittert), die Sadr-Bewegung und die Badr-Organisation. Diese Gruppen sind islamistischer Natur, sie halten die meisten Sitze im Parlament und stehen in Konkurrenz zueinander - eine Konkurrenz, die sich, trotz des gemeinsamen konfessionellen Hintergrunds und der gemeinsamen Geschichte im Kampf gegen Saddam Hussein, bisweilen auch in Gewalt niedergeschlagen hat (KAS 2.5.2018).

Die meisten politischen Parteien verfügen über einen bewaffneten Flügel oder werden einer Miliz zugeordnet (Niqash 7.7.2016; vgl. BP 17.12.2017) obwohl dies gemäß dem Parteiengesetz von 2015 verboten ist (Niqash 7.7.2016; vgl. WI 12.10.2015). Milizen streben jedoch danach, politische Parteien zu gründen (CGP 4.2018) und haben sich zu einer einflussreichen politischen Kraft entwickelt (Niqash 5.4.2018; vgl. Guardian 12.5.2018).

Die sunnitische politische Szene im Irak ist durch anhaltende Fragmentierung und Konflikt gekennzeichnet, zwischen Kräften, die auf Provinz-Ebene agieren, und solchen, die auf

Bundesebene agieren. Lokale sunnitische Kräfte haben sich als langlebiger erwiesen als nationale (KAS 2.5.2018)

Die politische Landschaft der Autonomen Region Kurdistan ist historisch von zwei großen Parteien geprägt: der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK). Dazu kommen Gorran ("Wandel"), eine 2009 gegründete Bewegung, die sich auf den Kampf gegen Korruption und Nepotismus konzentriert, sowie eine Reihe kleinere islamistische Parteien (KAS 2.5.2018).

Abgesehen von den großen konfessionell bzw. ethnisch dominierten Parteien des Irak, gibt es auch nennenswerte überkonfessionelle politische Gruppierungen. Unter diesen ist vor allem die Iraqiyya/Wataniyya Bewegung des Ayad Allawi von Bedeutung (KAS 2.5.2018).

Die folgende Grafik veranschaulicht die Sitzverteilung im neu gewählten irakischen Parlament. Sairoon, unter der Führung des schiitischen Geistlichen Muqtada al-Sadrs, ist mit 54 Sitzen die größte im Parlament vertretene Gruppe, gefolgt von der Fath-Bewegung des Milizenführers Hadi al-Amiri und Haider al-Abadi's Nasr ("Victory")-Allianz (LSE 7.2018).

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Quelle: LSE - London School of Economics and Political Science (7.2018): The 2018 Iraqi Federal Elections, http://eprints.lse.ac.uk/89698/7/MEC_Iraqi-elections_Report_2018.pdf. Zugriff 2.11.2018

Die Wahl im Mai 2018 war von Vorwürfen von Unregelmäßigkeiten und Wahlbetrug begleitet (Al- Monitor 23.8.2018; vgl. Reuters 24.5.2018, Al Jazeera 6.6.2018). Eine manuelle Nachzählung der Stimmen, die daraufhin angeordnet wurde, ergab jedoch fast keinen Unterschied zu den zunächst verlautbarten Ergebnissen und bestätigte den Sieg von Muqtada al-Sadr (WSJ 9.8.2018; vgl. Reuters 10.8.2018). Die Mehrheit der Abgeordneten im Parlament ist neu und jung (WZ

9.10.2018) . Im Prozess zur Designierung des neuen Parlamentssprechers, des Präsidenten und des Premierministers stimmten die Abgeordneten zum ersten Mal individuell und nicht in Blöcken - eine Entwicklung, die einen Bruch mit den üblichen, schwer zu durchbrechenden Loyalitäten entlang parteipolitischer, konfessioneller und ethnischer Linien, darstellt (Arab Weekly 7.10.2018).

Quellen:

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Al Jazeera (6.6.2018): Iraq orders recount of all 11 million votes from May 12 election, https://

www.aljazeera.com/news/2018/06/iraq-orders-recount-11-million-votes-12-election-

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SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (8.2016): Die "Volksmobilisierung" im Irak,

https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2016A52_sbg.pdf.

