TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/20 I414 2017349-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.03.2019
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Entscheidungsdatum

20.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
BFA-VG §18 Abs1
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I414 2017349-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Nigeria alias Südsudan, vertreten durch RA Mag. Susanne SINGER gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 26.01.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 05.05.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen des versuchten "Unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften" nach § 15 StGB und § 27 Abs. 1 Z 1 (8. Fall) und Abs. 3 Suchtmittelgesetz (SMG) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt (bei einer Probezeit von drei Jahren) verurteilt.

Mit dem Bescheid vom 18.12.2014, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 26.01.2014 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Südsudan (Spruchpunkt II.) ab sowie erteilte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Südsudan zulässig ist und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 2/14 Wochen/Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt III.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Am 10.08.2015 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.04.2016 wurde der Linguist Dr. P. G. zum Sprachgutachter bestellt.

Dem am 04.05.2016 erstellten Sprachgutachten zur Abklärung der Herkunft des Beschwerdeführers lag ein mit ihm im Beisein eines Rechtsberaters der Diakonie geführtes Gespräch zugrunde, welches durch eine ca. 238 Minuten lange digitale Tonaufnahme (samt Gespräch und Mitschrift) dokumentiert wurde.

Das erstellte Gutachten enthielt einleitend Ausführungen zur fachlichen Kompetenz des Gutachters. Ferner wurde die Methodik der Gutachtenserstellung dargelegt. Der Sachverständige führte einleitend aus, dass der Beschwerdeführer sich insofern kooperativ verhalte, als er bei der Befundaufnahme überhaupt mitwirke, er sich jedoch in verschiedener Hinsicht unkooperativ gezeigt habe.

Der Sachverständige resümierte zusammenfassend, dass der Beschwerdeführer bei der Befundaufnahme gute funktionale Kompetenzen im Englischen, hingegen keine Sprachkompetenz im Arabischen, der allgemeinen Verkehrssprache im Südsudan, demonstriert habe. Er habe auch sonst keine Kompetenz in einer südsudanesischen Sprache gezeigt, insbesondere im Azande, der im Raum N. gesprochenen Sprache, die auch hauptsächlich von ethnischen Azande gesprochen werde, also von einer Gruppe, der der Beschwerdeführer angeblich selbst angehören solle. Er habe sich bei der Befundaufnahme als ein zum Zeitpunkt seiner angeblichen Emigration aus dem Südsudan monolingualer Sprecher des Englischen vorgestellt. Demnach wäre das Englische auch als Erstsprache oder Muttersprache des Beschwerdeführers zu betrachten.

Das von ihm gesprochene Englisch sei aufgrund der charakteristisch konfigurierten lautlichen und lexikalischen Merkmale der Sprachprobe "eindeutig dem südnigerianischen und weder dem südsudanesichen noch dem sudanesischen Englisch zuzuordnen". Das von ihm gesprochene Englisch zeige auch keine Merkmale, die als Einflüsse anderer dialektaler Varietäten des afrikanischen Englisch, etwa des sudanesischen oder des liberianischen Englisch zu interpretieren wären, die die Zuordenbarkeit der Sprachprobe in irgendeiner Weise beeinträchtigen könnten. Er habe angegeben, seine Ziehmutter habe seine Eltern in Liberia kennengelernt. Es sei also in Betracht zu ziehen, dass dieselbe möglicherweise liberianisches Englisch gesprochen habe und als, nach den Angaben des Beschwerdeführers, wichtigste Bezugsperson desselben dessen Englisch entsprechend beeinflusst haben könnte.

Aus dessen biografischen Angaben ließen sich keine realistischer Weise anzunehmenden Umstände erschließen, unter denen er, als ethnischer Azande, bis zu seinem 18. Lebensjahr im südsudanesischen Azande-Sprachgebiet aufwachsend und lebend, gerade und ausschließlich das Englische oder gar eine Varietät des nigerianischen Englisch als Muttersprache erwerben hätte sollen oder überhaupt erwerben hätte können. Selbst wenn er unter der Annahme durchaus unrealistischer Bedingungen ebendort "reines", also insbesondere durch das südsudanesische Englisch unbeeinflusstes, nigerianisches Englisch in der evidenten Güte und im evidenten Umfang erworben hätte, würde dies doch nicht das gänzliche Fehlen von Kompetenzen in anderen südsudanesischen Sprachen erklären. Schon aufgrund des Fehlens von Kompetenzen in südsudanesischen Sprachen sei eine Hauptsozialisierung des Beschwerdeführers im Südsudan mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.

