TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/22 W124 2165028-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.03.2019
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Entscheidungsdatum

22.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W124 2165028-1/26E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am XXXX sowie am XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005

iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 46, 55, 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) reiste als unbegleiteter Minderjähriger unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am

XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am selben Tag gab er im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, er sei afghanischer Staatsangehöriger, gehöre der Volksgruppe der Hazara sowie der schiitischen Glaubensrichtung des Islam an und stamme aus XXXX in der afghanischen Provinz XXXX . Zu seinen Fluchtgründen führte er aus, es sei in Afghanistan unsicher und es gebe keine Arbeit. Daher sei er ausgereist. Er habe dort keine Perspektive und es gebe Krieg.

2. Am XXXX erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) unter Beiziehung eines Dolmetschers sowie in Anwesenheit einer Vertrauensperson.

Vorgelegt wurden folgende Dokumente (in Kopie):

-

Konvolut an Bestätigungen über die Teilnahme an Deutschsprachkursen sowie Englisch- und Mathematikunterricht;

-

Bestätigung über die Teilnahme am Brückenkurs zur Vorbereitung zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses;

-

Empfehlungsschreiben von XXXX , Leitung Flüchtlingsbetreuung, vom

XXXX .

Eingangs bestätigte der BF seine Personalien, gab an, gesund zu sein und führte zu seiner Familie aus, seine Eltern, sowie sein vierzehnjähriger Bruder XXXX , sein zwölfjähriger Bruder XXXX , seine neunzehnjährige Schwester XXXX sowie seine vierjährige Schwester XXXX würden nach wie vor in seinem Heimatdorf XXXX in der Provinz XXXX leben. Mit ihnen habe er in Afghanistan gemeinsam in einem Haus gelebt. Ein Cousin des BF wohne in Österreich.

Vom zwölften Lebensjahr bis zum fünfzehnten Lebensjahr sei er zuhause von einem Cousin unterrichtet worden und habe als ältester Sohn der Familie seit seinem achten Lebensjahr in der Landwirtschaft seines Vaters mitgeholfen. Militärdienst habe er nicht geleistet. In Österreich besuche er die Volkshochschule. Sein Vater habe einen Schulbesuch nicht erlaubt. Dieser sei Spieler gewesen und habe mit anderen um Geld gespielt. Seine Schwestern würden seine Mutter bei der Hausarbeit unterstützen, während sein Bruder XXXX dem Vater in der Landwirtschaft helfe. Was sein Bruder XXXX mache, wisse er nicht. Letzterer unterstütze seine Mutter beim Sticken von unterschiedlicher Wäsche, beispielsweise Polstern. Die Familie baue Getreide an und könne davon leben. Seine Großeltern seien gestorben. Deren Häuser seien verkauft und der Erlös aufgeteilt worden. In seinem Heimatdorf würden auch seine Tanten und Onkel leben. Zu seiner Familie habe er seit einem Jahr keinen Kontakt mehr, zumal ihm seine Mutter damals gesagt habe, sie könne nicht mehr mit ihm telefonieren, da sein Vater gefragt habe, warum er Afghanistan verlassen habe.

Zu seinen Fluchtgründen gab der BF an, sein Vater habe ein Kartenspiel verloren, dessen Einsatz gewesen sei, dass der Verlierer seinen Sohn für sexuelle Handlungen zur Verfügung stellen müsse. Seine Mutter habe mit dem Vater gestritten und ihn gefragt, warum er das gemacht habe. Als Grund habe er angegeben, dass er kein Geld gehabt habe. Sein Vater habe daraufhin versprochen, dass der BF Afghanistan verlassen könne. Ferner habe es aufgrund der Aktivitäten des IS und der Taliban auch keine Sicherheit in Afghanistan gegeben. Einer Verfolgung aus anderen Gründen sei er nicht ausgesetzt gewesen. Die Leute hätten keinen Respekt vor seiner Familie gehabt, da sein Vater Spieler gewesen sei. Seine Brüder seien nicht in Gefahr gewesen, da er der älteste Sohn sei. Seine Schwestern seien nicht betroffen, da die Mehrheit in seinem Dorf homosexuell sei. Jeder, der Geld habe, könne dort hingehen und zusehen. Dort, wo man Karten spiele, würden die Leute tanzen und homosexuell werden. Der BF habe dies aus einiger Entfernung gesehen. Es werde getanzt, gesungen, gefeiert und am Ende würden Leute sexuell missbraucht werden. Er sei noch nicht im Haus gewesen und habe auch keine sexuellen Handlungen gesehen, aber er habe beobachtet, dass Jungen in das Haus gebracht worden seien. Selbst sei er noch nie sexuell missbraucht worden. Sein Vater sei einmal in der Woche dorthin gegangen und sei ebenfalls homosexuell. Am Anfang sei um Geld gespielt worden. Nachdem er das Geld verloren habe, habe er um Kinder gewettet. Mit wem der Vater gespielt habe, wisse der BF nicht. Drei Tage, bevor er die Heimat verlassen habe, habe ihm seine Mutter erzählt, dass sein Vater um ihn gespielt habe. Sonst habe er keine Probleme gehabt. Bei seiner Erstbefragung habe er davon nicht berichtet, weil er nicht ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt worden sei.

Im Herkunftsstaat sei er weder vorbestraft, noch werde er von der Polizei, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht. Er sei auch nie von einer Behörde angehalten, festgenommen, oder verhaftet worden. Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei sei er nicht gewesen und sei auch nicht wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt worden.

