Entscheidungsdatum
11.02.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
G313 2124336-2/14E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, alias XXXX, geboren am XXXX, StA: Irak, vertreten durch Migrantinnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2017, Zl. XXXX, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 21.03.2016, Zl. XXXX, wurde der Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) auf internationalen Schutz vom 03.07.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und 55 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt III.), und festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).
2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (im Folgenden: BVwG) vom 09.06.2017 wurde die Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z. 3 und § 57 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z. 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz von Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt."
4. Am 08.08.2017 stellte der BF erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes hielt der BF sein Fluchtvorbringen aus seinem ersten Asylverfahren aufrecht und gab er an, bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat um sein Leben zu fürchten.
5. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 18.09.2017 verwies der BF auf sein bereits vor dem BFA im ersten Asylverfahren erstattetes Fluchtvorbringen und gab er an, bei einer Rückkehr getötet und als Verräter behandelt zu werden.
6. Mit im Spruch angeführtem Bescheid vom 31.10.2017 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 08.08.2017 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Nach Durchführung einer Interessensabwägung wurde unter Berücksichtigung der nach Rechtskraft des Vorbescheides eingegangenen Ehe des BF auf ein Überwiegen der öffentlichen über seinen privaten Interessen geschlossen und wegen aufrechter Rückkehrentscheidung von der Erlassung einer neuerlichen aufenthaltsbeendenden Maßnahme abgesehen.
7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche fristgerechte Beschwerde.
8. Am 12.12.2017 langte die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Irak und stammt aus einer Provinz südlich von Bagdad.
1.2. Am 03.07.2015 stellte der BF im Bundesgebiet seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge dieses ersten Asylverfahrens gab der BF zusammengefasst an, von Mitgliedern einer schiitischen Partei bedroht und geschlagen worden zu sein, weil er sich ihnen nicht anschließen habe wollen. Da sein Fluchtvorbringen wegen widersprüchlicher Angaben vom BFA nicht als glaubwürdig gewertet und kein Abschiebungshindernis erkannt wurde, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 03.07.2015 mit Bescheid des BFA vom 21.03.2016 abgewiesen, dem BF kein Aufenthaltstitel erteilt und gegen ihn eine Rückehrentscheidung erlassen.
Mit Erkenntnis des BVwG vom 09.06.2017 wurde die Beschwerde dagegen abgewiesen.
1.3. Der BF stellte am 08.08.2017 seinen zweiten Asylantrag. In seinem zweiten Asylverfahren hielt der BF seine Angaben zu seinem Fluchtgrund aus seinem ersten Asylverfahren aufrecht und gab er an, bei einer Rückkehr getötet und als Verräter behandelt zu werden.
Mit Bescheid des BFA vom 31.10.2017 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 08.08.2017 mit Spruchpunkt I. wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Begründend dafür wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sowohl der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt als auch die maßgebliche den BF betreffende allgemeine Lage in seinem Herkunftsstaat sich seit Rechtskraft seines ersten Asylverfahrens nicht geändert habe. Bezüglich der Lage im Irak wurden allgemeine Länderberichte zur politischen Lage, Sicherheitslage und Behandlung nach Rückkehr getroffen.
In der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides wurde hinsichtlich der beantragten Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus Folgendes festgehalten:
"Was die weiteren und gemäß § 8 AsylG 2005 berücksichtigungswürdigen Aspekte betrifft, ist anzumerken, dass sich im gegenständlichen Verfahren ebenso kein Hinweis auf einen seit Rechtskraft Ihres Erstverfahrens entscheidungsrelevant geänderten Sachverhalt ergeben hat, weder im Hinblick auf Ihre persönliche Situation, noch im Hinblick auf die allgemeine Lage in Ihrem Heimatland."
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF getroffen werden, beruhen diese auf den unbestritten gebliebenen diesbezüglichen Feststellungen im gegenständlich angefochtenem Bescheid.
2.3. Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.
Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1
B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm11). Gemäß dieser Bestimmung kann die Berufungsbehörde, sofern der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Wie oben ausgeführt, ist aufgrund von § 17 VwGVG die subsidiäre Anwendung von § 66 Abs. 2 AVG durch die Verwaltungsgerichte ausgeschlossen.
Im Gegensatz zu § 66 Abs. 2 AVG setzt § 28 Abs. 3 VwGVG die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr voraus.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss. Gemäß Abs. 3 sind auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.
Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 (Waffenverbot), in Bezug auf die grundsätzliche Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte nach § 28 VwGVG und die Möglichkeit der Zurückverweisung ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte darstellt. So kommt eine Aufhebung des Bescheides nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebrauch macht.
