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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GewO 1994 §74 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der O Gesellschaft mbH in F, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 20. Februar 1998, Zl. 317.736/7-III/A/2a/97, betreffend Vorschreibung einer Auflage gemäß § 79 GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Unstrittig ist, daß erst nach Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung für die Firma O Gesellschaft mbH die Siedlung "am Viehgatter" errichtet wurde, wohin die beschwerdeführenden Nachbarn der gegenständlichen Betriebsanlage im Jahr 1989 zugezogen sind. Am 19. März 1990 beschwerte sich der Nachbar P bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch wegen wiederholter Geruchs- und Lärmbelästigungen durch Dieselaggregate der erwähnten Firma. Trotz der Entfernung von 250 m bis 300 m von der Betriebsanlage seien er und seine Ehefrau derartigen Immissionen ausgesetzt.
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin als Inhaberin der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 21. März 1983 genehmigten Betriebsanlage - einer Lagerhalle mit Garagen und Büroräumen im Standort Feldkirch-Gisingen - gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 folgende zusätzliche Auflagen vorgeschrieben:
"1. Während der Nachtstunden (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) dürfen auf dem Betriebsgelände ausschließlich elektrisch betriebene Kühlaggregate betrieben werden.
2. Lastkraftfahrzeuge sind so aufzustellen, daß sich die Aggregate auf der dem Gebäude abgewandten Seite befinden. Diesbezügliche Hinweise sind dauerhaft und gut lesbar an der Außenseite des Gebäudes anzubringen."
Diese Auflagen beziehen sich auf den zum Betriebsgelände gehörenden Vorplatz vor dem Betriebsgebäude, der laut Betriebsbeschreibung ausschließlich als Verkehrsfläche und Abstellfläche für Lkw und Pkw zu verwenden ist.
Zur Begründung der angefochtenen Auflagenvorschreibung gab der Bundesminister nach Darlegung des Verfahrensverlaufes und der im Berufungsverfahren noch eingeholten gewerbetechnischen und medizinischen Sachverständigengutachten das zuletzt erstattete medizinische Gutachten zusammengefaßt wie folgt wieder:
"Durch den Betrieb obiger Betriebsanlage während der Nachtstunden entstehen beim Anwohner P Lärmimmissionen, bei denen im günstigsten Fall Schlafstörungen nicht auszuschließen sind, im ungünstigsten Fall Lärmimmissionen, bei denen Schlafstörungen zu erwarten sind. Die Folgen sind Störungen der Erlebnisfähigkeit und Befindlichkeitsstörungen an dem der Schlafstörung folgenden Tag und auf lange Sicht die Ursache von psycho-vegetativen Störungen, denen Krankheitswert zukommt. Eine Gesundheitsgefährdung kann daher nicht ausgeschlossen werden."
Gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 habe die Behörde die nach dem Stand der Technik und der medizinischen oder sonst in Betracht kommenden Wissenschaft zur Erreichung des Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen vorzuschreiben, wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergebe, daß die gemäß § 74 Abs. 2 leg. cit. wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid und im Betriebsbewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt seien. Gemäß Abs. 2 leg. cit. seien Auflagen im Sinne des Abs. 1 zugunsten von Personen, die erst nach Genehmigung der Betriebsanlage Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 und 3 leg. cit. geworden seien, nur soweit vorzuschreiben, als diese zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit dieser Personen notwendig sind. Die Beurteilung, ob eine Gefährdung der Gesundheit von Nachbarn vorliege, sei eine Rechtsfrage, bei deren Lösung der Unterscheidung zwischen der Gefährdung der Gesundheit der Nachbarn und deren Belästigung auszugehen sei. Die Gefährdung der Gesundheit sei eine Einwirkung auf den menschlichen Organismus, deren Art und Nachhaltigkeit über die bloße Belästigung hinausgehe. Die Abgrenzung sei von der Behörde - unter Heranziehung von dem Stand der medizinischen Wissenschaften entsprechenden Sachverständigenaussagen - vorzunehmen (unter Verweis auf die hg. Erkenntnisse vom 12. März 1982, Zl. 81/04/0116 und vom 19. Oktober 1993, Zl. 91/04/0163). Bei den Nachbarn der Siedlung "am Viehgatter" handle es sich um später hinzugezogene, die gemäß § 79 Abs. 2 GewO 1994 nur vor Gesundheitsgefährdungen (und nicht vor unzumutbaren Immissionen) zu schützen seien. Aus den schlüssigen im Berufungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten ergebe sich, daß während der Nachtzeit Gesundheitsgefährdungen der Nachbarn nicht ausgeschlossen werden könnten. Die Genehmigungsvoraussetzung des § 77 leg. cit. "Vermeidung der Gesundheitsgefährdung" werde vom Verwaltungsgerichtshof als ein Ausschluß der Gesundheitsgefährdung interpretiert (unter Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 14. November 1989, Zl. 89/04/0047). Da die Voraussetzungen für die Vorschreibung von Auflagen gemäß § 79 keine anderen seien als für die Vorschreibung von Auflagen gemäß § 77 GewO 1994, sei u.a. als geeignete Maßnahme zur Reduzierung der Lärmimmissionen in der Nachtzeit der schon in den Verfahren der Behörden erster und zweiter Instanz vorgeschriebene elektrische Betrieb der Kühlaggregate aufzutragen, wodurch eine Absenkung des Emissionspegels um 10 dB erreicht würde.