Allerdings sei er Schiit und Hazara. Beide Gruppen würden von den Taliban getötet werden. In Kabul, als er auf dem Weg nach Österreich gewesen sei, habe ihn ein Paschtune beschimpft. In Österreich verstehe er sich mit Paschtunen manchmal gut, manchmal sehr schlecht. Er habe Afghanistan gemeinsam mit seinem Cousin verlassen, wisse aber nicht, warum dieser geflüchtet sei. Im Fall seiner Rückkehr habe er Angst, dass sein Vater wieder spiele. Es gebe in Afghanistan auch den IS und die Taliban.

Abschließend wurde der BF zu seinem in Österreich bestehenden Privat- und Familienleben befragt. Ferner wurde ihm die Möglichkeit geboten, in die Länderfeststellungen Einsicht zu nehmen.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz betreffend die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie betreffend die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005 wurde ihm nicht erteilt und wurde gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Ferner wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Als Frist für die freiwillige Ausreise wurden gemäß § 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG vierzehn Tage ab Rechtskraft der Entscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

4. Mit fristgerechter Beschwerde vom XXXX wurde dieser Bescheid vollinhaltlich wegen unrichtiger Beweiswürdigung, unrichtiger Tatsachenfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten und unter anderem eine mündliche Verhandlung beantragt.

Begründend wurde nach Darstellung des wesentlichen Verfahrensgangs sowie allgemeiner Ausführungen zu den Voraussetzungen der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bzw. des subsidiär Schutzberechtigten vorgebracht, dass das UN-Flüchtlingskommissariat aufgrund der prekären humanitären Lage und der sich verschlechternden Sicherheits- und Menschenrechtssituation weiterhin von einem hohen Schutzbedarf für Asylsuchende aus Afghanistan ausgehe. Bedrohungen, Einschüchterungen und Erpressungen würden zum Alltag vieler Menschen des Landes gehören. Unübersehbar sei der Anstieg der organisierten Kriminalität. Darüber hinaus bestehe auch die Gefahr von Zwangsrekrutierungen.

Der BF sei während des gesamten Verfahrens bemüht gewesen, am Verfahren mitzuwirken. Er habe sowohl in freier Erzählung als auch auf Nachfrage detailliert zu seinen Verfolgungsgründen Stellung genommen. Im Asylverfahren sei der maßgebliche Sachverhalt amtswegig zu erforschen und müsse das Parteiengehör gewahrt werden. Die Spezialbehörden hätten das ihnen zugängliche Wissen von Amts wegen zu verwerten. Diese Anforderungen habe das Bundesamt im gegenständlichen Fall nicht erfüllt. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde in Anbetracht der konkreten Umstände somit zum Ergebnis kommen müssen, dass dem BF der Status des Asylberechtigten, jedenfalls aber der Status des subsidiär Schutzberechtigten, zuzuerkennen gewesen wäre.

5. Die Beschwerdevorlage langte beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge: BVwG) am XXXX ein.

6. Mit Schreiben vom XXXX übermittelte das BVwG dem Beschwerdeführer das Länderinformationsblatt Afghanistan vom 02.03.2017, das Gutachten von Mag. Karl Mahringer vom 05.03.2017 samt Ergänzung, eine Information von IOM zur Rückkehr- und Reintegrationsunterstützung, Auszüge aus Stellungnahmen des landeskundigen Sachverständigen Dr. Rasuly, die UNHCR-Richtlinien (Stand 2016) sowie eine Zusammenfassung zur allgemeinen Situation in Afghanistan zur Stellungnahme binnen 10 Tagen.

7. Mit Stellungnahme vom XXXX brachte der BF im Wege seines ausgewiesenen Vertreters vor, das herangezogene Gutachten stelle keine geeignete Entscheidungsgrundlage dar, zumal es sich mit der Situation in den afghanischen Großstädten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat nur rudimentär auseinandersetze. Ferner werde die Frage der Existenzsicherung mit nur einem Satz abgetan. Vielmehr seien die aktuellen UNHCR-Richtlinien zur Beurteilung heranzuziehen. Laut den Länderinformationen seien alle Provinzen ständig von Gewalt betroffen und würden schiitische Muslime in den (Provinz-)Hauptstädten, wie Kabul und Herat, gezielt angegriffen. In Kabul sei Gewalt an der Tagesordnung. Die Situation in Mazar-e Sharif sei noch schlimmer. Insgesamt bleibe die Situation in Afghanistan angespannt. Die Erhaltungskosten in Kabul seien extrem hoch und habe der BF in Kabul bzw. in Afghanistan weder Bekannte, noch Familie, die ihn finanziell unterstützen könnten. Er wäre in Kabul sich selbst überlassen und könnte keine Hilfe vor Ort bekommen. Abschließend wurden drei von Spiegel Online veröffentlichte Artikel betreffend die Situation in Kabul wiedergegeben. Im Übrigen wurde festgehalten, dass der BF im Fall seiner Rückkehr in eine ausweglose Situation geraten würde. Ferner bestünde auch die Gefahr der Verletzung seines Rechts auf Leben, zumal die Sicherheitslage in Afghanistan prekär sei.