Zugriff

22.10.2018

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SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2017): Die Badr-Organisation: Irans wichtigstes

politisch-militärisches Instrument im Irak,

https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2017A27 sbg.pdf, Zugriff

22.10.2018

-

WI - al-Waqä'i'a al-iräqiyya (12.10.2015): Law No. 36 of 2015 on Political Parties,

https://www.ilo.org/dvn/natlex/docs/ELECTRONIC/102986/124758/F1240401810/4383.pdf.

Zugriff 22.10.2018

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WoR - War on the Rocks (25.8.2017): Iraq's competing security forces after the battle for Mosul, https://warontherocks.com/2017/08/iraqs-competing-security-forces-after-the-battle-for-

mosul/, Zugriff 22.10.2018

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WSJ - Wall Street Journal (9.8.2018): Iraq Election Results Unchanged After Recount on Fraud Allegations, https://www.wsj.com/articles/iraq-election-results-unchanged-after-recounton-fraud-allegations-1533852653. Zugriff 23.10.2018

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WZ - Wiener Zeitung (9.10.2018): Schlüsselland Irak,

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/994916_Schluesselland-Irak.html.

Zugriff 15.10.2018

2.2. Protestbewegung

Die Protestbewegung, die es schon seit 2014 gibt, gewinnt derzeit an Bedeutung. Zumeist junge Leute gehen in Scharen auf die Straße, fordern bessere Lebensbedingungen, Arbeitsplätze, Reformen, einen effektiven Kampf gegen Korruption und die Abkehr vom religiösen Fundamentalismus (WZ 9.10.2018). Im Juli 2018 brachen im Süden des Landes, in Basra, nahe den Ölfeldern West Qurna und Zubayr Proteste aus. Diese eskalierten, nachdem die Polizei in West Qurna auf Demonstranten schoss (ICG 31.7.2018). Reich an Ölvorkommen, liefert die Provinz Basra 80 Prozent der Staatseinnahmen des Irak. Unter den Einwohnern der Provinz wächst jedoch das Bewusstsein des Gegensatzes zwischen dem enormem Reichtum und ihrer eigenen täglichen Realität von Armut, Vernachlässigung, einer maroden Infrastruktur, Strom- und Trinkwasserknappheit (Carnegie 19.9.2018; vgl. NPR 27.9.2018).

Die Proteste im Juli weiteten sich schnell auf andere Städte und Provinzen im Süd- und Zentralirak aus (DW 15.7.2018; vgl. Presse 15.7.2018, CNN 17.7.2018, Daily Star 19.7.2018). So gingen tausende Menschen in Dhi Qar, Maysan, Najaf und Karbala auf die Straße, um gegen steigende Arbeitslosigkeit, Korruption und eine schlechte Regierungsführung, sowie die iranische Einmischung in die irakische Politik zu protestieren (Al Jazeera 22.7.2018). Die Proteste erreichten auch die Hauptstadt Bagdad (Joel Wing 25.7.2018; vgl. Joel Wing 17.7.2018). Am 20.7. wurden Proteste in 10 Provinzen verzeichnet (Joel Wing 21.7.2018). Demonstranten setzten die Bürogebäude der Da'wa-Partei, der Badr-Organisation und des Obersten Islamischen Rats in Brand; praktisch jede politische Partei wurde angegriffen (Al Jazeera 22.7.2018). Es kam zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, sowie zu Todesfällen (Kurier 15.7.2018; vgl. CNN 17.7.2018, HRW 24.7.2018). Ende August war ein Nachlassen der Demonstrationen zu verzeichnen (Al Jazeera 3.8.2018). Im September flammten die Demonstrationen wieder auf. Dabei wurden in Basra Regierungsgebäude, die staatliche Fernsehstation, das iranische Konsulat, sowie die Hauptquartiere fast aller Milizen, die vom Iran unterstützt werden, angegriffen. Mindestens 12 Demonstranten wurden getötet (Vox 8.9.2018; vgl. NPR 27.9.2018).

Quellen:

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Al Jazeera (22.7.2018): Iraq protests: What you should know,

https://www.aliazeera.com/indepth/features/iraq-protests-180717074846746.html.

Zugriff

23.10.2018

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Al Jazeera (3.8.2018): Protests in Iraq dwindle after weeks of anger,

https://www.aljazeera.com/news/2018/08/protests-iraq-dwindle-weeks-anger-

180803192747710.html, Zugriff 24.10.2018

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Carnegie - Carnegie Middle East Center (19.9.2018): The Basra Exception, http://carnegie- mec.org/diwan/77284?lang=en. Zugriff 23.10.2018

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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