TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/19 G308 2169184-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.2019
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Entscheidungsdatum

19.03.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
GSVG §2 Abs1 Z4

Spruch

G308 2169184-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX, vertreten durch STINGL UND DIETER RECHTSANWÄLTE OG in 8010 Graz gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Steiermark, vom 17.07.2017, VSNR: XXXX, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Steiermark (im Folgenden: belangten Behörde), vom 17.07.2017 wurde gemäß § 194 GSVG iVm § 140 ASVG festgestellt, dass die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) im Zeitraum 01.09.2014 bis 31.12.2015 der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterliegt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mit 01.09.2014 die vorweg bis 31.08.2014 bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesBR) der BF und ihres Ehegatten in eine Kommanditgesellschaft umgegründet worden sei. Dem Ehegatten der BF sei dabei die Stellung des Komplementärs und der BF jener einer Kommanditisten zugekommen. Mit 01.09.2014 sei die BF aus der bis dato bestehenden Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ausgenommen worden. Aus dem Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2014 vom 29.02.2016 würden sich neben Einkünften aus unselbstständiger Arbeit auch Einkünfte aus selbstständiger Arbeit in Höhe von EUR 45.396,69 ergeben. Der Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2015 vom 29.11.2016 weise Einkünfte aus selbstständiger Arbeit in Höhe von EUR 45.604,63 aus. Die BF habe in dem ihr von der belangten Behörde zugesendeten Fragebogen für Kommanditisten unter Punkt 8 des Fragebogens angegeben, dass sie der KG Vermögen (zB Liegenschaften, Betriebsmittel bzw. Wirtschaftsgüter) zur Verfügung stelle und auch für diese Verbindlichkeiten haften würde. Daraus müsse auf eine unbeschränkte Verlusthaftung der BF und somit - aufgrund der Überschreitung der jährlichen Versicherungsgrenzen - die Erfüllung des Tatbestandes des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG und damit die Pflichtversicherung für den Zeitraum 01.09.2014 bis 31.12.2015 festgestellt werden. Gemäß § 273 Abs. 8 GSVG sei die BF jedoch aus der Pensionsversicherung ausgenommen, da sie zum 01.01.1998 bereits das 55. Lebensjahr vollendet habe.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schriftsatz ihrer bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 10.08.2017, am 11.08.2017 bei der belangten Behörde einlangend, das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde stattgeben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben; in eventu aussprechen, dass die BF in der Zeit von 01.09.2014 bis 31.12.2015 nicht der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterliegt; in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung nach Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückverweisen. Darüber hinaus werde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

In der Begründung wurde vorweg außer Streit gestellt, dass die BF zu 1/2 Anteilen Miteigentümerin einer näher genannten Liegenschaft in XXXX sei und zudem in der "XXXX KG XXXX" (im Folgenden: KG) die Stellung einer Kommanditistin mit einer Haftsumme von EUR 750,00 innehabe. Außer Streit gestellt würden weiters die Einkunftshöhen der BF laut den maßgeblichen Einkommenssteuerbescheiden. Die BF sei rein kapitalistische Kommanditistin der KG im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des UG und weder zur Geschäftsführung befugt noch weisungsberechtigt. Aus dem Gesellschaftsvertrag lasse sich keinerlei Übernahme einer unbeschränkten Verlusthaftung entnehmen. Die BF habe lediglich mit Pfandurkunde vom 23.12.2014 eine reine Sachhaftung zugunsten der Forderung einer Bank übernommen. Die BF sei reine Kapitalgeberin und als solche nicht versicherungspflichtig.

3. Die gegenständliche Beschwerde samt den maßgeblichen Verwaltungsakten wurde am 29.08.2017 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF und ihr Ehegatte,XXXX, waren bis 31.08.2014 jeweils zu 50 % an der "XXXX GESELLSCHAFT BÜRGERLICHEN RECHTS" (im Folgenden: GesBR) beteiligt und haben mit Gesellschaftsvertrag vom 27.08.2014 die KG unter gleichzeitiger Einbringung der GesBR in die KG gegründet. Die KG wurde zur FN XXXX ins Firmenbuch eingetragen (vgl aktenkundiger Gesellschaftsvertrag vom 27.08.2017; Firmenbuchauszug zu FN XXXX vom 12.03.2019).