8. Mit Schreiben vom XXXX brachte der BF unter anderem folgende Dokumente (in Kopie) in Vorlage:

-

Deutschkursbestätigung XXXX bis XXXX ;

-

Teilnahmebestätigung der VHS Burgenland vom XXXX ;

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Teilnahmebestätigung der VHS Burgenland vom XXXX ;

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Teilnahmebestätigung der VHS Burgenland vom XXXX ;

-

Teilnahmebestätigung der VHS Burgenland vom XXXX ;

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Bestätigung Brückenkurs zur Vorbereitung zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses vom XXXX ;

9. Am XXXX erfolgte eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unter Beiziehung einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Dari sowie eines landeskundigen Sachverständigen.

Die Verhandlung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:

BF: Ich bin gesund. Ich bin vollkommen gesund und kann der Verhandlung folgen. Mir geht es auch psychisch gut. Aufgrund eines Ausschlages auf meiner Brust nehme ich derzeit ein Medikament und verwende eine Salbe.

(...)

R: Welcher Volksgruppe bzw. Religion gehören Sie an?

BF: Ich bin Hazara und Schiite.

R: Bleiben Sie bei den Angaben die Sie bei der Polizei bzw. dem BFA gemacht haben? Bleiben Sie bei diesen und entsprechen diese der Wahrheit.

BF: Sie entsprechen der Wahrheit und halte meine Aussagen voll inhaltlich aufrecht.

R: Sprechen Sie Deutsch?

BF (Auf Deutsch)-: Ja.

Frage auf Deutsch: Verstehe Sie Deutsch?

BF (Auf Deutsch): Ja.

Frage auf Deutsch: Haben Sie einen Sprachkurs besucht bzw. haben Sie eine Prüfung nach Abschlusses des Kurses gemacht?

BF (Auf Deutsch): Ja habe ich. Habe einen Deutschkurs und Prüfung für A1 absolviert.

Frage auf Deutsch: Besuchen Sie jetzt darüber hinaus noch einen Deutschkurs?

BF (Auf Deutsch): " XXXX "

BFV: XXXX .

Frage auf Deutsch: Wie oft in der Woche besuchen Sie den Deutschkurs?

Antwort auf Deutsch: Die ganze Woche.

Frage auf Deutsch: Wie lange dauert der Deutschkurs täglich?

Antwort auf Deutsch: Ich glaube ein Jahr und drei Monate.

Fragewiederholung auf Dari.

BF: Mein Deutschkurs dauert täglich acht oder neun Stunden. Abgesehen davon lerne ich dort Mathematik, Musik, politische Bildung, Psyche und Gesundheit, Englisch

Frage auf Dari: Was ist das genau für ein Kurs?

BF: Es ist keine Schule. Dorthin kommen hauptsächlich Flüchtlinge die in den zuvor genannten Fächern unterrichtet werden.

Frage auf Deutsch: Was machen Sie in der Freizeit?

Antwort auf Deutsch: Ich gehe Schule, mache Hausübung, gehe Fußball spielen.

Frage auf Deutsch: Beschreiben Sie einmal einen Tagesablauf vom Aufstehen bis zum Bett gehen.

Antwort auf Deutsch: Keine Antwort.

Fragewiederholung auf Dari

Antwort auf Deutsch: Um 08:00 bis 01:00 Uhr bin ich in der Schule. Ich gehe nach Haus, ich mache Hausübung und ich gehe Fußball spielen.

Frage auf Deutsch: Sind Sie in Österreich in einem Verein, einer Organisation, einer Kirche tätig?

BF: Wie bitte?

Fragewiederholung auf Dari:

BF: Ich arbeite einmal im Monat in der Gemeinde.

Frage auf Deutsch: Können Sie mir die Tätigkeit die Sie in der Gemeinde verrichten beschreiben?

BF: Ja. Habe schon Bescheid für Gemeinde.

Fragewiederholung auf Dari.

BF: Wir führen Reinigungsarbeiten durch. Wir kehren Straßen und sammeln dort Müll.

R: Verfügen Sie über eine arbeitsrechtliche Bewilligung?

BF: Nein ich habe keine Arbeitsbewilligung. Ich bin nur dazu berechtigt, einmal im Monat für die Gemeinde zu arbeiten.

R: Haben Sie für eine arbeitsrechtliche Bewilligung angesucht?

BF: Ich war einmal beim AMS wo mir erklärt wurde, dass ich mit der weißen Karte nicht arbeiten gehen darf. Weiters wurde gesagt, dass ich nur mit einem subsidiären Schutz oder anderen Aufenthalt zum Arbeiten berechtigt bin.

Frage auf Deutsch: Sind Sie verheiratet oder haben Sie Kinder?

BF: Nein, ich bin nicht verheiratet und habe keine Kinder.

Frage auf Dari: Leben Sie in einer Lebensgemeinschaft?

BF: Nein.

Frage auf Deutsch: Haben Sie Freunde in Österreich, denen österreichische Staatsbürger angehören?

BF: Ja.

Frage auf Deutsch: Nennen Sie mir Ihre zwei besten österreichischen Freunde mit Vor und Nachname.

BF: XXXX

R: Der zweite?

BF: Nichts.

R: Läuft gegen Sie in Österreich ein Strafverfahren bzw. sind Sie strafrechtlich verurteilt? (BF wird auf sein Entschlagungsrecht hingewiesen).

BF: Nein. Ich bin nur einmal im Zug ohne Fahrschein erwischt worden. Es gab keine Anzeige.

