TE Bvwg Beschluss 2019/2/27 W156 2206001-1

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Veröffentlicht am 27.02.2019
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Entscheidungsdatum

27.02.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §33 Abs3
VwGVG §7 Abs4

Spruch

W156 2206001-1/12E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag:

Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde von J XXXX M XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.08.2018, Zl. XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde., nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.02.2019:

A) I. In Erledigung der Beschwerde wird der Antrag auf

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.11.2017, Zl. XXXX , wird als verspätet zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Antragsteller stellte am 20.10.2015.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 29.11.2017 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Weiters wurde dem nunmehrigen Antragsteller ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegenüber dem nunmehrigen Antragsteller gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des nunmehrigen Antragstellers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.).

Schließlich sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Aus dem in den Verwaltungsakten einliegenden RSa-Rückschein ergab sich, dass nach einem erfolglosen Zustellversuch am 06.12.2017 eine Verständigung über die Hinterlegung des Schriftstücks am Postamt 1170 in die Abgabeeinrichtung eingelegt wurde. Als Beginn der Abholfrist wurde der 06.12.2017 vermerkt.

Gegen den oben genannten Bescheid vom 29.11.2017 wurde Beschwerde erhoben, die am 27.07.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl per E-Mail eingebracht wurde.

Mit E-Mail vom 30.07.2018 wurde beschwerdegegenständlicher Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht.

Mit Bescheid vom 14.08.2018, Zl. XXXX , wurde der Antrag auf Widereinsetzung in den vorigen Stand von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am 17.09.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dieser Antrag wird im Wesentlichen damit begründet, dass im Hauspostfach keine Hinterlegungsverständigung gewesen sei oder diese versehentlich zwischen Zeitschriften gerutscht wären und mit diesen eventuell entsorgt worden wäre. Die Frist für die Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung sei mit dem heutigen Tag der Einbringung des Antrages anzusetzen, da erst mit diesem Datum der Rechtsvertretung bekannt geworden sei, dass bereits vor dem im Bescheid vermerkten Übergabedatum eine Zustellung erfolgt sei.

Die Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 20.09.2018 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt.

Am 22.02.2019 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetsches für die Sprache Dari, dem Beschwerdeführer und seiner Rechtsvertretung eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Einvernommen wurde als Zeuge das damals zuständigen Zustellorgan der Österreichischen Post. Die belangte Behörde blieb der mündlichen Verhandlung entschuldigt fern und ersuchte um Übersendung des Verhandlungsprotokolls.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.11.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Der Beschwerdeführer war im Zeitraum vom 14.11.2017 bis 01.08.2018 an der verfahrensgegenständlichen Adresse in Wien 1 XXXX , L XXXX XXXX gemeldet.

Dieser Bescheid vom 29.11.2017 wurden am 06.12.2017 rechtswirksam durch Hinterlegung zugestellt. Eine Hinterlegungsanzeige wurde in das Hauspostfach eingelegt und das Schriftstück in der zuständigen Postfiliale zur Abholung bereit gehalten.

Der Beschwerdeführer kann nicht ausschließen, dass die Hinterlegungsanzeige durch sein Versehen entsorgt wurde.

Dem Beschwerdeführer wurde am 06.07.2018 dieser Bescheid neuerlich persönlich übergeben. Der Beschwerdeführer war vor der Abholung von der Caritas informiert worden, dass ein negativer Asylbescheid bereits erlassen und die Frist zur Erhebung einer Beschwerde abgelaufen war.

Der Beschwerdeführer brachte im Wege seiner Vertretung am 27.07.2018 Beschwerde gegen diesen Bescheid ein.

Mit E-Mail vom 30.07.2018 wurde beschwerdegegenständlicher Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht.

Mit Bescheid vom 14.08.2018, Zl. XXXX , wurde der Antrag auf Widereinsetzung in den vorigen Stand von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am 17.09.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur ordnungsgemäßen Zustellung durch Hinterlegung des Bescheides vom 29.11.2017 ergibt sich aus dem entsprechenden, die gehörige äußere Form aufweisenden und somit unbedenklichen Zustellschein sowie der Einvernahme des zuständigen Zustellorganes der Österreichischen Post in der mündlichen Verhandlung.

Der Antragsteller und nunmehrige Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die Zustellung, somit Zustellversuch am 06.12.2017 Amts der aufrechten Meldeadresse des Beschwerdeführers erfolgte, somit auch die Hinterlegung der Postsendung an die Zustellbasis 1 XXXX Wien rechtmäßig war.

Die zeugenschaftliche Einvernahme des Zustellorgans zum Beweis dafür, dass diese im fraglichen Zeitraum auch eine Hinterlegungsanzeige in der Abgabeeinrichtung zugelassen hat und es damit auch zu einer rechtswirksamen Hinterlegung bzw. Zustellung des Bescheides vom 29.11.2017 gekommen sei, ergab, dass das Zustellungsorgan die Rechtmäßigkeit seiner Handlungsweise ausdrücklich am Rückschein und am Poststück dokumentiert hat.