Der BF kommt in der KG die Stellung einer Kommanditistin und ihrem Ehegatten jene des Komplementärs zu. Erst war die BF im Zeitraum 01.09.2014 bis 23.10.2014 zu 50 % mit einer Einlage von EUR 1.000,00 als Kommanditistin der KG neben ihrem Ehegatten beteiligt. Seit 01.11.2014 kommt der BF ein Gesellschaftsanteil von 37,5 % bei einer Einlage von EUR 750,00 zu. Der Ehegatte der BF ist inzwischen zu gleichen Teilen Kommanditist. Mit weiteren 1 % bzw. einer Einlage von EUR 20 ist XXXX als Kommanditistin beteiligt und kommt dem Sohn der BF und ihres Ehegatten, XXXX, eine Beteiligung in Höhe von 24 % bei einer Einlage von EUR 480,00 sowie die Stellung des alleinigen Komplementärs seit 07.10.2014 zu (vgl aktenkundiger Gesellschaftsvertrag vom 27.08.2014; Firmenbuchauszug zu FN XXXX vom 12.03.2019; Angaben im Formular der belangten Behörde für Kommanditisten zu Pkt. 3.).

Es steht außer Streit, dass der BF als Kommanditistin keine über ihre Befugnisse des UGB hinausgehenden Geschäftsführungsbefugnisse zukamen (vgl angefochtener Bescheid vom 17.07.2017; Gesellschaftsvertrag vom 27.08.2014, Angaben im Formular der belangten Behörde für Kommanditisten).

Die BF und ihr Ehegatte sind jeweils Hälfteeigentümer der Liegenschaften EZ XXXX und EZ XXXX der Katastralgemeinde XXXX. Sie nützen die Liegenschaften einerseits als privaten Wohnsitz und stellen diese andererseits der KG als, an diese vermietetes, Sonderbetriebsvermögen zur Verfügung (vgl Angaben im Schreiben der Steuerberatung vom 11.05.2017; Grundbuchsauszüge vom 12.03.2019).

Der Gesellschaftsvertrag regelt in seinem Punkt 5.6.:

"Frau XXXX beteiligt sich als Kommanditistin am Vermögen, an den stillen Reserven, am Firmenwert und Gewinn oder Verlust der XXXX KG XXXX mit einer bedungenen Einlage (fixen Einlage) von EUR 1.000,--, die durch das von ihr übertragene Zusammenschlusskapital laut Zusammenschlussbilanz gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 UmgrStG zum 31. Dezember 2013 (Beilage ./4) aufgebracht wird. Der Frau XXXX gehörende Anteil am Sonderbetriebsvermögen (Beilage ./2) wird nicht auf die XXXX KG XXXX übertragen, sondern von Frau XXXX zurückbehalten. [...]"

Der Gesellschaftsvertrag regelt in seinem Punkt 5.12.1.:

"Dieser Zusammenschluss erfasst ausdrücklich nicht das abgabenrechtliche Sonderbetriebsvermögen des Herr (sic!) Mag. XXXX und der Frau XXXX, welches in der Sonderbetriebsvermögensbilanz (Beilage ./2) ausgewiesen ist. Sie übertragen daher nicht die im gemeinsamen ideellen Hälfteeigentum stehenden Liegenschaften EZ XXXX und EZ XXXX, je KG XXXX samt Zubehör."

Aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt sich keine über den Haftungsbetrag der BF hinausgehende unbeschränkte Haftung.

Die BF gab zu Punkt 8. der Erklärung der belangten Behörde für Kommanditisten an:

"8. Stellen Sie der KG Vermögen (z.B. Liegenschaft, Betriebsmittel oder Wirtschaftsgüter) zur Verfügung?

JA

Wenn ja, haftet diese für Firmenverbindlichkeiten?

JA"

Konnte nicht festgestellt werden, welche Art von Vermögen die BF mit der Beantwortung der Fragen mit "JA" gemeint hat und ob es sich um die Sacheinlangen im Rahmen der Umgründung der GesBR in die KG handelt oder nicht.