Frage auf Dari: Haben Sie Verwandte in Österreich?

BF: Ich habe einen Cousin (Sohn meines Onkels väterlicherseits) in Österreich.

R: Wo wohnt dieser?

BF: In XXXX .

R: Stehen Sie mit diesem in Kontakt?

BF: Ja manchmal. Wir telefonieren miteinander. Wir können uns nicht oft sehen, weil wir uns beide die jeweilige Fahrt bzw. das Zugticket nicht leisten können.

R: Werden Sie von Ihrem Cousin finanziell unterstützt bzw. unterstützen Sie ihn?

BF: Nein.

R: Wo wohnt Ihr Cousin? In einer Privat oder Flüchtlingsunterkunft?

BF: Er wohnt in einer Flüchtlingsunterkunft.

R: Sind Sie mit Ihrem Cousin gemeinsam nach Österreich gereist?

BF: Ja.

R: Wie heißt Ihr Cousin mit vollen Namen?

BF: Er heißt XXXX .

R: Wann ist er geboren?

BF: Er ist jetzt 19 Jahre alt, er wird 20.

R: Haben Sie in Afghanistan mit Ihren Cousin zusammengelebt?

BF: Wir haben im selben Dorf gelebt, aber nicht im selben Haushalt.

R: Haben Sie zum selben Zeitpunkt die Flucht ergriffen?

BF: Ja.

R: Haben Sie einen Aufenthaltstitel in Österreich schon einmal gehabt?

BF: Nein.

R: Haben Sie Verwandte in der europäischen Union?

BF: Nein.

RV: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft in Österreich vor?

BF: Auf Deutsch: Ich will Tischler werden.

R: Wo sind Sie genau geboren?

BF: Ich bin im Dorf XXXX (phonetisch), Distrikt XXXX , Provinz XXXX geboren.

R: Wie heißen die unmittelbar angrenzenden Dörfer Ihres Heimatdorfes?

BF: Die umliegenden Dörfer heißen XXXX , XXXX , XXXX und XXXX .

R: Bitten geben Sie chronologisch an wo Sie von Ihrer Geburt bis zu Ihrer Ausreise in Afghanistan gelebt haben.

BF: Ich habe mein gesamtes Leben in meinem Heimatdorf verbracht. Im Zuge der Fluchtreise habe ich ca. zwei oder drei Tage in Kabul verbracht.

R: Bei wem waren Sie da?

BF: Ich war gemeinsam mit meinem Cousin in Kabul und wir haben in einem Hotel geschlafen.

R: Wie viel haben Sie dem Schlepper für die Ausreise bezahlt?

BF: Ich habe dem Schlepper 2500 Dollar für meine Flucht bezahlt.

R: Woher hatten Sie so viel Geld?

BF: Das Geld hatte mir meine Mutter gegeben.

R: Sind Ihre Eltern reich?

BF: Meine Mutter hat zu Hause verschiedene Sachen genäht oder gestickt und diese verkauft. Sie hatte das Geld zu Haus angespart. Meine Eltern sind nicht reich. Ich glaube, dass meine Mutter sich einen Teil des Geldes ausgeborgt hat.

R: Woher wissen Sie das?

BF: Meine Mutter hat mir das gesagt.

R: Von wem hat Sie sich das Geld ausgeborgt?

BF: Von meiner Tante mütterlicherseits.

R: Wo wohnt Ihre Tante mütterlicherseits und wie heißt Ihre Tante mütterlicherseits?

BF: Sie hat in XXXX gelebt. Ihr Name lautet XXXX .

R: Wie weit ist XXXX von Ihrem Elternhaus entfernt?

BF: Der Fußweg zum Haus meiner Tante beträgt 10 Minuten.

R: Wie hat Ihre Tante bzw. Ihr Ehemann den Lebensunterhalt in Afghanistan bestritten?

BF: Sie haben auf der Landwirtschaft gearbeitet.

R: Wie hat Ihr Vater seinen Lebensunterhalt bestritten?

BF: Mein Vater hatte eine eigene Landwirtschaft.

R: Wie groß war die Landwirtschaft?

BF: Unser Grundstück war etwa so groß wie der Verhandlungssaal.

R: Was hat Ihr Vater dort angebaut?

BF: Er hat Weizen und manchmal Kartoffeln angebaut?

R: Haben Sie die Lebensmittel selbst verbraucht oder verkauft?

BF: Die Lebensmittel waren für den Eigengebrauch.

R: Wie viel Jirib hat das Grundstück gehabt?

BF: Ich weiß nicht wie viel Jirib das Grundstück hat. Es war ungefähr so groß wie der Saal.

R: Wie hat Ihre Mutter Ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF: Sie hat zu Hause Sachen bestickt und hat diese verkauft. Zusätzlich haben wir auf unserem Grundstück gearbeitet und wir konnten alle gemeinsam zum Lebensunterhalt der Familie beitragen.

R: Wie haben Sie Ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF: Ich habe auch gearbeitet. Ich habe meinem Vater in der Landwirtschaft gearbeitet.

R: Was haben Sie da genau gemacht?

BF: Ich habe mitgeholfen das Feld für den Anbau vorzubereiten. Ich habe z.B. mit der Schaufel die Erde umgeackert.

R: Wie lange haben Sie das gemacht?

BF: Sechs Jahre.