Die Nichtgefährdung der Nachbarschaft einer gewerblichen Betriebsanlage liege im öffentlichen Interesse, dessen Wahrung der Gewerbebehörde zukomme. Daher sei es rechtlich nicht relevant, wenn aus der Nachbarschaft Beschwerden lediglich von dem Ehepaar P aktenkundig seien. Demgemäß seien die von der Beschwerdeführerin gestellten Anträge auf Einvernahme zahlreicher weiterer in der Siedlung "am Viehgatter" wohnhafter Nachbarn als Zeugen wegen Unerheblichkeit für die Ermittlung des entscheidungsmaßgeblichen Sachverhaltes abzuweisen gewesen. Dem Antrag auf Einholung eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens sei nicht stattzugeben gewesen, weil das Ziel der vorgeschriebenen Auflage gemäß § 79 leg. cit. dem Schutz der Gesundheitsgefährdung diene. Auf das mit dem einzuholenden betriebswirtschaftlichen Gutachten angestrebte Ziel der Beschwerdeführerin, die Unverhältnismäßigkeit der ihr erteilten Maßnahme gegenüber der Beeinträchtigung der Nachbarn nachzuweisen, komme es nicht an (unter Verweis auf die hg. Erkenntnisse vom 19. Juni 1990, Zl. 89/04/0256 und vom 2. Juli 1992, Zl. 92/04/0056).
Die Beschwerdeführerin habe nach Vorhalt der Ergebnisse der im Berufungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten eine Stellungnahme dahin abgegeben, daß sie auf ihrem Betriebsgelände (nunmehr) nur Kühlaggregate neuerer Bauart verwende. Dies sei aber rechtlich in keiner Weise gewährleistet. Es wäre auch nicht möglich, dies mittels Auflage vorzuschreiben, weil Auflagen im Betriebsanlagenverfahren bestimmte, geeignete - behördlich erzwingbare - Maßnahmen des Inhabers der Betriebsanlage zum Gegenstand haben müßten. Die Behörde könne im Zuge des Verfahrens gemäß § 79 GewO auf Vorschläge, die vom Inhaber der Betriebsanlage selbst gemacht würden, eingehen und diese ihrer Entscheidung zugrunde legen, wenn deren Verwirklichung den angestrebten Schutz gewährleisten. Sie sei jedoch an diese Vorschläge nicht gebunden (unter Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1992, Zl. 92/04/0056). Das vom gewerbetechnischen Sachverständigen in seinem Gutachten als mögliche Alternative genannte Schallschirmbauwerk werde vom Genehmigungsinhaber nicht aufgegriffen, weshalb der vorgeschriebenen Auflage der Vorzug zu geben gewesen sei, zumal der Anschluß der Kühlaggregate an das Stromnetz in einem voll elektrifizierten Land durchaus dem Stand der Technik entspreche.