Unstrittig stehen im Jahr 2014 und 2015 nachfolgende selbstständige Einkünfte der BF aus laut der Einkommenssteuerbescheide vom 29.02.2016 (für 2014) und vom 29.11.2016 (für 2015) fest (vgl angefochtener Bescheid vom 17.07.2017 sowie Beschwerde vom 10.08.2017):

-

2014 EUR 45.396,69

-

2015 EUR 45.604,63

Ebenso unstrittig überschreiten diese Einkünfte die im jeweiligen geltende Versicherungsgrenze.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht nahm Einsicht in das Zentrale Melderegister sowie die Sozialversicherungsdaten der BF. Es holte weiters einen Firmenbuchauszug der KG sowie Grundbuchsauszüge der betreffenden Liegenschaften ein. Die Stellung der BF als Kommanditistin der KG sowie die Höhe der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit in den Jahren 2014 und 2015 wurden außer Streit gestellt.

Die belangte Behörde hat keinerlei Feststellungen zur Art von Vermögen getroffen, welches die BF laut ihren Angaben der Erklärung für Kommanditisten unter Punkt 8. der KG zur Verfügung gestellt haben soll und ohne weiteres eine Einbringung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaften in die KG angenommen. Weder aus dem Vorbringen noch dem Gesellschaftsvertrag ergibt sich aber, dass das als an die KG vermietete Sonderbetriebsvermögen in die KG eingebracht wurde und damit als haftendes Vermögen angesehen werden könnte.

Im Übrigen wird auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

1. Zwischen den Parteien ist ausschließlich strittig, ob aufgrund der Liegenschaften, an welchen der BF jeweils ein ideelles Hälfteeigentum zukommt, eine unbeschränkte Verlusthaftung der BF als Kommanditistin und somit ihre Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG iVm § 273 Abs. 6 GSVG in der Krankenversicherung im Zeitraum 01.09.2014 bis 31.12.2015 vorliegt oder nicht.

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Demzufolge hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde zu überprüfen. Verwiesen wird dabei auf die Bestimmung des § 9 VwGVG, der den Inhalt der Beschwerde beschreibt und hier insbesondere auf Abs. 1 Z 3 und Z 4 leg. cit.. Dies betrifft die Angabe der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie das Begehren.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Beschwerde und den Anträgen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens ergibt sich aus den soeben dargestellten Bestimmungen, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Prüfungsumfang auf die strittige Rechtsfrage, ob die BF als Kommanditistin der KG eine unbeschränkte Verlusthaftung trifft und demnach nicht mehr von einer reinen Kapitalbeteiligung ausgegangen werden könnte, sodass ihre Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG vorliegt, beschränkt ist.

2. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG in der in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 131/2006 sind aufgrund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung selbstständig erwerbstätige Personen pflichtversichert, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im Nachhinein festzustellen.

Die Kriterien der Versicherungspflicht "neuer Selbstständiger" gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG werden ebendort damit umschrieben, dass es sich

(1) um selbstständig erwerbstätige Personen handelt, die (2) aufgrund einer betrieblichen Tätigkeit (3) bestimmte Arten von Einkünften im Sinne des EStG 1988 beziehen. Dabei hat der VwGH zur Wortfolge "auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit" ausgeführt, dass die Versicherungspflicht eines "neuen Selbstständigen" für jedes Einkommen bestehen soll, das nicht der Privatsphäre zuzurechnen ist. Mit der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG sollten alle Einkünfte aus Erwerbstätigkeiten erfasst werden (sofern nicht aufgrund der jeweiligen Tätigkeit bereits eine Pflichtversicherung besteht). Der Gesetzgeber hat dabei auch das "Ziel der Harmonisierung mit dem Steuerrecht" verfolgt und dazu ausdrücklich auf bestimmte Einkunftsarten des EStG 1988 Bezug genommen, die - anders als die in § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG n nicht genannten Einkunftsarten nach § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 EStG 1988 - eine selbstständige, auf die Erzielung von Einkünften gerichtete Erwerbstätigkeit voraussetzen, nämlich auf Einkünfte aus "selbstständiger Arbeit" im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 2 iVm. § 22 EStG 1988 (mit Ausnahme von Bezügen und Vorteilen aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbstständig Erwerbstätigen) sowie auf Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 3 iVm. § 23 EStG 1988, somit im Wesentlichen "aus einer selbstständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt" (§ 23 Z 1 EStG 1988). Einkünfte, die steuerlich diesen Einkunftsarten zuzuordnen sind, können daher nicht als der Privatsphäre - in Abgrenzung zu einer (selbstständigen betrieblichen) Erwerbstätigkeit - zugehörig angesehen werden. Mit der unmittelbaren Anknüpfung an die steuerrechtlichen Tatbestände lässt der Gesetzgeber zudem keinen Raum dafür, aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht eine eigenständige Beurteilung des Vorliegens einer selbstständigen betrieblichen Tätigkeit vorzunehmen und damit materiell die im Fall des Vorliegens eines rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheides von den Finanzbehörden im Hinblick auf die Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten entschiedene Rechtsfrage erneut zu prüfen. Die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG richtet sich daher nach der Einkommenssteuerpflicht, sodass bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheides, aus dem die die Versicherungsgrenzen übersteigenden Einkünfte der in § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Art hervorgehen, Versicherungspflicht nach der zuletzt genannten Bestimmung besteht, sofern auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz - etwa § 4 ASVG - eingetreten ist (vgl. VwGH vom 16.03.2011, Zl. 2007/08/0307, mwN).