Aufgrund der vom Beschwerdeführer ausschließlich demonstrierten Kompetenz im nigerianischen Englisch, einer sehr gut identifizierbaren Varietät des afrikanischen Englisch, könne nur auf seine Hauptsozialisierung in Nigeria geschlossen werden. Aufgrund der von ihm angegebenen und demonstrierten Sprachkompetenzen gebe es keine Hinweise auf Teilsozialisierungen in anderen Ländern als Nigeria.

Da das vom Beschwerdeführer gesprochene südnigerianische Englisch in der Regel weder die alleinige Sprachkompetenz, noch die Muttersprache seiner Sprecher darstelle bzw. die englische Sprachkompetenz des Beschwerdeführers auch nicht muttersprachlich ausgebaut sei, sei davon auszugehen, dass er noch mindestens eine weitere Sprache spreche, die seine tatsächliche Muttersprache darstelle, die er aber offenbar nicht angeben oder demonstrieren habe wollen. Es sei davon auszugehen, dass es sich dabei um eine nigerianische Sprache handle.

Der Beschwerdeführer demonstriere zu wichtigen Bereichen des Alltagslebens im Sudan bzw. im Südsudan keine oder grob unvollständige Landeskenntnisse. Das weitgehende Fehlen von Landeskenntnissen zum Südsudan bzw. zum Sudan lasse eine Haupt- oder Teilsozialisierung des Beschwerdeführers im Südsudan oder auch Sudan ausschließen. Verschiedentlich lasse er einen subsaharanischen oder speziell nigerianischen Erfahrungshintergrund erkennen.

Eine Hauptsozialisierung des Beschwerdeführers im Südsudan, der bis zur Unabhängigkeit im Jahr 2011 einen Landesteil des Sudans gebildet habe, sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von seiner Hauptsozialisierung in Nigeria auszugehen. Positive Hinweise auf eine Haupt- oder Teilsozialisierung des Beschwerdeführers außerhalb Nigerias gebe es nicht.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.03.2017, Zl. I401 2017349-1/22E, wurde die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Spruchpunkte II. und III. zu lauten haben: "II. Gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013 wird Ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen. III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG 2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2014 in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015 erlassen.

Es wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."

Dieses Erkenntniserwuchs in Rechtskraft.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 03.01.2018, Zl. XXXXwurde der Beschwerdeführer wegen versuchten Diebstals nach §§ 15, 127 StGB zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 08.01.2019 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot beabsichtigt sei und ihm wurde die Möglichkeit zu Abgabe einer Stellungnahme, insbesondere zu seinen persönlichen Verhältnissen, eingeräumt. Dieses Schreiben wurde vom Beschwerdeführer nachweislich am 11.01.2019 übernommen.

Binnen offener Frist wurde mit Schriftsatz vom 21.01.2019 eine Stellungnahme eingebracht.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 30.01.2019, Zl. XXXX, erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde dem Beschwerdeführer nicht gewährt (Spruchpunkt V.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.).

Mit Verfahrensanordnung vom 30.01.2019 wurde dem Beschwerdeführer die ARGE - Rechtsberatung - Diakonie und Flüchtlingsdienst als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde.

Mit Schriftsatz vom 11.03.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 15.03.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste spätestens am 26.01.2014 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.03.2017, Zl. I401 2017349-1/22E, wurde der Asylantrag rechtskräftig negativ entschieden. Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Er unterhält soziale Kontakte zu Österreichern und ist Mitglied der "XXXX Church". Er verfügt über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2. Derzeit verkauft er eine Straßenzeitung. Darüber hinaus weist er in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich ohne Beschäftigung und verfügt über keine hinreichenden Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes sondern lebte von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung, nunmehr wird er von Freunden finanziell unterstützt.