Der abschließend gestellte Beweisantrag auf Vornahme neuerlicher Schallpegelmessungen an Ort und Stelle sei in Anbetracht des Umstandes, daß die belangte Behörde schon zweimal Messungen an Ort und Stelle durchgeführt habe, abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluß vom 9. Juli 1998, B 728/98-4, ablehnte. Zugleich trat er sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der über Aufforderung ergänzten Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem "Recht auf ein gesetzmäßiges Verwaltungsverfahren und damit in ihrem aus den Bestimmungen der GewO und den Bestimmungen des AVG ableitbaren Recht auf Unterbleiben gesetzlich nicht erforderlicher Auflagen betreffend die Verwendung dieselbetriebener Kühlaggregate verletzt". In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt sie vor, sie habe nach Mitteilung der Ergebnisse der eingeholten gewerbetechnischen und ärztlichen Sachverständigengutachten in ihrer Stellungnahme vom 10. Dezember 1997 darauf hingewiesen, daß die (im Sachverständigengutachten bezeichneten) "lauteren" Kühlaggregate älterer Bauart mit der Bezeichnung Cycle Sentay (Thermoking SB I-50 und SB II-50) in der Zwischenzeit von ihr nicht mehr in Betrieb genommen würden, um allfälligen Lärmstörungen vorzubeugen. Die Beschwerdeführerin habe darauf hingewiesen, daß das in sich zwar schlüssige gewerbetechnische Gutachten somit auf dB-Werten basiere, die zum Zeitpunkt der Messung zwar gegeben gewesen sein mögen, zum Zeitpunkt der Stellungnahme - nachdem nur noch Aggregate "neuerer Bauart an Ort und Stelle" im Einsatz seien - der Leq von 35 dB nicht annähernd erreicht werden könne, weshalb lärmbedingte Schlafstörungen auszuschließen seien. Die Beschwerdeführerin habe aufgezeigt, daß das Fehlen von Lärmspitzen bzw. der Mangel an Informationshaltigkeit des Lärmes der Kühlaggregate allfällige störende Auswirkungen noch mehr abschwächen würde und der Verkehr auf der L 60 weit höhere Lärmimmissionen mit sich brächte. Sie habe daher neuerlich Messungen sowohl auf dem Betriebsgelände als auch vor dem Wohnhaus und im Schlafzimmer der Nachbarn P zum Beweise dafür beantragt, daß die nunmehr im Betrieb befindlichen Kühlaggregate neuerer Bauart einen Leq von weit unter 35 dB verursachten und Gesundheitsstörungen deshalb auszuschließen seien.
Die belangte Behörde habe dies aufgrund einer unzutreffenden Rechtsansicht abgelehnt. Die von der belangten Behörde zitierte Judikatur sei auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar. Es wäre sehr wohl möglich, der Beschwerdeführerin mittels Auflage vorzuschreiben, nur noch
"dieselbetriebene Kühlaggregate neuerer Bauart (Carrier Europhönix und Thermoking SM X-II-50 bzw. andere entsprechende Kühlaggregate) in Betrieb zu nehmen, die gewährleisten, daß - im Schlafzimmer der P gemessen - jedenfalls ein Leq von 35 dB auch bei geöffnetem Fenster nicht erreicht wird und eine Gesundheitsstörung infolge dessen auszuschließen ist. Die Auflage, nur noch Kühlaggregate neuerer Bauart (Carrier Europhönix und Thermoking SM X-II-50 bzw. andere entsprechende Kühlaggregate) in Betrieb zu nehmen, stellt jedenfalls eine bestimmte, geeignete und auch ohne weiteres behördlich erzwingbare Maßnahme dar".
Die belangte Behörde habe es auch unterlassen, das von der Beschwerdeführerin beantragte betriebswirtschaftliche Gutachten über den mit einer allfälligen Umrüstung auf Elektrobetrieb verbundenen finanziellen Aufwand zum Beweise der Unverhältnismäßigkeit - eine Gesundheitsgefährdung sei selbst beim Betrieb von dieselbetriebenen Kühlaggregaten älterer Bauart nicht nachgewiesen - einzuholen.
Schließlich habe es die belangte Behörde unterlassen, die restlichen Bewohner der Wohnanlage beim "Viehgatter" zum Beweise dafür einzuvernehmen, daß bislang keine Gesundheitsstörungen durch den Betrieb der dieselbetriebenen Kühlaggregate entstanden seien.
Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen:
Vorauszuschicken ist, daß sich die Beschwerde ungeachtet der beantragten Aufhebung des gesamten Bescheides inhaltlich nur gegen die Auflagenvorschreibung betreffend den elektrischen Anschluß der Kühlaggregate wendet. Da eine von Amts wegen aufzugreifende Rechtswidrigkeit in bezug auf die Auflage 2 (Aufstellung der Lkw und Anbringung von Hinweisschilder) nicht zu erkennen ist, die Erforderlichkeit einer zusätzlichen Auflagenvorschreibung zum Schutz vor der Gesundheitsgefährdung von Nachbarn - wie noch auszuführen sein wird - gegeben ist, bedarf es damit keiner weiteren Auseinandersetzung.
Gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, daß die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen vorzuschreiben. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, enthält § 79 Abs. 1 GewO 1994 die gesetzliche Ermächtigung der Behörde, für den Fall, daß das Verfahren zur Genehmigung einer Betriebsanlage abgeschlossen ist, mit den in diesem Verfahren vorgeschriebenen Auflagen aber nicht das Auslangen gefunden werden kann, andere oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben, um die in § 74 umschriebenen Interessen hinreichend zu schützen (vgl. die in Kobzina/Hrdlicka, Gewerbeordnung 1994, Seite 282, zitierte hg. Judikatur).
Nach dem dritten Satz dieser Gesetzesstelle hat die Behörde solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Auf diese Einschränkung nimmt die Beschwerdeführerin offenbar Bezug, wenn sie vorbringt, der vorgeschriebene elektrische Anschluß verursache unverhältnismäßige Kosten.
In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde einerseits zutreffend auf § 79 Abs. 2 leg. cit. hingewiesen, wonach Auflagen im Sinne des Abs. 1 zu Gunsten von Personen, die erst nach Genehmigung der Betriebsanlage Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 und 3 leg. cit. geworden sind, nur soweit vorzuschreiben sind, als diese zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit dieser Personen notwendig sind. Andererseits wurde aber auch richtig aufgezeigt, daß (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1989, Zl. 89/04/0140) der mit der Erfüllung der Auflage verbundene Aufwand niemals außer Verhältnis zu dem damit angestrebten Erfolg stehen kann, wenn das Ziel einer Auflage dem Schutz vor einer Gesundheitsgefährdung dient.
Bei der Beurteilung, ob die zu genehmigende Betriebsanlage geeignet ist, die in § 74 Abs. 2 Z. 1 bis 5 GewO 1994 genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen Einwirkungen hervorzurufen, ist nach ständiger Judikatur von der für die Nachbarn ungünstigsten Situation auszugehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 31. März 1992, Zl. 91/04/0267). Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den auch von der Beschwerdeführerin als schlüssig anerkannten Gutachten, daß aufgrund der jedenfalls bis zu den durchgeführten Messungen des gewerbetechnischen Sachverständigen durch von der Beschwerdeführerin verwendete dieselbetriebene Aggregate Lärmimmissionen entstanden waren,
"bei denen im günstigsten Fall Schlafstörungen nicht auszuschließen sind, im ungünstigsten Fall Lärmimmissionen, bei denen Schlafstörungen zu erwarten sind".
Den Folgen derartiger Störungen der Erlebnisfähigkeit und Befindlichkeit wurde aus medizinischer Sicht bei länger dauernder Einwirkung Krankheitswert attestiert, und es konnte im Falle der Aufrechterhaltung des konsensgemäßen Betriebes der Verkehrs- und Abstellfläche eine Gesundheitsgefährdung für die unmittelbare Nachbarschaft nicht ausgeschlossen werden. Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, eine Gesundheitsgefährdung sei selbst "beim Betrieb von dieselbetriebenen Kühlaggregaten älterer Bauart" nicht nachgewiesen, weshalb die gerügte Auflage "unverhältnismäßig" sei, verkennt sie daher die Sach- und Rechtslage. Die belangte Behörde hat auf Grundlage der schlüssigen Gutachten ausdrücklich festgestellt, daß eine dahingehende konkrete Gefährdung vorliegt. Die Behörde darf mit der Auflagenvorschreibung auch nicht solange zuwarten, bis zu erwartende Gesundheitsschäden eingetreten sind. Es bedurfte somit weder einer Einvernahme weiterer Bewohner der Siedlung "am Viehgatter" noch der Einholung eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens dafür, daß der mit den zur Beseitigung der Gesundheitsgefährdung vorgeschriebenen Auflagen verbundene wirtschaftliche Aufwand unverhältnismäßig in Relation zu den mit der Gesundheitsgefährdung zu erwartenden Schäden der Nachbarn sei.