Gerade im Rahmen der Erkenntnisse des VwGH, die sich mit der Einbeziehung von Kommanditisten in die Pflichtversicherung beschäftigen, wurde stets betont, dass es für die Einbeziehung in die Pflichtversicherung nicht ausreicht nur "sein Kapital arbeiten zu lassen". Diese Differenzierung zwischen Erwerbseinkünften und Kapitalerträgen bei der Sozialversicherungspflicht ist auch im Hinblick darauf, dass nur die Anknüpfung an die Erwerbstätigkeit mit dem Kompetenztatbestand "Sozialversicherungswesen" ohne weiteres in Einklang zu bringen ist, verfassungsrechtlich geboten. In den Erkenntnissen, die die Einbeziehung von Kommanditisten in die Pflichtversicherung zum Thema haben, wird auch zum Ausdruck gebracht, dass in diesem Rahmen die Einbringung von Dienstleistungen in die Gesellschaft, die Übernahme typischer unternehmerischer Aufgaben (etwa Geschäftsführungsbefugnisse) oder (und) die Übernahme eines Unternehmerrisikos, welches über die Haftungseinlage hinausgeht (zB Verlustabdeckung im Innenverhältnis) maßgebende Kriterien für die Annahme einer Erwerbstätigkeit sind (vgl Neumann in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 2 Rz 24 GSVG (Stand 01.03.2018, rdb.at)).

Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft sollen nach Maßgabe einer "aktiven Betätigung" im Unternehmen, die auf Einkünfte gerichtet ist, pflichtversichert sein, nicht aber Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", dh sich im Wesentlichen auf die gesetzliche Stellung eines Kommanditisten beschränken. Die Beantwortung der Frage, ob sich der Kommanditist in einer für § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG relevanten Weise "aktiv" im Unternehmen betätigt, kann in rechtlicher Hinsicht nur vom Umfang seiner Geschäftsführungsbefugnisse und zwar aufgrund rechtlicher - und nicht nur faktischer - Gegebenheiten abhängen. Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", und die daher nicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG pflichtversichert sein sollen, sind jedenfalls jene, deren Rechtsstellung über die gesetzlich vorgesehenen Mitwirkungsrechte an der Geschäftsführung nicht hinausgeht. Wurden dem Kommanditisten entsprechende Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt, welche über die Mitwirkung an außergewöhnlichen Geschäften hinausgehen, oder steht ihm ein derartiger rechtlicher Einfluss auf die Geschäftsführung des Unternehmens zu, dann ist es unerheblich, in welcher Häufigkeit von diesen Befugnissen tatsächlich Gebrauch gemacht wird, sowie ob und in welcher Form sich der Kommanditist am "operativen Geschäft" beteiligt oder im Unternehmen anwesend ist (VwGH 2006/08/0041, VwSlg 17.528 A = JBl 2009, 603). Geschäftshandlungen sind dann als gewöhnlich zu bezeichnen, wenn sie im Unternehmen von Zeit zu Zeit zu erwarten sind, zB der Abschluss und die Auflösung von Dienstverhältnissen. Außergewöhnliche Geschäfte sind solche, die nach Art und Inhalt oder Umfang und Risiko Ausnahmecharakter haben, daher jedenfalls in der betreffenden Gesellschaft nicht häufig vorkommen (VwGH 2012/08/0235, ASoK 2015, 328 [Mitterer/Koll]). Die Frage, ob ein Geschäft zu den gewöhnlichen Betriebsgeschäften gehört, ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden. Maßgebend sind dabei Gesellschaftsvertrag, Art und Umfang des Betriebs und Art sowie Größe und Bedeutung des Geschäfts für den Betrieb (VwGH 2012/08/0235, ASoK 2015, 328 [Mitterer/Koll]). Jüngst hat der VwGH erneut betont, dass stets nur eine rechtlich eingeräumte Geschäftsführungsbefugnis des Kommanditisten die Sozialversicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG aufgrund "aktiver Betätigung" auslöst. Das Vorliegen einer Prokura führt nicht automatisch zur Pflichtversicherung als Neuer Selbständiger (VwGH 2013/08/0227, taxlex 2015, 406 [Steiger]). Die Geschäftsführungsbefugnis kraft rechtlicher Grundlage kann nicht nur durch den Gesellschaftsvertrag selbst eingeräumt sein, sondern sie kann auch durch eine konkludente Änderung des Gesellschaftsvertrags aufgrund einer regelmäßigen faktischen Geschäftsführung ohne Widerspruch des Komplementärs entstehen. In jedem Fall kommt es aber auf eine rechtlich eingeräumte Geschäftsführerbefugnis an (VwGH 2012/08/0110) (vgl Neumann in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 2 Rz 25 GSVG (Stand 01.03.2018, rdb.at)).