R: Sie haben in der Einvernahme vor der LPD XXXX am XXXX gesagt, dass Sie aus XXXX , XXXX stammen würden bzw. gelebt haben. Was sagen Sie dazu?

BF: Nein, ich habe gesagt, dass ich in XXXX gelebt habe.

R: Das Protokoll wurde Ihnen rückübersetzt und Sie haben keine Einwände erhoben. Was sagen Sie dazu?

BF: Es war drei Uhr in der Nacht als die Einvernahme gemacht wurde. Ich konnte mich nicht mehr konzentrieren, mir ist der Fehler in der Rückübersetzung nicht aufgefallen.

R: Die Einvernahme hat laut Protokoll von 20:57 Uhr bis 21:35 Uhr und nicht um 03:00 Uhr früh wie Sie behaupten stattgefunden und außerdem wurde in der Beschwerde dahingehend nichts gerügt, sodass die Angaben zur Wohnsitzadresse, XXXX , XXXX falsch protokolliert worden wären.

BF: Ich wusste nicht, dass in der Erstbefragung als Wohnort XXXX , XXXX eingetragen wurde, sonst hätte ich natürlich auf das Missverständnis hingewiesen.

R: Haben Sie an der zuvor von Ihnen genannten Heimatadresse alleine gelebt?

BF: Ich habe im Dorf gemeinsam mit meiner Familie gelebt. Im Dorf haben auch meine Tante mütterlicherseits und mein Onkel väterlicherseits gelebt.

R: Aus welchen Mitgliedern besteht Ihre Familie?

BF: Was meinen Sie wer zu meiner Familie gehört. Mein Onkel ist auch mein Familienangehöriger.

R: Zählen Sie mir die Mitglieder auf die Ihrer Ansicht nach zu Ihrer Familie gehören.

BF: Meine Mutter, mein Vater, meine beiden Schwestern und meine beiden Brüder.

R: Wie alt sind Ihre beiden Brüder?

BF: Meine Brüder sind 14 und 12 Jahre alt.

R: Meinen Sie damit das Alter zum Zeitpunkt der Flucht oder zum jetzigen Zeitpunkt?

BF: Ich habe ihr Alter zum Zeitpunkt meiner Flucht genannt.

R: Wann sind Sie genau geflüchtet?

BF: Ich weiß es nicht.

R: In welchem Jahr sind Sie geflüchtet?

BF: Es war das Jahr 2015.

R: In welcher Jahreszeit?

BF: Das Wetter war bereits ein wenig kalt geworden, es war nicht mehr Sommer. Ich glaube, dass es Anfang Herbst war.

Die Verhandlung wird um 10:20 Uhr unterbrochen.

Die Verhandlung wird um 10:30 Uhr fortgesetzt.

R: Ist der heute genannte Cousin, der Sohn der Tante die Ihrer Mutter einen Teil des Geldes geborgt haben soll?

BF: Nein, er ist der Sohn vom Bruder meines Vaters (Der Sohn meines Onkels väterlicherseits).

R: Wer außer Ihren Eltern wohnt von Ihren Verwandten noch in Afghanistan?

BF: In Afghanistan leben mein Onkel väterlicherseits sowie meine Tante und mein Onkel mütterlicherseits. Sie sind alle in meinem Heimatdorf aufhältig.

R: Zählen Sie mir diese mit Namen auf.

BF: Mein Onkel väterlicherseits heißt XXXX , mein Onkel mütterlicherseits heißt XXXX , meine Tante mütterlicherseits heißt

XXXX .

R: Ist Ihr Onkel väterlicherseits verheiratet?

BF: Ja, seine Frau heißt XXXX .

R: Ist Ihr Cousin der Sohn dieser Frau?

BF: Nein, seine Mutter heißt XXXX .

R: Mit wem ist diese verheiratet?

BF: Ihr Mann heißt XXXX , er ist mein Onkel väterlicherseits.

R: Wie viele Frauen hat Ihr Onkel väterlicherseits?

BF: Eine. XXXX ist die Frau meines Onkels mütterlicherseits, namens XXXX . Ich habe die Frage von vorhin missverstanden.

R: Nennen Sie mir noch einmal Ihre ganzen Tanten, Onkel, mit wem diese verheiratet sind sowie Ihre Cousins und Cousinen.

BF: Mein Onkel mütterlicherseits heißt XXXX , seine Frau heißt XXXX und sie haben keine Kinder. Mein Onkel väterlicherseits heißt XXXX , seine Frau heißt XXXX , ihre Tochter heißt XXXX und ihr Sohn heißt XXXX . Meine Tante mütterlicherseits heißt XXXX XXXX , ihr Mann heißt XXXX und ihr Sohn heißt XXXX .

R: Wie hat Ihr Onkel mütterlichstes seinen Lebensunterhalt bestritten?

BF: Er ist Bauer.

R: Und Ihr Onkel väterlicherseits?

BF: Er ist ebenfalls Bauer.

R: Und XXXX ?

BF: Er ist ebenfalls Bauer.

R: Wie würden Sie die Lebensverhältnisse im afghanischen Vergleich einordnen?

BF: Durchschnittlich.

R: Was heißt für Sie durchschnittlich?

BF: Damit meine ich, dass sie nicht auf Unterstützung angewiesen sind und sie für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen können.

R: Warum haben Sie gemeinsam mit Ihren Cousin der jetzt in Österreich lebt, Afghanistan verlassen?