Im Strafregister der Republik Österreich scheinen folgende Verurteilungen auf:

01) LG XXXX vom 05.05.2014 RK 05.05.2014

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG § 15 StGB

Datum der (letzten) Tat 19.03.2014

Freiheitsstrafe 7 Monate, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Junge(r) Erwachsene(r)

Vollzugsdatum 05.05.2014

zu LG XXXX RK 05.05.2014

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 05.05.2014

LG XXXX vom 08.05.2014

zu LG XXXX RK 05.05.2014

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 05.05.2014

LG XXXX vom 12.02.2018

02) BG XXXX vom 03.01.2018 RK 09.01.2018

§ 15 StGB § 127 StGB

Datum der (letzten) Tat 22.11.2017

Geldstrafe von 70 Tags zu je 4,00 EUR (280,00 EUR) im NEF 35 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

Vollzugsdatum 04.04.2018

1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.03.2017 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Es wird weiters festgestellt, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann, zumal er gesund und arbeitsfähig ist. Selbst wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bieten sollte, kann er seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus den Akten des Bundesamtes und des Bundesverwaltungsgerichtes, aus dem Ermittlungsverfahren des rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens zur Zahl I401 2017349-1.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Ausführungen des angefochtenen Bescheides an. Dem Beschwerdeführer wurde mit als "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" titulierten Schreiben vom 08.01.2019 Gelegenheit gegeben, um insbesondere zu seinem Privat- und Familienleben Stellung nehmen zu können.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer volljährig ist, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Nigeria ist, ergibt sich aus der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.03.2017, Zl. I401 2017349-1/22E.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt und insbesondere aus der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 21.01.2019. Dabei wird unter anderem ausgeführt, dass der Beschwerdeführer gesund sei und tagtäglich bei jedem Wetter eine Straßenzeitung verkaufe und einem Freund bei Arbeiten rund um Haus und Garten freiwillig mithelfe.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer spätestens am 26.01.2014 illegal in das österreichische Bundesgebiet einreiste und einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, ergibt sich aus dem Vorverfahren zu Zl. I401 2017349-1.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus dem Vorverfahren zu Zl. I401 2017349-1 und aus der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 21.01.2019.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer soziale Kontakte zu Österreichern unterhält, Mitglied der "XXXX Church" ist, ergibt sich aus dem Vorverfahren zu Zl. I401 2017349-1 und aus der Stellungnahme vom 21.01.2019. Dass der Beschwerdeführer seit dem 29.07.2018 Obmann Stellvertreter des Vereines "Bethel-Centre-Europe" ist ergibt sich auch aus dem Vereinsregisterauszug (ZVR-Zahl XXXX) vom 15.03.2019.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 verfügt, ergibt sich aus dem Vorverfahren zu Zl. I401 2017349-1.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer eine Straßenzeitung verkauft, ergibt sich aus dem Vorverfahren zu Zl. I401 2017349-1 und aus der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 21.09.2019.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer über keine hinreichenden Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes verfügt, bisher von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung lebte und nunmehr von Freunden finanziell unterstützt wird, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt zum Vorverfahren, der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 21.09.2019 sowie aus dem aktuellen Auszug aus dem Grundversorgungssystem. Diesbezüglich führt der Beschwerdeführer in der Stellungnahme vom 21.09.2019 aus, dass er derzeit keine Leistungen aus der Grundversorgung beziehe, sondern von Freunden und Bekannten finanziell unterstützt werde. Diese würden für den Beschwerdeführer die Miete und Nahrungsmittel bezahlen.

Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus der aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

-

AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,

https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

-

BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants:

Assessing Conflict in Nigeria,

http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

-

FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Ge-sellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017

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IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,

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Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen war.

3.2. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Zu prüfen ist daher, ob die von der belangten Behörde verfügte Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Der Beschwerdeführer stellte im Jänner 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005. Dem Antrag des Beschwerdeführers wurde im März 2017 im Instanzenzug keine Folge gegeben und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen. Seit der rechtskräftigen Entscheidung hält sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Zunächst ist im Lichte des Art. 8 Abs. 1 EMRK zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt des - volljährigen und gesunden - Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner Einreise in das Bundesgebiet (spätestens) am 26.01.2014 rund fünf Jahre gedauert hat (vgl. dazu etwa das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 08.08 2008, Nnyanzi gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06, demzufolge der Gerichtshof es nicht erforderlich erachtete, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des fast zehnjährigen Aufenthalts des betreffenden Beschwerdeführers ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist).