Dass der Beschwerdeführer möglicherweise durch ungenügende Sorgfalt die Hinterlegungsanzeige entsorgt hat, ergibt sich aus dem Vorbringen in der Beschwerde als auch in der mündlichen Verhandlung (Protokoll S 13).

Der Beschwerdeführer ist darüber hinauf auf den Umstand zu verweisen, dass laut Akteninhalt er zumindest im Zeitraum vom 18.11.2018 bis 04.12.2018 nicht an der neuen amtlichen Meldeadresse in 1 XXXX Wien vorgefunden werden konnte und ab dem 04.12 2018 dort nach Angaben der Mitbewohner nicht mehr aufhältig war.

Im Wissen, dass eine Beschwerde bzw. ein Antrag auf Wiedereinsetzung anhängig ist und in diesem Zusammenhang amtliche Schriftstücke zugestellt werden könnten, lässt nicht den Schluss zu, dass der BF - wie behauptet - im Umgang mit an ihn zugestellte Poststücken sorgsam ist.

Dass der Beschwerdeführer über die Erlassung des Bescheides vom 29.11.2017 und den Ablauf der Beschwerdefrist bereits persönlicher Abholung am 07.07.2018 informiert war, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung.

Der darüber hinaus gehende festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und im Verfahren unbeanstandeten Aktenlage fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) I. Zurückweisung des Antrags:

3.1. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

§ 33 Abs. 1 bis 4 VwGVG lautet:

(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

§ 17 ZustG lautet:

"Hinterlegung

§ 17 Zustellgesetz lautet:

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

3.2. Beurteilung des konkreten Sachverhalts

3.2.1. Zum angeführten Wiedereinsetzungsgrund

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdefrist iSd § 7 Abs 4 erster Satz VwGVG von vier Wochen am Mittwoch, dem 06.12.2018, begonnen (§ 17 Abs 3 ZustG) und am Mittwoch, dem 03.2018, 24:00 Uhr geendet. Die Beschwerde wurde am Freitag, dem 27.07.2018, um 12:23 Uhr per E-Mail eingebracht und war damit verspätet.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Ereignis dann "unvorhergesehen", wenn die Partei es nicht einberechnet hat und seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die ihr zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte. Es ist "unabwendbar", wenn es die Partei mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht verhindern konnte, auch wenn sie dessen Eintritt voraussah. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. u.a. VwGH 26.02.2014, 2012/13/0051, mwH). Die Unkenntnis von der Zustellung einer Entscheidung kann einen Wiedereinsetzungsgrund bilden, sofern die Unkenntnis nicht auf einem Verschulden beruht, welches den Grad minderen Versehens überschreitet (vgl. u.a. VwGH 02.10.2000, 98/19/0198).

3.2.2. Dem Beschwerdeführer ist im vorliegenden Fall aus folgenden Gründen ein Verschulden an der Versäumung der Beschwerdeeinbringung innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist zur Last zu legen, welches über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht:

Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung selber an, dass er zum damaligen Zeitpunkt neu an der Zustelladresse gelebt habe und möglichweise sein Post nicht sehr sorgfältig überprüft habe. Vor dem Hintergrund, dass sich der Beschwerdeführer in einem laufende Asylverfahren befand, hätte dieser nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes besonders vorsichtig sein und entsprechende Maßnahmen ergreifen müssen, um sicherzustellen, dass er von etwaigen behördlichen Schriftstücken bzw. Hinterlegungsanzeigen tatsächlich Kenntnis erlangt. Dass der Beschwerdeführer auch weiterhin keine besondere Sorgfalt walten ließ, erschließt sich für das Bundesverwaltungsgericht auch aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer ab dem 18.11.2018 an der nächsten Adresse in 1 XXXX Wien nicht mehr wohnhaft war, ohne eine neue Adresse bekannt zu geben.