Kommanditisten sind dann als selbständig erwerbstätig iSd § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG anzusehen, wenn ihnen aufgrund rechtlicher Gegebenheiten Geschäftsführungsbefugnisse zukommen, die über die ihnen gesetzlich zustehenden Mitwirkungsrechte an außergewöhnlichen Geschäften hinausgehen, und der Kommanditist damit einen maßgeblichen Einfluss auf die laufende Geschäftsführung besitzt. Ausgehend davon ist es im vorliegenden Fall nur von Bedeutung, dass der Beschwerdeführer nach dem Gesellschaftsvertrag die rechtliche Möglichkeit gehabt hat, den von der belangten Behörde festgestellten Einfluss auf die Geschäftsführung zu nehmen, der über die bloße Kommanditistenstellung nach dem UGB hinausgeht. Es kommt weder darauf an, ob derartige Geschäfte tatsächlich getätigt wurden, noch ob der Beschwerdeführer gesundheitlich in der Lage gewesen ist, an der Geschäftsführung teilzunehmen, oder ob er eine Erwerbsunfähigkeitspension bezogen hat (VwGH 2007/08/0043) (vgl Neumann in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 2 Rz 26 GSVG (Stand 01.03.2018, rdb.at)).

Obliegt zufolge der Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung (ausschließlich) dem persönlich haftenden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft und sind Gesellschafterbeschlüsse, die dem Kommanditisten eine Mitwirkung an der Geschäftsführung ermöglichen, nach dem Gesellschaftsvertrag nur für solche Maßnahmen der Geschäftsführung vorgesehen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens hinausgehen, dann entspricht dies der Sache nach der gesetzlichen Regelung des § 164 UGB dass dem Kommanditisten dabei nicht bloß ein Widerspruchsrecht zukommt, sondern ein Zustimmungsrecht im Rahmen eines Gesellschafterbeschlusses, ergibt sich nach herrschender Meinung ebenfalls schon aus dem Gesetz (vgl dazu etwa Jabornegg/Artmann, UGB2 § 164 Rz 4). Auch aus der Tatsache, dass der Kommanditist aufgrund seiner Kapitaleinlage und der (die Komplementärin im Vergleich zur gesetzlichen Regelung allerdings sogar begünstigenden) gesellschaftsvertraglichen Regelung hinsichtlich der Stimmanteile über die Stimmenmehrheit verfügt hat und damit - da gesellschaftsvertraglich Mehrheitsbeschlüsse vorgesehen sind - die Komplementärin überstimmen konnte, folgt kein darüber hinausgehender Einfluss auf die Geschäftsführung. Der Gesellschaftsvertrag enthält nämlich keine Regelung, wonach dem Kommanditisten in Angelegenheiten der Geschäftsführung die Entscheidungsinitiative zukommt; dies lässt sich auch nicht allein aus der Befugnis zur Einberufung von Gesellschafterversammlungen ableiten. Das bedeutet, dass der Kommanditist aufgrund seiner Stimmenmehrheit außergewöhnliche Maßnahmen der Geschäftsführung zwar verhindern konnte - was im Ergebnis nicht über das gesetzliche Widerspruchsrecht des Kommanditisten hinausgeht - aber keine Geschäftsführungsmaßnahmen gegen den Willen der Komplementärin durchzusetzen vermochte, die diese nicht selbst vorgeschlagen hatte (vgl Neumann in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 2 Rz 31 GSVG (Stand 01.03.2018, rdb.at)).