Ungeachtet dieses für die Auflagenvorschreibung vorgegebenen gesetzlichen Rahmens hat die Behörde allerdings im Einzelfall auch zu prüfen, mit welcher am wenigsten einschneidenden Vorkehrung das Auslangen gefunden werden kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. März 1982, Zl. 81/04/0111). Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgehend von dem im § 77 Abs. 1 GewO 1994 gebrauchten Wort "erforderlichenfalls" in ständiger Rechtsprechung dargelegt, daß dem Betriebsinhaber nicht strengere (ihn stärker belastende) Maßnahmen vorgeschrieben werden dürfen, als zur Wahrung der im § 77 Abs. 1 und 2 GewO 1994 angeführten Schutzzwecke notwendig ist (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 14. November 1989, Zl. 89/04/0088).
Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Stellungnahme im Verwaltungsverfahren vorgebracht, daß die von ihrem Vorplatz vor dem Betriebsgelände ausgehenden Lärmimmissionen den vom Sachverständigen erhobenen Grenzwert von Leq von 35 dB jedenfalls dann nicht erreichen würden, wenn von ihr ausschließlich Kühlaggregate "neuerer Bauart" verwendet (werden) würden. Anläßlich der vom gewerbetechnischen Sachverständigen vorgenommenen Messungen seien Kühlaggregate "älterer Bauart mit der Bezeichnung Cycle Sentay (Thermoking SB I-50 und SB II-50) in Betrieb" gewesen. Seither verwende die Beschwerdeführerin diese Kühlaggregate "älterer Bauart" nicht mehr, weshalb eine Gesundheitsgefährdung der Nachbarn auszuschließen sei.
Dieses Vorbringen steht insoweit mit dem Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen in Einklang, als dieser tatsächlich wesentliche Unterschiede in der Lärmintensität zwischen Kühlaggregaten der Marke "Cycle Sentay (SMX Thermoking)" und anderen Kühlaggregaten (etwa der Marke "Europhönix Ultra, Carrier") feststellte (siehe Seite 7 und Seite 9 unten im angefochtenen Bescheid). Der Sachverständige hat aber auch darauf hingewiesen, daß auf dem in Rede stehenden Abstellplatz ein Vielfaches der bei der Messung vorhandenen Anzahl an Lkw abgestellt werden könne, wobei die Bauart und das Baujahr sowohl der betriebseigenen als auch von eventuell zufahrenden Fremdfahrzeugen (bzw. der darauf montierten Kühlaggregate) nicht im einzelnen bekannt gegeben worden seien bzw. möglicherweise auch nicht bekannt gegeben werden könnten. Bei sehr heißer Witterung und einer Vervielfachung der abgestellten Fahrzeuge könne angenommen werden, daß auch zahlreiche Kühlaggregate gleichzeitig in Betrieb stünden und sich dadurch (bei ähnlicher Zusammensetzung der abgestellten Fahrzeugflotte (Baujahr und Bauart der Kühlaggregate)) der vom Betrieb von vier Kühlaggregaten herrührende Schallpegel durchaus auch um 3 dB bzw. 6 dB erhöhen könne.
Angesichts dieser Ausführungen des Sachverständigen konnte die belangte Behörde von dem von der Beschwerdeführerin beantragten neuerlichen Sachverständigengutachten zum Beweise dafür, daß die Lärmimmissionen bei Nichtinbetriebnahme der betriebseigenen Kühlaggregate "älterer Bauart" einen gesundheitsgefährdenden Schallpegel nicht erreichten, Abstand genommen werden. Es kommt nicht darauf an, ob bei Verwendung lediglich der betriebseigenen Kühlaggregate "neuerer Bauart" in der bei der seinerzeitigen Messung bestandenen Anzahl von vier Kühlaggregaten (bei Nichtinbetriebnahme der zwei Kühlaggregate "älterer Bauart" somit von allenfalls nur zwei Kühlaggregaten "neuerer Bauart") ein gesundheitsgefährdender Schallpegel nicht (mehr) erreicht würde, sondern darauf, ob bei konsensgemäßen Betrieb (somit bei der maximal möglichen Anzahl von betriebseigenen und betriebsfremden Kühlaggregaten) der gesundheitsgefährdende Lärmwert nicht erreicht werden kann. Daß dies der Fall wäre, wurde von der Beschwerdeführerin nicht behauptet.