BF: Mein Vater war ein Spieler. Nachdem er beim Glücksspiel sein gesamtes Geld verloren hat, hat er bei einem Spiel mich als Einsatz verwendet und er hat mich ebenfalls verloren. Deshalb musste ich fliehen.

R: Bei der Erstbefragung haben Sie am XXXX gesagt, dass Sie aus Afghanistan weggegangen wären, weil Sie keine Arbeit hätten. Von diesem Umstand haben Sie nichts erwähnt.

BF: Bei der Erstbefragung war ich sehr müde von der Fluchtreise und ich kannte mich auch mit Befragungen nicht aus. Ich wusste nicht was ich alles angeben sollte und was eine Fluchtgeschichte bedeutet. Ich wurde gefragt welche Probleme es in meiner Heimat gibt und ich habe damals die Unsicherheit und die Arbeitslosigkeit genannt.

R: Warum haben Sie mit Ihren Cousin Afghanistan verlassen?

BF: Er hatte eigene Probleme und er hat mich auch deswegen begleitet, weil ich noch sehr jung war.

R: Was hatte er für eigene Probleme?

BF: Ich weiß es nicht.

R: Haben Sie mit Ihren Cousin nie darüber gesprochen, warum er aus Afghanistan weggeht?

BF: Mein Cousin ist sehr ruhig, er spricht sehr wenig.

R: Wo hat Ihr Cousin gewohnt?

BF: Er hat im selben Dorf gelebt.

R: Wie weit ist sein Elternhaus von Ihrem Elternhaus entfernt?

BF: Zu Fuß waren es 10 Minuten.

R: Sie haben in der Nähe gewohnt, haben Sie da mitbekommen, was er für Probleme hatte?

BF: Wir hatten keinen Kontakt dort. Vor allem gab es keinen Besuchskontakt. Es gab ein wenig Probleme.

R: Welche Probleme hat es gegeben, dass es keinen Besuchskontakt gegeben hat?

BF: Dadurch dass mein Vater ein Spieler war, wollte mein Onkel keinen Kontakt zu uns haben.

R: Welche Probleme hat Ihr Cousin gehabt?

BF: Mein Cousin hat uns manchmal im Dorf besucht. Nur mein Onkel väterlicherseits wollte nicht zu uns kommen. Ich weiß nicht, welche Probleme mein Cousin hatte.

R: Was hat Ihr Cousin Ihnen erzählt, nachdem er Sie manchmal im Dorf besucht hat?

BF: Dadurch dass er alleine war, ist er manchmal zu uns gekommen, hat eine Zeit verbracht und ist wieder gegangen. (Wortwörtlich: Er ist gekommen, hat sich hingesetzt und ist wieder weggegangen).

R: Warum hat Ihr Cousin alleine gelebt?

BF: Dadurch, dass er sehr ruhig und still war, hatte er keinen Kontakt zu anderen Leuten. Er war sehr schüchtern.

R: Wie hat er es dann geschafft, mit ihnen zusammen zu flüchten, wenn er auch mit Ihnen nicht gesprochen hat bzw. sehr wortkarg war?

BF: Im Vergleich zu anderen Leuten hat er mit mir ein wenig gesprochen.

R: Was heißt das?

BF: Ich meine damit, dass wir einige Worte gewechselt haben, er gefragt hat wie es mir geht und was ich so mache.

R: Haben Sie mit ihm gesprochen wie es ihm geht und welche Probleme er hatte?

BF: Ich habe sehr wohl gefragt, wie es ihm geht, aber er hat über seine familiären Probleme mit mir nicht gesprochen.

R: Woher wissen Sie, dass Ihr Cousin familiäre Probleme gehabt hat, wenn Sie nicht mit ihm über Probleme gesprochen haben?

BF: Jeder hat familiäre Probleme.

R: Was heißt jeder hat familiäre Probleme?

BF: Ich meine damit Streitigkeiten zwischen Ehemann und Ehefrau.

R: Welche familiären Probleme hatte Ihr Cousin?

BF: Ich weiß es nicht.

R: Sie werden mir sagen können welche familiären Probleme er hatte, wenn Sie davon sprechen.

BF: Ich weiß nicht, ob er Probleme hatte und ob es familiäre Probleme waren. Ich kann darüber keine Angaben machen, weil er nicht mit mir darüber gesprochen hat.

R: Wer hat mit dem Schlepper mit dem Sie die Flucht angetreten haben, Kontakt aufgenommen?

BF: Wir sind vom Heimatdorf selbstständig nach Kabul gefahren. Dort haben wir dann einen Schlepper für uns gefunden.

R: Wie viel Geld hat Ihr Cousin für den Schlepper bezahlt?

BF: Der Schlepper hat gesagt, dass wir ihm 2500 Dollar pro Person geben sollen und er uns bis nach Kroatien bringen wird. Er hat gemeint, dass wir ab Kroatien selbständig weiterreisen können.

R: Wie viel Geld hatten Sie bei sich?

BF: Ich hatte bei mir ungefähr 100 Dollar.

R: Woher haben Sie in Kabul das restliche Geld genommen.

BF: Die 2500 Dollar habe ich von meiner Mutter genommen und die 100 Dollar waren mein eigenes Geld.

R: Wie viel Geld hatten Sie bei sich als Sie in Kabul waren?

BF: In Kabul hatte ich ungefähr 2400 Dollar, 100 Dollar habe ich dort ausgeben.