Von einer "Aufenthaltsverfestigung" allein aufgrund der Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet kann allerdings auch deshalb keine Rede sein, weil er spätestens mit der negativen Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz vom 18.12.2014 seines unsicheren Aufenthaltes bewusst war und ein allenfalls nach diesem Zeitpunkt entstandenes Privat- und Familienleben deutlich an Gewicht verliert.

Außerdem fußt sein gesamter bisheriger Aufenthalt auf einem Asylantrag, den der Beschwerdeführer lediglich aufgrund seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet stellen konnte. Hinzu kommt, dass er nach der Abweisung seines Asylantrages seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam und beharrlich im Bundesgebiet verblieb.

Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der Beschwerdeführer führt - wie die belangte Behörde zu Recht ausführt - nach eigenen Angaben keine Lebensgemeinschaft oder eine "familienähnliche" Beziehung in Österreich.

Überdies liegen auch keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde.

Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration des Beschwerdeführers in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind schon im Hinblick auf die Dauer seines bisherigen Aufenthalts in Österreich nicht anzunehmen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 verfügt. Deutschkenntnisse allein reichen nämlich noch nicht aus, um die fortgeschrittene oder gar vollständige Integration eines Fremden in Österreich annehmen zu können, wenngleich der Spracherwerb und der tatsächliche Wille, die deutsche Sprache zu erlernen, zweifellos ein wesentliches Kriterium bei der Beurteilung der Integration in Österreich darstellen. Was die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers betrifft, so sei in diesem Zusammenhang auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die - hier bei weitem nicht vorhandenen - Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

In Hinblick auf die Frage einer allfälligen Integration des Beschwerdeführers in den heimischen Arbeitsmarkt war festzustellen, dass sie bisher keine erlaubte Beschäftigung in Österreich ausgeübt hat und in Österreich von Leistungen der Grundversorgung für Asylwerber lebte und nunmehr finanzielle Unterstützung von Freunden für den täglichen Lebensbedarf erhält. Es wird jedoch nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer soziale Kontakte zu Österreichern pflegt, eine Straßenzeitung verkauft und einem Freund bei der Haus- und Gartenarbeit behilflich ist.

Soweit der Beschwerdeführer über private Bindungen in Österreich verfügt, ist ferner darauf hinzuweisen, dass diese zwar durch eine Rückkehr nach Nigeria gelockert werden, es deutet jedoch nichts darauf hin, dass der Beschwerdeführer hierdurch gezwungen werde, den Kontakt zu jenen Personen, die ihr in Österreich nahe stehen, gänzlich abzubrechen. Auch hier steht es ihm frei, die Kontakte anderweitig (telefonisch, elektronisch, brieflich, durch kurzfristige Urlaubsaufenthalte) aufrecht zu erhalten.

Dementgegen kann auch nach wie vor von einem Bestehen von Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Heimatstaat Nigeria ausgegangen werden, zumal er dort den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat und dort hauptsozialisiert wurde, er nach wie vor seine Muttersprache spricht und durchaus mit den regionalen Sitten und Gebräuchen der Kultur seines Herkunftsstaates vertraut ist. Daher kann im gegenständlichen Fall nicht von einer Entwurzelung des Beschwerdeführers gesprochen werden.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im Fall des Beschwerdeführers, der keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen hat, kommt hinzu, dass er zweimal strafgerichtlich Verurteilt wurde. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 05.05.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen des versuchten "Unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften" nach § 15 StGB und § 27 Abs. 1 Z 1 (8. Fall) und Abs. 3 Suchtmittelgesetz (SMG) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt (bei einer Probezeit von drei Jahren) verurteilt. Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 03.01.2018, Zl. XXXX wegen versuchten Diebstals nach §§ 15, 127 StGB zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt.

Dadurch hat der Beschwerdeführer ein Verhalten gesetzt,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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