Die belangte Behörde hat ausgeführt, daß der Inhaber der Betriebsanlage grundsätzlich Vorschläge zur Verwirklichung des angestrebten Schutzes machen dürfe, die die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde legen könne, wenn deren Verwirklichung den angestrebten Schutz gewährleiste. Sie sei jedoch an diese Vorschläge nicht gebunden. Dieser Standpunkt wäre allerdings dann unzutreffend, wenn die belangte Behörde damit hätte ausdrücken wollen, daß sie auch bei vom Betriebsinhaber vorgeschlagenen Maßnahmen zur Vermeidung der Gesundheitsgefährdung mit einem in diesem Sinne hinreichenden Schutz, die für ihn wirtschaftlich wesentlich günstiger wären, dennoch die stärker belastetende (teurere) Auflage vorschreiben könnte.
Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren auch nicht behauptet, daß die Begrenzung der Anzahl der (betriebseigenen als auch fremden) Fahrzeuge sowie die generelle Vorschreibung der Verwendung bestimmter Kühlaggregate auf ihrem Betriebsgelände (sowohl betriebseigener als auch hinsichtlich der Abstellung von Fremdfahrzeugen) eine wirtschaftlich weniger belastende Maßnahme darstellte als die tatsächlich vorgeschriebene.Sie hat vielmehr in ihrer Stellungnahme vom 3. Mai 1994 im Verwaltungsverfahren die Begrenzung der Anzahl der Kühlaggregate ausdrücklich abgelehnt. Das weitere in diesem Schriftsatz vorgebrachte Argument, die von ihr verwendeten "neueren Aggregate" (gegenüber den im Jahr 1991 zugrundegelegenen Schallmessungen der Behörde ) würden für die Nachbarn nicht mehr belastend sein, hat sich im übrigen aufgrund der von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten als unrichtig erwiesen.
In Ansehung des gegen die vorgeschriebene Auflage gerichteten Beschwerdevorbringens ist weiters auf die ständige hg. Judikatur (vgl. die bei Kobzina-Hrdlicka, GewO (1994), S. 264f, referierte hg. Judikatur) zu verweisen, wonach eine Auflage im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1994 jede der Vermeidung von Immissionen dienende und zur Erfüllung dieses Zweckes geeignete (behördlich erzwingbare) Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage zum Gegenstand haben kann. Eine Auflage ist aber im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1994 nur dann geeignet, wenn ihre Einhaltung von der Behörde jederzeit und aktuell überprüft werden kann. Diese Überprüfbarkeit erfordert einen solchen Inhalt der Auflage, daß jederzeit beurteilt werden kann, ob ein bestimmtes Verhalten als Einhaltung der Auflage zu deuten ist. In diesem Sinne könnte grundsätzlich in der Vorschreibung der Verwendung bestimmter Typen von Kühlaggregaten ab einem bestimmten Baujahr, allenfalls in Verbindung mit einer (möglichen) Begrenzung der Anzahl der gleichzeitig verwendeten Kühlaggregate auf dem Betriebsgelände der Beschwerdeführerin eine geeignete Maßnahme in diesem Sinne gesehen werden. Allerdings ist der in der Beschwerde enthaltene Vorschlag, die ausschließliche Inbetriebnahme von "Kühlaggregaten neuerer Bauart Carrier Europhönix und Thermoking SB I-50 bzw. andere entsprechende Kühlaggregate" vorzuschreiben, nicht als eine solche geeignete Maßnahme anzusehen. Eine von der Behörde vorzunehmene aktuelle Überprüfung, ob "andere entsprechende Kühlaggregate" dem Schutz der Nachbarn vor gesundheitsgefährdenden Lärmeinwirkungen ausreichend Rechnung tragen, ließe sich "aktuell" und ohne weitere Erhebungen nicht bewerkstelligen; gleiches gilt für die "neuere Bauart" der vorgenannten Kühlaggregate.
Im Ergebnis ist daher (der Beschwerdeführerin wurde ausreichend Gelegenheit geboten, Vorschläge für sie weniger belastende Maßnahmen darzulegen) eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. März 1999
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998040164.X00Im RIS seit
11.07.2001