R: Wie konnten Sie dann dem Schlepper 2500 Dollar bezahlen?

BF: Der Schlepper hat gemeint, dass ich ihm die 2400 Dollar geben soll und wenn ich mein Ziel erreicht habe, dann soll ich ihm das restliche Geld schicken.

R: Wie haben Sie dem Schlepper 2400 Dollar geben können, wenn Sie in Kabul schon 100 Dollar ausgegeben haben?

BF: Ich habe von dem Geld, welches ich von meiner Mutter bekommen habe, 100 Dollar ausgegeben. Der Schlepper meinte, dass ich ihm die 100 Dollar schicken soll, wenn ich mein Ziel erreicht habe.

R: Wie viel hat konkret Ihr Cousin für den Schlepper bezahlt?

BF: Er hat dem Schlepper den gesamten Betrag gegeben?

R: Wie hoch war dieser?

BF: 2500 Dollar. Er hat für sich selbst den vollständigen Betrag von 2500 Dollar bezahlt.

R: Wie viel hat konkret Ihr Cousin dem Schlepper bezahlt, Sie sagten er hat ihm den gesamten Betrag bezahlt. Wie hoch war dieser?

BF: Er hat für sich selbst den vollständigen Betrag bezahlt, das waren 2500 Dollar. Ich habe dem Schlepper nur 2400 Dollar geben können, weil ich 100 Dollar davon ausgegeben habe.

R: Wie viel hat Ihr Cousin dem Schlepper konkret gegeben?

BF: 2500 Dollar.

R: Insgesamt?

BF: Ja.

R: Welcher Volksgruppe gehört Ihr Cousin an?

BF: Er ist Hazara und Schiite.

R: Und Ihre zuerst aufgezählten Verwandten?

BF: Sie sind alle Hazara und Schiiten.

R: Sie haben zuerst gesagt, ihr Vater hätte gespielt, was hat er gespielt?

BF: Er hat Karten gespielt und hat Geld eingesetzt.

R: Wie viel Geld hat er eingesetzt?

BF: Ich weiß es nicht.

R: Woher wissen Sie dann, dass Ihr Vater Karten gespielt hat?

BF: Ich weiß es nicht....... Er hat jeden Abend mit meiner Mutter

gestritten.

R: Worüber hat Ihr Vater mit Ihrer Mutter gestritten?

BF: Sie haben über die Spielsucht meines Vaters gestritten.

R: Wo hat Ihr Vater Karten gespielt?

BF: In einem Dorf namens XXXX gespielt.

R: Wie geht es Ihrer Familie?

BF: Ich weiß es jetzt nicht.

R: Was meinen Sie damit, Sie wissen es jetzt nicht?

BF: Ich habe derzeit keinen Kontakt zu meiner Familie. Ich rufe sie nicht an.

R: Wann haben Sie den letzten Kontakt zu Ihrer Familie gehabt?

BF: Ich hatte bis zum letzten Jahr noch Kontakt zu meiner Familie.

R: Bis zu welchen Monat?

BF: Bis zum Sommer letzten Jahres.

R: Mit wem konkret hatten Sie da Kontakt?

BF: Mit meiner Mutter.

R: Wie ist es Ihrer Familie zu diesem Zeitpunkt gegangen?

BF: Sie hat gesagt, dass es der Familie gut geht.

R: Wieso haben Sie dann im Sommer 2016 den Kontakt abgebrochen?

BF: Meine Mutter hat mich versteckt vor meinem Vater angerufen, als er davon erfahren haben, dass wir telefonischen Kontakt haben, hat er es ihr nicht mehr erlaubt, mich anzurufen.

R: Woher wissen Sie das?

BF: Bei unserem letzten Telefonat hat mir meine Mutter gesagt, dass sie mich nicht mehr anrufen kann, weil es ihr mein Vater nicht erlaubt und sie hat gemeint, ich soll auf mich aufpassen und ein gutes Leben führen.

R: Wie oft hat Ihr Cousin Kontakt zu seiner Familie?

BF: Das weiß ich nicht.

R: Wie geht es seiner Familie?

BF: Ich weiß es ich, ich glaube, dass es ihnen gut geht.

R: Seit wann spielt Ihr Vater Karten?

BF: Vor meiner Flucht hat er bereits vier bis sechs Jahre gespielt.

R: Welche Personen sind dort hin gegangen um zu spielen?

BF: Ich weiß nicht, wer die anderen Leute waren, die dort ebenfalls Karten gespielt haben. Wenn es Abend wurde, ist mein Vater zum Spielen gegangen.

R: Wie weit war der Spielort von Ihrem Elternhaus entfernt?

BF: Mit dem Fahrrad musste man ca. eine halbe Stunde fahren um den Ort zu erreichen.

R: Was wurde dort gespielt?

BF: Ich weiß es nicht.

R: Sie haben beim BFA gesagt, dass dort um Geld gespielt wurde.

BF: Ich weiß nicht, welche Kartenspiele es waren, es wurde um Geld gespielt.

R: Zuerst sagen Sie, Sie wissen nicht was gespielt wurde, jetzt sagen Sie, dass um Geld gespielt wurde.

BF: Ich weiß nicht was gespielt wurde, ich weiß nur, dass es Geldeinsätze gegeben hat und auch anderes.

R: Was heißt auch anderes?

BF: Es ging um Geldeinsätze, es wurden Grundstücke eingesetzt und auch Buben und Mädchen eingesetzt.