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass auch aus der vertraglichen Zurverfügungstellung von Sonderbetriebsvermögen grundsätzlich keine über die in den §§ 161 ff UGB geregelten Befugnisse eines Kommanditisten hinausgehenden Einflussmöglichkeiten auf den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb abgeleitet werden können (VwGH 2009/08/0182) (vgl Neumann in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 2 Rz 31 GSVG (Stand 01.03.2018, rdb.at)).

Im Falle, in dem die Kommanditistin die Liegenschaft der KG bestandweise gegen einen ortsüblichen Betrag zur Verfügung stellt, hat der VwGH erkannt, dass bei einer ausschließlich aus natürlichen Personen bestehenden Kommanditgesellschaft alleine aus den (unstrittigen) Feststellungen über die Regelungen im Gesellschaftsvertrag bzw. der zwischen der Kommanditistin und der KG vereinbarten (und umgesetzten) Nutzungsüberlassung keine über die in den §§ 161 ff UGB geregelten Befugnisse eines Kommanditisten hinausgehenden Einflussmöglichkeiten auf den (gewöhnlichen) Geschäftsbetrieb abgeleitet werden (die Risikotragung der Kommanditistin war durch § 171 Abs. 1 UGB beschränkt). Die allfällige Möglichkeit der Kommanditistin, den Bestandvertrag betreffend die genannte Liegenschaft zu beenden, betrifft ihre rechtliche Einflussmöglichkeit auf das Bestandverhältnis, eröffnet aber keine solche rechtliche Einflussmöglichkeit auf den (gewöhnlichen) Geschäftsbetrieb der KG. Auf rein faktische Einflussmöglichkeiten (die in vergleichbarer Lage jedem Vermieter zukämen) kommt es hingegen nicht an (VwGH 2009/08/0205).

3. Fallbezogen ergibt sich daraus:

Wie aus den dargestellten rechtlichen Bestimmungen und der Judikatur des VwGH ersichtlich ist, genügt ein zur Verfügung stellen einer Liegenschaft durch Nutzungsüberlassung oder Bestandsvertrag an die KG durch die BF als Kommanditistin nicht, um daraus eine den in §§ 161 UGB geregelten Befugnissen hinausgehende Einflussmöglichkeit der BF auf den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb abzuleiten. Dies gilt ebenso wie die vertragliche Zurverfügungstellung von Sonderbetriebsvermögen.

Die belangte Behörde hat sich ausschließlich auf die Antworten der BF in der Erklärung für Kommanditisten bezogen, ohne dazu Näheres zu den Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag auszuführen oder das Vorbringen der BF, die Grundstücke an die KG vermietet zu haben, zu berücksichtigen.

Aufgrund der eindeutigen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages steht für das erkennende Gericht diesbezüglich fest, dass lediglich eine Nutzungsüberlassung des Sondervermögens stattgefunden hat und darüber hinausgehend keine die in den §§ 161 ff UGB geregelten Befugnisse überschreitenden Berechtigungen der BF als Kommanditistin vorhanden sind.

Die BF unterlag somit im Zeitraum 01.09.2014 bis 31.12.2015 nicht der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen, zumal dem Begehren der BF vollinhaltlich entsprochen wurde.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Gesellschaft, Haftung, Kommanditgesellschaft, Liegenschaftsanteile,
Versicherungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G308.2169184.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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