3.2. Der gegenständlich angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt als mangelhaft:
Der gegenständlich angefochtene Bescheid, mit welchem der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 08.08.2017 wegen entschiedener Sacher zurückgewiesen wurde, bezog sich auf die bereits im Vorverfahren rechtskräftig "entschiedene Sache". Mit Entscheidung des BVwG vom 09.06.2017 wurde die behördliche Entscheidung vom 21.03.2016 über den vom BF am 03.07.2015 gestellten Antrag auf internationalen Schutz bestätigt. Dieser Antrag von 2015 wurde sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asyl- als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen, wobei diese abweisende Entscheidung mit der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung, und der Feststellung, dass die Abschiebung des BF in den Irak zulässig sei, verbunden wurde.
Im gegenständlichen zweiten Asylverfahren wurde das Vorbringen aus dem ersten Asylverfahren aufrecht gehalten. Mit angefochtenem Bescheid wurde der zweite Asylantrag des BF vom 08.08.2017 wegen entschiedener Sacher zurückgewiesen und nach Durchführung einer Interessensabwägung unter Berücksichtigung der nach rechtskräftiger Beendigung des ersten Asylverfahrens vom BF eingegangener Ehe auf ein Überwiegen der öffentlichen über den privaten Interessen des BF geschlossen und wegen aufrechter Rückkehrentscheidung von der Erlassung einer neuerlichen aufenthaltsbeendenden Maßnahme abgesehen.
Gegenstand des angefochtenen Bescheides war die Frage, ob jeweils
entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vorliegt.
Entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235).
Auf Grund des Umfanges des Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1
Z 13 AsylG 2005 ist im gegenständlichen Fall zur Entscheidung, ob "entschiedene Sache" vorliegt, relevant, ob vor der belangten Behörde neue, mit einem glaubwürdigen Kern versehene Tatsachen vorgebracht wurden, die eine andere Entscheidung sowohl im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten indizieren können. Auch die allgemeine Lage im Irak ist dabei von Amts wegen mit zu berücksichtigen.
Dem gegenständlich angefochtenen Bescheid wurden nach rechtskräftiger Beendigung des Erstverfahrens neue Länderfeststellungen zur Sicherheitslage im Irak zugrunde gelegt.
Diesbezüglich wurde eingangs festgehalten:
"Die maßgebliche und Sie betreffende allgemeine Lage im Herkunftsland hat sich seit rechtskräftigem Abschluss Ihres Erstverfahrens nicht geändert."
Die belangte Behörde hat dem angefochtenen Bescheid aktuellere Länderberichte zum Irak als dem Vorbescheid zugrunde gelegt, und zwar zur politischen Lage, zur Sicherheitslage und zur Behandlung nach Rückkehr und in der Beweiswürdigung den Schluss gezogen:
"Die Feststellung, dass Sie im gegenständlichen Verfahren keinen nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens neu entstandenen und asylrelevanten Sachvershalt vorgebracht haben, ergibt sich aus Ihren Angaben bei der Erstbefragung am 08.08.2017 und bei der Einvernahme am 18.09.2017 zum gegenständlichen Verfahren."
Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029).
Zu Spruchpunkt II., des ursprünglichen Bescheides und den seitens der Behörde nun zu würdigenden Gründe ob entschiedener Sache vorliegt wurde nur ausgeführt:
"Was die weiteren und gemäß § 8 AsylG 2005 berücksichtigungswürdigen Aspekte betrifft, ist anzumerken, dass sich im gegenständlichen Verfahren ebenso kein Hinweis auf einen seit Rechtskraft Ihres Erstverfahrens entscheidungsrelevant geänderten Sachverhalt ergeben hat, weder im Hinblick auf Ihre persönliche Situation, noch im Hinblick auf die allgemeine Lage in Ihrem Heimatland."
Eine nähere Auseinandersetzung mit der individuellen Rückkehrsituation des BF unter Einbeziehung seines Vorbringens, der BF fürchte sich wegen seiner Ausreise bei einer Rückkehr als Verräter getötet zu werden, vor dem Hintergrund aktueller Länderberichte zur Sicherheitslage in seiner Herkunftsregion fehlt in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides, um überhaupt den Schluss ziehen zu können, eine seit rechtskräftig abgeschlossenen Erstverfahrens entscheidungsrelevant geänderter Sachverhalt liege nicht vor.
Für die Auffassung im angefochtenen Bescheid, es liege "entschiedene Sache" vor, fehlt in der Beweiswürdigung jedenfalls eine nähere Auseinandersetzung mit der individuellen Rückkehrsituation des BF vor dem Hintergrund der sich seit rechtskräftiger Beendigung des Erstverfahrens geänderten Länderberichtslage.
Es war der gegenständlich angefochtene Bescheid daher zu beheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da im gegenständlichen bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G313.2124336.2.00Zuletzt aktualisiert am
04.06.2019