R: Woher wissen Sie, dass dort um Geld gespielt wurde?

BF: Ich habe das gehört.

R: Von wem haben Sie das gehört?

BF: Ich habe es von Leuten gehört. Danach habe ich es selbst gesehen.

R: Haben Sie es gehört oder gesehen?

BF: Sowohl als auch.

R: Wann waren Sie dort, dass Sie es gesehen haben?

BF: Ich bin einmal mit meinen Freunden dorthin gegangen. Einer meiner Freunde wusste, wo gespielt wird. Als wir dorthin gegangen sind, haben sich sehr viele Leute angesammelt, denn es war ein Feiertag.

R: Haben Sie mit eigenen Augen gesehen, dass dort um Geld gespielt wurde?

BF: Nein.

R: Wo haben Sie gesehen, dass die Leute gespielt haben?

BF: Ich habe es von der Entfernung gesehen, dass sich dort eine große Menschenmenge angesammelt hat. Manchmal kam es zu einem Streit bei dem jemand gesagt hat: "Gib mir mein Geld".

R: Woher wissen Sie, dass das mit dem Spielen in Zusammenhang gestanden ist, wenn jemand gesagt hat "Gib mir mein Geld."?

BF: Während Sie Karten gespielt haben, hat einer zu seinem Gegenspieler gesagt, dass er falsch Karten gespielt hat. Es kam dann zu einer Diskussion und zu einem Streit. Wir sind dann geflüchtet.

R: Wie weit waren Sie entfernt, als dieser Vorfall war?

BF: Ich stand so weit weg, dass ich die Leute sehen konnte. Ich schätze die Entfernung auf ca. 10 Meter.

R: Wo haben die Leute da gespielt?

BF: Im Dorf XXXX .

R: Wie hat das dort ausgesehen, wo die Leute gespielt haben?

BF: Sie haben in einem Garten gespielt, es hat wie ein Gästehaus ausgesehen. Unter anderen haben sie dort Wasserpfeife geraucht und ihre anderen schmutzigen Sachen gemacht.

R: Was verstehen Sie darunter?

BF: Ich meine damit, dass der Einsatz von Geld und Buben diese schmutzigen Sachen waren.

R: Was für schmutzige Sachen sind dort gemacht worden?

BF: Meinen Sie schmutzige Sachen?

Wiederholung der Frage:

BF: Ich meine damit, dass die Leute dort nicht an ihre Familien gedacht haben und diese dummen Sachen gemacht haben.

R: Was sind dumme oder schmutzige Sachen?

BF: Meiner Meinung nach ist das gesamte Glücksspiel, wenn Grundstücke oder Geld eingesetzt wurden, eine schmutzige Sache.

Die Verhandlung wird um 11:43 Uhr unterbrochen.

Die Verhandlung wird um 12:04 Uhr fortgesetzt.

R: Wie alt ist Ihre Schwester?

BF: Zum Zeitpunkt meiner Flucht war eine meiner Schwestern 17 oder 18 Jahre alt und die zweite erst 4 Jahre.

R: Wann haben Sie erfahren, dass Sie von Ihrem Vater als Einsatz beim Glücksspiel gebraucht worden sind?

BF: Ca. zwei oder drei Tage nachdem er es gemacht hat.

R: Wissen Sie für welchen Einsatz Sie bei diesem Spiel eingesetzt wurden?

BF: Das weiß ich nicht.

R: Um wie viel Geld hat Ihr Vater an dem Tag gespielt, als Sie zum Einsatz gekommen sind?

BF: Ich weiß es nicht.

R: Wissen Sie wie hoch die Schulden Ihres Vaters waren?

BF: Ich weiß es nicht.

R: Warum sind Sie als Einsatz von Ihrem Vater verwendet worden und nicht eine von Ihren Schwestern?

BF: Die Leute dort sind "Bacha Baz" Es gibt dort sehr viel "Bacha Bazi".

R: Was verstehen Sie darunter?

BF: Diese Leute wollen keine Mädchen, sie bevorzugen Buben.

R: Was heißt das genau?

BF: Die Leute dort finden keinen Gefallen an Mädchen, sie mögen Buben.

R: Was meinen Sie genau mit "die Leute finden keinen Gefallen an Mädchen"?

BF: Sie sind die Leute.

R: Was verstehen Sie unter die Leute?

BF: Das ist dort ein Brauch geworden. Bereits zu früheren Zeiten wurden diese Sachen gemacht.

R: Was meinen Sie mit diesen Leuten?

BF: Ich meine damit, dass bei einigen Leuten in Afghanistan es zum Brauch geworden ist, solche Leute zu machen.

R: Was meinen Sie im Bezug dazu mit "die Leute finden keinen Gefallen an Mädchen"?

BF: Ich meine damit homosexuelle Menschen.

R: Wer sind dort die Homosexuellen Menschen? Sie haben vor dem BFA gesagt, auf die Frage warum nicht Ihre Schwester betroffen ist, dass dort die Homosexuellen sind. Was heißt das?

BF: Ich meine damit die Leute in XXXX und den verschiedenen Orten dort.

R: Die Leute in XXXX und den verschiedenen Orten sind homosexuell?

BF: Eine geringe Anzahl von den Leuten dort.

R Was meinen Sie damit, "die Leute finden keinen Gefallen an Mädchen" wenn dort nur eine geringe Anzahl an Leuten homosexuell sind?

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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