Wie dargestellt reduziert sich das Vorbringen des Beschwerdeführers auf die Behauptung, dass entweder überhaupt keine Hinterlegungsanzeige an der Abgabestelle hinterlassen worden sei oder die Hinterlegungsanzeige sei versehentlich entsorgt worden. Dieses Vorbringen über die angeblich gar nicht erfolgte Zustellung und die angeblich gar nicht erfolgte Verständigung über die Hinterlegung ist in einem unauflöslichen Widerspruch zu der einwandfrei dokumentierten Vorgangsweise des Zustellorgans. Das sonstige Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem Antrag auf Wiedereinsetzung, dass die Hinterlegungsanzeige auch möglicherweise versehentlich z.B. mit einer Zeitschrift entsorgt worden sei ist nicht ausreichend, um einen Wiedereinsetzungsgrund darzulegen. Die "Unerklärlichkeit" des Verschwindens eines in seine Gewahrsame gelangten amtlichem Schriftstückes (hier: der Hinterlegungsanzeige) geht nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Lasten des Beschwerdeführers, dem es ein Wiedereinsetzungsverfahrens obliegt, einen solchen Hinderungsgrund an der Wahrnehmung der Frist (hier: der Beschwerdefrist gegen den genannten Bescheid der belangten Behörde) geltend zu machen, der nicht durch ein leichte Fahrlässigkeit übersteigendes Verschulden herbeigeführt wurde. Die auf die bloße Unaufgeklärtheit der Gründe für die Unkenntnis von einem Zustellvorgang gerichtete Behauptung des Beschwerdeführers, die Hinterlegungsanzeige nicht erhalten zu haben, reicht - da diese nach der Beurkundung des Zustellorgans in seine Gewahrsame gelangt ist - für eine Wiedereinsetzung nicht aus (vgl. hiezu bereits VwGH vom 21.09.1999, Zahl 97/18/0418).

Der Antrag wäre daher inhaltlich abzuweisen.

3.2.3. Nicht Rechtzeitigkeit des Antrags auf Wiedereinsetzung

Der Antrag ist jedoch bereits aus den folgenden Gründen als verspätet zurückzuweisen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei einer Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Beschwerdefrist § 33 VwGVG anzuwenden; die §§ 71 und 72 AVG kommen nicht zu Anwendung. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung aber auch festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (vgl. u.a. VwGH 13.09.2017, Ra 2017/12/0086, mwH).

Hinsichtlich § 71 Abs. 1 Z 1 AVG geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Kenntnis von der Verspätung der Einbringung eines Rechtsmittels bereits dann gegeben ist, wenn die Partei oder ihr Vertreter diese erkennen konnte und musste (vgl. etwa VwGH 30.05.2007, 2006/06/0328).

Der Beschwerdeführer war über die Erlassung des Bescheides vom 29.11.2018 und den Ablauf der Beschwerdefrist bereits spätestens am 6.07.2018 informiert, als ihm durch die Caritas bekannt gegeben wurde, dass bereits ein Bescheid erlassen worden sei und der Beschwerdeführer dagegen nicht rechtszeitig Beschwerde erhoben habe. Damit fiel das Hindernis, nämlich der Irrtum der bP über die Erlassung und die verstrichene Rechtsmittelfrist, weg.

Die zweiwöchige Frist zur Erhebung eines Wiedereinsetzungsantrags gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG begann daher spätestens am 06.07.2018 zu laufen und endete die zweiwöchige Frist des § 33 Abs 3 VwGVG am Freitag den 20.07.2018.

Am 30.07.2018 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verfasst und per E-Mail eingebracht.

Da zu diesem Zeitpunkt die zweiwöchige Frist des § 33 Abs 3 VwGVG abgelaufen war, war der Antrag auf Wiedereinsetzung verspätet und ist als verspätet zurückzuweisen.

Auch hier ist dem Beschwerdeführer - wenngleich es darauf bei der Versäumung der Frist für die Wiedereinsetzung nicht mehr entscheidend ankommt - wieder ein sorgloser Umgang vorzuwerfen:

Obwohl ihm durch die Caritas bereits bekannt gemacht wurde, dass ein Bescheid bereits erlassen worden sei und die Rechtsmittelfrist ungenützt verstrichen war, unterließ es der Beschwerdeführer, den gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung unverzüglich einzubringen.

3.3. Zurückweisung der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.11.2017:

3.3.1. Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, und dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung zu laufen.

Nach § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat; fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (§ 33 Abs. 2 leg.cit.). Bei der Frist zur Einbringung der Beschwerde handelt es sich um eine durch Gesetz festgesetzte Frist, die nicht verlängerbar ist (§ 33 Abs. 4 leg.cit.).

3.3.2. Dem Beschwerdeführer wurde der Bescheid vom 29.11.2017 am 06.12.2017 mittels Hinterlegung zugestellt. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde betrug gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG vier Wochen. Diese Frist lief sohin mit Ablauf des 03.01.2018 (einem Mittwoch) ab. Im vorliegenden Fall langte die Beschwerde am 27.07.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein. Zu diesem Zeitpunkt war die vierwöchige Beschwerdefrist bereits abgelaufen, weshalb die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen ist.

3.3.3. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 33 Abs. 4 letzter Satz VwGVG lagen zu keinem Zeitpunkt des gegenständlichen Verfahrens vor.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde im Rahmen der Erwägungen wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Fristversäumung, Hinterlegung, Rechtsmittelfrist, Sorgfaltspflicht,
Verschulden, Verspätung, Wiedereinsetzung, Wiedereinsetzungsantrag,
Zurückweisung, Zustellung, Zustellung durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W156.2206001.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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